Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2008, Az. XII ZR 63/07

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 137

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 17. Dezember 2008 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 1361, 1581; ZPO § 287 a) Zum Ehegattenselbstbehalt im Rahmen des [X.] bei [X.] eines minderjährigen Kindes. b) Zu den Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast bei berufsbeding-ten Fahrten zur Arbeitsstätte. [X.], Urteil vom 17. Dezember 2008 - [X.]/07 - [X.]
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2008 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Rich-ter Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] sowie [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats - 2. [X.] für Familiensachen - des [X.] vom 29. März 2007 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten um Trennungsunterhalt für die [X.] ab Mai 2005. 1 Sie heirateten im Jahr 1982. Aus der Ehe sind die Kinder [X.] (geb. 27. September 1988) und [X.] (geb. 21. August 1990) hervorgegangen, deren Unterhalt durch Jugendamtsurkunden tituliert ist. 2 Die Parteien trennten sich im April 2005. Sie leben auch nach der Tren-nung in dem ihnen als Miteigentümern (dem Beklagten zu 2/3 und der Klägerin 3 - 3 - zu 1/3) gehörenden Einfamilienhaus. Der Beklagte ist von Beruf Elektroingeni-eur. Er erzielt neben seinem Erwerbseinkommen Einnahmen aus Verpachtung. Die Klägerin ist Ingenieurin für Elektroenergieanlagen. Sie ließ sich aber [X.] des Zusammenlebens der Parteien (unter anderem) zur [X.] umschulen und war als solche nur zeitweilig tätig; zuletzt arbeitete sie bis Ende 2005 im Rahmen einer Geringverdienertätigkeit. Seit Anfang 2006 ist sie arbeitslos. Aufgrund einer Rheumaerkrankung ist sie mit einem Grad der Behinderung von 40 % schwerbehindert. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Beklagten zu Unterhaltszah-lungen in wechselnder Höhe verurteilt und den Unterhalt bis März 2007 befris-tet. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten zu höherem Unterhalt verurteilt, zuletzt ab April 2007 - unbefristet - in Höhe von monatlich 493 •. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Revision des [X.]. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat den Unterhalt aufgrund der beiderseitigen Ein-kommen ermittelt. Vom Beklagten geltend gemachte Fahrtkosten hat es nicht akzeptiert. Der Klägerin hat es ab April 2006 (nach Ablauf des [X.]) ein fiktives Einkommen unterstellt. Auch wenn beim Beklagten bis März 6 - 4 - 2006 der nach den Leitlinien des Berufungsgerichts zu beachtende eheange-messene Selbstbehalt nicht gewahrt sei, sei dieser auf den notwendigen Selbstbehalt zu begrenzen, weil die Klägerin in dieser [X.] die noch minderjäh-rige Tochter betreut habe. [X.] Die Revision ist in vollem Umfang zulässig. Das Berufungsgericht hat zwar die Zulassung der Revision allein damit begründet, dass es von der Rechtsprechung des [X.]s zum Ehegattenselbstbehalt abgewichen ist, soweit der unterhaltsberechtigte Ehegatte minderjährige Kinder betreut. Diese Abwei-chung ist nach dem Berufungsurteil nur für die [X.] von Mai 2005 bis März 2006 erheblich. Demgegenüber ist die Zulassung der Revision im Ausspruch des [X.] nicht mit Einschränkungen versehen. Da somit dem Berufungsur-teil letztlich nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob die Revision nur zeitlich be-schränkt zugelassen werden sollte oder ob mit der Begründung lediglich das Motiv der Zulassung angegeben werden sollte, ist im Zweifel von einer unein-geschränkt zugelassenen Revision auszugehen. 