Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.09.2022, Az. 5 P 4/21, 5 P 4/21 (5 PB 9/20)

5. Senat | REWIS RS 2022, 9221

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Gegenstand

Personalratsmitglieder einer Schule; Ermäßigung von Pflichtstunden


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten werden der Beschluss des [X.] vom 21. Oktober 2020 und der Beschluss des [X.] vom 14. Juni 2017 geändert.

Der Antrag des Antragstellers wird abgelehnt.

Gründe

I

1

Die Beteiligten streiten um die Ermäßigung von Pflichtstunden für die Mitglieder des Antragstellers. Der Antragsteller ist der aus fünf Mitgliedern bestehende örtliche Personalrat einer Schule, dem als Gremium eine [X.] von insgesamt drei Pflichtstunden wöchentlich gewährt wurde. Seinen mit erhöhtem [X.]aufwand für die Personalratstätigkeit begründeten Antrag auf Erhöhung der [X.] lehnte der Beteiligte (Dienststellenleiter der Schule) ab.

2

Der Antragsteller hat am 6. Oktober 2016 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und geltend gemacht, es sei nicht dargelegt, wie der im [X.] festgelegte Ermäßigungsumfang von drei Wochenstunden ermittelt worden sei. Das Verwaltungsgericht hat in Anwendung der seinerzeit geltenden Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 4 [X.]ermäßigungsverordnung (PStZErmVO [X.]) antragsgemäß festgestellt, dass jedem der fünf Mitglieder des Antragstellers eine wöchentliche Ermäßigung der [X.] in Höhe von drei Ermäßigungsstunden zustehe. Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Beschwerde hat der Beteiligte ausgeführt, dass der in der Rechtsverordnung geregelte Ermäßigungsumfang auf eine nach Beratungen mit den [X.], dem [X.] sowie den [X.] im Jahre 2010 erfolgte Ausweitung der Ermäßigungsstunden von zuvor landesweit 282 auf 873 Lehrerwochenstunden für die örtlichen [X.] zurückgehe. Dies sei in Erwartung eines erhöhten Arbeitsaufwands für diese Gremien infolge der Einführung der "selbstständigen Schule" sowie in Abgleich mit anderen Bundesländern ([X.], [X.] und [X.]) mit vergleichbaren personalvertretungsrechtlichen Strukturen erfolgt. Die Personalräte hätten dem zugestimmt und die Erhöhung für ausreichend erachtet.

3

Im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens hat das zuständige Ministerium im Hinblick auf das Ergebnis des Ausgangsverfahrens § 1 Satz 1 PStZErmVO [X.] mit Wirkung vom 26. April 2018 geändert. Die Vorschrift hat - soweit hier von Interesse - seitdem folgenden Wortlaut: "Für die gemäß § 77 Absatz 2 des [X.] zu bildenden Personalräte der Lehrkräfte der Schulen wird die [X.] für die Mitglieder eines [X.] insgesamt, unabhängig von der Zahl der Mitglieder eines [X.], wie folgt gewährt: (...) 3. bei Dienststellen mit mindestens 51 wahlberechtigten Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden."

4

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 21. Oktober 2020 hat das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde des Beteiligten zurückgewiesen. Dem erstinstanzlichen Beschluss werde durch die Änderung der [X.]ermäßigungsverordnung zwar die Grundlage entzogen. Die dort ausgesprochene Rechtsfolge folge jedoch bereits aus allgemeinen, durch Rechtsverordnung nicht abänderbaren Vorschriften des [X.]. Lehrer seien hinsichtlich der Freistellung wegen Personalratstätigkeit nicht anders als andere Berufsgruppen zu behandeln. Anhaltspunkte für den vom Gesetz für erforderlich gehaltenen [X.] ergäben sich aus der Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.]. Eine Umrechnung auf die Anzahl der an der betreffenden Schule tätigen Lehrkräfte ergebe die durch das Verwaltungsgericht zutreffend bestimmte angemessene Zahl an Ermäßigungsstunden.

