Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2012, Az. VIII ZR 220/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8162

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 220/11
Verkündet am:

14. März 2012

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1
Zum
Schadensersatzanspruch eines landwirtschaftlichen Betriebs gegen einen [X.] wegen unterlassener Einlegung von Widersprüchen gegen Beitragsbe-scheide über vom [X.] abzuführende Beiträge nach den Bestimmungen des [X.]es.
[X.], Urteil vom 14. März 2012 -
VIII ZR 220/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2012 durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterinnen Dr.
Milger und Dr.
Fetzer sowie [X.]
Bünger
für Recht erkannt:

Die Revision der [X.] gegen das Urteil des 4.
Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in [X.] vom 21.
Juni 2011 wird [X.].
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Auszahlung von Beträgen, welche die Beklagte als Beiträge nach dem
Gesetz über die Errichtung eines zentralen Fonds zur Absatzförderung der [X.] Land-
und Ernährungswirtschaft (im
Folgenden: [X.] -
AbsFondsG)
an die [X.] (im Folgenden: [X.]) abgeführt hat.
Die Klägerin ist ein landwirtschaftlicher Betrieb, der Schweine zur Schlachtreife mästet. Sie verkaufte
durch Vermittlung der [X.] "Q.

"
w.V. in T.

(im Folgenden: [X.]), deren Mitglied die Klägerin ist, Schweine
an die
Beklagte, die einen 1
2
-
3
-
[X.] betreibt. Die Beklagte erteilte über die Lieferungen Abrechnungen, die unter der Identnummer
44 "[X.]"
jeweils einen Abzug vom [X.] in Höhe von 0,51

vornahmen. Dem lag zugrunde, dass die Beklagte als sogenannter "Flaschenhalsbetrieb"
nach §
10 Abs.
3
Nr.
9
AbsFondsG
verpflichtet war, je Schwein einen Beitrag von
0,51

an die [X.] abzuführen. Darüber erhielt die Beklagte entsprechende
Beitragsbescheide.
Mit diesen Beiträgen wurde unter anderem die Centrale Marketinggesellschaft der [X.] Agrarwirtschaft GmbH (im Folgenden: [X.]) finanziert, deren sich der [X.] zur Durchführung der ihm nach §
2 Abs.
1 bis 4 AbsFondsG
obliegenden Aufgaben bediente.
Mit Beschluss vom 18. Mai
2006 legte
das Verwaltungsgericht
Köln dem [X.] gemäß
Art.
100 GG
die Frage vor, ob
die Bestim-mungen in
§ 10
Abs. 3 in Verbindung mit §§ 1 und 2 AbsFondsG über die [X.] und deren
Höhe gegen das Grundgesetz verstoßen. Die Erzeugerge-meinschaft wies die Beklagte mit Schreiben vom 6.
November 2006 auf diesen Vorlagebeschluss hin. Weiter heißt es in dem Schreiben:
"Es ist davon auszugehen, dass die [X.]-Zwangsabgabe als verfas-sungswidrig eingestuft wird. Wir teilen Ihnen mit, dass in Zukunft ab [X.] unsererseits die Abgabe nur noch unter Vorbehalt entrichtet wird und fordern Sie gleichzeitig auf, gegen alle in Zukunft erlassenen [X.] Widerspruch einzulegen. Sollte dies nicht geschehen, müssten wir uns Schadensersatzansprüche vorbehalten. Wir legen als Anlage zur Formulierungshilfe den Entwurf eines Widerspruchsschrei-bens bei."
Die Beklagte kam dieser Aufforderung nicht nach und ließ weitere [X.] bestandskräftig werden. Das [X.] erklärte
mit Urteil vom 3.
Februar 2009 (BVerfGE
122, 316
ff.)
die betreffenden
Bestim-mungen des [X.]es für mit dem Grundgesetz unvereinbar und nichtig.
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-
4
-
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte ihr die auf den Liefer-zeitraum von Mai 2006 bis August 2008 entfallenden, vom Kaufpreis abgezo-genen
Beiträge
von 0,51

