Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.02.2015, Az. 24 W (pat) 524/13

24. Senat | REWIS RS 2015, 14940

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "IT’s APP2You" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 059 605.3

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] am 25. Februar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] sowie [X.] und Schmid

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des [X.] vom 17. Juni 2013 wird aufgehoben.

Gründe

I.

1

Am 15. November 2012 wurde die Angabe

2

IT´s [X.]

3

als Wortmarke angemeldet für folgende Waren und Dienstleistungen:

4

Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, [X.], Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Sender und Empfangsgeräte [Telekommunikation]; Mobiltelefone; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Computerprogramme; Computersoftware [herunterladbar]; Bilddateien zum Herunterladen; elektronische Publikationen [herunterladbar]; Teile aller vorgenannten Waren;

5

Klasse 38: Bereitstellung von Plattformen und Portalen im [X.]; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im [X.]; Bereitstellung des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Einstellen von Webseiten in das [X.] für Dritte; Verschaffen des Zugriffs zu Datenbanken; elektronischer Austausch von Nachrichten mittels Chatlines, [X.] und [X.]foren; Nachrichten- und Bildübermittlung mittels Computer; E-Mail-Dienste; Mobiltelefondienste; Telekommunikation;

6

Klasse 41: Erziehung; Berufsberatung; Aus- und Weiterbildung; Organisation, Veranstaltung und Durchführung von Schulungen, Seminaren, Workshops, Symposien, Kongressen und Konferenzen; Bereitstellung von elektronischen Publikationen [nicht herunterladbar]; Herausgabe von Texten, ausgenommen Werbetexte; Publikation von Druckerzeugnissen auch in elektronischer Form, ausgenommen Werbetexte; Veranstaltung von Ausstellungen für Unterrichtszwecke; Durchführung von Spielen im [X.]; Veranstaltung von Wettbewerben [Erziehung und Unterhaltung];

7

Klasse 42: Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen; wissenschaftliche und technische Beratungsdienste; Erstellen von technischen und wissenschaftlichen Gutachten; technische und wissenschaftliche Projektplanung; technische Entwicklungs- und Recherchedienste bzgl. neuer Produkte für Dritte; Forschung auf dem Gebiet der Technik; Forschung auf dem Gebiet der Physik; Dienstleistungen eines Ingenieurs; Dienstleistungen eines Physikers; Dienstleistungen eines Programmierers; Dienstleistungen eines Grafikdesigners; Beratung im Bereich Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; Beratung für Telekommunikationstechnik; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und -software; Erstellung von Computeranimation; Pflege und Installation von Software; Aktualisierung von Computersoftware; Design von Homepages und Web-Seiten; Recherchen in Datenbanken und im [X.] für Wissenschaft und Forschung.

8

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 42 des [X.] ([X.]) hat mit Beschluss vom 17. Juni 2013 die unter Nr. 30 2012 059 605 geführte Anmeldung zurückgewiesen.

9

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, der Angabe fehle die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. Der angemeldeten Angabe „IT´s [X.]“ komme für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich ein herkunftsneutraler Sachgehalt mit signifikanter Werbefunktion zu, der so deutlich und unmissverständlich hervortrete, dass er aus der Sicht des unbefangenen, durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers ohne nähere analysierende Betrachtungsweise unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar sei.