7 I[X.] 1. Das Berufungsgericht ist bei der Bemessung des vom Beklagten nach § 1361 BGB geschuldeten [X.] zu [X.] gelangt, die dazu führen, dass dem Beklagten weniger als der vom Berufungsgericht zugebilligte eheangemessene Selbstbehalt verbleibt. Den eheangemessenen Selbstbehalt hat es in Höhe des dem Beklagten nach Abzug des Unterhalts verbleibenden Einkommens zuzüglich des [X.] (1/10) veranschlagt 8 - 5 - und hierfür auf seine Leitlinien (vgl. [X.], 1361 m.w.N.) Bezug genom-men. Das Berufungsgericht hat es jedoch - ebenfalls unter Hinweis auf seine Leitlinien - für sachgerecht gehalten, den eheangemessenen Selbstbehalt des Beklagten auf die Höhe des notwendigen Selbstbehalts zu begrenzen, weil die Klägerin die noch minderjährige Tochter betreut hat. 9 Das hält den Angriffen der Revision nicht stand. Nach der Rechtsprechung des [X.]s kann der eigene angemessene Unterhalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber minderjährigen Kindern einer-seits und gegenüber Ehegatten andererseits nicht gleichgesetzt werden. Auch wenn die Ansprüche minderjähriger Kinder und - geschiedener - Ehegatten nach § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. bis zum 31. Dezember 2007 noch den gleichen Rang einnahmen, bestand schon nach bisheriger Rechtslage ein [X.] Unterschied in der gesteigerten Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB. Der Regelungshintergrund dieser Vorschrift ist darin zu sehen, dass min-derjährigen Kindern wegen ihres Alters von vornherein die Möglichkeit ver-schlossen ist, durch eigene Anstrengungen zur Deckung ihres notwendigen Lebensbedarfs beizutragen. Das gilt für geschiedene oder getrennt lebende Ehegatten nicht in gleichem Maße ([X.]surteil [X.] 166, 351, 357 = [X.], 683, 684). Es ist vielmehr geboten, den Selbstbehalt gegenüber dem Un-terhaltsanspruch eines geschiedenen Ehegatten nach § 1581 BGB mit einem Betrag zu bemessen, der nicht unter dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), aber auch nicht über dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB) Selbstbehalt liegt. Der [X.] hat es als zulässig angesehen, wenn der Tatrichter für diesen - pauschalen - Ehegattenselbstbehalt im Regelfall von einem etwa in der Mitte zwischen diesen Beträgen liegenden Betrag ausgeht ([X.]surteil [X.] 166, 351, 358 = [X.], 683, 684). Für den Trennungsunterhalt fehlt zwar eine dem § 1581 BGB entsprechende Regelung, die den Selbstbehalt des [X.] - 6 - haltspflichtigen Ehegatten sicherstellt. Der [X.] es jedoch, diese Vorschrift entsprechend anzuwenden, da sich auch der Anspruch auf Trennungsunterhalt wie jeder Unterhaltsanspruch an der [X.] des Unterhaltspflichtigen auszurichten hat ([X.]surteil [X.] 166, 351, 358 = [X.], 683, 684 m.w.N.). 11 Das Urteil des Berufungsgerichts gibt keine Veranlassung, davon abzu-weichen. Das Berufungsurteil enthält keine Auseinandersetzung mit der Recht-sprechung des [X.]s und den Gründen des vom Berufungsgericht zitierten [X.] vom 15. März 2006 ([X.] 166, 351 = [X.], 683). Der [X.] hat im Übrigen seine Rechtsprechung in jüngster [X.] gerade für solche Fälle bekräftigt, in denen der Unterhaltsberechtigte gemeinsame minderjährige Kinder betreute ([X.]surteile vom 19. November 2008 - [X.] ZR 129/06, [X.] ZR 123/07 - jeweils zur [X.] bestimmt). Darauf wird Bezug genommen. 2. Das Berufungsgericht hat vom Beklagten geltend gemachte Fahrtkos-ten bei der Ermittlung seines Einkommens nicht berücksichtigt. Der Beklagte hat Fahrten zu den Einsatzorten im [X.] von 31.212 km vorgetragen und dazu detaillierte Aufstellungen über die Benutzung von Fahrzeugen seines Arbeitgebers und die von ihm zwischen Wohnort und Arbeitsort zurückgelegten Fahrten vorgelegt. Für dieses - von der Klägerin bestrittene - Vorbringen hat das Berufungsgericht den Beklagten als beweisfällig angesehen. Für eine Schätzung fehle die Grundlage, weil nicht jeder aufgeführten Fahrt eine Rück-fahrt am gleichen Tag folgte und sich in den Listen andere Tage fänden, in [X.] es nur eine Rückfahrt gäbe. 12 Auch das hält den Angriffen der Revision nicht stand. Allerdings hat sich die Klägerin entgegen der Auffassung der Revision nicht mit einem schlichten Bestreiten begnügt, sondern ihrerseits sogar Aufstellungen mit Daten vorgelegt, 13 - 7 - an denen dem Beklagten Fahrzeuge seines Arbeitgebers zur Verfügung stan-den. Da aber noch das Amtsgericht sich die vom Beklagten eingereichten Lis-ten hat erläutern lassen und aufgrund dessen - offenbar unter Berücksichtigung von Tagen, an denen Dienstfahrzeuge benutzt werden konnten - einen Abzug der Fahrtkosten zugelassen hat, hätte das Berufungsgericht dem Beklagten Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag und Beweisangeboten geben müssen. Überdies hat das Berufungsgericht aber auch die Voraussetzungen für eine Schätzung entsprechend § 287 ZPO überspannt (vgl. auch [X.]surteil vom 9. November 2005 - [X.] ZR 31/03 - [X.], 108, 110). Den von ihm angeführten Unregelmäßigkeiten, je nachdem, ob der Beklagte noch am selben Tag oder erst am Folgetag nach Hause zurückfuhr, hätte es - ggf. verbunden mit einer auf übersichtlichen Prozessvortrag gerichteten Auflage - durch [X.] der vom Beklagten vorgelegten Unterlagen Rechnung tragen können. Dass die vorgetragenen Kosten deutlich über den pauschalen berufsbedingten Aufwendungen (5 %) liegen, ist naheliegend. Dass der Beklagte für mit seinem Privatfahrzeug absolvierte Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsort keine Erstat-tungen seines Arbeitgebers erhält, ist mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz zu unterstellen. Schließlich ist der Beklagte unter den Umständen des vorliegenden Falles auch nicht ohne weiteres gehalten, seine Kosten zu reduzieren und etwa seinen Wohnsitz in die Nähe seiner Einsatzorte zu verlegen. Die Parteien werden nach der [X.] an das Berufungsgericht Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen und [X.] haben. 14 IV. Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf Folgendes hin: 15 - 8 - Ab der Volljährigkeit des gemeinsamen [X.] zahlt der Beklagte an den [X.] nur noch 179 • und damit deutlich weniger als die titulierten und vom Berufungsgericht unverändert in die Berechnung eingestellten 333 •. Das Be-rufungsgericht ist ohne nähere Begründung davon ausgegangen, dass der [X.] auf Unterhalt verzichtet habe, was nach § 1614 BGB unwirksam sei. Es hat demzufolge - im Ergebnis zugunsten des Beklagten - den höheren titulierten Betrag berücksichtigt. Ein Unterhaltsverzicht lässt sich auf tatsächliche [X.] aber nicht stützen. Der Unterhalt ist nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin in der Weise ermittelt worden, dass ab Volljährigkeit des [X.] statt - wie bisher - das hälftige nunmehr das volle Kindergeld abgezogen worden ist. Das entspricht hinsichtlich des Kindergeld-abzugs der Rechtsprechung des [X.]s ([X.]surteile [X.] 164, 375, 382 f. = [X.], 99, 101 f. und vom 5. März 2008 - [X.] ZR 22/06 - [X.], 963, 966 f.) und für die [X.] ab dem 1. Januar 2008 der gesetzlichen Neurege-lung in § 1612 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB. Auch wenn der Bedarfsbetrag nach Eintritt der Volljährigkeit nicht an die 4. Altersstufe der [X.] Tabelle an-gepasst worden ist, folgt daraus noch nicht notwendigerweise ein - teilweiser - Unterhaltsverzicht. Weil der [X.] noch im gemeinsamen Haus seiner Eltern lebt, hat der Beklagte, der die Finanzierungslasten des [X.] allein trägt, einen Teil seiner Unterhaltsleistung schon dadurch erbracht, dass er dem [X.] die Wohnung zur Verfügung gestellt hat (zum Verhältnis von Ehegatten- und Volljährigenunterhalt vgl. im Übrigen [X.]surteil vom 30. Juli 2008 - [X.] ZR 126/06 - [X.], 2104, 2107). Einen Wohnvorteil der Parteien hat das [X.] schließlich im Ergebnis nicht angenommen. 16 Bei der Kontrolle der Leistungsfähigkeit hat das Berufungsgericht den eheangemessenen Selbstbehalt so berechnet, dass es dem von ihm ermittelten Unterhaltsbedarf der Klägerin den [X.] (1/10) hinzugerechnet hat, wobei es zeitweise - allerdings auch kaum seinen eigenen Leitlinien [X.] - 9 - chend - sogar zu einem Betrag von nur 671,46 • gelangt ist. Auch insoweit wird das Berufungsgericht bei der erneuten Entscheidung die vom [X.] zum Rah-men des [X.] entwickelten Grundsätze ([X.]surteile [X.] 166, 351, 358 = [X.], 683, 684 m.w.N. und vom 19. November 2008 - [X.] ZR 129/06, [X.] ZR 123/07 - jeweils zur [X.] bestimmt) zu be-achten haben. Hahne [X.] [X.] Klinkhammer
Vorinstanzen: [X.] ([X.]), Entscheidung vom 01.11.2006 - 5 [X.]/05 UE - [X.], Entscheidung vom [X.] - 8 UF 210/06 -

Meta

XII ZR 63/07

17.12.2008

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.12.2008, Az. XII ZR 63/07 (REWIS RS 2008, 137)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 137

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