habe. Sie begehrt mit ihrer

Das [X.] hat der Klage in Höhe
von 4.883,25

im Hinblick auf die von der [X.] erhobene
Verjährungseinrede
abgewie-sen. Die Berufung der [X.] hat keinen Erfolg gehabt. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die voll-ständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Das [X.] habe dem Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der nach dem [X.]
geleisteten Beiträge mit Recht stattgegeben, so-weit sich die Beklagte nicht auf Verjährung berufen habe. Die Beklagte habe der Klägerin diesen Betrag im Wege des Schadensersatzes
gemäß §
280 Abs.
1 BGB
zu erstatten. Sie habe gegen ihre aus §
241 Abs.
2 BGB resultie-rende vertragliche Nebenpflicht gegenüber der Klägerin verstoßen, indem
sie die Beitragsbescheide, mit denen die Beklagte zu den Beiträgen
herangezogen worden sei, die ihr seitens der Klägerin
im Umfang des in zweiter Instanz noch geltend gemachten Schadensersatzanspruchs erstattet worden seien, habe rechtskräftig werden lassen.

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Die Rahmenvereinbarungen der Erzeugergemeinschaft und der [X.] wiesen aus, wie sich der von der [X.] an die Mitgliedsbetriebe der Erzeugergemeinschaft zu leistende Kaufpreis zusammensetze. In den Abrech-nungen der [X.] werde der an die [X.]
weiter zu leitende Anteil des [X.]es gesondert ausgewiesen.
Unter diesen Umständen berufe sich die [X.] vergeblich darauf, eine Nebenpflicht, gegen die streitigen Bescheide vor-zugehen, bestehe schon deswegen nicht, weil die Klägerin selbst nie mit der Aufforderung an sie herangetreten sei, Widerspruch gegen zukünftige Beschei-de einzulegen. Denn die Beklagte habe einerseits erkennen können, dass die Erzeugergemeinschaft auch für die Klägerin habe handeln wollen, als sie sich mit Schreiben vom 6.
November 2006 an die Beklagte gewandt habe. Sollten hier Zweifel verblieben sein, hätte sich die Beklagte als langfristige [X.] der Klägerin vergewissern müssen, ob nicht auch die Klägerin ein Vorgehen gegen künftige Beitragsbescheide fordere. Gleiches gelte für die [X.], wem eventuelle Kosten hätten zur Last fallen sollen. Dass die Klägerin sich geweigert hätte, entsprechende Aufwendungen zu übernehmen, behaupte
die Beklagte selbst nicht.
Die Beklagte habe sich dessen bewusst sein
müssen, dass die Klägerin als letztendlich die Last der Sonderabgabe Tragende eigene Einwirkungsmög-lichkeiten auf die Beitragsbescheide nicht besessen habe.
Damit habe die Klä-gerin de facto der [X.] Einwirkungsmöglichkeiten auf ihre [X.] gewährt und in höherem Maße als sonst üblich auf die Wahrung ihres Güterstandes durch den anderen Teil (gezwungenermaßen) vertrauen müssen. Eröffne die Klägerin als Erstattungsschuldnerin der [X.] als Erstattungs-gläubigerin gesteigerte Einwirkungsmöglichkeiten auf diese Sphäre, indem sie die Erstattung der Sonderabgaben,
die die Beklagte zu leisten habe, [X.], ohne dass der Klägerin Beteiligungsmöglichkeiten eingeräumt würden, müsse ihr die Berufung auf §
241 Abs.
2 BGB eröffnet werden.
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Entgegen der Ansicht der [X.] enthielten Schuldverhältnisse in ge-wissem Umfang auch die Pflicht zur aktiven Wahrnehmung der Interessen des anderen Teils. Der vermögensrechtliche Status quo werde nicht überschritten, wenn die Klägerin fordere, die Beklagte solle rechtlich gegen die streitigen Be-scheide vorgehen. Denn die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass ohne die Überwälzung der Sonderabgabe auf die Klägerin der Kaufpreis für die geliefer-ten Schweine um 0,51

wäre.

