Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.05.2015, Az. 10 AZR 266/14

10. Senat | REWIS RS 2015, 11128

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Sonderzahlung - Begründung eines Anspruchs durch schlüssiges Verhalten - Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen


Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 15. Oktober 2013 - 6 [X.]/12 - aufgehoben, soweit es die Klage in Bezug auf die jährliche Sonderzahlung in Höhe von 12.500,00 Euro abgewiesen hat.

2. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über eine Sonderzahlung.

2

Der Kläger war vom 1. Mai 1992 bis zum 19. November 2010 bei der Beklagten als Bauleiter gegen eine monatliche Vergütung von zuletzt 5.300,00 Euro brutto beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde nicht schriftlich niedergelegt. Der Kläger bekam jährlich zusammen mit der Novembervergütung ein Weihnachtsgeld in Höhe eines [X.], das in den Jahren 2007 4.800,00 Euro brutto, 2008 5.200,00 Euro brutto und 2009 5.300,00 Euro brutto betrug. Außerdem erhielt der Kläger mit der am 10. Januar des Folgejahres ausgezahlten Vergütung für Dezember einen in den jeweiligen Abrechnungen als „Sonderzahlung“ ausgewiesenen Betrag, der sich im [X.] auf 10.000,00 Euro brutto und in den Jahren 2008 und 2009 auf jeweils 12.500,00 Euro brutto belief.

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe auch für das [X.] eine Sonderzahlung in Höhe von 12.500,00 Euro brutto zu. Durch die vorbehaltlose Leistung einer Sonderzahlung in drei aufeinanderfolgenden Jahren habe die Beklagte ihm gegenüber konkludent eine entsprechende Zahlungsverpflichtung begründet. Die geringere Höhe der Sonderzahlung im [X.] stehe dem für das [X.] geltend gemachten Anspruch ebenso wenig entgegen wie die unterjährige Beendigung seines Arbeitsverhältnisses.

4

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.500,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Januar 2011 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

6

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat auf den Streitgegenstand Sonderzahlung beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 563 Abs. 1 ZPO).

8

I. Das [X.] hat angenommen, aus dem Sachvortrag des [X.] lasse sich allenfalls ableiten, dass er infolge der mehrmaligen Gewährung einer Sonderzahlung jeweils nach Ablauf des Kalenderjahres konkludent einen Rechtsanspruch gegen die Beklagte auf eine solche Leistung für den Fall erworben habe, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien am Jahresende (Stichtag) noch bestanden habe. Da der Kläger unterjährig ausgeschieden sei, scheide auch eine anteilige Sonderzahlung für das [X.] aus.

9

II. Dem folgt der [X.] nicht. Dabei kann dahinstehen, ob der [X.] den Erklärungswert des vom Kläger vorgetragenen Verhaltens der [X.] in vollem Umfang oder - etwa wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen - nur eingeschränkt daraufhin überprüfen kann, ob das [X.] bei seiner Auslegung die dafür geltenden gesetzlichen Regeln (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer [X.] gelassen hat (vgl. [X.] 17. April 2013 - 10 [X.] - Rn. 15). Die Beurteilung des Parteivortrags durch das [X.] hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist von unzutreffenden rechtlichen Annahmen ausgegangen und hat nicht alle für die Auslegung wesentlichen Umstände berücksichtigt.

1. Für die rechtliche Einordnung des Verhaltens der [X.] sind nach der [X.]srechtsprechung folgende Grundsätze maßgeblich:

a) Gewährt der Arbeitgeber zusätzlich zu dem vereinbarten monatlichen Gehalt eine einmalige Sonderzahlung, ist zunächst durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln, ob er sich nur zu der konkreten Leistung oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat (vgl. [X.] 14. September 2011 - 10 [X.] - Rn. 11, [X.]E 139, 156). Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit einem Erklärungswert, wie einer betrieblichen Übung, ergeben. Auch wenn keine betriebliche Übung besteht, weil der Arbeitgeber eine Zahlung nur an einen Arbeitnehmer vorgenommen hat und damit das kollektive Element fehlt, kann für diesen durch die Leistungsgewährung ein Anspruch entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen konnte, das er gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen hat (vgl. [X.] 14. September 2011 - 10 [X.] - Rn. 12 f. mwN, aaO).

