Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. IX ZB 1/17

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 3633

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2019:120919BIXZB1.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 1/17

vom

12. September 2019

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 3 Abs. 1 lit. b, § 4 Abs. 1 Satz 3, § 5 Abs. 1
Überträgt der Insolvenzverwalter eine ihm obliegende Aufgabe, die
ein Verwalter oh-ne volljuristische Ausbildung nicht lösen kann, einem Rechtsanwalt und entnimmt er die dadurch entstehenden Auslagen der Insolvenzmasse, ist bei der Entscheidung über einen beantragten Zuschlag zur Vergütung zu berücksichtigen, dass dem [X.] im Umfang der Delegation kein Mehraufwand entstanden ist.

[X.], Beschluss vom 12. September 2019 -
IX ZB 1/17 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser,
[X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Röhl

am
12. September 2019
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des [X.] vom 5. Dezember 2016 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zurückgewiesen.

Der [X.].

Gründe:

I.

Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem am 1.
August 2002 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Nachdem er im April 2012 Schlussrechnung gelegt hatte, beantragte er unter dem 2.
August 2012 die Festsetzung seiner Vergütung, auf die er Vorschüsse in Höhe von 1.068.294,27

. Das Insolvenzgericht beauftragte einen Sachver-ständigen unter anderem mit der Prüfung der Berechnungsgrundlage der [X.] und weiterer Fragen zum [X.]. Nach dem Eingang des Gutachtens und zweier Ergänzungsgutachten machte der weitere Beteiligte eine Vergütung einschließlich Auslagen und Umsatzsteuer im Betrag
von 1
-

3

-
1.135.117,53

zuletzt von
einer Berechnungsgrundlage in [X.] von 10.729.402,24

und einem
Gesamtzuschlag in Höhe der dreifachen
Regelvergütung aus.

Das Insolvenzgericht hat die Vergütung auf insgesamt 998.135,29

festgesetzt. Es hat eine Berechnungsgrundlage von 10.094.916,40

nommen und einen Gesamtzuschlag in Höhe der 2,5-fachen Regelvergütung gewährt. Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten, mit der er eine Vergütung von 1.125.463,50

-fachen Regelsatzes verfolgte, hat das [X.] nach Einholung eines weite-ren Ergänzungsgutachtens die Vergütung auf insgesamt 1.053.367,94

setzt. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde ver-folgt der weitere Beteiligte seinen zuletzt gestellten [X.] weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
6 Abs. 1, §
64 Abs.
3 [X.], §
574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig

575 Abs. 1 und 2 ZPO). In der Sache ist sie unbegründet.

1. Das Beschwerdegericht hat in Übereinstimmung mit den Ausführun-gen des weiteren Beteiligten die Berechnungsgrundlage nach §
1 [X.] mit 10.729.402,24

daraus ergebende Regelvergütung Zuschläge in Höhe des 2,5-fachen [X.] für gerechtfertigt erachtet. In dem Gesamtzuschlag sind Einzelzuschläge für die [X.] (0,5), für die sieben Betriebsstätten (0,15) und für die Bearbeitung arbeitsrechtlicher Fragen (0,5) enthalten.
2
3
4
-

4

-

2. Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg Rechtsfehler des Beschwer-degerichts bei der Bemessung der Einzelzuschläge für die [X.] und für die arbeitsrechtliche Tätigkeit
des Verwalters.

a) Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des [X.] wird gemäß §
63 Abs.
1 Satz 3 [X.] durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen. §
3 [X.] konkretisiert diese gesetzlichen Vorgaben [X.] durch Zu-
und Abschlagstatbestände. Maßgebend ist, ob die Bearbei-tung den Insolvenzverwalter stärker oder schwächer als in entsprechenden In-solvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen hat, also der real gestiegene oder gefallene Arbeitsaufwand. Das Insolvenzgericht hat dabei die in Betracht kommenden Tatbestände im Einzelnen zu überprüfen und zu
beur-teilen. Einer Bewertung der Höhe jedes einzelnen Zu-
oder Abschlags bedarf es nicht. Es genügt, wenn der Tatrichter die möglichen Zu-
und Abschlagstatbe-stände dem Grunde nach prüft und anschließend in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung von Überschneidungen und einer auf das Ganze bezogenen Angemessenheitsbetrachtung den Gesamtzuschlag oder [X.] be-stimmt (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 22.
Juni 2017

IX
ZB 65/15, Z[X.] 2017, 1694 Rn. 7 mwN; vom 14.
Februar 2019

IX
ZB 25/17, [X.], 548 Rn. 14). Die Bemessung von Zu-
und Abschlägen ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Sie ist in der [X.] nur darauf zu prüfen, ob sie die Gefahr der Ver-schiebung von Maßstäben mit sich bringt
([X.], Beschluss vom 14.
Februar 2019, aaO).

b) Eine solche Gefahr besteht hier nicht.
Die angefochtene Entscheidung steht im Einklang mit den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickel-5
6
7
-

5

-
ten Maßstäben für die Bemessung von Zuschlägen zur Vergütung des Insol-venzverwalters.

aa) Das Beschwerdegericht hat bei seiner Beurteilung berücksichtigt, dass das Unternehmen der Schuldnerin an sieben Betriebsstätten angesiedelt war. Es hat ausgeführt, der Zuschlag für die [X.] gelte grund-sätzlich alle in diesem Kontext erbrachten Arbeiten ab, auch wenn sie an [X.] Betriebsstätten wahrgenommen werden mussten. Gleichwohl sei hier im Blick auf die sieben Betriebsstätten eine Erhöhung des vom Amtsgericht für die [X.] angesetzten Zuschlags von 0,5 auf 0,65
angemes-sen. Eine weitere Erhöhung sei nicht gerechtfertigt, weil es sich bei den vom Insolvenzverwalter angeführten Tätigkeiten, die für jede Betriebsstätte zu erfol-gen hatten, um solche gehandelt habe, die bei der Fortführung eines [X.] notwendig zu erbringen seien.