Die Nebenpflicht zur Unterstützung und Rücksichtnahme finde ihre Grenze allerdings dort, wo gleich-
oder höherrangige eigene Interessen gegen-über Belangen des anderen Teils bestünden. Es
möge zwar den eigenen Inte-ressen der [X.] nicht entsprochen haben, durch eigene Initiativen die Verpflichtung zur Zahlung an den [X.]
zu Fall zu bringen. Als gleich-
oder höherrangig als die Interessen der Klägerin seien diese jedoch nicht [X.].
Denn die Klägerin sei diejenige gewesen, die mit den Abzügen von ihren Kaufpreisansprüchen durch das [X.] der [X.] belastet worden sei. Dass diese Abzugsbeträge der Klägerin zuzuordnen gewesen [X.], sei auch für die Beklagte erkennbar gewesen, denn die Klägerin habe mit Schriftsatz vom 1.
März 2010 unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagte gegen Bescheide der [X.]
für das erste und dritte Tertial 2006 Widerspruch eingelegt haben müsse. Nur so sei zu erklären, dass die entsprechenden Ein-behaltungen der [X.], die an die [X.] abzuführen gewesen seien, der Klägerin erstattet worden seien.
Angesichts der expliziten Aufforderung, Widersprüche einzulegen,
und der Überlassung entsprechender [X.] habe die Beklagte
erst recht nicht davon ausgehen können, das bewusste Unterlassen der Einlegung entsprechender Rechtsmittel hätte dem Interesse der Klägerin entsprochen.
Inwieweit die Funktionsfähigkeit der [X.] in dem hier streitigen Zeitraum (noch) 11
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zum Wohle der [X.] gewesen sei, unterliege starken Zweifeln. Insofern sei im Rahmen der Güterabwägung nur das Argument der [X.] zu be-rücksichtigen, dass die [X.] nahezu einheitlich entschieden ha-ben solle, auf die Einlegung von Widersprüchen zu verzichten. Angesichts [X.], dass eine gruppennützige Verwendung der Gelder bereits seit geraumer Zeit nicht mehr erkennbar gewesen sei, stelle sich allein das "[X.]"
der [X.] weder als gleich-
noch als höherrangiges Interesse der [X.] gegenüber dem der Klägerin dar.
Gegen die Nebenpflicht habe die Beklagte auch schuldhaft verstoßen. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des [X.]es sei bereits zu-vor Gegenstand eines Verfahrens vor dem [X.] gewesen (BVerfGE
82, 159
ff.). Da die V.

-GmbH, zu deren Konzern die Beklagte [X.], sich vorgerichtlich gerade auf im Zusammenhang mit dem Vorlagebe-schluss des [X.] ergangene Entscheidungen anderer Verwaltungsgerichte und erstellter Gutachten berufen habe, werde deutlich, dass eine genaue Beobachtung der Rechtslage erfolgt sei. Dann dürfe aber auch unterstellt werden, dass der [X.], jedenfalls vermittelt durch die V.

-GmbH, sowohl die Entscheidung des [X.]s aus dem Jahre 1990 einschließlich des Begründungsgangs als auch der Inhalt der entsprechenden Agrarberichte bekannt gewesen seien. Unter diesen [X.] habe sich der [X.] aufdrängen müssen, dass angesichts der für die [X.] Agrar-
und Ernährungswirtschaft weitgehend ausgeglichenen
Han-delsbilanz durchaus die Möglichkeit einer
Entscheidung des [X.] wie dann erfolgt im Raum gestanden habe. Hierauf habe sie sich einrichten müssen.
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-
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revi-sion zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte gemäß §
241 Abs.
2, §
280 Abs.
1 BGB verpflichtet ist, an die Klägerin den vom [X.] ausgeurteilten
Betrag von 4.883,25

. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den auf den
noch streitgegenständli-chen Lieferzeitraum entfallenden Beiträgen
in Höhe von 0,51

welche die Beklagte vereinbarungsgemäß von dem der Klägerin zustehenden Kaufpreis abgezogen und -
aufgrund der gegen sie gemäß
§ 10 Abs. 3
AbsFondsG
ergangenen Beitragsbescheide
-
an die [X.] abgeführt hat.
Zum Schadensersatz
ist die
Beklagte
verpflichtet, weil sie
der ausdrückli-chen
Aufforderung seitens der Erzeugergemeinschaft, Widerspruch gegen wei-tere Beitragsbescheide einzulegen, nicht nachgekommen ist, sondern die [X.] hat bestandskräftig werden lassen. Dies hatte zur
Folge, dass die [X.] die an sie abgeführten Beiträge aufgrund der eingetretenen [X.] nicht zurückzahlte, nachdem das Bundesverfas-sungsgericht § 10 Abs. 3 AbsFondsG für nichtig erklärt hatte.

1. Ohne Erfolg hält die Revision
dem entgegen, das Berufungsgericht habe die rechtliche Zuordnung der an
den [X.] abzuführenden Beiträge
innerhalb der Vertragsbeziehung der [X.]en aufgrund von revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern bei der Vertragsauslegung verkannt und deshalb die der [X.] obliegenden Vertragspflichten, Vermögensinteressen der Klägerin wahrzunehmen, überspannt.
Die Revision
meint, die vom Kaufpreis einbehaltenen und nach §
10 Abs.
3 Nr.
9 AbsFondsG an die [X.] abzuführen-den Beiträge könnten von vornherein nicht zur Begründung eines Schadenser-satzanspruchs der Klägerin herangezogen werden, weil es sich hierbei nicht um 15
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9
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einen rechtlich abgrenzbaren Teil des Kaufpreises, sondern nur um einen un-selbständigen Rechnungsposten zur Kalkulation des Kaufpreises handele, der -
ebenso wie andere in die Kalkulation einbezogene Unkosten
-
nicht verselb-ständigt werden könne. Die Sonderstellung, die das Berufungsgericht den
[X.]n
innerhalb der Vertragsbeziehung der [X.]en beimesse, habe in den vertraglichen Vereinbarungen der [X.]en keine Grundlage. Damit dringt die Revision nicht durch.
Das Berufungsgericht hat die Sonderstellung der Beiträge im Vertrags-verhältnis der [X.]en, aus der es die Rückerstattungsfähigkeit der Beiträge abgeleitet hat, rechtsfehlerfrei bejaht. Die Vertragsauslegung des Berufungsge-richts steht mit
§
10 Abs.
7 AbsFondsG im Einklang. Nach dieser Bestimmung richtet
sich die Erstattung
der an die [X.] abzuführenden Beiträge
nach einer zwischen dem Lieferanten und dem Betriebsinhaber getroffenen Vereinbarung. Eine solche Vereinbarung haben die [X.]en nach der [X.] des Berufungsgerichts dergestalt getroffen, dass die Klägerin (Lieferantin) der [X.] als Beitragsschuldnerin (Betriebsinhaber) die von dieser abzuführenden Beiträge zu erstatten hatte, und zwar in der Weise, dass in Höhe des Beitrages ein
Abzug vom vereinbarten Kaufpreis vorgenommen wurde.
Wirtschaftlich hatte damit die Klägerin die Beiträge zu tragen
und nicht die Beklagte.
Bereits das [X.] hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei den Beiträgen
für die
Beklagte um einen reinen Durchlaufposten handelte und der Abzug vom Kaufpreis im Verhältnis der [X.]en zueinander damit un-mittelbar und direkt am Fortbestand der Abgabepflicht der [X.] nach dem [X.] hing. Mit dem Wegfall der Beitragspflicht der [X.] fiel auch der Grund für den Abzug von dem der Klägerin geschuldeten Kaufpreis weg, ohne dass es dazu einer Vertragsänderung bedurfte.
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-
So haben sich
auch die [X.]en im [X.] an die
Entscheidung des [X.]s verhalten. Nach den unangegriffenen Tatsachen-feststellungen des [X.]s, auf die das Berufungsgericht Bezug genom-men hat,
hat
die Beklagte die Beiträge, hinsichtlich derer sie Widerspruch ge-gen die zugrunde liegenden Bescheide eingelegt hatte, der Klägerin rückerstat-tet, nachdem die noch nicht bestandskräftigen Beitragsbescheide durch die Entscheidung des [X.]s ihre Rechtsgrundlage verloren hatten. Ebenso ist die V.

