Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.02.2016, Az. IV ZR 201/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 15670

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[X.]:[X.]:BGH:2016:240216UIVZR201.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 201/14

Verkündet am:

24.
Februar 2016

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat
des Bundesgerichtshofs hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin Dr.
Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2016

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite
wird das Urteil des 20.
Zivilsenats des [X.]s
Köln vom 2. Mai 2014
aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der
Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 14.196,30 festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin:
im Folgenden d. [X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Le-bensversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d.
[X.] mit [X.] zum 1. April
2003
nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung
(im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. D. [X.] zahlte in der Folge die Versicherungsprämien. Mit 1
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Schreiben vom 28. Mai 2010 kündigte sie den Versicherungsvertrag und der Versicherer zahlte den Rückkaufswert
aus. Mit Schreiben vom 30.
November
2010
erklärte d. [X.]
den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.F.

Mit der Klage verlangt d. [X.] Rückzahlung aller geleisteten Beiträ-ge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.].

Nach Auffassung d. [X.] ist der
Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil sie
nicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden
können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der
Revision ver-folgt d. [X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

[X.] Dieses hat einen
Prämienrückerstattungsanspruch aus
unge-rechtfertigter Bereicherung
verneint. Der Versicherer habe zwar nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrt, weil
die fristauslö-senden Unterlagen nicht vollständig bezeichnet seien.
Der Vertrag sei
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aber gemäß § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der [X.] Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden.

I[X.] Die Revision ist begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB
kann d. [X.] nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung
versagt werden.

a)
Der
zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft
keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der [X.] war

ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist

rechtzeitig.

aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden [X.] belehrte der
Versicherer d. [X.] nicht ord-nungsgemäß im Sinne
von §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. über das [X.]srecht.
Die [X.] in dem maßgeblichen [X.] ist fehlerhaft, weil sie die fristauslösenden Unterlagen nicht zutreffend
benennt. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F. setzt der Beginn der Widerspruchsfrist
die Überlassung des [X.], der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation nach § 10a [X.] voraus. In der hier erteilten [X.] werden hingegen einzelne Unterlagen herausgegriffen, die zu der [X.] gehören; damit wird
wie das Berufungsgericht zu Recht feststellt

für d.
[X.] nicht klar, dass die nach §
10a [X.] a.F. ge-setzlich vorgeschriebene Verbraucherinformation, die d.
[X.] zur [X.] der Widerspruchsfrist zu erteilen ist, die Überlassung 8
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weiterer Unterlagen als der in der [X.] genannten vo-raussetzt. Es fehlt danach in der [X.] eine zutreffen-de Benennung der nach § 5a Abs. 2 Satz
1 [X.] a.F. fristauslösenden Unterlagen.

Ohne Belang
ist es, ob d.
[X.]
mit
dem Versicherungsschein die weiteren erforderlichen Unterlagen zugingen. Dieser Umstand ändert nichts an der inhaltlichen Fehlerhaftigkeit der Belehrung, sondern betrifft allein die Auswirkung derselben auf den konkreten Fall. Für die Frage der Ordnungsgemäßheit der Belehrung kommt es auf derartige Kausali-tätsfragen nicht an (vgl. Senatsurteil vom
29. Juli 2015

[X.], [X.], 1104 Rn. 25).

Für einen solchen Fall bestimmte §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F.
zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt.
Das Widerspruchsrecht bestand hier aber
nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F.
auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.]/11,
BGHZ 201, 101 Rn.
17-34) entschieden
und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung
grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d.
[X.]

wie hier

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Wi-12
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derspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

bb) Die Kündigung des Versicherungsvertrages
steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.[X.]). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.[X.]).

cc) Ob
-
wie die Revisionserwiderung meint
-
der Verwirkungsein-wand möglich ist, wenn eine [X.] nur marginale Feh-ler aufweist (so [X.], NJW 2014, 2619, 2621), braucht hier nicht ent-schieden zu werden. Die -
hier fehlende

zutreffende Benennung der
fristauslösenden Unterlagen wird in §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] a.F. aus-drücklich gefordert und ist eine wesentliche Voraussetzung einer ord-nungsgemäßen [X.].

b)
Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss
sich d. [X.] bei
der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den
jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zu-15
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kommen (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.[X.]; vgl. auch Senatsurteile vom 29. Juli 2015

[X.], [X.], 1101 und [X.], [X.], 1104).
Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen
Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben
(vgl. Senatsurteile
vom 7.
Mai 2014
aaO Rn.
46
und vom 11. November 2015

IV ZR 513/14, [X.], 33 Rn. 41 ff.).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.07.2013 -
26 O 6/13 -

OLG Köln, Entscheidung vom 02.05.2014 -
20 [X.] -

Meta

IV ZR 201/14

24.02.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.02.2016, Az. IV ZR 201/14 (REWIS RS 2016, 15670)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15670

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Zitiert

IV ZR 201/14

IV ZR 448/14

IV ZR 76/11

IV ZR 384/14

IV ZR 513/14

20 U 143/13

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