Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.06.2021, Az. IV R 2/19

4. Senat | REWIS RS 2021, 5111

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Gegenstand

(Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 10.06.2021 IV R 18/18 - Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berücksichtigung wertbegründender Tatsachen; Teilwertzuschreibung bei Fremdwährungsverbindlichkeiten)


Leitsatz

1. NV: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berücksichtigung wertbegründender Tatsachen bei der Bestimmung des Teilwertes ist der Bilanzstichtag.

2. NV: Soweit für die Prognose der zukünftigen Wertentwicklung die Entwicklung des Fremdwährungskurses von Bedeutung ist, stellen Änderungen des Kurswertes ebenso wie Entscheidungen wirtschaftlicher oder währungspolitischer Art wertbegründende Tatsachen dar und sind deshalb bei der Teilwertbestimmung von Fremdwährungsverbindlichkeiten nur zu berücksichtigen, wenn sie am maßgeblichen Bilanzstichtag bereits vorlagen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 04.05.2017 - 11 K 1190/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Sie ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Kommanditisten der Klägerin sind die beiden durch das Finanzgericht ([X.]) Beigeladenen.

2

Die Klägerin nahm bei der [X.] ein Darlehen in Höhe von 2.375.850 [X.] ([X.]) für eine Laufzeit vom 29.09.2006 bis 29.09.2016 auf. Zur [X.] betrug der Wechselkurs 1,5839 [X.] = 1 €. Die Darlehenssumme betrug umgerechnet 1.500.000 €.

3

Zum 31.12.2010 war der Kurswert des [X.] gegenüber dem [X.] erheblich gestiegen; er betrug zu diesem Zeitpunkt 1,25 [X.] = 1 €. In ihrer Bilanz auf den 31.12.2010 bewertete die Klägerin die Verbindlichkeit gegenüber der [X.] mit 1,32 [X.] = 1 €, dem niedrigsten Wechselkurs zwischen dem Bilanzstichtag und dem Tag der Aufstellung der Bilanz, und ermittelte so für das Streitjahr 2010 einen Aufwand in Höhe von 299.886,36 €.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) stellte mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen ([X.]) für 2010 vom 07.03.2012 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung für die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest; die geltend gemachte Teilwerterhöhung lehnte er ab, da es sich um keine voraussichtlich dauernde Werterhöhung handele.

5

Die Klägerin legte Einspruch gegen den [X.] 2010 wie auch gegen den [X.] ein und erhob am 05.05.2014 (nur) gegen den [X.] 2010 Untätigkeitsklage zum [X.]. Sie begehrte die Berücksichtigung eines Aufwands aus der Teilwertzuschreibung des [X.] in Höhe von 299.886 € sowie eines Aufwands in Höhe von 29.933 € aus einer Teilwertabschreibung für bestimmte Wertpapiere, die im Streitjahr 2010 zu ihrem Betriebsvermögen gehört hätten.

6

Das [X.] wies mit Einspruchsentscheidung vom 03.07.2014 die Einsprüche gegen den [X.] 2010 sowie gegen den [X.] als unbegründet zurück.

7

Mit Urteil vom 04.05.2017 - 11 K 1190/14 änderte das [X.] sowohl den [X.] 2010 als auch den [X.] dahingehend, dass "die Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung einer Teilwertzuschreibung aus dem [X.]kredit in Höhe von 299.886 €, einer Erfassung des Übertragungsanspruchs hinsichtlich [näher bezeichneter] Aktien ... in Höhe von … € und als Ausgleich einer 2009 zu Unrecht vorgenommenen Teilwertabschreibung von … [X.] geändert und Einkünfte aus Gewerbebetrieb von … [X.] bzw. ein entsprechender Gewerbesteuermessbetrag festgestellt und auf beide Gesellschafter verteilt werden". Im Übrigen wies es die Klage ab.

