Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2009, Az. VIII ZR 149/08

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4443

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[X.] [X.]/08 Verkündet am: 18. März 2009 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: nein [X.] 7/97 Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fall 3, [X.] § 312d Abs. 4 Nr. 1 Fall 3 Dem [X.] wird folgende Frage zur Ausle-gung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 234 [X.] zur Vorabentscheidung [X.]: Ist die Bestimmung des Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fall 3 der Richtlinie 1997/7/[X.] des [X.] und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz dahin auszule-gen, dass ein Widerrufsrecht nicht besteht bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz über die leitungsgebundene Lieferung von Strom und Gas? [X.], Beschluss vom 18. März 2009 - [X.]/08 - [X.] [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Januar 2009 durch den Vorsitzenden [X.], den [X.] sowie die Richterinnen [X.], [X.] und [X.] beschlossen: [X.] Das Verfahren wird ausgesetzt. I[X.] Dem [X.] wird folgende Frage zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 234 [X.] zur Vorabentscheidung vorgelegt: Ist die Bestimmung des Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fall 3 der Richtlinie 1997/7/[X.] des [X.] und des Rates vom 20. Mai 1997 über den [X.] im Fernabsatz dahin auszulegen, dass ein Widerrufs-recht nicht besteht bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz über die leitungsgebundene Lieferung von Strom und Gas? Gründe: [X.] Der Kläger unterzeichnete und übersandte der Beklagten am 20. Januar 2007 eine von dieser gestellte und bereits zuvor unterschriebene [X.] "Vertragsvereinbarung [X.]" über die Lieferung von Strom und Gas für die Dauer von mindestens einem Jahr ab dem 1. März 2007. Mit [X.] vom 27. Januar 2007 widerrief er seine auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung. Die Beklagte vertrat mit Schreiben 1 - 3 - vom 21. Februar 2007 die Auffassung, dass ihm ein Widerrufsrecht nicht zuste-he. Dem widersprach der Kläger mit Schreiben vom 23. Februar 2007; er for-derte die Beklagte vergeblich auf, den Widerruf zur Vermeidung einer Klageer-hebung unverzüglich zu akzeptieren. Zugleich stellte er der Beklagten unter Hinweis auf seine Zulassung als Rechtsanwalt eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 2.107,97 • nebst Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen in Höhe von insgesamt 229,30 • in Rechnung. Seit dem 1. April 2007 bezieht er Strom und Gas von anderen [X.]. Die Klage auf Feststellung, dass der Kläger die auf Abschluss der Ver-tragsvereinbarung [X.] gerichtete Willenserklärung vom 20. Januar 2007 wirksam widerrufen habe, sowie auf Verurteilung der [X.] zur Zahlung von 229,30 • hat das Amtsgericht abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des [X.], mit der er beantragt hat, festzustellen, dass die zwischen den Parteien geschlossene Vertragsvereinbarung "[X.]" durch wirksamen Widerruf der Willenserklärung des [X.] vom 27. Januar 2007 beendet worden ist, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, die Vertragsvereinbarung [X.] rückwirkend zum 1. März 2007 aufzuheben, und mit der er im Übrigen seinen [X.] weiterverfolgt hat, ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Re-vision erstrebt der Kläger weiterhin eine Verurteilung der Beklagten nach seinen zweitinstanzlichen Klageanträgen. 