Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2017, Az. 3 StR 264/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 3827

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:171017B3STR264.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 264/17
vom
17. Oktober 2017
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen zu 1.:
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

zu 2.:
Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht

geringer Menge

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.]ndesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerde-führer und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 17.
Oktober 2017 gemäß §
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revisionen der Angeklagten B.

und D.

wird das Urteil des [X.] vom 22.
November 2016, soweit es diese Angeklagten betrifft, im Strafausspruch aufgehoben, betreffend den Angeklagten B.

mit den zugehörigen Feststellungen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwie-sen.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten B.

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfrei-heitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt, den Angeklagten
D.

wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die dagegen gerichteten, auf die [X.] der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisio-nen der Angeklagten haben jeweils in dem aus der Entscheidungsformel er-1
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sichtlichen Umfang Erfolg, die Revision des Angeklagten B.

mit einer Ver-fahrensrüge, diejenige des Angeklagten D.

mit der Sachrüge; im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
[X.] Nach den Feststellungen des [X.] lernte der Angeklagte
B.

Anfang 2015 [X.] namens "[X.]

" kennen, der einen Trockenbauer zum Ausbau einer Lagerhalle suchte. B.

übernahm die Tätigkeit im März 2015. Er bemerkte zwar bald, dass in der Lagerhalle eine [X.] eingerichtet werden sollte, führte seine Arbeit im Hinblick auf die ihm von "[X.]
" in Aussicht gestellte Entlohnung aber dennoch fort. In der Folgezeit richtete er die Plantage gemeinsam mit "[X.]

" professionell ein. Nachdem beide die [X.] eingesetzt und angepflanzt hatten, betreute B.

die Plantage im Einvernehmen mit "[X.]

" allein. Bis Mai 2016 kam es zu vier Ernten, bei denen jeweils zwischen 25 und 38 kg Marihuana erzielt wurden. Bei der vierten Ernte wirkte der Angeklagte D.

als Erntehelfer mit.
Im Rahmen der Strafzumessung hat die [X.] zugunsten des Angeklagten B.

als allgemeinen Strafzumessungsumstand berücksichtigt, dass er "Aufklärungsbemühungen gezeigt" habe, indem er u.a. Angaben zu dem Tatbeteiligten "[X.]

" gemacht habe. Den gesetzlich vertypten Strafmilde-rungsgrund der Aufklärungshilfe nach §
31 Satz 1 Nr. 1 BtMG hat das [X.] hingegen nicht als erfüllt angesehen. Dem liegen im Wesentlichen folgen-de Erwägungen zugrunde:
B.

habe die Person, die ihn für seine Tätigkeiten eingestellt, entlohnt und mit ihm gemeinsam in der Plantage gearbeitet habe, nur mit dem Vor-
oder Spitznamen "[X.]

" benannt. Eine Identifizierung des Mittäters "[X.]

" sei aufgrund seiner Angaben nicht möglich gewesen. Dass durch seine Einlassung ein Ver-dacht gegen den gesondert verfolgten

[X.].

begründet bzw. bestärkt 2
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worden sei, stelle eine Aufklärungsbemühung dar, die nicht zur Anwendung des § 31 BtMG führe, sondern als allgemeiner Strafzumessungsgrund zu berück-sichtigen sei.
I[X.] Revision des Angeklagten B.

Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten B.

ergeben. Ungeachtet bestehender Bedenken gegen die Strafzumessung führt die von dem Angeklagten B.

erhobene Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO) zur Aufhebung des ihn betreffenden Strafausspruchs.
1. Mit der Rüge beanstandet er, dass die [X.] Aktenbestandtei-le, aus denen sich Anhaltspunkte für das Vorliegen des gesetzlich vertypten [X.] nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG ergeben hätten, in der Hauptverhandlung weder verlesen noch ihm vorgehalten oder sonst zum [X.] gemacht habe. Im Einzelnen handelt es sich dabei um das Protokoll über die mündliche Haftprüfung des Angeklagten B.

vom 8. September 2016 und die auf ihn bezogenen Ausführungen im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen aus der Anklageschrift im Strafverfahren gegen

[X.].

vom 9. August 2016.
2. Die Rüge genügt den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Insbesondere lässt sich dem [X.] die bestimmte Beweisbehaup-tung des Beschwerdeführers entnehmen, im [X.] vom 8.
September 2016 die sich aus dem Protokoll ergebenden Angaben zur Tatbe-teiligung von [X.].