8

Zur Begründung führte das [X.] aus, dass die Teilwerterhöhung der Verbindlichkeit anzuerkennen sei, da die Kurserhöhung des [X.] gegenüber dem [X.] voraussichtlich dauerhaft gewesen sei. Die [X.] habe am 15.01.2015 die zuvor eingeführte Wechselkursanbindung des [X.] an den [X.] aufgehoben, wodurch der [X.] noch mehr in Richtung auf eine Parität mit dem [X.] zu bewerten gewesen sei. Aus dem tatsächlichen Geschehen bis zur Rückzahlung des Darlehens im Jahr 2016 werde schließlich die Annahme widerlegt, dass sich Wertschwankungen bei längerfristigen Darlehen ausglichen. Entgegen der Auffassung des [X.] sei der Verlust aus der Teilwertzuschreibung der Verbindlichkeit auch nicht nach § 15 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lediglich beschränkt verrechenbar, denn es liege kein Termingeschäft vor, das auf einen [X.] gerichtet sei. Die geltend gemachte Teilwertabschreibung auf Wertpapiere scheide aus. Mit dem Aufwand aus der Teilwertzuschreibung des [X.]kredits seien allerdings ein Übertragungsanspruch der Klägerin gegen die Beigeladenen für [näher bezeichnete] Aktien in Höhe der Anschaffungskosten von … € sowie eine im Vorjahr unzutreffend erfolgte Teilwertberichtigung für übertragene Wertpapiere in Höhe von … € zu verrechnen. Neben dem [X.] 2010 sei auch der [X.] entsprechend zu ändern.

9

Das [X.] rügt mit seiner Revision die Verletzung von Bundesrecht. Das [X.] habe § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) verletzt, da es über den [X.] entschieden habe, obwohl dieser nicht Gegenstand des Klageverfahrens gewesen sei. Weiterhin habe das [X.] die Teilwertzuschreibung der Darlehensverbindlichkeit unter Verletzung von § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Nr. 2 Satz 2 EStG bejaht. Zum Bilanzstichtag 31.12.2010 habe keine voraussichtlich dauernde Werterhöhung der Verbindlichkeit vorgelegen.

Das [X.] beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] München vom 04.05.2017 - 11 K 1190/14 aufzuheben und die Klage gegen den [X.] für 2010 vom 07.03.2012, hilfsweise auch eine Klage gegen den [X.], abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des [X.] aufzuheben, soweit es den [X.] vom 07.03.2012 betrifft, und die Revision im Übrigen zurückzuweisen.

Das [X.] habe nicht über den [X.] entscheiden dürfen, da dieser nicht Gegenstand des Klageverfahrens gewesen sei. In der Sache habe das [X.] jedoch zutreffend die Teilwertzuschreibung auf die Fremdwährungsverbindlichkeit bejaht.

Die Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert.

Die Klägerin, die Beigeladenen und das [X.] haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] nach § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O. Das [X.] hat rechtsfehlerhaft über einen Bescheid entschieden, der nicht Gegenstand des Klageverfahrens war (dazu 1.). Weiterhin hat das [X.] seiner Entscheidung zur Teilwertzuschreibung auf die Fremdwährungsverbindlichkeit unzutreffende Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt (dazu 2.). Die Sache ist mangels Spruchreife an das [X.] zurückzuverweisen (dazu 3.).

1. Das Urteil ist aufzuheben, soweit es auch über den [X.] entschieden hat. Insoweit ist das [X.] über das Klagebegehren hinausgegangen und hat damit § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O verletzt.

a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Das Gericht darf demnach dem Kläger nicht etwas zusprechen, das dieser nicht beantragt hat. Es darf auch nicht über etwas anderes entscheiden, als der Kläger durch seinen Antrag begehrt und zur Entscheidung gestellt hat. Maßgeblich für das Begehren des [X.] ist in der Regel alleine der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag (z.B. Urteil des [X.] --BFH-- vom 04.09.2008 - IV R 1/07, [X.], 220, [X.], 335, unter [X.] [Rz 38], und [X.] vom [X.] - II B 31/18).

b) Im Streitfall hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 04.05.2017 lediglich die Änderung des [X.] beantragt. Auch aus ihrem sonstigen Vorbringen ergibt sich nicht, dass auch der [X.] angefochten werden sollte. Das [X.] hat deshalb § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O verletzt, indem es auch über den [X.] entschieden hat. Insoweit ist sein Urteil aufzuheben.