Die angemeldete Wort-/Zeichenkombination „IT´s [X.]“ sei aus dem Pronomen „it is“ für „es ist“ (ggf. aus der [X.] Fachabkürzung im Genitiv mit Apostroph „s“ „IT´s“ für „Informationstechnologie“), dem gebräuchlichen EDV-Fachkürzel „[X.]“ für „application“; Anwenderprogramm/-software“ und der verbreiteten werblich-umgangssprachlichen Abkürzung „2You“ des [X.] Ausdrucks „to you“ im Sinne von „für Dich/Sie/Euch, zu Dir/Ihnen/Euch“ gebildet. Diese aus der [X.] Jugendsprache stammende Wort-/Zahlenkombination sei bereits seit langem in die inländische Werbesprache übernommen worden und begründe als solche keine Unterscheidungskraft. Das [X.] „IT´s [X.]“ sei lediglich eine herkunftsneutrale sachliche Werbeanpreisung in der synonymen Bedeutung von „Es ist eine Anwendersoftware (App), ein zusätzliches Anwenderprogramm, das auf bestimmte Mobiltelefone heruntergeladen werden kann, ein [X.] als Webapplikation (ggf. Anwendersoftware (App) der Informationstechnologie/EDV) für Dich/Sie/Euch (oder zu Dir/Ihnen/Euch)“ und setze sich somit nur aus einer Kombination schutzunfähiger Wortbestandteile zusammen, die in ihrer Zusammenstellung keinen über die Summierung der Einzelbestandteile hinausgehenden schutzfähigen Gesamtbegriff mit kennzeichnungskräftigen Elementen ergebe. Die Wortbestandteile erzeugten keine über das bloße Wortverständnis hinausgehende Identifikationsfunktion. Auch die Schreibweise (teilweise in Versalien) vermöge die Schutzfähigkeit nicht zu begründen. Bezogen auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen sähen die angesprochenen Verkehrskreise in dem Zeichen lediglich den sachlichen Werbeslogan dahin gehend, dass die so gekennzeichneten Waren Anwendersoftware (Apps), zusätzliche Anwenderprogramme, die auf bestimmte Mobiltelefone heruntergeladen werden könnten, [X.]e als Webapplikation (ggf. Anwendersoftware (App) der Informationstechnologie/EDV) betreffen könnten oder mit speziellen (IT-)Anwenderprogrammen (Apps) ausgestattet sein/werden könnten und den persönlichen wie spezifischen Kundenwünschen entsprechen könnten, bzw. die angebotenen Dienstleistungen für die Entwicklung und Bereitstellung von (IT-)Anwenderprogrammen (Apps) für den individuellen Kundenbedarf erbracht werden könnten.

Weitere beanspruchte Waren und Dienstleistungen könnten sowohl funktional wie als ergänzende Hilfswaren/-dienste (z. B. Schulungen) für die Vermarktung in einem kohärenten Sachbezug hierzu stehen.

Dagegen wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde.

Sie hält die Angabe für ausreichend unterscheidungskräftig und insbesondere für nicht sachlich beschreibend. Die Anmelderin ist der Auffassung, dass die Markenstelle den Gesamteindruck vernachlässige und nur aufgrund einer zergliedernden und die Einzelbestandteile der Angabe analysierenden Betrachtungsweise zu einer fehlenden Unterscheidungskraft komme.

Die Anmelderin ist ferner der Auffassung, dass der Ausdruck „[X.]“ nicht nachweislich als „to you“ i. S. v. für Dich/für Euch/für Sie“ verwendet werde. Die direkte Übersetzung „es ist [X.]“ sei sinnlos.

Des Weiteren vertritt die Anmelderin die Auffassung, dass die Werbewirkung bei sloganartigen Angaben unschädlich sei, die angemeldete Marke sei originell und erfordere ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand, der einen Denkprozess auslöse.

Schließlich bestehe auch kein Freihaltebedürfnis, § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Die Anmelderin hat sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des [X.] vom 17. Juni 2013 aufzuheben

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der angemeldeten Wortmarke stehen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] entgegen.

1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 [X.]; [X.], 850, [X.]. 17 – [X.]). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. [X.] GRUR 2003, 604, 608 [[X.]. 60] - [X.]). Hierbei wird das Allgemeininteresse nicht nur durch unmittelbare oder tatsächliche Behinderungen, sondern bereits durch eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten tangiert (vgl. [X.], GRUR 2005, 127, 129 - Das Allgemeininteresse in der markenrechtlichen Entscheidungspraxis des [X.] mit weiteren Nachweisen). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850, [X.]. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.]. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] – [X.], a. a. O.).