2 I[X.] Das Berufungsgericht hat, soweit im gegenwärtigen Verfahrensstadium von Bedeutung, im Wesentlichen ausgeführt: 3 - 4 - Die von den Parteien getroffene Vereinbarung sei wirksam, weil der Klä-ger seine Erklärung vom 20. Januar 2007 nicht habe widerrufen können. Der Ausnahmetatbestand gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1 [X.] sei im Hinblick darauf, dass Strom und Gas zur Rücksendung nicht geeignet seien, gegeben und ein Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 1, § 355 [X.] zu verneinen. Es sei zwi-schen dem gelegentlichen Verbrauch einer zuvor übersandten Sache im [X.] Einzelfall und dem Verbrauch einer Sache als wesenstypisches [X.] zu differenzieren. Bei der Lieferung von Strom und Gas liege der eintretende Verbrauch der Ware in der Natur der Sache; es sei unmöglich, sie zurückzugeben. Die über den Versorger zugeleiteten Strom- und Gasmen-gen könnten nicht über dieselbe Zuleitung wieder an diesen zurückgeleitet wer-den. Die Ware Strom und Gas sei unmittelbar nach Zuleitung an den Verbrau-cher in ihrer ursprünglichen Form nicht mehr vorhanden. Nach der gesetzlichen Formulierung sei, da die betroffene Ware "auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet" sei, in solchen Fällen zwingend ein Ausschluss des Widerrufsrechts gemäß § 312d Abs. 4 Nr. 1 [X.] anzunehmen. Es sei [X.] unerheblich, ob der in Rede stehende konkrete Widerruf zeitlich vor dem vereinbarten Lieferbeginn gelegen habe, denn der [X.] in § 312d Abs. 4 Nr. 1 [X.] differenziere insoweit nicht zwischen den möglichen Zeitpunkten der faktischen Widerrufserklärung. 4 Durch diesen Ausschluss des Widerrufsrechts werde der Schutzbereich der Norm im Rahmen der §§ 312b ff. [X.] nicht betroffen. Denn die [X.] über Fernabsatzverträge sollten dem Verbraucher im Hinblick auf die "Un-sichtbarkeit des Vertragspartners und des Produkts" einen angemessenen Schutz dafür bieten, dass ihm insbesondere über die Beschaffenheit der [X.] keine näheren Auskünfte zur Verfügung stün-den. Vorliegend gehe es indessen nicht darum, die zugesandte Ware (Strom/Gas) auf ihre Beschaffenheit und Qualität hin zu prüfen und den [X.] angemessen zu begegnen, sondern um ein vertragsreuiges Verhalten des [X.], der nach dem Vertragsabschluss mit der Beklagten ein günstigeres Angebot eines Mitbewerbers in [X.] habe. II[X.] 6 Die Entscheidung über die Revision hängt davon ab, ob dem Kläger nach § 312d Abs. 1 Satz 1 [X.] ein Recht zum Widerruf seiner auf Abschluss der Vertragsvereinbarung "[X.]" gerichteten Willlenserklä-rung zusteht oder ob ein solches Widerrufsrecht nach § 312d Abs. 4 Nr. 1 Fall 3 [X.] ausgeschlossen ist. Für die Beantwortung dieser Frage bedarf es einer Auslegung der Richtlinie 1997/7/[X.] des [X.] und des Ra-tes vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ([X.]. [X.] Nr. L 144 S. 19; im Folgenden: Richtlinie). 1. Bei der Vertragsvereinbarung [X.] handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312b Abs. 1 Satz 1 [X.] bzw. um einen Vertragsabschluss im Fernabsatz gemäß der Definition in Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie. Sie ist zwischen dem Kläger als Verbraucher (§ 13 [X.], Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie) und der Beklagten als Unternehmer (§ 14 [X.]) und Lieferer (Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie) in Ausübung von deren gewerblicher Tätigkeit [X.] worden. Nach den [X.] tatrichterlichen Feststellungen ist der Vertrag durch Zusendung und Rücksendung eines von der Beklagten stam-menden Formularschreibens und damit unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln im Sinne von § 312b Abs. 2 [X.] (Fernkommunika-tionstechnik gemäß Art. 2 Nr. 4 in Verbindung mit [X.] der Richtlinie) zu-stande gekommen. 