5

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten. Er hält die Einbeziehung der [X.]ermäßigungsverordnung in der aktuellen Fassung für eine unzulässige Auswechslung des Streitgegenstandes und rügt in der Sache eine Verletzung des § 80 Abs. 4 Satz 2 [X.] [X.], wonach die in § 38 Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.] geregelte Freistellungsstaffel auf Personalräte an Schulen keine Anwendung finde. Im Übrigen entspreche die durch Rechtsverordnung festlegte Zahl der Ermäßigungsstunden den gesetzlichen Vorgaben.

6

Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss.

II

7

Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten ist begründet. Der angefochtene Beschluss des [X.] beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 87 Abs. 2 des [X.] für das [X.] - [X.] [X.] - vom 24. Februar 1993 , zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 26. November 2019 i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), und zwar sowohl des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Verordnung über die Ermäßigung der [X.] für Lehrkräfte als Mitglieder der [X.] ([X.]ermäßigungsverordnung - PStZErmVO [X.]) vom 25. Juni 2010 (GVOBl. M-V [X.]), zuletzt geändert durch Verordnung vom 7. Juli 2020 (GVOBl. M-V [X.]) als auch des § 80 Abs. 4 Satz 2 [X.] [X.] (1.). Er erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig, sodass er ebenso wie der erstinstanzliche Beschluss zu ändern und der Antrag des Antragstellers abzulehnen ist (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i. V. m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO) (2.).

8

1. Das Oberverwaltungsgericht ist richtigerweise von der Zulässigkeit des Antrags ausgegangen (a), seine Sachentscheidung beruht jedoch auf der unrichtigen Anwendung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften (b).

9

a) Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht den auch in der [X.] weiterverfolgten Antrag festzustellen, dass jedem der fünf Mitglieder des Antragstellers eine wöchentliche Ermäßigung der [X.] in Höhe von drei Ermäßigungsstunden zustehe, unausgesprochen als zulässig angesehen. Dieser ist bei sachgerechter Würdigung des Begehrens des Antragstellers als abstrakter Feststellungsantrag aufzufassen. Dem Antragsteller geht es nicht um die Feststellung, ob der bei Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens bestehende (nach weiteren Wahlen zum Personalrat nicht mehr im Amt befindliche) Personalrat die entsprechende Zahl von Ermäßigungsstunden beanspruchen kann, sondern um die Frage, ob einem Personalrat in der seinerzeitigen Situation des Antragstellers die geltend gemachte Ermäßigung von der [X.] zusteht. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Antrags, wohl aber aus der Antragsbegründung sowie dem Umstand, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren erst etwa sieben Monate vor Ablauf der Amtszeit des damaligen [X.] eingeleitet worden ist, der nicht erwarten konnte, bis zum Ende seiner Amtsperiode eine gerichtliche Entscheidung unter Beteiligung möglicherweise mehrerer Instanzen zu erhalten. Für den Antrag besteht auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse, da für eine zwischenzeitliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Hinblick auf die zeitliche Inanspruchnahme der [X.] für die Personalratstätigkeit nichts ersichtlich ist und der Beteiligte der begehrten Feststellung weiterhin entgegentritt. Schließlich ist der Antrag entgegen der Auffassung des Beteiligten nicht wegen einer mit der Berücksichtigung der [X.]ermäßigungsverordnung in der aktuellen Fassung verbundenen Auswechslung des Streitgegenstandes unzulässig, weil ein abstrakter Feststellungsantrag gegenwarts- und zukunftsgerichtet und deshalb nach Maßgabe des aktuellen Rechts zu beurteilen ist ([X.], Beschluss vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - juris Rn. 30).

