Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.02.2012, Az. 6 AZR 592/10

6. Senat | REWIS RS 2012, 9066

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Gegenstand

Kirchliche Arbeitsrechtsregelung über Einmalzahlungen - Dienstvertragsordnung - Bezugnahmeklausel


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 23. August 2010 - 9 Sa 1617/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Einmalzahlung für das Jahr 2008.

2

Die Klägerin ist seit 1988 bei der [X.] bzw. deren Rechtsvorgängerin, der [X.], teilzeitbeschäftigt, im für die streitbefangene Zahlung maßgeblichen Zeitpunkt mit 100 Stunden im Monat. Der mit der Rechtsvorgängerin der [X.] geschlossene Dienstvertrag enthält in § 2 Abs. 1 folgende Bezugnahme:

        

„Für das Dienstverhältnis gelten das Gemeinsame [X.] vom 14. März 1978 … und die Dienstvertragsordnung vom 16. Mai 1983 … in der jeweils geltenden Fassung.“

3

Die Dienstvertragsordnung vom 16. Mai 1983 ([X.], [X.]. ABl. [X.] S. 65) in der aktuellen Fassung bestimmt in

        

„§ 1   

        

Geltungsbereich

        

(1) Diese Dienstvertragsordnung ist auf alle privatrechtlichen Dienstverhältnisse der Mitarbeiterinnen anzuwenden, die von Anstellungsträgern nach § 3 des [X.] angestellt werden. Anstellungsträger im Sinne dieser Dienstvertragsordnung sind die Konföderation [X.] [X.]n in [X.], die [X.], die Evangelisch-lutherische Landeskirche [X.]s, die [X.] und die ihrer Aufsicht unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.

        

...“   

4

Das [X.]ngesetz der [X.] [X.] [X.]n in [X.] über die Rechtsstellung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vom 11. März 2000 ([X.] - [X.], [X.]. ABl. [X.] S. 92), durch das das im Dienstvertrag in Bezug genommene Gemeinsame [X.] aufgehoben worden ist (§ 33 Abs. 2 [X.]), gilt gemäß § 2 Abs. 2 [X.] für die [X.]nbeamten, kirchlichen Angestellten, Arbeiter und zu ihrer Ausbildung Beschäftigten (Mitarbeiter) der [X.] sowie der Evangelisch-lutherischen Landeskirche [X.]s, der [X.] und der [X.] (beteiligte [X.]n) und derjenigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht der [X.] oder der Aufsicht einer der beteiligten [X.]n unterstehen. Das [X.] bestimmt ua.:

        

„§ 9   

        

Dienstvertragsordnung

        

(1) Dienstverträge werden nach den Bestimmungen einer Dienstvertragsordnung abgeschlossen, die nach den Vorschriften dieses [X.]ngesetzes in [X.] tritt.

        

(2) In der Dienstvertragsordnung sind die Bestimmungen über die Verhältnisse des Dienstes, über Vergütungen und Löhne unter Beachtung der kirchlichen Erfordernisse an den Bestimmungen auszurichten, die jeweils für den öffentlichen Dienst im Land [X.] gelten. Die Besonderheiten des kirchlichen Dienstes sind insbesondere bei der Festsetzung von Tätigkeitsmerkmalen zu berücksichtigen. Die Vorschriften der §§ 22 und 26 bis 29 bleiben unberührt.

        

...     

        

§ 15a 

        

Arbeitsrechtsregelungen

        

(1) Arbeitsrechtsregelungen sind die Beschlüsse der Arbeits- und [X.] in den Fällen der §§ 22 und 26 sowie die im Wege des § 27 übernommenen Regelungen, ...

        

(2) Arbeitsrechtsregelungen nach Absatz 1 sind verbindlich und wirken normativ.

        

(3) Es dürfen nur Dienstverträge abgeschlossen werden, die den Arbeitsrechtsregelungen nach Absatz 1 entsprechen.

        

...     

        

§ 26   

        

Zustandekommen der Dienstvertragsordnung

        

(1) Die Dienstvertragsordnung enthält die erforderlichen allgemeinen Bestimmungen über den Abschluss von Dienstverträgen zwischen den Anstellungsträgern und ihren nicht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis beschäftigten Mitarbeitern.