-GmbH gegenüber ihren Vertragspartnern verfah-ren, wie aus dem im Beschluss des [X.] vom 8. April 2011 (7
[X.], n.v.) zitierten Schreiben der V.

-GmbH vom 20. Februar 2009 hervorgeht. Auch dieses Verhalten der [X.] und ihrer Konzernmutterge-sellschaft zeigt,
dass die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts über die Sonderstellung und Rückerstattungsfähigkeit der Beiträge dem beiderseitigen Vertragsverständnis der [X.]en nicht zuwiderläuft, sondern entspricht.
2.
Vergeblich wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des
Berufungsgerichts, die Beklagte sei der Klägerin gemäß § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie der auch für die Klägerin ergangenen Aufforderung der Erzeugergemeinschaft, Widerspruch gegen wei-tere Beitragsbescheide einzulegen, schuldhaft nicht nachgekommen sei.
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht aufgrund der festgestellten Umstände des vorliegenden Falles aus §
241 Abs.
2
BGB
die Verpflichtung der [X.] hergeleitet, im Interesse der Klägerin Widerspruch gegen weitere Beitragsbescheide einzulegen, nachdem sie dazu von der [X.], deren Mitglied die Klägerin ist, im [X.] an den Vorlagebeschluss des [X.] ausdrücklich aufgefordert worden war.

