Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.02.2014, Az. I R 53/12

1. Senat | REWIS RS 2014, 8208

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Gegenstand

Anteilsbewertung und Währungsschwankungen


Leitsatz

NV: Nach der Rechtsprechung des BFH berechtigt bei Fremdwährungskrediten mit einer Restlaufzeit von zumindest zehn Jahren nicht jeder Kursverlust zur Annahme einer voraussichtlich dauerhaften Wertveränderung. Dies ist auch zu beachten, wenn die Fremdwährungskredite von einer Tochterkapitalgesellschaft aufgenommen wurden und die Muttergesellschaft aufgrund der veränderten Wechselkurse die Teilwertabschreibung auf ihre Beteiligung an der Tochtergesellschaft begehrt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, ist Gesamtrechtsnachfolgerin der [X.]. In der auf den 31. Dezember 1999 erstellten Bilanz wies die [X.] im Anlagevermögen ihre 100 %-ige Beteiligung an der [X.] mit den Anschaffungskosten von insgesamt 1.056.000 DM aus; hiervon entfielen 51.000 DM auf das Stammkapital der [X.] sowie 1 Mio. DM auf die im Jahre 1999 in deren Vermögen eingezahlte Kapitalrücklage. Im selben Jahr hatte die [X.] im Inland belegene Gewerbeimmobilien mittels Fremdwährungsdarlehen erworben, die in den Jahren 2019 und 2024 in [X.] ([X.]) zu tilgen waren. Angesichts des steigenden Wechselkurses des [X.] --im Vergleich zum Jahresschluss 1999 (Euro-Referenzkurs der [X.]: 1 € = 1,6051 [X.]) ergab sich zum Ende des Streitjahres (2000; Euro-Referenzkurs: 1 € = 1,5232 [X.]) eine Aufwertung von ca. 5,4 %-- wies die [X.] in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2000 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 2.726.556,31 DM aus, der auf der Höherbewertung ihrer [X.] (Verlust: 3.163.035,18 DM) gründete.

2

In dem zum 31. Dezember 2000 erstellten Jahresabschluss schrieb die [X.] die Beteiligung an der [X.] auf den Restwert von 1 DM ab, da die [X.] die bilanzielle Überschuldung der [X.] und damit einen entsprechenden Verlust des [X.] ihrer Beteiligung zur Folge gehabt hätte.

3

Mit Körperschaftsteuerbescheid 2000 erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Teilwertabschreibung nicht an.

4

Die dagegen gerichtete Klage wurde vom [X.] ([X.]) abgewiesen (Urteil des Schleswig-Holsteinischen [X.] vom 7. Juni 2012  1 K 130/09, Entscheidungen der [X.]e 2013, 499).

5

Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben sowie den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid unter Berücksichtigung einer Teilwertabschreibung in Höhe von 1.055.999 DM abzuändern.

6

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Beteiligung der [X.] an der [X.] in der zum 31. Dezember 2000 erstellten Bilanz mit ihren Anschaffungskosten auszuweisen und eine Teilwertabschreibung ausgeschlossen war.

8

1. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des [X.] 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 ([X.], 402, BStBl I 1999, 304) --EStG 1997 n.F.-- sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Grundsatz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann für solche Wirtschaftsgüter gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 n.F. der Teilwert angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Beide Regelungen und damit auch die Anforderungen an die steuerrechtliche Berücksichtigung einer Teilwertabschreibung sind nach § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 auch für die gegenüber der Klägerin festzusetzende Körperschaftsteuer zu beachten.

9

2. Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung i.S. von § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 n.F. liegt vor, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist (BTDrucks 14/443, S. 22; Urteil des [X.] --[X.]-- vom 9. September 1986 VIII R 20/85, [X.] 1987, 442) und deshalb aus Sicht des [X.] aufgrund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden muss (Senatsurteil vom 27. November 1974 I R 123/73, [X.], 415, [X.] 1975, 294). Hierfür bedarf es einer an der Eigenart des Wirtschaftsgutes ausgerichteten Prognose (Senatsurteil vom 14. März 2006 I R 22/05, [X.], 526, [X.] 2006, 680).

a) Der Senat kann offen lassen, ob im Streitfall die Klage bereits deshalb keinen Erfolg haben kann, weil eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligung an einer nicht börsennotierten Kapitalgesellschaft --vom Vorliegen einer Fehlmaßnahme [X.] voraussetzt, dass sich der innere Wert des Beteiligungsunternehmens vermindert hat, und Letzteres nicht allein durch den Anfall hoher Verluste begründet werden kann, sondern einer umfassenden und einzelfallbezogenen Würdigung der Ertragslage und Ertragsaussichten sowie des Vermögenswerts und der funktionalen Bedeutung des Beteiligungsunternehmens erfordert (ständige Rechtsprechung; z.B. [X.]-Urteil vom 6. November 2003 IV R 10/01, [X.], 438, [X.] 2004, 416; Senatsurteil vom 28. April 2004 I R 20/03, [X.] 2005, 19, jeweils m.w.N.; zur Einzelfallprüfung s. [X.]-Urteil vom 19. August 2009 III R 79/07, [X.] 2010, 610; zur Teilwertabschreibung auf börsennotierte Aktien sowie Aktienfonds s. Senatsurteile vom 21. September 2011 I R 89/10, [X.], 263, und [X.], [X.], 273).