b) Die vom Arbeitgeber mit einer Sonderzahlung verfolgten Zwecke sind durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen zu ermitteln.

aa) Der [X.] ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist. Macht die Zahlung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers aus, handelt es sich gleichfalls regelmäßig um Arbeitsentgelt, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird ([X.] 18. Januar 2012 - 10 [X.] - Rn. 15, [X.]E 140, 239). Wird die Zahlung erbracht, ohne dass weitere Anspruchsvoraussetzungen vereinbart sind, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldet wird (vgl. [X.] 3. September 2014 - 5 [X.] 1020/12 - Rn. 30). Gleiches gilt, wenn die Höhe der Leistung nach der vom Arbeitgeber getroffenen Zweckbestimmung vom Betriebsergebnis abhängt. Auch in diesem Fall handelt es sich grundsätzlich um eine Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers, da die synallagmatische Verknüpfung dieser Leistungen nicht durch die Abhängigkeit des gezahlten Entgelts von einem Unternehmensergebnis im maßgeblichen Bezugszeitraum in Frage gestellt wird (vgl. [X.] 12. April 2011 - 1 [X.] 412/09 - Rn. 25, [X.]E 137, 300; 18. Januar 2012 - 10 [X.] - Rn. 10, aaO).

bb) [X.] der Arbeitgeber andere Zwecke als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben. So können Sonderzahlungen als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren; der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum [X.] typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen. Ist die Honorierung künftiger Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Sonderzuwendung nur bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren Bindungszeitraums gezahlt wird oder der Arbeitnehmer diese zurückzuzahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen endet. Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am [X.] abhängig gemacht wird. Ein weiteres Merkmal derartiger Zahlungen ist, dass sie nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängen ([X.] 18. Januar 2012 - 10 [X.] - Rn. 13, [X.]E 140, 239).

c) Gewährt der Arbeitgeber auf einseitig vorgegebener vertraglicher Grundlage eine Sonderzahlung, die auch Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung ist, kann die Sonderzahlung nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine solche Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom [X.] ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert (vgl. [X.] 13. November 2013 - 10 [X.] 848/12 - Rn. 31, [X.]E 146, 284). Dies gilt gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch bei sog. „Einmal-Bedingungen“, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Vorformulierung oder einseitigen Vorgabe durch den Arbeitgeber auf deren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.

2. Nach diesen Grundsätzen erweist sich die klageabweisende Entscheidung des [X.]s in Bezug auf die vom Kläger verlangte Sonderzahlung als unzutreffend. Die gebotene Auslegung des Vortrags beider Parteien ergibt vielmehr, dass der Kläger aufgrund einer konkludent geschlossenen arbeitsvertraglichen Abrede mit der [X.] einen Anspruch auf eine anteilige Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2010 gegen die Beklagte erworben hat, der mit der [X.] fällig geworden ist und dessen Höhe die Beklagte nach billigem Ermessen zu bestimmen hatte. Der [X.] kann diese Auslegung selbst vornehmen, da der insoweit maßgebliche Sachverhalt feststeht und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist (vgl. [X.] 17. Juni 2014 - 3 [X.] 412/13 - Rn. 55 mwN).

a) Die Annahme des [X.]s, den Zahlungen in den Jahren 2007 bis 2009 sei zu entnehmen, dass die Beklagte allenfalls einen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung für den Fall des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses am Jahresende begründen wollte, berücksichtigt den Vortrag der Parteien nicht genügend und verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die Beklagte hatte im zweiten Rechtszug behauptet, die Höhe der Zahlung sei vom Betriebsergebnis abhängig gewesen. Weitere Anspruchsvoraussetzungen hat sie nicht näher dargelegt. Nachdem auch der Kläger vorgetragen hat, die Zahlung sei mit keinen weiteren Anforderungen verbunden worden, liegt es fern, allein aus der Auszahlung der Sonderzuwendung mit dem Dezembergehalt den Schluss zu ziehen, weitere Anspruchsvoraussetzung hierfür sei das Bestehen des Arbeitsverhältnisses am Jahresende gewesen. Dies verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze, denn es ist viel nahe liegender, diesen Auszahlungszeitpunkt als bloßen Fälligkeitstermin zu verstehen, wenn ansonsten hierzu jeglicher Vortrag fehlt.