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-
aa) In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass die in einem Schuldverhältnis je nach seinem Inhalt bestehende (Neben-)Pflicht zur Rück-sichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils (§
241 Abs. 2 BGB) auch die Pflicht umfassen kann, die Interessen der [X.] gegenüber Dritten aktiv wahrzunehmen (MünchKommBGB/[X.], 5.
Aufl., § 241 Rn. 80 ff. [X.]; [X.]/Olzen, BGB, Neubearb. 2009, §
241 Rn. 253 ff. [X.]). Das kommt allerdings nur in besonders gelagerten Ausnah-mefällen in Betracht. Eine Vertragspartei muss keine allgemeine Interessenver-folgung
zugunsten der anderen betreiben. Denn die [X.]en haben häufig ge-genläufige Interessen. Deshalb sind sie nicht verpflichtet, gleich-
oder höher-rangige Interessen hinter die des anderen Teils zurückzustellen ([X.]/[X.], aaO).
bb) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegan-gen. Es hat aufgrund der Besonderheiten der Vertragsbeziehung der [X.]en rechtsfehlerfrei eine Verpflichtung der [X.] bejaht, Widerspruch gegen die Beitragsbescheide einzulegen, weil die Klägerin daran ein berechtigtes [X.] hatte und gleich-
oder höherrangige eigene Interessen der [X.] dem nicht entgegen standen.
(1) Wirtschaftlich belastet durch die an die [X.] abzuführenden Beiträge war allein die Klägerin. Für die Beklagte als rechtliche Beitragsschuldnerin [X.] die Beiträge dagegen wirtschaftlich neutral, weil sich die Klägerin verpflich-tet hatte, der [X.] die Beiträge durch einen entsprechenden Abzug von dem der Klägerin geschuldeten Kaufpreis zu erstatten. Da diese vertragliche
Vereinbarung nur im Innenverhältnis der [X.]en Wirkung hatte, blieb die [X.] im Außenverhältnis gegenüber der [X.] Beitragsschuldnerin mit der Fol-ge, dass die Klägerin selbst keine rechtliche Möglichkeit hatte, Widerspruch gegen die Beitragsbescheide einzulegen. Das konnte nur die Beklagte. Die 23
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Klägerin hatte deshalb ein berechtigtes Interesse daran, dass die Beklagte dies auch tat, nachdem die Rechtsgrundlage der Beitragsbescheide aufgrund des [X.] des [X.] in Zweifel gezogen worden war. Denn nur so konnte die Beitragspflicht der [X.] und damit auch die Erstattungspflicht der Klägerin in der Schwebe gehalten werden.
(2) Diesem Interesse der Klägerin stand, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, kein beachtliches Interesse der [X.] ent-gegen. Denn die Beklagte hatte unabhängig vom Erfolg
oder Misserfolg des Rechtsbehelfs keine Nachteile zu befürchten. Für die Beklagte war es wirt-schaftlich ohne Bedeutung, ob sie -
im Erfolgsfall
-
nicht mehr
zu Beiträgen her-angezogen werden würde oder ob ihr -
im Misserfolgsfall
-
die Beiträge weiter-hin von der Klägerin durch entsprechenden Abzug vom Kaufpreis erstattet wer-den würden.
(3) Vergeblich rügt die Revision, das Berufungsgericht habe im Rahmen seiner Interessenabwägung vernachlässigt, dass die Beklagte als [X.]-betrieb ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erhaltung der [X.] und den von dieser geführten Werbekampagnen zur Förderung der Rohfleischpro-duktion zu verfolgen geglaubt habe.
Damit dringt die Revision nicht durch.
Es trifft nicht zu, dass sich das Berufungsgericht mit dem Interesse der [X.], die Funktionsfähigkeit der [X.] zu erhalten, nicht auseinanderge-setzt hätte. Vielmehr hat das Berufungsgericht dieses Interesse gesehen, aber mit der Begründung nicht für schutzwürdig gehalten, aus der Entscheidung des [X.]s ergebe sich, dass eine gruppennützige Verwen-dung der abgeführten Gelder schon seit 2002 nicht mehr gegeben gewesen sei.
Ob dies zutrifft,
kann dahinstehen. Unabhängig davon hatte die Beklagte unter dem von ihr angeführten Gesichtspunkt schon deshalb kein berechtigtes 26
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-
Interesse daran, von einem
Widerspruch gegen die Beitragsbescheide abzuse-hen, weil ihre
Entscheidung über die Einlegung von Widersprüchen ersichtlich keine Auswirkungen auf die
Erhaltung der Funktionsfähigkeit der [X.] hatte. Da das Normenkontrollverfahren gemäß Art.
100 GG über die Nichtigkeit der [X.] des [X.]es bereits beim [X.] anhängig war, konnte die Entscheidung des [X.]s durch einen Verzicht der [X.] auf Widerspruch gegen weitere Beitragsbescheide nicht verhindert werden. Umgekehrt wären Widersprüche der [X.] gegen weitere Beitragsbescheide ohne Einfluss darauf gewesen, ob das Bundesver-fassungsgericht die Bestimmungen für nichtig erklärt. Da die Beklagte somit durch ihr Verhalten -
ob sie nun Widerspruch einlegt oder nicht
-
die Entschei-dung über die Verfassungswidrigkeit des [X.]es weder positiv noch negativ beeinflussen
konnte, war ihr Verhalten auch nicht geeignet, zum Fortbestand der [X.] beizutragen. Ein berechtigtes Interesse der [X.] daran, durch einen Verzicht auf Widerspruch die Funktionsfähigkeit der [X.] zu erhalten, ist daher vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint worden.
(4) Ebenfalls aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte auch unter dem Kostengesichtspunkt nicht davon absehen durfte, dem Verlangen der Erzeugergemeinschaft nachzu-kommen, Widerspruch gegen weitere Beitragsbescheide einzulegen.
Die Revision macht nicht mehr geltend, dass der [X.] die [X.] von Widersprüchen wegen des [X.] nicht zumutbar gewesen wäre. Sie greift die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin sich nicht geweigert hätte, entsprechende Aufwendungen zu übernehmen, nicht an, sondern meint lediglich, die Beklagte sei -
selbst bei einer Kostendeckungszu-sage der Klägerin
-
nicht verpflichtet gewesen, zur Wahrung des wirtschaftli-30
31
-
14
-
chen Interesses der Klägerin Widerspruch gegen die Beitragsbescheide einzu-legen. Das trifft, wie ausgeführt, nicht zu.
cc) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, im Interesse der Klägerin von sich aus gegen die Beitragsbescheide vor-zugehen. Grundsätzlich obliegt es jeder [X.] selbst, ihre eigenen wirtschaftli-chen Interessen zu wahren. Dieser Obliegenheit ist die Klägerin jedoch [X.], indem sie die Beklagte über die Erzeugergemeinschaft aufforderte, Widerspruch einzulegen, wozu die Klägerin selbst nicht befugt war. Jedenfalls nach dieser ausdrücklichen Aufforderung
war die Beklagte bei Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Einlegung von Widersprüchen gegen weitere [X.] verpflichtet.
Das
Urteil des [X.]s Hannover vom 7. Februar 2011 (18
O 158/10, n.v.) und der die Berufung der damaligen Klägerin zurückweisende
Be-schluss des [X.] vom 8. April 2011 (7 [X.], n.v.) [X.] keine
andere Beurteilung. Aus jenem Rechtsstreit, in dem eine Scha-densersatzpflicht der V.