        

(2) Die Dienstvertragsordnung wird unbeschadet der Vorschriften des § 29 von der Arbeits- und [X.] beschlossen und geändert.

        

...“   

5

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass auf ihr Dienstverhältnis aufgrund der Bezugnahmeklausel im Dienstvertrag weiterhin die Dienstvertragsordnung Anwendung findet, obwohl die Beklagte kein Anstellungsträger im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist. Streitbefangen ist allein, ob eine von der Arbeits- und [X.] ([X.]) im Juni 2008 beschlossene Arbeitsrechtsregelung Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis der Parteien hat.

6

Die [X.] hat am 10. Juni 2008 ([X.]. ABl. [X.] S. 70) beschlossen:

        

„A.     

        

Aufgrund des § 15a des … ([X.] - [X.]) vom 11. März 2000 … hat die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission die folgenden Regelungen beschlossen:

        

1.    

Arbeitsrechtsregelung zur Änderung der Dienstvertragsordnung und zur Gewährung von Einmal- und Ausgleichszahlungen sowie der Gewährung einer Jahressonderzahlung 2008 - Anlage I -

        

2.    

Arbeitsrechtsregelung zur Überleitung der Mitarbeiterinnen der Konföderation ev. [X.]n in [X.] und der beteiligten [X.]n aufgrund der 61. Änderung der Dienstvertragsordnung vom 10. Juni 2008 und zur Regelung des Übergangsrechts (ARR-Ü-Konf) - Anlage II -

        

3.    

61. Änderung der Dienstvertragsordnung - Anlage III -

        

4.    

Arbeitsrechtsregelung für Auszubildende und Praktikantinnen - Anlage IV -

                          
        

B.    

        

...     

        

Anlage I

        

zum Beschluss der [X.]

        

vom 10.06.2008

                 
        

Arbeitsrechtsregelung

        

zur Änderung der Dienstvertragsordnung

        

und zur Gewährung von Einmal- und

        

Ausgleichszahlungen sowie der Gewährung

        

einer Jahressonderzahlung 2008

        

Vom 10. Juni 2008

                 
        

Artikel 1

        

60. Änderung der Dienstvertragsordnung

        

Aufgrund des § 26 Abs. 2 des … ([X.] - [X.]) ... hat die Arbeits- und Dienstrechtliche Kommission die Dienstvertragsordnung vom 16. Mai 1983 in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. September 2000 ... wie folgt geändert:

        

1. Es wird folgender § 2b eingefügt:

        

‚§ 2b 

        

Zuwendungstarifverträge

        

Die Tarifverträge über eine Zuwendung sind nicht anzuwenden.’

        

...     

        

Artikel 2

        

Arbeitsrechtsregelung

        

über Einmal- und Ausgleichszahlungen und

        

die Gewährung einer Jahressonderzahlung

        

2008 ([X.])

        

§ 1     

        

Einmalzahlung im Jahr 2008

        

(1)     

Mitarbeiterinnen, deren Dienstverhältnis unter den Geltungsbereich der Dienstvertragsordnung fällt, erhalten mit den Bezügen für den Monat Juli 2008 folgende Einmalzahlung:

        

Mitarbeiterinnen in den Vergütungs-/Lohngruppen

        

...     

        

[X.]. 1 bis 8a

910 Euro

        

...     

        
        

(3)     

Voraussetzung für den Anspruch auf die Einmalzahlung ist, dass

        

a)    

das Dienstverhältnis der Mitarbeiterin mindestens seit dem 1. Juni 2008 besteht und

        

b)    

ein Entgeltanspruch ... der Mitarbeiterin für mindestens einen [X.] besteht. ...