7 - 6 - Strom und Gas sind Waren im Sinne von § 312b Abs. 1 Satz 1 [X.] und Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie ([X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 312b Rdnr. 20; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 312b Rdnr. 3; [X.]/Micklitz, § 312b Rdnr. 29; [X.]/[X.], [X.], 68. Aufl., § 312b Rdnr. 10; [X.], Fernabsatzrecht, § 312b Rdnr. 47; [X.]/[X.], [X.] (2005), § 312b Rdnr. 15; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 312b Rdnr. 37 i. V. m. Fn. 33 und 34). Diese Einordnung ist im deut-schen Recht seit langem anerkannt (vgl. [X.], 403, 404; 67, 229, 232; Se-natsurteil vom 2. Juli 1969 - [X.] ZR 172/68, [X.], 1017, unter [X.]) und entspricht dem europarechtlichen Warenbegriff ([X.], Urteil vom 27. April 1994 - Rs. [X.]/92, Slg. 1994, I S. 1477, Rdnr. 28 - [X.]/[X.] NV; vgl. auch die vorgesehene Ausnahme für Was-ser, Gas und Strom vom Warenbegriff in Art. 2 Abs. 4 Buchst. b und c des [X.] für eine Richtlinie des [X.] und des Rates über Rechte der Verbraucher vom 8. Oktober 2008 - [X.]) 614/4). 8 2. Nach [X.] Recht steht dem Kläger folglich ein Widerrufsrecht zu (§ 312d Abs. 1 Satz 1 [X.]), wenn es nicht durch § 312d Abs. 4 Nr. 1 Fall 3 [X.] ausgeschlossen ist, weil ein Fernabsatzvertrag zur Lieferung von Waren vorliegt, die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeig-net sind. Ob dieser [X.] eingreift, ist nach [X.] Recht nicht eindeutig. 9 a) Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es für die Feststellung, ob eine Ware für eine Rücksendung geeignet ist, auf deren Beschaffenheit an. Diese bildet den Ausgangspunkt für die Entscheidung, ob eine Rücksendung möglich ist oder nicht ([X.]/[X.]/[X.], aaO, § 312d Rdnr. 36; [X.], aaO, § 312d Rdnr. 70; [X.]/[X.], aaO, § 312d 10 - 7 - Rdnr. 49). Bei der leitungsgebundenen Lieferung von Strom und Gas, die nach den üblichen Versorgungsverträgen mit Verbrauchern - wie hier - nicht zur Speicherung, sondern zum sofortigen Verbrauch bestimmt sind, scheidet eine Rücksendung derselben Ware durch den Verbraucher aus. Das spricht dafür, sie aufgrund ihrer Beschaffenheit als zur Rücksendung nicht geeignet anzuse-hen. Dem steht, anders als die Revision meint, nicht entgegen, dass eine Speicherung von Gas und - mit Einschränkungen - auch von Strom technisch möglich ist mit der Folge, dass beide in diesem Fall auch "zurückgesandt" wer-den können. Für das Eingreifen des [X.]es kommt es nicht auf eine beschaffenheitsbedingte generelle Eignung zur Rücksendung an, son-dern sind die Umstände im konkreten Einzelfall maßgeblich ([X.]/ [X.]/[X.], aaO, § 312d Rdnr. 36; [X.], aaO, § 312d Rdnr. 72). Das zeigt der vom nationalen Gesetzgeber als Beispiel für die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung des § 312d Abs. 4 Nr. 1 Fall 3 [X.] angeführte Fall der Lieferung von Heizöl, das sich mit dem im Tank des Kunden vorhandenen Heizöl vermischt und deshalb - je nach dessen Zustand - die nach den DIN-Normen erforderlichen Eigenschaften verliert. Deshalb "könne", so heißt es in der Gesetzesbegründung, der Widerrufsausschluss bei Heizöl greifen ([X.] zum Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von [X.] auf Euro, [X.]. 14/2658, [X.]). Dies muss aber nicht immer so sein; [X.] ist für [X.] keine generelle Ausnahme vom Widerrufsrecht be-stimmt worden (Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, [X.]. 14/2920, [X.]). Entsprechend schließt der Umstand, dass Strom und Gas in Einzelfällen vom Abnehmer gespeichert werden mögen und dann auch zurückgegeben werden können, die Anwendbarkeit des [X.] des § 312d Abs. 4 Nr. 1 Fall 3 [X.] auf Strom und Gas 11 - 8 - nicht generell aus. Im Regelfall der leitungsgebundenen Lieferung an Verbrau-cher sind vielmehr Strom und Gas zur Rücksendung nicht geeignet, weil sie vom Abnehmer unmittelbar verbraucht werden. 