b) Der angefochtene Beschluss wendet Rechtsnormen unzutreffend an. Mit der Feststellung, dass der Antragsteller für jedes seiner fünf Mitglieder drei Ermäßigungsstunden beanspruchen könne, trägt er der eindeutigen Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 7 PStZErmVO [X.] nicht Rechnung. Danach werden für Personalräte der Lehrkräfte der Schulen bei Dienststellen mit mindestens 51 wahlberechtigten Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden gewährt, und zwar "für die Mitglieder eines [X.] insgesamt, unabhängig von der Zahl der Mitglieder eines [X.]", wobei der zuständige Personalrat durch Beschluss entscheidet, in welchem Umfang welchem Mitglied eine Ermäßigung zu gewähren ist. [X.] ist auch die Annahme des [X.], dass die Festlegung der angemessenen Zahl von Ermäßigungsstunden unmittelbar aus dem Gesetz abgeleitet werden könne. Denn § 80 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] legt für [X.] in Abweichung von den in § 38 Abs. 2 bis 6 [X.] [X.] enthaltenen allgemeinen Grundregeln für die Freistellung von [X.]n fest, dass die Kultusministerin die [X.] in angemessener Weise durch Verordnung ermäßigt. Überdies ist die der Entscheidung zugrundeliegende Einschätzung des [X.] unzutreffend, dass die Frage der Angemessenheit der gewährten Ermäßigung der [X.] im Sinne des § 80 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliege. Vielmehr besteht insoweit (aus noch darzulegenden Gründen) für die Verordnungsgeberin ein Beurteilungsspielraum. Soweit das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Ermittlung der Angemessenheit der Freistellung von [X.]n an öffentlichen Schulen die Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.] heranzieht, was in seiner Berechnung der [X.]ermäßigung zum Ausdruck kommt, übergeht es zudem die Regelung des § 80 Abs. 4 Satz 2 [X.] [X.], wonach die in § 38 Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.] geregelte Freistellungsstaffel auf [X.] keine Anwendung findet. Unabhängig davon ist es fehlerhaft, aus der bei 300 Beschäftigten einer Dienststelle einzusetzenden Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 3 Satz 2 [X.] [X.] die vermeintlich erforderliche [X.]ermäßigung für circa 85 Lehrkräfte zu errechnen. In der Rechtsprechung sowohl des [X.] als auch des [X.] ist geklärt, dass es ausgeschlossen ist, anhand einer Freistellungsstaffel, die an eine bestimmte Mindestanzahl von Beschäftigten anknüpft, für Dienststellen mit einer geringeren Anzahl von Beschäftigten im Wege der Rückrechnung abstrakt den zeitlichen Umfang der in Betracht kommenden Freistellung zu errechnen ([X.], Beschluss vom 16. Mai 1980 - 6 P 82.78 - [X.] 238.37 § 42 NW[X.] Nr. 3 S. 2 m. w. N.).

2. Der angefochtene Beschluss beruht auf der skizzierten unzutreffenden Anwendung der genannten Rechtsnormen, da er sich nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die begehrte abstrakte Feststellung, dass jedem seiner fünf Mitglieder eine wöchentliche Ermäßigung der [X.] in Höhe von drei Ermäßigungsstunden zusteht. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus der insoweit allein in Betracht kommenden Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStZErmVO [X.] in der hier anzuwendenden ([X.], Beschluss vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - juris Rn. 30) Fassung der Verordnung vom 7. Juli 2020 (GVOBl. M-V [X.]). Danach kann - wie bereits erwähnt - der Personalrat der Lehrkräfte der Schulen mit mindestens 51 wahlberechtigten Lehrkräften insgesamt, unabhängig von der Zahl eines [X.], (lediglich) drei Ermäßigungsstunden je Woche beanspruchen. Diese Vorschrift beruht ihrerseits auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage (a) und genügt (derzeit noch) auch ihren Anforderungen (b).

a) § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStZErmVO [X.] beruht auf der Verordnungsermächtigung des § 80 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.]. Dessen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht stellen die Beteiligten nicht infrage und auch der Senat sieht insoweit zu Zweifeln keinen Anlass (vgl. insoweit auch [X.], Beschluss vom 28. November 1996 - 1 N 2408/94 - juris Rn. 32 zu einer vergleichbaren Regelung im [X.] Personalvertretungsrecht).

b) § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStZErmVO [X.] ist wirksam. Den Anforderungen der Verordnungsermächtigung (aa) genügt die Vorschrift derzeit noch (bb).

aa) Gemäß § 80 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] ermäßigt die Kultusministerin - soweit hier von Interesse - für Personalräte der Schulen (§ 77 Abs. 2 [X.] [X.]) in den Fällen des § 38 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 [X.] [X.] die [X.] in angemessener Weise durch Verordnung. [X.] knüpft die Regelung somit an die allgemeinen Freistellungsregelungen an und setzt voraus, dass [X.] durch ihre Personalratstätigkeit inner- oder außerhalb der regulären Arbeitszeit zeitlich beansprucht werden. Für diese Inanspruchnahme gewährt die Vorschrift einen Ausgleich, wobei sie im Unterschied zu § 38 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 [X.] [X.] im Interesse der Funktionsfähigkeit von Schulen keine anlassbezogene zeitweise Dienstbefreiung oder Freistellung von [X.]n, sondern eine durch Rechtsverordnung, das heißt durch eine regelmäßig abstrakt-generelle Regelung, zu konkretisierende und damit notwendig generalisierende Ermäßigung der [X.] von [X.]n vorsieht. Weil es sich um eine Ermächtigung zu einer generalisierenden Festlegung handelt, kommt es insoweit nicht auf den einzelnen Personalrat und den bei ihm konkret anfallenden Arbeitsaufwand an. Vielmehr darf die Verordnungsgeberin sich an dem bei [X.]n typischerweise anfallenden Arbeitsumfang orientieren. Dazu muss sie diesen ermitteln, wobei die Art und Weise der Sachverhaltsermittlung gesetzlich nicht vorgeschrieben ist.

Auf dieser Grundlage hat die Ermäßigung "in angemessener Weise" zu erfolgen. Die Angemessenheit bezieht sich auf die auf der Tatbestandsseite beschriebene, durch die Personalratstätigkeit hervorgerufene Belastungssituation. Sie beinhaltet die Möglichkeit zur Pauschalierung, also zum Beispiel zur Bildung von Gruppen anhand der Anzahl der durch den Personalrat vertretenen Lehrkräfte, für die in abgestufter Weise Ermäßigungsstunden festgelegt werden. Ferner beinhaltet sie ein prognostisches Element, indem anhand der aus der Vergangenheit stammenden Erfahrungswerte ein für die Zukunft auskömmliches Kontingent an Ermäßigungsstunden festgelegt werden soll. Insbesondere aus dem Umstand, dass die generalisierende und pauschalierende Festlegung von Ermäßigungsstunden an die Stelle von anlassbezogener Dienstbefreiung und Freistellung tritt, folgt die Verpflichtung zu einer wirklichkeitsgerechten Abbildung des benötigten Umfangs der [X.]ermäßigung.

Diese verlangt daher, dass die Verordnungsgeberin die Entwicklung des erforderlichen [X.]aufwands für die Personalratstätigkeit beobachtet und bei nicht nur kurzfristigen oder nur vorübergehenden Änderungen die Anzahl der Ermäßigungsstunden anzupassen hat (vgl. [X.], Beschluss vom 28. November 1996 - 1 N 2408/94 - juris Rn. 45). Nur so kann gewährleistet werden, dass die Ermäßigungsstunden den mit der Personalratstätigkeit verbundenen Arbeitsaufwand einerseits abdecken, andererseits aber auch nicht übersteigen, was zudem mit der Verpflichtung zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung nicht in Einklang stünde. Das Gesetz schreibt für die begleitende Prüfung des erforderlichen Ermäßigungsumfangs aber weder bestimmte Kriterien noch feste [X.]räume vor. Deshalb besteht diese Verpflichtung jedenfalls anlassbezogen, kommt also insbesondere dann zum Tragen, wenn konkrete tragfähige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der bisherige [X.] nicht mehr ausreicht oder - umgekehrt - nicht mehr benötigt wird, um den erforderlichen Ausgleich herbeizuführen. Solche Anhaltspunkte können sich etwa aus dem Zuwachs oder dem Wegfall von Aufgaben für den örtlichen Lehrerpersonalrat ergeben. Denkbar ist auch eine Veränderung (Erhöhung oder Verminderung) der Fallzahlen oder Veränderungen hinsichtlich der Komplexität und Intensität der Beratungen in den Gremien. Dies ist gegebenenfalls durch die Personalräte anzuzeigen, sodass insofern auch ein einzelner Personalrat eine Überprüfung anstoßen kann.