-GmbH verneint wurde, kann die Beklagte schon deshalb nichts herleiten, weil das [X.] Hannover nicht festgestellt hat, dass die V.

-GmbH -
wie hier die Beklagte
-
von der damaligen Klägerin [X.] worden wäre, Widerspruch gegen weitere Beitragsbescheide einzule-gen. Vielmehr heißt es im Urteil des [X.]s Hannover, dass es der Kläge-rin freigestanden hätte, die Beklagte aufzufordern, die Bestandskraft künftiger Beitragsbescheide zu verhindern. Auf diese Entscheidungen beruft sich die [X.] im Revisionsverfahren auch nicht mehr.

b) Rechtsfehlerfrei ist auch die Feststellung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte ihre Nebenpflicht, Widerspruch gegen die Beitragsbescheide ein-zulegen, durch ihre Untätigkeit schuldhaft verletzt
hat

280 Abs.
1 Satz
2 32
33
34
-
15
-
BGB). Unerheblich hierfür ist, ob die Beklagte die Bestimmungen des Absatz-fondsgesetzes weiterhin für wirksam halten durfte. Der Schuldvorwurf des [X.]s geht nicht dahin, dass die Beklagte die Verfassungswidrigkeit der Bestimmungen verkannt hätte, sondern dahin, dass sie mit der Gefahr, dass das [X.] die Bestimmungen für verfassungswidrig erklä-ren würde, aufgrund des [X.] des [X.] rechnen musste und darauf im Interesse der Klägerin, dem kein berechtigtes Interesse der [X.] gegenüberstand, durch Einlegung von Widerspruch gegen weitere Beitragsbescheide hätte reagieren
müssen. Das ist aus [X.] nicht zu beanstanden.
[X.]
Dr. Frellesen
Dr. Milger

Dr. Fetzer
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 17.05.2010 -
2 [X.] 5/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 21.06.2011 -
4 U 458/10 -

Meta

VIII ZR 220/11

14.03.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2012, Az. VIII ZR 220/11 (REWIS RS 2012, 8162)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8162

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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