12 b) Wie die Revision zu Recht geltend macht, ergibt sich aus der Geset-zesbegründung zu § 312d Abs. 4 [X.] aber auch, dass der Gesetzgeber bei diesem Ausnahmetatbestand weniger den Fall der tatsächlichen Unmöglichkeit der Rücksendung im Blick hatte als vielmehr Fälle, in denen ein Widerrufsrecht und die Rücksendung der Ware für den Unternehmer nicht zumutbar sind (vgl. Senatsurteil, [X.] 154, 239, 243 f.). Das betrifft nicht nur Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt sind (§ 312d Abs. 4 Nr. 1 [X.] Fall 1), [X.] auf entsiegelten Datenträgern (§ 312d Abs. 4 Nr. 2 [X.]) sowie Zeitungen und Zeitschriften (§ 312d Abs. 4 Nr. 3 [X.]), sondern auch den [X.] 4 Nr. 1 Fall 3 [X.] ([X.]/Föhlisch, NJW 2008, 3751 ff.). Als Beispiele für Waren, die nicht für eine Rücksendung geeignet sind, werden in der Gesetzesbegründung ([X.]. 14/2658, [X.]) neben dem oben bereits genannten Heizöl online zur Verfügung gestellte Software, Multimedia-Anwendungen und wissenschaftliche oder literarische Werke aufgeführt, die als Dateien vertrieben werden. Eine Rückgabemöglichkeit würde bei Software oder vergleichbaren Werken nach der Auffassung des Gesetzgebers das berechtigte Interesse des Unternehmers verletzen, eine unberechtigte Nutzung durch den Verbraucher zu verhindern, weil sie nicht gewissermaßen "rückstandslos" [X.] werden könnten (ebenso [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 312d Rdnr. 36; [X.]/[X.], aaO, § 312d Rdnr. 50; Münch-Komm[X.]/[X.], aaO, § 312d Rdnr. 27 f.; weitere Beispiele für wegen Unzumutbarkeit für den Unternehmer zur Rücksendung ungeeignete Waren bei [X.]/Föhlisch, aaO, S. 3753 ff.). - 9 - c) Eine vergleichbare Unzumutbarkeit der Rücksendung liegt bei der lei-tungsgebundenen Lieferung von Strom und Gas nicht vor. Die Rücksendung ist vielmehr unmöglich, weil der Kunde die Ware im Zeitpunkt der Lieferung stets sofort verbraucht. Unter diesem Gesichtspunkt sind Strom und Gas eher sons-tigen Waren vergleichbar, die zum Verbrauch durch den Kunden bestimmt sind und im Zeitpunkt der Ausübung des Widerrufs bereits verbraucht worden sind. 13 Nach nationalem Recht bedeutet der Widerruf eines Vertragsschlusses über die Lieferung von Waren, die der Kunde ganz oder teilweise bereits [X.] hat, nicht, dass dieser - wie in den oben (unter bb) genannten [X.] - trotz des Widerrufs auch weiterhin wirtschaftlich von der geliefer-ten Ware profitieren kann. Denn an die Stelle der Rückgewährpflicht tritt nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] eine Wertersatzpflicht des Verbrauchers. Auf das dem [X.] durch § 312d Abs. 1 Satz 1 [X.] eingeräumte [X.] nach § 355 [X.] finden gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 [X.] die [X.] über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung. Dieser wird durch einen Verbrauch der gelieferten Ware nicht ausgeschlossen. Der Rücktritts- bzw. Widerrufsberechtigte schuldet in diesem Falle gemäß § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] bei Ausübung des Rücktritts- oder Widerrufsrechts anstelle der Rückgewähr oder Herausgabe des Gegenstandes Wertersatz. Daraus wird im Schrifttum gefolgert, dass der Verbrauch der Ware für das [X.] und die Ausübung eines Widerrufsrechts nach § 312b Abs. 1 Satz 1 [X.] ohne Bedeutung ist ([X.]/[X.]/[X.], aaO, § 312d Rdnr. 37; vgl. auch [X.]