b) Hierauf ist deshalb nicht einzugehen, weil nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 23. April 2009 IV R 62/06, [X.]E 224, 564, [X.] 2009, 778) [X.] grundsätzlich mit [X.] im Zeitpunkt der Darlehensaufnahme zu bilanzieren sind und bei Krediten mit einer Restlaufzeit von zumindest zehn Jahren nicht je[X.]verlust zur Annahme einer voraussichtlich dauerhaften Wertveränderung berechtigt; ein solcher [X.] kann deshalb auch kein Anlass dafür sein, die Kreditschuld steuerbilanziell mit einem höheren Wert auszuweisen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 n.F.). Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und hierbei darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit Verbindlichkeiten deren gesamte Laufzeit zu betrachten ist (Senatsurteil vom 8. Juni 2011 I R 98/10, [X.]E 234, 137, [X.] 2012, 716; vgl. auch Senatsurteil in [X.], 263).

c) Hieran ist auch für den Streitfall mit der Folge festzuhalten, dass eine Höherbewertung der [X.], die erst in den Jahren 2019 und 2024 zurückzuzahlen waren, aufgrund des [X.] des [X.] in der Steuerbilanz der [X.] zum 31. Dezember 2000 bei einer zutreffenden Beurteilung der materiellen Rechtslage nicht hätte anerkannt werden dürfen. Demgemäß war die Kursveränderung zum Ende des Streitjahres (2000) auch nicht geeignet, eine Teilwertabschreibung wegen einer voraussichtlich dauernden Minderung der in der Bilanz der [X.] ausgewiesenen Beteiligung an ihrer Tochtergesellschaft ([X.]) zu rechtfertigen. Ob --was nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.] sowie dem Vortrag der Beteiligten naheliegend erscheint-- [X.]gewinn des [X.] tatsächlich die Körperschaftsteuer 2000 der [X.] gemindert hat, ist für den [X.] der Beteiligung bei der [X.] unerheblich. Abgesehen davon, dass es sich bei der Fremdwährungsverbindlichkeit der [X.] und der Beteiligung der [X.] um zwei Wirtschaftsgüter gehandelt hat, besteht jedenfalls weder eine materiell-rechtliche noch eine verfahrensrechtliche Bindung des [X.] an die --möglicherweise fehlerhafte-- bilanzielle Behandlung auf der Stufe des Beteiligungsunternehmens ([X.]). Maßgeblich ist deshalb die zutreffende und vorstehend erläuterte materielle Rechtslage, nach der im Rahmen der gebotenen steuerrechtlichen Betrachtung (s. hierzu Senatsurteile vom 26. September 2007 I R 58/06, [X.]E 219, 100, [X.] 2009, 294; in [X.], 263) die Wechselkursänderungen im Streitfall keine voraussichtlich dauernde Wertminderung des [X.] tragen können.

d) Die hiergegen erhobenen Einwände der Klägerin führen zu keiner anderen Beurteilung.

aa) Der Hinweis darauf, dass die dem Streitjahr zugrunde liegende Bilanz erst nach den [X.] erstellt worden sei und zu einer fundamentalen Änderung der ökonomischen Erwartungen geführt habe, geht fehl. Zwar hat --wie erläutert-- der [X.] bisher noch nicht dazu Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise von einer dauerhaften Währungskursveränderung auszugehen ist. Auch im Streitfall bedarf dies keiner Erörterung, weil es sich bei den Anschlägen --bezogen auf die Verhältnisse zum Bilanzstichtag (31. Dezember 2000)-- nicht um wertaufhellende, sondern um später eingetretene und damit unbeachtliche Umstände handelt. Hinzu kommt, dass am 11. September 2001 die gesetzliche Frist für die Aufstellung des Jahresabschlusses der [X.] verstrichen (vgl. § 264 Abs. 1 Satz 3 und 4 des Handelsgesetzbuches) und damit auch der sog. Wertaufhellungszeitraum abgelaufen war (Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2012 I B 27/12, [X.] 2013, 545, m.w.N.).

bb) Ebenso wenig greift der Hinweis darauf durch, dass sich in Folge des [X.] des [X.] der Gesellschafter der [X.] für die [X.] der [X.] verbürgt habe. Abgesehen davon, dass eine solche Sicherung für das funktionale Gewicht und damit den inneren Wert der Beteiligung an der [X.] spricht, lässt der Einwand außer [X.], dass der Anspruch auf eine Nachsicherung der Kreditgeber Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen war und die [X.] nach den Feststellungen der Vorinstanz bereits dann bestanden, wenn [X.] des [X.] bezogen auf die Verhältnisse der Darlehensaufnahme um zumindest 5 % steigt. Letzterem kann indes im Rahmen des steuerrechtlichen Teilwertausweises keine Bedeutung beigemessen werden, da hierfür --d.h. bei der Frage einer voraussichtlich dauernden Wertveränderung [X.] 6 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Nr. 2 Satz 2 EStG 1997 n.F.-- nicht die einzelvertraglichen [X.] maßgebend sind, sondern von dem Grundsatz auszugehen ist, dass bei langfristigen Darlehen Wechselkursschwankungen regelmäßig nicht mit der Annahme einer voraussichtlich dauerhaften Veränderung der [X.] verbunden sind.

3. Die Sache ist spruchreif. Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen; die Revision der Klägerin ist demnach zurückzuweisen.

Meta

I R 53/12

04.02.2014

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 7. Juni 2012, Az: 1 K 130/09, Urteil

§ 6 Abs 1 Nr 2 S 2 EStG 1997 vom 24.03.1999

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.02.2014, Az. I R 53/12 (REWIS RS 2014, 8208)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8208

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