        

(4)     

Teilzeitbeschäftigte Mitarbeiterinnen erhalten den Teilbetrag der Einmalzahlung, der dem Verhältnis der mit ihnen im [X.] vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit zu der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden vollbeschäftigten Mitarbeiterin entspricht. ...“

7

Ebenfalls am 10. Juni 2008 hat die [X.] als Anlage III zum Beschluss von diesem Tag die 61. Änderung der Dienstvertragsordnung beschlossen ([X.]. ABl. [X.] S. 90). Dadurch ist die Dienstvertragsordnung mit Wirkung ab dem 1. Januar 2009 neu gefasst worden. Seitdem findet gemäß § 2 [X.] auf die Dienstverhältnisse der [X.] in der für das Land [X.] jeweils geltenden Fassung entsprechende Anwendung, soweit in der Dienstvertragsordnung nichts anderes bestimmt ist.

8

Mit ihrer am 15. Januar 2009 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin - soweit für die Revision noch von Bedeutung - die Zahlung der Einmalzahlung für das Jahr 2008.

9

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die [X.] habe mit der [X.] keine gesonderte Regelung beabsichtigt. Zumindest sei die [X.] als eine die Dienstvertragsordnung ergänzende Regelung anzusehen. Sie sei deshalb von der vertraglichen Bezugnahme erfasst, aufgrund derer die Klägerin habe davon ausgehen können, dass alle Regelungen, die für die Beschäftigten der verfassten [X.] gölten, auch auf sie Anwendung fänden.

Die Klägerin hat zuletzt - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 544,91 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat ihr Begehren, die Klage abzuweisen, darauf gestützt, dass es an einer Anspruchsgrundlage für die begehrte Einmalzahlung fehle. Die [X.] sei auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht unmittelbar anwendbar. Im Dienstvertrag der Parteien seien Regelungen, die wie die [X.] außerhalb der Dienstvertragsordnung getroffen seien, nicht in Bezug genommen, sondern nur die Dienstvertragsordnung selbst in ihrer jeweils geltenden Fassung. Die unterschiedliche finanzielle Leistungsfähigkeit von verfasster [X.] und diakonischen Einrichtungen rechtfertige es, dass die [X.] außerhalb der Dienstvertragsordnung stehe. § 15a [X.] legitimiere auch solche Regelungen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat der Klage auf die Berufung der Klägerin stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Klägerin gemäß § 1 [X.] [X.]nspruch auf eine Zahlung von 544,91 Euro brutto hat.

I. [X.]llerdings besteht kein normativ begründeter [X.]nspruch der Klägerin auf die Einmalzahlung für das Jahr 2008.

1. In § 2 [X.]bs. 1 des Dienstvertrags ist das [X.] dynamisch und nicht, wie die Beklagte annimmt, nur statisch in Bezug genommen. Der Satzteil „in der jeweils geltenden Fassung“ bezieht sich nicht nur auf die unmittelbar davor in Bezug genommene Dienstvertragsordnung, sondern erfasst das gesamte in § 2 [X.]bs. 1 des Dienstvertrags angeführte kirchliche Recht.