2. Das Urteil ist auch aufzuheben, soweit es die [X.] 2010 betrifft. Insoweit hat das [X.] seiner Entscheidung zur Teilwertzuschreibung auf die Fremdwährungsverbindlichkeit unzutreffende Rechtsgrundsätze zugrunde gelegt.

a) Nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG hat die Klägerin, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt, in ihrer Bilanz die ihrem Betriebsvermögen zuzurechnenden Wirtschaftsgüter mit den sich aus § 6 EStG ergebenden Werten anzusetzen (vgl. § 5 Abs. 6 EStG).

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Verbindlichkeiten unter sinngemäßer Anwendung der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG anzusetzen und mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind solche Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt, und Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen.

Es gehört zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG, dass alle Bilanzposten nach § 244 des Handelsgesetzbuchs (HGB) in [X.] anzusetzen sind ([X.]/[X.], EStG, 40. Aufl., § 5 Rz 82; [X.] in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 5 Rz 44; vgl. [X.] vom 16.12.2008 - I [X.]/08, [X.], 940, unter [X.] [Rz 12], zur Gewinnermittlung der inländischen Betriebsstätte einer ausländischen Gesellschaft). Ist eine zu passivierende Verbindlichkeit in einer Fremdwährung zu erfüllen, so muss in der Bilanz daher eine Umrechnung in [X.] erfolgen.

[X.] sind danach grundsätzlich mit dem Rückzahlungsbetrag zu bewerten, der sich aus dem Wechselkurs der Fremdwährung --dem Preis einer Einheit der betreffenden ausländischen Währung in [X.]-- im Zeitpunkt der Aufnahme ([X.]) des betreffenden Darlehens ergibt (vgl. BFH-Urteile vom [X.], [X.], 564, [X.], 778, unter [X.] [Rz 19], und vom 04.02.2014 - I R 53/12, Rz 11).

b) Der Rückzahlungsbetrag ändert sich jedoch, wenn sich der Wechselkurs der Währung, die einer Fremdwährungsverbindlichkeit zugrunde liegt, ändert. Erhöht sich der Wechselkurs, so erhöht sich auch der Rückzahlungsbetrag und damit auch der Teilwert der Verbindlichkeit (BFH-Urteil in [X.], 564, [X.], 778, unter [X.] [Rz 20]).

Mit dem (höheren) Teilwert kann eine Verbindlichkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG in entsprechender Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertveränderung höher ist als der ursprüngliche Rückzahlungsbetrag.

c) Die vorzunehmende Prognoseentscheidung über Umfang und Dauer der Wertminderung bzw. -erhöhung ist Teil der Ermittlung des [X.]. Dabei handelt es sich um eine Schätzung nach § 162 der Abgabenordnung ([X.]), die zu den Tatsachenfeststellungen des [X.] i.S. von § 118 Abs. 2 [X.]O gehört und daher revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie dem Grunde nach zulässig war, in verfahrensfehlerfreier Weise zustande gekommen ist und nicht gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verstößt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 16.12.2015 - IV R 18/12, [X.], 408, [X.], 346, Rz 30, und vom 12.03.2020 - IV R 9/17, [X.], 319, [X.] 2021, 226, Rz 34).