Es bedarf keiner Klärung, ob die Umsetzung des in der Verordnungsermächtigung enthaltenen Merkmals "in angemessener Weise" durch die zu erlassende Rechtsverordnung gerichtlich nach dem Maßstab zu überprüfen ist, ob die Verordnungsgeberin den unbestimmten Rechtsbegriff, den Zweck der Ermächtigung oder den gesetzlichen Rahmen verkannt hat, von einem unzutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, wesentliche entscheidungsrelevante Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat oder sich von sachfremden oder unsachlichen Erwägungen hat leiten lassen (vgl. [X.], Beschluss vom 28. November 1996 - 1 N 2408/94 - juris Rn. 38 ff. zu einer vergleichbaren Regelung im [X.] Personalvertretungsrecht). Die noch keiner abschließenden Klärung zugeführte Frage, welche Gestaltungs- bzw. Beurteilungsspielräume dem Verordnungsgeber zukommen, dessen Normkonkretisierung und Gesetzesergänzung grundsätzlich nicht Rechtsanwendung, sondern Rechtssetzung sind, und nach welchen Kriterien sie gerichtlich zu überprüfen sind (vgl. dazu [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.] Kommentar zum Grundgesetz, Stand November 2022, Art. 80 Rn. 330 ff.; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], a. a. O., Art. 19 Abs. 4 Rn. 641 ff., jeweils m. w. N.), kann hier offenbleiben. Insoweit bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob die Wahrnehmung eines Gestaltungsspielraums durch eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung unter den gleichen strengen Voraussetzungen zu prüfen ist wie bei einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Verwaltungsakten, die grundsätzlich einer vollständigen rechtlichen und tatsächlichen Nachprüfung durch die Gerichte unterliegen (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - [X.] 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 11). Denn auch bei Anwendung dieses Maßstabes, ist die Grenze des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Gestaltungs- bzw. Beurteilungsspielraums der Verordnungsgeberin nicht überschritten. Dies ergibt die Auslegung des § 80 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.].