2. [X.]us § 15a [X.]bs. 2 [X.] folgt keine normative Geltung des § 1 [X.]. Eine normative Wirkung kirchlicher [X.]rbeitsrechtsregelungen auf die [X.]rbeitsverhältnisse kirchlicher Beschäftigter kann kirchengesetzlich nicht angeordnet werden. Der Vierte [X.] des [X.] hat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 2005 (- 4 [X.] - zu II 2 a der Gründe, [X.] MitarbeitervertretungsG-EK § 42 Rheinland-Westfalen Nr. 1 = Ez[X.] [X.] 2002 § 611 Kirchliche [X.]rbeitnehmer Nr. 6) ausgeführt, [X.]rbeitsrechtsregelungen wie die streitbefangene entfalteten Rechtswirkungen für die [X.]rbeitsverhältnisse kirchlicher Beschäftigter nur aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung in Form einer Verweisungsklausel im [X.]rbeitsvertrag. Das säkulare Recht ordne für kirchliche [X.]rbeitsrechtsregelungen keine unmittelbare und zwingende Geltung an. Zwar sichere [X.]rt. 137 [X.]bs. 3 WRV den Religionsgemeinschaften die Freiheit bei der Ordnung und Verwaltung ihrer [X.]ngelegenheiten. Eine Befugnis zu in den staatlichen Raum hineinwirkender Normsetzung unabhängig von einem individualvertraglich zum [X.]usdruck gekommenen Umsetzungswillen ergebe sich aus dem kirchlichen Selbstverwaltungsrecht jedoch nicht. Vielmehr hätten die [X.]n als Rechtsfolge der Entscheidung zu einer privatrechtlichen [X.]usgestaltung ihrer Rechtsverhältnisse nur die Möglichkeiten des privaten Rechts, um die ihnen weitgehend in der [X.]usgestaltung freigestellten kirchenarbeitsrechtlichen Bestimmungen im einzelnen [X.]rbeitsverhältnis zur Geltung zu bringen. Die [X.]nordnung einer normativen Geltung kirchlicher [X.]rbeitsrechtsregelungen gegenüber [X.]rbeitnehmern, die nur aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags mit der [X.] oder einer ihrer Einrichtungen verbunden sind, sei auch mittels [X.]nrechts nicht möglich. Eine Freistellung von der Bindung an die Gestaltungsmittel des [X.]rbeitsrechts könne auch nicht aus dem verfassungsrechtlichen Sonderstatus der [X.]n als Körperschaften des öffentlichen Rechts begründet werden. Dem hat sich der [X.] angeschlossen ([X.] 24. Februar 2011 - 6 [X.] - Rn. 21, [X.] [X.] § 611 [X.]ndienst Nr. 57 = Ez[X.] [X.] 2002 § 611 Kirchliche [X.]rbeitnehmer Nr. 18; [X.] [X.]rbeitsrecht in der [X.] 5. [X.]ufl. § 15 Rn. 67 ff.).

II. § 1 [X.] wird jedoch von der Bezugnahme in § 2 [X.]bs. 1 des Dienstvertrags der Parteien erfasst.

1. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Bezugnahmeklausel dahin zu verstehen ist, dass die Beklagte nach dem Betriebsübergang weiterhin die Dienstvertragsordnung anzuwenden hat.

2. Bereits der [X.]usgangspunkt der Beklagten, die [X.] habe bewusst und legitimiert durch das kirchliche [X.]rbeitsrecht mit der [X.] eine [X.]rbeitsrechtsregelung „außerhalb der Dienstvertragsordnung“ geschaffen, trifft nicht zu. [X.]uch die [X.] war Teil der Dienstvertragsordnung.

a) Kirchliche [X.]rbeitsrechtsregelungen sind, obwohl sie nicht als Tarifverträge anzusehen sind, nach ständiger Rechtsprechung des [X.] nach den Grundsätzen, die für die Tarifauslegung gelten, auszulegen. Danach ist vom Wortlaut der kirchlichen [X.]rbeitsrechtsregelungen auszugehen und dabei deren maßgeblicher Sinn zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der kirchlichen Normgeber und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen, soweit sie in den kirchlichen Vorschriften Niederschlag gefunden haben. Schließlich ist auch auf den systematischen Zusammenhang abzustellen ([X.] 17. Juli 2008 - 6 [X.] - Rn. 9, [X.] [X.]VR Caritasverband [X.]nlage 1 Nr. 4 = [X.] 320 [X.] § 5 [X.]bs. 2 Ortszuschlag Nr. 13).

b) Für die [X.]uffassung der Beklagten spricht, dass die [X.] am 10. Juni 2008 insgesamt vier Regelungen beschlossen hat, darunter ua. die [X.]rbeitsrechtsregelung zur Änderung der Dienstvertragsordnung und zur Gewährung von Einmal- und [X.]usgleichszahlungen sowie der Gewährung einer Jahressonderzahlung 2008 ([X.]nlage I zum Beschluss der [X.] vom 10. Juni 2008), wobei die 60. Änderung der Dienstvertragsordnung als [X.]rtikel 1 der [X.]nlage I und die [X.] als [X.]rtikel 2 der [X.]nlage I gefasst sind, sowie die 61. Änderung der Dienstvertragsordnung ([X.]nlage III zum Beschluss der [X.] vom 10. Juni 2008). Die streitbefangene [X.] ist damit ausdrücklich nicht als Änderung der Dienstvertragsordnung bezeichnet. Die Nummerierung der Änderungen der Dienstvertragsordnung sowie die gewählte Regelungstechnik, die 60. Änderung der Dienstvertragsordnung als [X.]rtikel 1 und die [X.] als [X.]rtikel 2 der [X.]nlage I zum Beschluss der [X.] vom 10. Juni 2008 zu fassen, spricht vielmehr dagegen, dass die [X.] die Dienstvertragsordnung ändern und Teil derselben werden sollte.