gemacht und damit zum [X.] gegen diesen geworden zu sein.
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3. Die Revision beanstandet zu Recht, dass das [X.] die ent-sprechenden Passagen aus der Anklageschrift gegen [X.].

und aus dem Pro-tokoll über den [X.] nicht verlesen oder beispielsweise durch Vorhalt gegenüber dem Angeklagten B.

zum Gegenstand der [X.] gemacht hat.
a) Aus den Ausführungen über das wesentliche Ergebnis der Ermittlun-gen in der Anklageschrift gegen [X.].

vom 9. August 2016 ergibt sich, dass B.

zunächst nicht [X.].

, sondern "[X.] namens 'L.

', 'R.

' und 'J.

'" als Betreiber der [X.] benannt hatte, ohne Angaben zu machen, die eine Identifizierung dieser Personen ermöglicht hätten. Ausweislich des Protokolls über den [X.] vom 8. September 2016 räumte er hin-gegen ein, dass die früher von ihm genannten Personen tatsächlich nicht exis-tierten, und er sie sich aus Angst vor dem wahren "Hintermann" ausgedacht habe. Nach einigem Zögern benannte er schließlich [X.].

als den "[X.]", der ihn mit dem Ausbau der Lagerhalle beauftragt und in dessen [X.] er anschließend die [X.] betreut habe. Dabei machte er detaillierte Angaben zu den einzelnen Tatbeiträgen von [X.].

.
b) Es hätte sich unter [X.] aufgedrängt, davon in der Hauptverhandlung Kenntnis zu nehmen, weil die Angaben des Angeklagten B.

im [X.], die er vor der Eröffnung des Hauptverfahrens (§
207 StPO) gegen ihn durch Beschluss vom 27. Oktober 2016 gemacht hat, geeignet waren, das Vorliegen des gesetzlich vertypten [X.] nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG zu bejahen.
c) Dementsprechend beruht der Strafausspruch gegen den Angeklagten B.

auf dem Rechtsfehler. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkam-9
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mer bei einer Berücksichtigung seiner Angaben im [X.] vom 8.
September 2016 auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte.
4. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Ausspruchs über die gegen den Angeklagten B.

verhängten Einzelstrafen. Der Wegfall der Einzelstra-fen bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafe.
II[X.] Revision des Angeklagten D.

1. Die Verfahrensrüge ist nicht näher ausgeführt und deshalb bereits [X.] (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
2. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten
D.

ergeben. Der Strafausspruch hat demgegenüber keinen Bestand, weil sich die [X.] als rechtsfehlerhaft erweist.
Das [X.] hat der Strafzumessung den gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu-grunde gelegt. Das Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG hat die [X.] unter Berücksichtigung allgemeiner Strafzu-messungsumstände verneint. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Sieht das Gesetz einen besonderen Strafrahmen für minder schwere Fälle vor und ist -
wie hier gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB -
auch ein gesetzlich vertypter [X.] gegeben, muss bei der [X.] im Rahmen einer Gesamtabwägung zunächst geprüft werden, ob die [X.] Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles tra-gen. Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände 13
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das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen, so sind zusätzlich die den gesetzlich vertypten [X.] verwirklichenden Umstände in die gebotene Gesamtabwägung einzubeziehen. Erst wenn der Tatrichter die Anwendung des milderen Strafrahmens danach weiterhin nicht für gerechtfer-tigt hält, darf er seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gege-benen gesetzlich vertypten [X.]es gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 7. März 2017
-
2 StR 567/16, juris Rn. 6; vom 13. Oktober 2016 -
3 [X.], juris Rn. 5, jeweils mwN).
Daran fehlt es hier. Die [X.] hat nicht geprüft, ob ein minder schwerer Fall anzunehmen ist, weil der gesetzlich vertypte Strafmilderungs-grund nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB vorliegt.
3. Die Strafe ist deshalb neu zu bemessen. Die dem Strafausspruch zu-grunde liegenden Feststellungen bleiben von dem Rechtsfehler indes unberührt und können deshalb gemäß § 353 Abs. 2 StPO bestehen bleiben.
[X.]

Gericke

Tiemann Hoch
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20

Meta

3 StR 264/17

17.10.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2017, Az. 3 StR 264/17 (REWIS RS 2017, 3827)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3827

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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