Der Wortlaut "in angemessener Weise" deutet bereits darauf hin, dass es nicht eine einzig richtige und damit zwingende Festlegung der Ermäßigungsstunden gibt. Aus der Verpflichtung zur Ermäßigung der Pflichtstunden in angemessener Weise lässt sich lediglich ableiten, dass Ermäßigungsstunden geeignet sein müssen, die neben die Lehrtätigkeit tretende, durch die Personalratstätigkeit hervorgerufene und damit zusätzliche Belastung der [X.] auszugleichen, dieser Belastung mithin Rechnung zu tragen. Es liegt auf der Hand, dass diese Eignung nicht nur bei einer konkreten oder bestimmten Stundenzahl zu bejahen sein wird. Dass es nicht nur eine einzig richtige Festlegung gibt, wird gesetzessystematisch dadurch gestützt, dass die ausdrücklich als "Sondervorschrift" bezeichnete Regelung des § 80 Abs. 4 Satz 1 [X.] [X.] an die Stelle der für die "gewöhnlichen" Dienststellen geltende Regelung des § 38 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 [X.] [X.] tritt, mithin also einzelfallbezogene Entscheidungen durch eine generalisierende und pauschalierende Regelung zu ersetzen sind. Das erfordert nicht nur die Feststellung des [X.] für Personalräte an einer Vielzahl von Dienststellen, sondern auch die Gewichtung von Belastungssituationen und darauf aufbauend die Bildung von Durchschnittswerten, womit mehrere "angemessene" Ergebnisse in Betracht kommen. Der Normzweck verstärkt diese Einschätzung. Die Regelung verfolgt den Zweck, unter Vermeidung einer schulscharfen Ermittlung und Festlegung des [X.] der je nach dem aktuellen und sich ständig verändernden personalvertretungsrechtlichen Arbeitsanfall unterschiedlich hohen zeitlichen Inanspruchnahme von [X.]n durch zeitnahes Handeln der Verordnungsgeberin in Form einer Anpassung der [X.] Rechnung tragen zu können. Es geht also immer um eine die zukünftige Belastungssituation antizipierende und dabei zugleich generalisierende und pauschalierende Prognoseentscheidung. Diesem Zweck würde eine nachträgliche gerichtliche Vollkontrolle in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung nicht gerecht (vgl. [X.], Beschluss vom 28. November 1996 - 1 N 2408/94 - juris Rn. 38 ff.). Eine verwaltungsgerichtliche Vollkontrolle, die im Ergebnis auf die Möglichkeit hinausliefe, die der Ministerialverwaltung obliegende Prognoseentscheidung durch eine Prognoseentscheidung der Verwaltungsgerichte auf der Grundlage eigener Tatsachenermittlung und -bewertung zu ersetzen, ist im gewaltenteilenden Rechtsstaat nicht Aufgabe der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung von [X.]. Aus der Gesetzesbegründung ([X.]. 1/1272 [X.]), die lediglich auf das [X.] [X.]recht verweist, ergeben sich keine weiteren Erkenntnisse.

bb) Den dargestellten Anforderungen genügt § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStZErmVO [X.] derzeit noch.

(1) Es bestehen zunächst keine Bedenken gegen die mit Wirkung zum 1. August 2010 eingeführte Regelung des § 1 Abs. 1 PStZErmVO [X.] a. F. vom 25. Juni 2010 (GVOBl. M-V 2010 [X.]), wonach für Dienststellen mit mindestens fünf wahlberechtigten Lehrkräften "für Mitglieder eines [X.] der Lehrkräfte insgesamt" eine Ermäßigungsstunde gewährt wird (Satz 2), bei mindestens 21 wahlberechtigten Lehrkräften sind es zwei Ermäßigungsstunden (Satz 3) und bei mindestens 51 wahlberechtigten Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden (Satz 4).