Kann das [X.] die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer geltend gemachten Teilwertabschreibung nicht feststellen, so trifft den Steuerpflichtigen nach allgemeinen Grundsätzen hierfür die Feststellungslast (z.B. BFH-Urteile in [X.], 408, [X.], 346, Rz 40, und vom 15.01.2019 - [X.]/17, Rz 81). Dies gilt in gleichem Maße für die Teilwertzuschreibung von Verbindlichkeiten.

d) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berücksichtigung wertbegründender Tatsachen ist der Bilanzstichtag. Als "werterhellend" sind darüber hinaus Tatsachen für die Bilanz zu berücksichtigen, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv vorlagen und erst nach dem Bilanzstichtag, aber bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Bilanz aufgestellt wurde --längstens bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Bilanz nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang (§ 243 Abs. 3 HGB) aufzustellen gewesen [X.] bekannt oder erkennbar wurden (vgl. BFH-Urteile vom 30.03.2017 - IV R 9/15, [X.], 44, [X.] 2017, 896, Rz 28, und vom 15.09.2004 - I R 5/04, [X.], 116, [X.], 100, unter [X.] [Rz 38]).

Wird der Teilwert auf der Grundlage eines Kurswertes ermittelt, so stellen eingetretene Kursänderungen wertbegründende, nicht lediglich [X.] Umstände dar; sie sind also nur bis zum Bilanzstichtag zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 21.09.2011 - I R 89/10, [X.], 263, [X.] 2014, 612, Rz 19). Soweit Entscheidungen wirtschaftlicher oder währungspolitischer Art für die Prognose zukünftiger Kursentwicklungen von Bedeutung sind, stellen auch sie wertbegründende Tatsachen dar und können deshalb ebenfalls nur berücksichtigt werden, soweit sie bereits am maßgeblichen Bilanzstichtag vorlagen (so etwa auch Neufang/[X.], Der Steuerberater 2016, 128, 130; [X.]/[X.], Der Betrieb 2015, 631; Korn/Strahl in Korn, § 6 EStG Rz 203, dazu, dass die Entscheidung der [X.] zur Beendigung von [X.]-Stützungskäufen am 15.01.2015 wertbegründend ist).

e) Das Urteil des [X.] ist aufzuheben, da es in entscheidungserheblicher Weise auf anderen Grundsätzen beruht.

Das [X.] hat die Teilwertzuschreibung auf die Fremdwährungsverbindlichkeit mit der Begründung für berechtigt gehalten, dass eine dauernde Werterhöhung vorgelegen habe. Dies ergebe sich aus den bis zur Darlehensrückzahlung im [X.] eingetretenen Tatsachen, namentlich der Entscheidung der [X.] vom 15.01.2015, die Wechselkursanbindung des [X.] an den [X.] aufzugeben.

Damit hat das [X.] verkannt, dass bei der Entscheidung, ob am maßgeblichen Bilanzstichtag die Voraussetzungen einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung vorliegen, nur auf wertbegründende Umstände abzustellen ist, die zum Bilanzstichtag bereits objektiv gegeben sind. Da es sich bei der Entscheidung der [X.] vom 15.01.2015 wie auch bei der tatsächlichen Entwicklung des Wechselkurses zwischen [X.] und [X.] vom Bilanzstichtag bis zum [X.] um wertbegründende Umstände handelt, die erst nach dem hier maßgeblichen Bilanzstichtag (31.12.2010) eingetreten sind, hätte das [X.] seine Entscheidung im Streitfall nicht auf diese Umstände stützen dürfen. Sein Urteil war daher aufzuheben.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Denn das [X.] hat bislang keine Feststellungen zu wertbegründenden Umständen getroffen, die bereits am Bilanzstichtag 31.12.2010 vorlagen.

4. a) Bei seiner erneuten Entscheidung wird das [X.] zu prüfen haben, ob aufgrund wertbegründender Tatsachen, die bereits am Bilanzstichtag 31.12.2010 vorgelegen haben, von einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung der streitbefangenen Fremdwährungsverbindlichkeit auszugehen war.

aa) Dabei muss es zum einen berücksichtigen, dass die Frage, ob bei [X.] eine Veränderung des Wechselkurses zum Bilanzstichtag eine voraussichtlich dauernde Wertänderung darstellt, maßgeblich von der Laufzeit der Verbindlichkeit abhängt (z.B. BFH-Urteil in [X.], 564, [X.], 778).