c) [X.]llerdings berücksichtigt die Beklagte bei ihrer [X.]rgumentation nicht, dass die [X.] den Beschluss vom 10. Juni 2008 ausweislich des ersten Satzes unter [X.] dieses Beschlusses ausdrücklich auf der Grundlage des § 15a [X.] gefasst und als [X.]rbeitsrechtsregelung bezeichnet hat. Das [X.] der [X.] [X.] [X.]n in [X.] lässt keine auf dem dritten Weg beschlossene Vergütungsregelung außerhalb der Dienstvertragsordnung zu. Trifft die [X.] gestützt auf § 15a [X.] eine entsprechende [X.]rbeitsrechtsregelung, ändert diese materiellrechtlich die Dienstvertragsordnung auch dann, wenn sie nicht als eine solche Änderung bezeichnet und scheinbar als eigenständige Regelung konzipiert ist.

aa) [X.]rbeitsrechtsregelungen im Sinne des § 15a [X.] sind lediglich die Beschlüsse der [X.] in den Fällen der §§ 24 und 26 [X.] sowie die im Wege des § 27 [X.] übernommenen Regelungen des Landes [X.]. Von den dort genannten Fällen kommt vorliegend nur der des § 26 [X.] in Betracht. Diese Norm regelt jedoch nur Inhalt und Zustandekommen sowie die Änderung der Dienstvertragsordnung selbst. Eine Befugnis, Entgeltregelungen als [X.]rbeitsrechtsregelung „außerhalb“ der Dienstvertragsordnung zu treffen, lässt sich § 15a [X.] nicht entnehmen. Eine [X.]rbeitsrechtsregelung über Vergütungen außerhalb der Dienstvertragsordnung auf dieser Rechtsgrundlage ist ausgeschlossen.

bb) Für diese Beschränkung der Regelungsbefugnis der [X.] spricht auch § 9 [X.]. Nach dessen [X.]bs. 1 werden Dienstverträge nach den Bestimmungen einer Dienstvertragsordnung abgeschlossen, die nach den Vorschriften des [X.]es in [X.] tritt. Nach § 9 [X.]bs. 2 [X.] sind in der Dienstvertragsordnung die Bestimmungen über die Verhältnisse des Dienstes und über Vergütungen und Löhne unter Beachtung der kirchlichen Erfordernisse an den Bestimmungen auszurichten, die jeweils für den öffentlichen Dienst im Land [X.] gelten, wobei die Besonderheiten des kirchlichen Dienstes zu berücksichtigen sind. [X.]uch insoweit sind entgegen der [X.]nsicht der Beklagten Vergütungsregelungen außerhalb der Dienstvertragsordnung nicht vorgesehen. [X.]nders als von ihr in der mündlichen Verhandlung angenommen, enthält § 9 [X.]bs. 2 [X.] nicht nur inhaltliche Regelungsvorgaben im Sinne einer Richtlinie, die dann in § 26 [X.]bs. 1 [X.] dahin konkretisiert würden, dass die essentialia des Entgelts in der Dienstvertragsordnung zu regeln seien. [X.]bgesehen davon, dass unklar wäre, welche Entgeltbestandteile solche „essentialia“ sind, enthält § 9 [X.]bs. 2 [X.] die ausdrückliche [X.]nordnung („sind“), in der Dienstvertragsordnung „die“ Bestimmungen über die Vergütungen und Löhne zu treffen. Darüber hinaus schreibt diese Norm hinsichtlich des Inhalts der danach ausschließlich in der Dienstvertragsordnung zu treffenden Entgeltregelungen eine Orientierung an den Bestimmungen des öffentlichen Dienstes in [X.] vor.