Entgegen der Auffassung des [X.] steht das hier in Betracht kommende Kontingent von drei Ermäßigungsstunden nicht jedem einzelnen Personalratsmitglied, sondern dem Personalrat als Gremium zu. Dies ergibt sich bereits aus dem - hier maßgeblichen - Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 4 PStZErmVO [X.] a. F. und der dort verwandten Formulierung "für Mitglieder eines [X.] der Lehrkräfte insgesamt". Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 PStZErmVO [X.] a. F. enthaltene Wendung "einer Lehrkraft" steht dem nicht entgegen. Sie ist entsprechend der auf die nachfolgenden drei Sätze verweisenden Formulierung "wie folgt" im Lichte unter anderem von Satz 4 dieser Vorschrift zu verstehen und meint daher nicht eine bestimmte einzelne Lehrkraft, sondern umschreibt Lehrkräfte in ihrer Eigenschaft als Mitglieder einer Personalvertretung. Dieses Verständnis wird entstehungsgeschichtlich dadurch unterstrichen, dass die Normgeberin die Regelung an vergleichbare Bestimmungen in [X.] und [X.] angelehnt hat, die sich ihrerseits auf das Gremium beziehen. Dies ergibt sich aus dem vom zuständigen Ministerium vorgelegten [X.] zur Rechtsverordnung, den der Senat, weil es sich insoweit um generelle Rechtstatsachen, sogenannte "legal facts" handelt, heranziehen und auswerten darf (vgl. [X.], Urteil vom 20. März 2012 - 5 C 5.11 - [X.]E 142, 145 Rn. 25 m. w. N. und Beschluss vom 2. Februar 2011 - 6 B 37.10 - [X.] 421.2 Hochschulrecht Nr. 173 Rn. 11) und in dem sich eine Übersicht über in [X.] und [X.] gewährte Ermäßigungsstunden befindet. Daraus ist unter anderem zu entnehmen, dass in [X.] ab 51 Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden je Dienststelle gewährt wurden und in [X.] 1,5 Ermäßigungsstunden, wenn in der Dienststelle zwischen 51 und 70 Lehrkräfte beschäftigt waren. Ein anderes Verständnis ergibt sich schließlich nicht daraus, dass Absatz 1 für den örtlichen Personalrat der Schulen eine dem § 1 Abs. 2 Satz 2 Halb. 2 PStZErmVO [X.] vergleichbare Regelung nicht enthält, die für [X.] ausdrücklich regelt, dass über die Verteilung der Ermäßigungsstunden durch Beschluss zu entscheiden ist. Einer solchen Regelung bedurfte es nicht zwingend, weil es selbstverständlich ist, dass der Personalrat nach allgemeinen Regeln durch Beschluss darüber entscheidet, auf welche Mitglieder die Ermäßigungsstunden entfallen sollen. Dass bei der allein in Betracht kommenden Zuordnung ganzer Ermäßigungsstunden nicht alle [X.] hiervon profitieren können, ist angesichts der durch die Verordnungsermächtigung gebotenen Pauschalierung und Generalisierung unerheblich, zumal auch ansonsten zumindest an Freistellungen regelmäßig nicht alle [X.] in gleichem Umfang teilhaben.

Die 2010 festgelegte Anzahl von Ermäßigungsstunden für die örtlichen [X.] ist nicht zu beanstanden. Die Verordnungsgeberin hat den unbestimmten Rechtsbegriff "in angemessener Weise", den Zweck der Beurteilungsermächtigung und ihren gesetzlichen Rahmen nicht verkannt. Dies ergibt sich aus dem [X.]. So wird beispielsweise im Schreiben des [X.] an den dortigen [X.] vom 13. November 2009 zum Entwurf der [X.]ermäßigungsverordnung wie auch in einem internen Vermerk vom 21. November 2008 ausgeführt, dass sich das Aufgabenspektrum der örtlichen Personalräte gerade im Hinblick auf die Einführung der "Selbstständigen Schule" erweitern werde. In einem Schreiben von Ende April 2010 an den Bürgerbeauftragten des [X.] hat dies der Staatssekretär des [X.] ebenfalls bekundet und ergänzend darauf hingewiesen, dass die [X.] an den Schulen beispielsweise künftig auch bei Einstellungen, Versetzungen, Abordnungen sowie wesentlichen Veränderungen eines Arbeitsvertrages mitzuwirken hätten. Die Festlegung der Ermäßigungsstunden leidet auch nicht an einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung. Da die Ermäßigungsstunden dem Ausgleich der durch die Personalratstätigkeit hervorgerufenen Belastung dienen, wäre es zwar naheliegend gewesen, diese Belastung in einem ersten Schritt etwa durch eine entsprechende Erhebung bei den örtlichen Personalräten über den Umfang der aufgewendeten [X.] zu ermitteln. Hier bestand aber die Besonderheit, dass die mit der Bildung von drei Fallgruppen verbundene Anhebung der Ermäßigungsstunden mit der Erwartung einer erhöhten Inanspruchnahme der örtlichen Personalräte im Zuge der Umsetzung des neu eingeführten Projekts "Selbstständige Schule" einherging. Das bedeutet zugleich, dass es noch keine diesbezüglichen Erfahrungswerte geben konnte und die bisherigen Erfahrungswerte nicht aussagekräftig waren für die von der Verordnungsgeberin hinsichtlich der künftigen Belastung zu treffende Prognoseentscheidung. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Verordnungsgeberin im Wege des Abgleichs mit ähnlichen Regelungen anderer Länder einen Eindruck von dem gebotenen Ermäßigungsumfang verschafft und sich nach der Plausibilisierung ihrer so gewonnenen Einschätzung an diesen Ergebnissen orientiert hat. Der [X.] beinhaltet eine Übersicht über in [X.] und [X.] gewährte Ermäßigungsstunden, aus der sich unter anderem ergibt, dass in [X.] zwischen 51 und 70 Lehrkräften 1,5 Ermäßigungsstunden und in [X.] ab 51 Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden je Dienststelle gewährt wurden. Die von der Verordnungsgeberin gewählte Verfahrensweise ist weder ungeeignet noch unüblich und zumindest für den Beginn der Geltung eines neuen rechtlichen Rahmens (noch) ausreichend. Schließlich haben weder die im Aufstellungsverfahren beteiligten Stufenvertretungen gegen die für die örtlichen [X.] vorgesehenen Ermäßigungsstunden Einwände erhoben, noch lassen sich dem [X.] diesbezüglich Einwände örtlicher [X.] entnehmen.

