Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. AnwZ (Brfg) 46/12

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2013, 6016

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 46/12

vom

8. Mai 2013

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft

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Der Bundesgerichtshof, [X.], hat durch den
Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. [X.], die Richterinnen
Lohmann
und Dr.

Fetzer
sowie die Rechtsanwälte
Prof. Dr. [X.] und Dr. Braeuer

am
8. Mai 2013
beschlossen:

Der Antrag des [X.] auf
Zulassung der Berufung gegen das Urteil des [X.] Senats des Anwaltsgerichtshofs [X.] vom 12. Mai 2012 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Antrag des [X.] auf Prozesskostenhilfe für den Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Gründe:

[X.]

Der Kläger war seit 1979 als Rechtsanwalt in eigener Kanzlei tätig. Durch Urteil vom 29. Oktober 1998 wurde er wegen Untreue in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, deren Voll-streckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafe wurde mit Wirkung vom 24. Oktober 2002 erlassen. Durch Urteil vom 25. Oktober 2002 wurde der [X.]
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ger wegen Untreue in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Diese Strafe wurde mit Wirkung vom 31. Oktober 2007 erlassen. Durch Urteil des An-waltsgerichtshofs
vom 30. Januar 2001 wurde der Kläger wegen anwaltlicher Pflichtverletzungen nach §§ 43, 43a Abs. 5, 113 Abs. 1 [X.] i.V.m.
§§ 266, 53 StGB aus der Rechtsanwaltschaft ausgeschlossen.

Am 10. März 2011 beantragte der Kläger die Wiederzulassung. Die [X.] lehnte den Antrag mit Bescheid vom 3. Juni 2011 ab. Widerspruch und Klage des [X.] sind erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs sowie Pro-zesskostenhilfe für den Zulassungsantrag und für das Berufungsverfahren.

I[X.]

Der Antrag des [X.] ist nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a
Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Anwalts-gerichtshofs
(§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

1. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argu-menten in Frage gestellt wird ([X.], Beschluss vom 29. Juni 2011
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AnwZ
([X.]) 11/10, [X.]Z 190, 187 Rn. 3; [X.] 110, 77, 83; [X.], [X.], 1163, 1164; NVwZ-RR 2008, 1; NJW 2009, 3642; vgl. ferner [X.],
NVwZ-RR 2004, 542, 543; Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 112e [X.] Rn. 77).
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2.
Nach § 7 Nr. 5 [X.] ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu versagen, wenn sich der Bewerber eines Verhaltens schuldig gemacht hat, das ihn unwürdig erscheinen lässt, den Beruf des Rechtsanwalts auszuüben.

a) Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Bewerber ein Verhalten gezeigt hat, das ihn bei Abwägung dieses Verhaltens und aller erheblichen Um-stände wie [X.]ablauf und zwischenzeitliche Führung nach seiner Gesamtper-sönlichkeit für den Anwaltsberuf nicht tragbar erscheinen lässt.
Auch ein schwerwiegendes berufsunwürdiges Verhalten kann nach einer mehr oder min-der langen [X.] durch Wohlverhalten oder andere Umstände so sehr an Bedeu-tung verlieren, dass es die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nicht mehr hin-dert. Feste Fristen gibt es nicht; vielmehr sind alle für und gegen den jeweiligen Bewerber sprechenden Umstände einzelfallbezogen zu gewichten. Bei gravie-renden Straftaten im Kernbereich der beruflichen Tätigkeit des Rechtsanwalts, insbesondere bei Untreue und Betrug zum Nachteil von Mandanten, hält der Senat in ständiger Rechtsprechung einen zeitlichen Abstand zwischen der die Unwürdigkeit begründenden Straftat des Bewerbers und dessen Wiederzulas-sung zur Rechtsanwaltschaft von in der Regel 15 bis 20 Jahren für erforderlich. Im Hinblick auf die mit der Versagung der Zulassung verbundene Einschrän-kung der Berufswahlfreiheit bei der im jeweiligen Einzelfall zu treffenden Ent-scheidung nach § 7 Nr. 5 [X.] muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit strikt beachtet und gewahrt werden (vgl. zuletzt [X.], Urteil vom 10. Oktober 2011 -
AnwZ ([X.]) 10/10, Rn. 12 ff.
m.w.N.).

b) Seit der letzten Straftat, welche der Kläger begangen hat, sind zwi-schenzeitlich mehr als 15 Jahre vergangen. Der Kläger hat den von ihm ange-richteten Schaden ausgeglichen. Seit der letzten Straftat ist er nicht erneut 5
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straffällig geworden.
Der Kläger ist 65 Jahre alt; sollte er nicht in absehbarer [X.] wieder zugelassen werden,
wird er den Rechtsanwaltsberuf möglicher-weise nicht mehr lange ausüben können. Gleichwohl überwiegen die gegen eine Wiederzulassung sprechenden Umstände deutlich. Der Kläger hat [X.] Straftaten im Kernbereich der Tätigkeit eines als Konkurs-
bzw. jetzt [X.] tätigen Rechtsanwalts begangen. Dabei hat er beträchtliche kri-minelle Energie entwickelt. Er hat sich über Jahre hinweg systematisch und mit
Hilfe Dritter, welche er an dem erbeuteten Geld beteiligte,
an den von ihm ver-walteten Massen vergriffen. Grund seines Verhaltens war ausschließlich die Absicht, sich selbst zu bereichern; er hat das Geld an sich gebracht, weil es vorhanden war und er Zugriff darauf hatte, nicht weil er
sich in einer Zwangsla-ge befand oder er
es brauchte. Das Fehlverhalten des [X.] liegt
damit deut-lich über einem durchschnittlichen Fall, in welchem unter bestimmten Voraus-setzungen ein
zeitlicher Abstand
von 15 Jahren als ausreichend angesehen werden könnte.

II[X.]

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

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IV.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren war [X.], weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf [X.] bietet.

Tolksdorf
Lohmann
Fetzer

[X.]
Braeuer

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 12.05.2012 -
AGH 16/11 (I) -

9

Meta

AnwZ (Brfg) 46/12

08.05.2013

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. AnwZ (Brfg) 46/12 (REWIS RS 2013, 6016)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6016

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