d) Gegen die Zulässigkeit einer [X.]rbeitsrechtsregelung über Vergütungen außerhalb der Dienstvertragsordnung spricht unter systematischen Gesichtspunkten auch die ebenfalls am 10. Juni 2008 beschlossene 61. Änderung der Dienstvertragsordnung, die zu einer völligen Neufassung dieses Regelungswerks geführt hat. In dieser Neufassung der Dienstvertragsordnung ist als [X.]nlage 3 eine Ordnung zur Sicherung von [X.]rbeitsplätzen im Bereich von [X.]- und Sozialstationen vereinbart, durch die zur [X.]bwehr betriebsbedingter Kündigungen infolge einer festgestellten wirtschaftlichen Notlage über die Vereinbarung von Dienstvereinbarungen die Personalkosten gesenkt werden können. Im Gegenzug ist für die Dauer der Laufzeit solcher Dienstvereinbarungen die Erklärung betriebsbedingter Beendigungs- oder Änderungskündigungen unzulässig. Von der [X.]nlage 3 ist indes nur ein kleiner [X.]usschnitt der ausgliederungsträchtigen Schnittmenge zum Tätigkeitsfeld der [X.] erfasst. Die Beklagte gehört zwar zu diesem [X.]rbeitgeberkreis. Die [X.] hat jedoch seit 2009 gänzlich andere Reaktionsmöglichkeiten auf wirtschaftliche Notlagen, und dies auch nur für einen kleinen [X.]usschnitt der privatrechtlich organisierten Pflegeeinrichtungen in der [X.], geschaffen, als sie die [X.] in der [X.]uslegung durch die Beklagte vorsieht. In deren [X.]uslegung wäre es den [X.]rbeitgebern, die inzwischen zum Tätigkeitsfeld der [X.] gehören, im Ergebnis freigestellt gewesen, ob sie die Zahlungen, die die [X.] in der [X.] festgelegt hatte, ihren [X.]rbeitnehmern tatsächlich zukommen lassen wollten. Derartige Freiräume gewährt die aktuelle Dienstvertragsordnung auch in ihrer [X.]nlage 3 jedoch nicht.

3. [X.]uch unabhängig von vorstehenden Erwägungen hatte die Beklagte § 1 [X.] aufgrund der Bezugnahme in § 2 [X.]bs. 1 des Dienstvertrags der Parteien anzuwenden.

a) Bei der in § 2 des Formulardienstvertrags getroffenen Bezugnahmeklausel handelt es sich um eine [X.]llgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. [X.]. Die [X.]uslegung von [X.]llgemeinen Geschäftsbedingungen in einem Formulararbeitsvertrag durch das [X.] unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung durch das [X.]. Der Inhalt [X.]llgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter [X.]bwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. [X.]nsatzpunkt für die [X.]uslegung [X.]llgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der [X.]. Diese Grundsätze finden auch auf die [X.]uslegung von [X.] auf kirchliche Regelungswerke [X.]nwendung ([X.] 22. Juli 2010 - 6 [X.]ZR 847/07 - Rn. 12, [X.] [X.] § 611 [X.]ndienst Nr. 55 = Ez[X.] [X.] 2002 § 611 Kirchliche [X.]rbeitnehmer Nr. 15).