/[X.], aaO, § 312d Rdnr. 49; [X.], aaO, § 312d Rdnr. 67; a. [X.], MMR 2001, Beilage 8, [X.], 32). Dann ist es folgerichtig, das Bestehen eines Widerrufsrechts auch bei der leitungsge-bundenen Lieferung von Strom und Gas anzunehmen. 14 - 10 - 3. Der nationale Gesetzgeber hat mit der Einführung von § 312d Abs. 4 Nr. 1 bis 4 [X.] (entspricht § 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 FernAbsG in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) bewusst diejenigen Ausnahmen wört-lich übernommen, die in Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 bis 6 der Richtlinie gere-gelt sind ([X.]. 14/2658, [X.]). Dieser Umstand rechtfertigt die Annahme, dass - obwohl die Richtlinie nur Mindeststandards setzt und nationale Bestim-mungen zulässt, die das Schutzniveau für den Verbraucher erhöhen (Art. 14 der Richtlinie) - auch nach nationalem Recht ein Widerrufsrecht in den Fällen ausgeschlossen sein soll, in denen es nach Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 bis 6 der Richtlinie nicht ausgeübt werden kann. Es kommt deshalb auf die Frage an, ob Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fall 3 der Richtlinie mit dem Ausschluss des Widerrufsrechts bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die aufgrund ihrer Be-schaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind, auch Strom- und Gaslie-ferungsverträge umfasst. Das ist unklar. 15 a) Der Wortlaut der Vorschrift spricht ebenso wie derjenige von § 312d Abs. 4 Nr. 1 [X.] für den Ausschluss des Widerrufsrechts bei derartigen Ver-trägen (siehe oben unter 2 a). 16 b) Die Entstehungsgeschichte von Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fall 3 der Richtlinie weist in dieselbe Richtung. Eine entsprechende Regelung war bereits in Art. 11 Abs. 4 des ersten Vorschlags der [X.] für eine Richtlinie des Rates über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ([X.]) 11 endg., [X.]. [X.] 1992 Nr. [X.]) vorgesehen. Dabei ging die [X.], wie sich aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 des Geänderten Vorschlags für eine Richtlinie des Rates über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ([X.]) 396 endg., [X.]. [X.] 1993 Nr. [X.] 308/18) ergibt, offen-sichtlich davon aus, dass der Verbraucher die Ware bei Ausübung des [X.] im Originalzustand zurückzuschicken hat. Das schließt ein Widerrufs-recht im Falle des vorherigen Verbrauchs der Ware aus. 18 c) Systematisch steht damit in Einklang, dass nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, die unmittelba-ren Kosten der Rücksendung der Waren sind. Damit könnte eine [X.], wie sie nach nationalem [X.] Recht im Falle des Verbrauchs der Ware besteht (siehe oben unter 2 c), unvereinbar sein (vgl. Vorlagebeschluss des [X.], [X.], 270; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 357 Rdnr. 5 f. m.w.N). Da aber ohne eine solche der Widerruf für den Unternehmer unzumutbar wäre, könnten Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie ebenfalls dafür sprechen, dass bei zum Verbrauch bestimmten und tatsächlich bereits verbrauchten Waren - und damit auch bei der leitungsgebundenen Lie-ferung von Strom und Gas - das Widerrufsrecht nach Art. 6 Abs. 3 [X.] der Richtlinie ausgeschlossen ist. d) Jedoch besteht der Sinn und Zweck des Widerrufsrechts darin, dem Verbraucher nach der Lieferung der Ware ein Recht zur Lösung vom Vertrag zu geben, weil er vorher keine Möglichkeit hat, das Erzeugnis zu sehen (vgl. [X.] 14 zur Richtlinie). Dieser Gesichtspunkt kommt grundsätzlich auch bei Waren zum Tragen, die zum Verbrauch bestimmt sind und deren Ei-genschaften vom Verbraucher nur im Wege des jedenfalls teilweisen Verbrauchs geprüft werden können. Das betrifft zum Beispiel Erzeugnisse der Körperpflege, für die in Art. 12 Abs. 4 des Geänderten [X.]svorschlags (aaO) ursprünglich ein Ausschluss des Widerrufsrechts vorgesehen war, der aber im Laufe des Rechtsetzungsverfahrens aufgrund des Gemeinsamen Standpunkts des Rates ([X.]