b) Für die gebotene Auslegung der Handlungen der [X.] ist in tatsächlicher Hinsicht zugrunde zu legen, dass der Kläger nach den Feststellungen des [X.]s in den Jahren 2007 bis 2009 zusätzlich zum Dezembergehalt einen als „Sonderzahlung“ ausgewiesenen Betrag erhalten hat, der sich im [X.] auf 10.000,00 Euro brutto und in den Jahren 2008 und 2009 gleichbleibend auf 12.500,00 Euro brutto belief. Die Steigerung erfolgte nicht proportional zur Entwicklung der Monatsvergütung des [X.]. Aus der Bezeichnung der Leistung als „Sonderzahlung“ in den jeweiligen Abrechnungen, ihrer dreimaligen vorbehaltlosen Auszahlung jeweils zum Jahresende und ihrer unterschiedlichen Höhe konnte der Kläger verständiger Weise auf ein verbindliches Angebot der [X.] iSv. § 145 BGB des Inhalts schließen, in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung zu leisten.

Umstände, die dafür sprechen, dass die Beklagte nur in dem jeweiligen [X.] eine Sonderzahlung leisten und keine weitere Bindung eingehen wollte, sind nicht ersichtlich. Einen entsprechenden Vorbehalt hat die Beklagte auch nicht konkludent erklärt. Aus der nicht gleichförmigen Höhe der Sonderzahlung in den Jahren 2007 bis 2009 musste der Kläger nicht den Schluss ziehen, die Beklagte habe sich nicht dem Grunde nach auf Dauer binden wollen. Es ist gerade typisch für eine vom Betriebsergebnis abhängige Sonderzahlung, dass deren Höhe schwanken kann ([X.] 21. April 2010 - 10 [X.] 163/09 - Rn. 17). Dass die Beklagte dieses Verständnis teilt, belegt nicht zuletzt ihr Vortrag, es sei jährlich neu über die Höhe der Sonderzahlung entschieden worden. Demzufolge ging auch die Beklagte davon aus, die Sonderzahlung werde grundsätzlich geschuldet und lediglich die Festsetzung ihrer Höhe bedürfe einer jährlich neu zu treffenden Entscheidung. Soweit der [X.] - allerdings im Zusammenhang mit einer betrieblichen Übung - im Urteil vom 28. Februar 1996 (- 10 [X.] 516/95 -) vertreten hat, bei der Leistung einer Zuwendung in jährlich individuell unterschiedlicher Höhe fehle es bereits an einer regelmäßigen gleichförmigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen und es komme darin lediglich der [X.]e des Arbeitgebers zum Ausdruck, in jedem Jahr neu „nach Gutdünken“ über die Zuwendung zu entscheiden, hält er daran nicht fest.

c) Entgegen der Auffassung der Revision konnte der Kläger aus dem Verhalten der [X.] jedoch nicht den Schluss ziehen, die Sonderzahlung betrage 12.500,00 Euro brutto. Dagegen spricht bereits, dass die Sonderzahlung nur in zwei der insgesamt drei aufeinanderfolgenden Jahren gleichbleibend 12.500,00 Euro brutto betragen hat und im [X.] nicht nochmals angestiegen ist, obwohl das Monatsgehalt des [X.] in jedem der [X.] erhöht worden war. Der Kläger musste deshalb das Verhalten der [X.] so verstehen, dass diese Jahr für Jahr über die Höhe der Sonderzahlung neu entscheidet.