(1) Für langfristige [X.], deren Restlaufzeit zum maßgeblichen Bilanzstichtag noch mindestens zehn Jahre beträgt, ist bereits entschieden, dass nicht jede Kursveränderung als dauerhafte Wertänderung anzusehen ist. Denn es kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass sich entstandene Währungsschwankungen in der vorhandenen Restlaufzeit ausgleichen (BFH-Urteil in [X.], 564, [X.], 778, unter [X.] [Rz 21 ff.]).

(2) Inwieweit dies auch für Darlehen gilt, deren Restlaufzeit --wie im [X.] am Bilanzstichtag weniger als zehn Jahre beträgt, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Jedenfalls ist bei der erforderlichen Prognoseentscheidung die bisherige Entwicklung des Wechselkurses zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass sich die eingetretene Kursänderung noch im Rahmen der üblichen Währungsschwankungen zwischen dem [X.] und der betroffenen Fremdwährung hält; hierzu wird vorrangig der vergangene Zeitraum zu würdigen sein, der der Restlaufzeit des Darlehens am Bilanzstichtag entspricht. Um das für die "voraussichtlich dauernde Wertänderung" erforderliche prognostische Element abzubilden, ist es zudem erforderlich, die zu erwartende wirtschaftliche oder währungspolitische Situation zwischen dem [X.]-Raum und der betreffenden [X.] aus der Sicht des [X.] zu würdigen. Dabei werden die Anforderungen an die Stichhaltigkeit der Prognose bei kürzerer Restlaufzeit regelmäßig sinken. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass das --auch für Verbindlichkeiten geltende-- [X.]sgebot in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, Nr. 2 Satz 3, Nr. 3 EStG gewährleistet, dass Wertänderungen aufgrund von Prognosen, die sich im Nachhinein als unzutreffend erweisen, im Folgejahr durch [X.] wieder korrigiert werden.

bb) Zudem muss das [X.] berücksichtigen, dass eine Berechtigung zur Teilwertzuschreibung wegen voraussichtlich dauernder Werterhöhung von Verbindlichkeiten aus Fremdwährungsdarlehen unabhängig von der Dauer der Restlaufzeit besteht, wenn sich der [X.]-Wert gegenüber der Fremdwährung aufgrund einer fundamentalen Änderung der wirtschaftlichen oder währungspolitischen Daten der beteiligten [X.] gemindert hat (hierzu ausführlich BFH-Urteil vom heutigen [X.], [X.], 495).

b) Bei seiner erneuten Entscheidung wird das [X.] ferner zu berücksichtigen haben, dass es bislang an einer nachvollziehbaren Begründung für die von ihm vorgenommenen Gegenrechnungen fehlt.

c) Schließlich weist der Senat darauf hin, dass das Vorliegen von Einkünften aus Termingeschäften i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG nicht Gegenstand des Verfahrens ist. Über eine solche Frage ist nach § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a [X.] im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung durch eine selbständige Feststellung zu entscheiden (BFH-Urteil vom 28.04.2016 - IV R 20/13, [X.], 260, [X.], 739, Rz 8). Eine solche Feststellung ist hier jedoch nicht getroffen worden.

5. [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

6. Die Entscheidung ergeht nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 [X.]O mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Meta

IV R 2/19

10.06.2021

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 4. Mai 2017, Az: 11 K 1190/14, Urteil

§ 4 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 5 EStG 2009, § 6 Abs 1 Nr 2 S 2 EStG 2009, § 6 Abs 1 Nr 3 EStG 2009, § 243 Abs 3 HGB, § 244 HGB, § 118 Abs 2 FGO, § 162 AO, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.06.2021, Az. IV R 2/19 (REWIS RS 2021, 5111)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 5111


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 11 K 1190/14

FG München, 11 K 1190/14, 25.05.2019.

FG München, 11 K 1190/14, 04.05.2017.


Az. IV R 2/19

Bundesfinanzhof, IV R 2/19, 10.06.2021.


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