Die Rechtsbeschwerde wendet ein, eine hohe Anzahl von [X.] führe nicht nur bei den zur [X.] notwendigen Tätigkeiten zu einem Mehraufwand, sondern auch bei der Inventarisierung von Massegegen-ständen, bei der Bearbeitung von Aus-
und [X.], bei der Debi-toren-
und Kreditorenverwaltung sowie im Arbeitnehmerbereich. Die abstrakte Möglichkeit eines solchen Mehraufwands
rechtfertigt jedoch nicht den Vorwurf,
das Beschwerdegericht habe
die Anzahl der Betriebsstätten unter verkürztem Maßstab in den Blick genommen oder es an einer Gesamtwürdigung fehlen lassen. Macht der Insolvenzverwalter einen Zuschlag wegen eines erhöhten Aufwands geltend, muss er die erforderlich gewordene Tätigkeit konkret und substantiiert darlegen
([X.], Beschluss vom 16.
Juni 2005

IX
ZB 285/03, Z[X.] 2005, 806; vom 7.

Dezember 2006

IX
ZB 1/04, [X.], 551 Rn. 11; vom 6.
Mai 2010

IX
ZB 123/09, Z[X.] 2010, 1504 Rn. 2, 4). Die Rechtsbe-8
9
-

6

-
schwerde zeigt einen solchen Vortrag des weiteren Beteiligten zu einem durch die Anzahl der Betriebsstätten verursachten und nicht mit der Betriebsfortfüh-rung zusammenhängenden konkreten Mehraufwand
nicht auf.

bb) Die Ausführungen des [X.] zum Zuschlag wegen der Befassung mit arbeitsrechtlichen Fragen (§
3 Abs.
1 lit. d [X.]) lassen eben-falls keine Maßstabsverschiebung besorgen. Das Beschwerdegericht hat, wie schon das Insolvenzgericht, den beantragten Zuschlag in Höhe einer vollen Regelvergütung für überhöht und einen Zuschlag in Höhe der 0,5-fachen Re-gelvergütung für ausreichend erachtet. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, dass der weitere Beteiligte die Vertretung der Schuldnerin in [X.] auf einen Rechtsanwalt delegiert habe, womit eine Ar-beitsentlastung des Verwalters einhergegangen sei.

Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Abwicklung von Arbeitsver-hältnissen gehört zu den Aufgaben eines Insolvenzverwalters. Aufgaben, die ein Insolvenzverwalter ohne volljuristische Ausbildung im Allgemeinen nicht lö-sen kann, darf er, auch wenn er selbst Volljurist ist, auf einen Rechtsanwalt übertragen und die dadurch entstehenden Auslagen aus der Masse entnehmen ([X.], Beschluss vom 23.
März 2006

IX
ZB 130/05, [X.], 1298 Rn. 6; vom 3.
Juli 2008

IX
ZB 167/07, juris Rn. 10, jeweils mwN).
Ist er
selbst als Rechtsanwalt zugelassen und führt er die Tätigkeit selbst aus, kann er aus der Insolvenzmasse Gebühren
und Auslagen
nach dem Rechtsanwaltsvergütungs-gesetz entnehmen (§
5 Abs.
1 [X.]). Betrifft die delegierte oder selbst ausge-führte Tätigkeit die Erledigung einer dem Verwalter obliegenden, aber über den üblichen Umfang eines Insolvenzverfahrens hinausgehenden Aufgabe und [X.] der Verwalter deshalb einen Zuschlag nach §
3 Abs.
1 [X.], ist bei der Entscheidung über den Zuschlag zu berücksichtigen, dass im Umfang der De-10
11
-

7

-
legation kein Mehraufwand für den Verwalter entstanden ist oder

im Falle des §
5 Abs. 1 [X.]

die Tätigkeit des Verwalters gesondert vergütet wurde
[X.], Vergütung und Kosten im Insolvenzverfahren, 4.
Aufl., Teil A §
2 Rn.
184; [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
4 Rn. 58 und §
5 Rn.
3; Haarmey-er/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
5 Rn.
31; MünchKomm-[X.]/Riedel,
4.
Aufl.,
[X.], §
5 Rn.
9). Diese Grundsätze hat das Beschwerdegericht beachtet. Seine Be-gründung bietet auch keine
Anhaltspunkte dafür, dass es den durch die Kündi-gungsschutzprozesse beim Verwalter trotz der Beauftragung eines Rechtsan-walts entstandenen Mehraufwand außer Betracht gelassen hätte.

Kayser
Gehrlein
[X.]

Schoppmeyer
Röhl

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.01.2015 -
80 IN 595/02 -

LG [X.], Entscheidung vom 05.12.2016 -
I-7 [X.]/15 -

Meta

IX ZB 1/17

12.09.2019

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.09.2019, Az. IX ZB 1/17 (REWIS RS 2019, 3633)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 3633

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IX ZB 1/17 (Bundesgerichtshof)

Bemessung von Zuschlägen zur Vergütung des Insolvenzverwalters


IX ZB 143/08 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 143/08 (Bundesgerichtshof)

Insolvenzverwaltervergütung: Zumessung eines Zuschlags wegen Unternehmensfortführung


IX ZB 65/18 (Bundesgerichtshof)


IX ZB 51/19 (Bundesgerichtshof)

Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters: Befassung in erheblichem Umfang mit Vermögensgegenständen mit Aus- oder Absonderungsrechten; Einziehung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IX ZB 1/17

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.