(2) Es bestehen auch derzeit (noch) keine durchgreifenden Bedenken gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStZErmVO [X.] in der am 26. April 2018 in [X.] getretenen und noch heute gültigen Fassung der Verordnung vom 6. April 2018 (GVOBl. M-V [X.]). Diese Vorschrift führt die bis dahin geltende Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 4 PStZErmVO [X.] a. F. fort und gewährt "bei Dienststellen mit mindestens 51 wahlberechtigten Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden" und zwar "für die Mitglieder eines [X.] insgesamt, unabhängig von der Zahl der Mitglieder eines [X.]". Während gegenüber der Vorgängerregelung das Kontingent an Ermäßigungsstunden unverändert bleibt, wird nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass es sich nicht auf einzelne [X.], sondern auf den Personalrat als Gremium bezieht, der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 7 PStZErmVO [X.] durch Beschluss entscheidet, in welchem Umfang welchem Mitglied eine Ermäßigung in dem zur Verfügung stehenden Rahmen zu gewähren ist. Mit der Neufassung von § 1 Abs. 1 PStZErmVO [X.] reagierte die Verordnungsgeberin auf den in erster Instanz ergangenen Beschluss des [X.] mit dem Ziel, das auch bisher in der Verordnung Geregelte unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, ohne dass sie in diesem Zusammenhang (oder später) die Angemessenheit des Umfangs der Ermäßigungsstunden überprüft hätte. Angesichts dessen, dass die 2010 erfolgte Festlegung der [X.]ermäßigung sich - wie dargelegt - nicht auf eine tatsächlich durchgeführte Erhebung des gebotenen [X.]s, sondern im Wesentlichen (nur) auf eine im Wege des [X.] gewonnene Einschätzung der Verordnungsgeberin und deren Plausibilisierung stützt, sieht der Senat die aktuelle Festlegung der Ermäßigungsstunden lediglich für die laufende Amtsperiode der Personalräte als von der Verordnungsermächtigung noch gedeckt an. Um diese Deckung weiterhin zu gewährleisten, wird die Verordnungsgeberin den erforderlichen [X.] bis zur nächsten turnusgemäßen Neuwahl der Personalräte neu zu ermitteln und diesen für die nachfolgende [X.] unter Beachtung der Anforderungen der Verordnungsermächtigung sowie gestützt auf eine entsprechend tragfähige, durch ausreichende Dokumentation nachvollziehbare Grundlage festzulegen haben.

Meta

5 P 4/21, 5 P 4/21 (5 PB 9/20)

21.09.2022

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PB

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, 21. Oktober 2020, Az: 8 LB 481/17, Beschluss

§ 1 Abs 1 S 1 Nr 3 PflStdEV MV 2010, § 80 Abs 4 S 2 PersVG MV, § 38 Abs 3 PersVG MV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.09.2022, Az. 5 P 4/21, 5 P 4/21 (5 PB 9/20) (REWIS RS 2022, 9221)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 9221

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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