b) Bei der [X.]uslegung der Bezugnahmeklausel in § 2 [X.]bs. 1 des Dienstvertrags der Parteien ist von der allgemeinen Funktion von [X.] im kirchlichen [X.]rbeitsverhältnis auszugehen. Mangels normativer Geltung kirchlichen [X.]rbeitsrechts in privatrechtlichen [X.]rbeitsverhältnissen kann dem kirchlichen [X.]rbeitsrecht nur über [X.] gegenüber dem Staat Wirkung verschafft werden. Demgemäß verpflichten die jeweiligen [X.]ngesetze die ihrem Geltungsbereich unterfallenden [X.]rbeitgeber, Dienstverträge nach den Bestimmungen des kirchlichen [X.]rbeitsrechts abzuschließen. Im Bereich der verfassten [X.] in [X.] ist dies in § 9 [X.]bs. 1 [X.] bzw. in § 15a [X.]bs. 3 [X.] geschehen. Dieser kirchenrechtlichen Verpflichtung kann nach den geltenden Regeln des staatlichen [X.]rbeitsrechts der kirchliche [X.]rbeitgeber nur über eine vertragliche Bezugnahme genügen. Dementsprechend sehen die kirchlichen Vertragsmuster eine Inbezugnahme des kirchlichen [X.]rbeitsrechts im Dienstvertrag vor (siehe nur § 2 [X.]bs. 1 der [X.]nlage 4 zu § 5 Nr. 1 [X.] idF der 72. Änderung vom 8. Juni 2011, Kirchl. [X.]Bl. [X.]). Vor diesem Hintergrund sind [X.] auf die Bestimmungen des kirchlichen [X.]rbeitsrechts grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen [X.]rbeitsrecht im privatrechtlichen [X.]rbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen (vgl. [X.] 10. Dezember 2008 - 4 [X.]ZR 801/07 - Rn. 19, [X.]E 129, 1). Der kirchliche [X.]rbeitnehmer kann solche Klauseln damit im [X.]usgangspunkt nur dahin verstehen, dass sie zur [X.]nwendung der für den [X.]rbeitgeber kirchenrechtlich verpflichtenden Bestimmungen führen.

aa) Danach konnte die Klägerin bei Begründung des Dienstverhältnisses davon ausgehen, dass auf ihr Dienstverhältnis die [X.]rbeitsrechtsregelungen der verfassten [X.], die für [X.]nstellungsträger im Sinne der Dienstvertragsordnung gelten, zu denen die Rechtsvorgängerin der Beklagten gehörte, zur [X.]nwendung gelangen würden.

bb) [X.]n diesem Verständnis der Bezugnahmeklausel in § 2 [X.]bs. 1 des Dienstvertrags hat sich durch die [X.]usgliederung auf die Beklagte und deren Beitritt zum Diakonischen Werk nichts geändert. Eine Differenzierung zwischen [X.]rbeitsrechtsregelungen, die Inhalt der ausdrücklich in Bezug genommenen Dienstvertragsordnung werden, und solchen, die außerhalb der Dienstvertragsordnung nur die [X.]rbeitgeber verpflichten sollen, die [X.]nstellungsträger im Sinne der Dienstvertragsordnung sind, ist vom Wortlaut der vertraglichen Bezugnahmeklausel bei objektiv-generalisierender Betrachtung nicht gedeckt. Vielmehr ist die nach dem Betriebsübergang fortbestehende Bezugnahme auf die Dienstvertragsordnung dahin zu verstehen, dass auf die Klägerin nach wie vor alle kirchlichen Regelungen anzuwenden sind, die von [X.]rbeitgebern angewendet werden müssen, die [X.]nstellungsträger im Sinne von § 1 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.] sind, die Klägerin also so zu behandeln ist, als ob die Beklagte nach wie vor ein [X.]nstellungsträger der verfassten [X.] wäre. Daher hat die Beklagte § 1 [X.] anzuwenden.

III. Zwischen den Parteien ist nicht streitig, dass die Voraussetzungen des § 1 [X.]bs. 3 [X.] erfüllt sind und der teilzeitbeschäftigten Klägerin unter Berücksichtigung des § 1 [X.]bs. 4 [X.] der eingeklagte Teilbetrag zusteht.

IV. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 [X.].

V. Die Beklagte hat gemäß § 97 [X.]bs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Schäferkord    

        

    [X.]    

                 

Meta

6 AZR 592/10

16.02.2012

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hannover, 24. November 2009, Az: 13 Ca 23/09, Urteil

§ 305 BGB, § 9 EvKiKonfödMAG ND vom 10.03.2000, § 15a EvKiKonfödMAG ND vom 10.03.2000, § 26 EvKiKonfödMAG ND vom 10.03.2000, § 1 EvKiKonfödDVtrO ND vom 16.05.1983, § 133 BGB, § 157 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.02.2012, Az. 6 AZR 592/10 (REWIS RS 2012, 9066)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9066

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