. [X.] 1995 Nr. [X.] 288/1, 12) gestrichen worden ist, weil er als nicht zweckmäßig angesehen worden ist. 19 - 12 - Unter Berücksichtigung von zum Verbrauch bestimmten Waren könnten Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie möglicherweise dahin ausge-legt werden, dass sie nur die Kosten im Zusammenhang mit der tatsächlichen Rücksendung der Ware regeln, dass aber darüber hinaus, insbesondere im Fall des Verbrauchs der gelieferten Ware, das nationale Recht Ausgleichsregelun-gen wie die des § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 [X.] vorsehen kann. Dafür spricht, dass es nach Art. 14 der Erwägungsgründe Sache der Mitgliedstaaten ist, wei-tere Bedingungen und Einzelheiten für den Fall der Ausübung des Widerrufs-rechtes festzulegen (vgl. Gesetzesbegründung zu § 357 [X.], [X.]. 14/6040, [X.]; [X.]/[X.]/[X.], aaO, § 357 Rdnr. 12; [X.]/[X.], aaO, § 357 Rdnr. 16; [X.]/[X.], aaO, § 357 Rdnr. 14; [X.], aaO, § 357 Rdnr. 28 f.; [X.]/[X.], [X.] (2004), § 357 Rdnr. 31). 20 Der Sinn und Zweck des Widerrufsrechtes wird durch eine solche Lö-sung optimal verwirklicht, insbesondere wenn der Vertrag - wie hier - auf die wiederkehrende Lieferung gleichartiger Waren gerichtet ist und die [X.] wegen Verbrauchs nur für eine Teillieferung oder nur für einen Teil der gelieferten Ware eingreift. Allerdings steht dem [X.] dann eine weitergehende Prüfungsmöglichkeit zu als sie jeder andere Käufer hat, der vor dem Erwerb von zum Verbrauch bestimmten Sachen auf eine bloße Inaugen-scheinnahme der [X.] ohne (teilweisen) Verbrauch beschränkt ist (vgl. [X.]/Föhlisch, aaO, S. 3753). 21 Sollte nach der Richtlinie grundsätzlich ein Widerrufsrecht auch bei zum Verbrauch bestimmten und (teilweise) bereits verbrauchten Waren bestehen, stellt sich sodann die weitere Frage, ob die Lieferung von Strom und Gas [X.] zu behandeln ist, weil der Verbraucher dabei in der Regel praktisch weder die Möglichkeit noch die Absicht haben wird, die gelieferte Ware vor einer end-gültigen Entscheidung über das Festhalten am Vertrag näher zu prüfen. 22 - 13 - e) Falls ein Widerrufsrecht des Verbrauchers jedenfalls nach Aufnahme der Lieferung von Strom und Gas durch Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fall 3 der Richtlinie ausgeschlossen ist, kommt es für den hier zu entscheidenden Fall schließlich auf die Frage an, ob ein Widerrufsrecht zumindest bis zu diesem Zeitpunkt besteht. Dafür könnte sprechen, dass der Eignung der Ware zur Rücksendung vor Lieferung keine Bedeutung zukommt. Andererseits stellt Art. 6 Abs. 3 Spiegelstrich 3 Fall 3 der Richtlinie seinem Wortlaut nach nicht auf die Lieferung von nicht zur Rücksendung geeigneter Ware, sondern darauf ab, ob ein Vertrag zur Lieferung von Waren vorliegt, die aufgrund ihrer Beschaffen-heit nicht für eine Rücksendung geeignet sind. Außerdem ist das Bestehen ei-nes Widerrufsrechtes - nur - vor der Lieferung zur Verwirklichung des oben [X.]) beschriebenen Sinns und Zwecks des Widerrufsrechts ungeeignet. 23 Ball Wiechers [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 22.11.2007 - 80 [X.] 124/07 - LG [X.], Entscheidung vom 16.05.2008 - 5 S 233/07 -

Meta

VIII ZR 149/08

18.03.2009

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.03.2009, Az. VIII ZR 149/08 (REWIS RS 2009, 4443)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4443

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