Schlagwortartige Wortfolgen, wie die hier vorliegende Markenanmeldung unterliegen weder strengeren noch geringeren, sondern den gleichen Schutzvoraussetzungen wie andere Wortmarken. Einerseits reicht allein die Tatsache, dass ein Zeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als Werbeslogan wahrgenommen wird, - für sich gesehen - nicht aus, um die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen (vgl. [X.] GRUR 2010, 228, [X.]. 44 - [X.]). Es ist auch nicht erforderlich, dass schlagwortartige Wortfolgen einen selbständig kennzeichnenden Bestandteil enthalten oder in ihrer Gesamtheit einen besonderen phantasievollen Überschuss aufweisen (vgl. [X.] GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft). Ferner kann selbst dann, wenn die jeweilige Marke zugleich oder sogar in erster Linie als Werbeslogan aufgefasst wird, deren Schutzfähigkeit in Betracht kommen, sofern sie zugleich auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (vgl. [X.] GRUR 2010, 228, [X.]. 45 - [X.]). Andererseits ist auch bei schlagwortartigen Wortfolgen die für die Schutzfähigkeit erforderliche Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn - wie bei anderen Markenkategorien auch - ein zumindest enger beschreibender Bezug zu den jeweils konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorliegt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der streitgegenständlichen Marke in ihrer Gesamtheit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Die Markenstelle hat im Ausgangspunkt zutreffend festgestellt, dass zwar die Einzelbestandteile der angemeldeten Angabe „IT´s[X.]“, nämlich „IT“, „[X.]“ und „2You“ beschreibend sein können für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die allesamt mit Computerapplikationen im Zusammenhang stehen. Zutreffend hat die Markenstelle auch festgestellt, dass die Zeichenfolge „2You“ für sich betrachtet vom maßgeblichen inländischen Verkehr i. S. v. „to you“ aufgefasst und mithin übersetzt i. S. v. „für Dich/Sie/Euch“ verstanden wird.

in ihrer Gesamtheit gleichwohl keinen die beanspruchten Waren und Dienstleistungen oder Merkmale dieser beschreibenden Gehalt und kann auch nicht auf eine bloße Aneinanderreihung beschreibender Zeichenelemente reduziert werden. Das konkret angemeldete Zeichen ist gegenüber einer sprachlich korrekt gebildeten Angabe „It´s (an) app(lication) for you“, welche sich auf eine ohne Weiteres verständliche Anpreisung beschränken würde, verfremdet. Gegenüber der ebenfalls nicht unterscheidungskräftigen Aufforderungsformel „It´s up to you“ enthält die Wortfolge ebenfalls eine erkennbare Abwandlung. In ihrer Gesamtheit weist die Angabe einen doppeldeutigen Sinngehalt auf, der über die bloße Summe der beschreibenden Elemente hinausgeht. Diesem eigentümlichen Konstrukt, das wesentlich von dem erkennbaren Widerspruch zwischen der schriftbildlichen und der klanglichen Wahrnehmung des Zeichens beeinflusst wird, kann aufgrund seiner Originalität und Interpretationsbedürftigkeit das notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden.

Belege für eine beschreibende oder anpreisende Verwendung der angemeldeten Zeichenfolge in ihrer Gesamtheit im Inland hat die Markenstelle nicht ermittelt und konnten auch vom Senat nicht festgestellt werden.

2. Einer Registrierung steht auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht entgegen, da „IT´s [X.]“ im Gesamteindruck, wie ausgeführt, keine die beanspruchten Waren unmittelbar beschreibende Bedeutung hat.

Meta

24 W (pat) 524/13

25.02.2015

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 25.02.2015, Az. 24 W (pat) 524/13 (REWIS RS 2015, 14940)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14940

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