Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2012, Az. V ZB 117/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 9650

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 117/11
vom

31. Januar 2012
in der Freiheitsentziehungssache

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2
-
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2012 durch [X.] [X.], die Richterin
Dr. [X.], den Richter Dr.
Czub und
die Richterinnen
Dr. Brückner
und Weinland

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 28. Zivilkammer des [X.] vom 12. April 2011 wird auf Kosten der
Betroffenen zurückgewiesen.
Der Antrag der
Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrens-kostenhilfe wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des [X.] beträgt

Gründe:
I.
Die
Betroffene, eine staatenlose palästinensische Volkszugehörige, kam am 30. Dezember 2010 mit dem
Flugzeug aus [X.] am [X.] an und legte eine palästinensische ID-Karte vor, die nicht als Pass oder Passersatz gilt. Sie
wurde im Transitbereich des [X.] unterge-bracht. Den gegen die am 12. Januar 2011 erfolgte Zurückweisung ihres
Asyl-antrags gerichteten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wies das Verwal-tungsgericht am 28. Januar 2011 zurück. Am gleichen Tag hat das Amtsgericht 1
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den Aufenthalt der
Betroffenen in der Asylbewerberunterkunft auf dem Gelände des [X.] Frankfurt am Main bis einschließlich 27. April 2011 angeordnet. Mit der dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde hat die
Betroffene die Fest-stellung der Rechtswidrigkeit der richterlichen Anordnung und von deren Voll-zug beantragt, nachdem ihr
am 7. März 2011
die Einreise gestattet worden war. Das [X.] hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen [X.] sich die
Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, für deren Durchführung sie die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt.

II.
Das Beschwerdegericht meint, die materiellen Voraussetzungen des §
15 Abs. 6 [X.] seien erfüllt. Aufgrund der Angaben in dem Haftantrag sei im [X.]punkt der Haftanordnung eine alsbaldige Abreise der Betroffenen zu er-warten gewesen. Die Beteiligte zu 2 habe bis zu
der Einreise der Betroffenen auch nicht gegen das Beschleunigungsgebot verstoßen.
Die amtsgerichtliche Anhörung der Betroffenen leide nicht an einem Verfahrensfehler. Der Verfah-rensbevollmächtigte der Betroffenen sei nicht erreichbar gewesen, und die Be-troffene habe zudem auf die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes verzichtet.

III.
Die statthafte (Senat, Beschluss vom 7. Juli 2011 -
V
ZB 116/11, Rn.
2, juris)
und auch im Übrigen (§
71 FamFG) zulässige
Rechtsbeschwerde hat kei-nen Erfolg. Die amtsgerichtliche
Anordnung und ihr
Vollzug
waren rechtmäßig.
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4
-
4
-
1.
Die Betroffene ist nicht deshalb in ihren Rechten verletzt, weil ihre [X.] nicht im Beisein ihres Bevollmächtigten stattgefun-den hat. Einem Verfahrensbevollmächtigten muss zwar die
Möglichkeit einge-räumt werden, an dem Anhörungstermin teilzunehmen (Senat, Beschluss vom 25.
Februar 2010 -
V
ZA 2/10,
Rn.
10, juris). Das ist hier aber erfolgt. Das Amtsgericht hatte vergeblich versucht, den Bevollmächtigten telefonisch zu [X.]. Dessen Kanzlei ist freitagsnachmittags nicht besetzt, wie der automati-schen Ansage des Anrufbeantworters zu entnehmen war. Angesichts dessen war die sodann durchgeführte Anhörung nicht verfahrensfehlerhaft, zumal die Betroffene erklärt hatte, sich auch ohne Anwesenheit ihres Bevollmächtigten äußern zu wollen.
2.
Die Anordnung des Aufenthalts im Transitbereich eines [X.] zur Sicherung der Abreise richtet sich nach §
15 Abs.
6 [X.]. Ob dabei die
in §
62 Abs. 3
Satz 4 [X.] für die Abschiebungshaft
vorgesehene Frist von drei Monaten gleichwohl aus verfassungsrechtlichen Gründen zu beachten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Juli 2011 -
V
ZB 116/11,
Rn.
3, juris), kann hier dahinstehen. Denn entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wird die richterliche Anordnung den Anforderungen an eine Prognoseentscheidung im Sinne von §
62 Abs.
3
Satz
4 [X.] gerecht (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 22. Juli 2010 -
V
ZB 29/10, [X.] 2011, 27 Rn. 22).
In dem Antrag der beteiligten Behörde ist dargelegt worden, dass der Vertreter der [X.] [X.] bei der Vorstellung der
Betroffenen am 27. Januar 2011 deren Volkszugehörigkeit zweifelsfrei bestätigt und die Beschaffung von Passersatzpapieren innerhalb von zwei Monaten in Aussicht gestellt hatte. Die beteiligte Behörde hat ausgeführt, dass es nach Beschaffung der [X.] innerhalb einer Woche möglich sei, über den Grenzverbindungsbeam-ten in [X.] die Genehmigung der [X.] Behörden zur Verbringung der
Betroffenen in den [X.] über [X.] einzuholen. Auf diese Angaben hat 5
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5
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sich das Amtsgericht bei seiner Anordnung ersichtlich gestützt, auch wenn es sie nicht im Einzelnen wiederholt hat. Aufgrund dieser detaillierten Angaben bestand kein Anlass für weitere Ermittlungen gemäß § 26 FamFG. [X.] an den Angaben des Vertreters der palästinensischen [X.] musste das Amtsgericht nicht zweifeln. Dass die palästinensische Generaldele-gation entgegen diesen Angaben am 25. Februar 2011 mitteilen würde, der [X.] für
einen Reisepass könne nur in [X.] gestellt werden, die Einreise sei derzeit nicht möglich,
und die Bearbeitungszeit betrage mindestens drei Monate, war im [X.]punkt der richterlichen Anordnung nicht vorhersehbar.
3.
Auch in der [X.] vom 25. Februar 2011 bis zum 7. März 2011 war die Maßnahme rechtmäßig. Allerdings hat die Grenzbehörde die Zurückweisung auch im Falle des [X.] ernstlich und gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit der größtmöglichen Beschleunigung zu betreiben ([X.], Beschluss vom 7.
Juli 2011 -
V
ZB
116/11,
Rn. 5, juris; Beschluss vom 30.
Juni 2011 -
V
ZB 274/10, [X.] 2011, 315, 316 Rn. 23). Diesen [X.] ist die beteiligte Behörde aber gerecht geworden. Nach den Feststellun-gen des [X.] hat sie neben ihren Bemühungen, Passersatzpa-piere zu beschaffen, versucht, die Rückführung nach [X.] zu erreichen. Dies gelang zunächst nicht, weil die Reiseroute der
Betroffenen nicht rekonstru-iert werden konnte. Dass sie nach dem Scheitern der Zurückführung in den Ga-zastreifen versuchte, trotz der noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen zu der Reiseroute eine Rückführung nach [X.] über [X.] Airlines zu errei-chen, war nicht von vornherein aussichtslos.
4.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß §
74 Abs. 7 FamFG abgesehen.

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6
-
IV.
1. Der Antrag der Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist
in Ermangelung der erforderlichen Erfolgsaussicht zurückzuweisen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Krüger
[X.]
Czub

Brückner
Weinland
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.01.2011 -
934 [X.]/11 B -

LG [X.], Entscheidung vom 12.04.2011 -
2-28 T 17/11 -

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Meta

V ZB 117/11

31.01.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.01.2012, Az. V ZB 117/11 (REWIS RS 2012, 9650)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9650

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