d) Aus dem Vortrag des [X.] ergibt sich, dass er das Angebot der [X.] auf Leistung einer von ihr einseitig festzusetzenden jährlichen Sonderzahlung durch Entgegennahme der drei aufeinanderfolgenden Zahlungen in den Jahren 2007, 2008 und 2009 und damit durch schlüssiges Verhalten (§ 151 BGB) angenommen hat.

e) Der Einwand der [X.], bei der Sonderzahlung habe es sich um eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung gehandelt, steht dieser rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Der Begriff „freiwillig“ bringt regelmäßig lediglich zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber nicht bereits durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zur Zahlung verpflichtet ist. Er genügt für sich genommen nicht, um einen Rechtsanspruch auf die Leistung auszuschließen ([X.] 20. Februar 2013 - 10 [X.] 177/12 - Rn. 17). Die Beklagte kann sich ebenfalls nicht mit Erfolg darauf berufen, die Sonderzahlung sei jederzeit widerruflich gewesen. Abgesehen davon, dass sie nicht vorgetragen hat, wann und auf welche Weise sie mit dem Kläger einen wirksamen Widerrufsvorbehalt vereinbart habe, hat sie nicht dargelegt, dass sie die vereinbarte Leistung für das [X.] widerrufen hat. Das bloße Unterlassen einer Zahlung ist für sich betrachtet kein Widerruf. Hinzu kommt, dass eine Leistung nicht - wie von der [X.] behauptet - zugleich freiwillig und widerruflich sein kann ([X.] 14. September 2011 - 10 [X.] - Rn. 21 f., [X.]E 139, 156).

3. Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, einem Anspruch des [X.] auf eine Sonderzahlung für das [X.] stehe entgegen, dass ein solcher Anspruch nach dem Vortrag des [X.] vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des laufenden Jahres abhängig sei, das Arbeitsverhältnis jedoch bereits am 19. November 2010 geendet habe. Damit hat das [X.] außer [X.] gelassen, dass die Beklagte die Sonderzahlung als zusätzliche Vergütung für die vom Kläger im Kalenderjahr geleistete Arbeit erbracht hat. Dies ergibt sich sowohl aus den Darlegungen des [X.] als auch der [X.].

a) Nach dem Vortrag des [X.] hat die Beklagte die Zahlung vorbehaltlos und ohne weitere Leistungszweckbestimmungen vorgenommen. Nach dem Vorbringen der [X.] war die Höhe der Sonderzahlung an das Betriebsergebnis gekoppelt. Die synallagmatische Verbindung zwischen Arbeitsleistung und Sonderzahlung wird jedoch durch deren Anknüpfung an das Betriebsergebnis nicht in Frage gestellt.

b) Allein dem Umstand, dass die Sonderzahlung jeweils zum Ende des Kalenderjahres ausgezahlt wurde, lässt sich nicht entnehmen, dass mit ihr ausschließlich die Betriebstreue honoriert werden sollte. [X.] der Arbeitgeber andere Ziele als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, muss dies vielmehr deutlich aus der zugrunde liegenden, ggf. konkludent getroffenen arbeitsvertraglichen Abrede hervorgehen ([X.] 18. Januar 2012 - 10 [X.] - Rn. 15, [X.]E 140, 239). Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Gegen ein solches Verständnis spricht im vorliegenden Fall, dass die Sonderzahlung mit rund 15 % einen nicht unwesentlichen Teil der Gesamtvergütung ausgemacht hat und zusätzlich zu einem Weihnachtsgeld entrichtet wurde. Da die Sonderzahlung somit Gegenleistung für die im laufenden Jahr erbrachte Arbeitsleistung des [X.] war, konnte sie nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden.

III. [X.] ist nicht entscheidungsreif. Die vom [X.] getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um abschließend über die Höhe der dem Kläger anteilig für den [X.]raum vom 1. Januar bis zum 19. November 2010 zustehenden Sonderzahlung befinden zu können.

Die Beklagte hatte nach dem bisherigen Prozessverlauf keinen hinreichenden Anlass, nähere Einzelheiten dazu vorzutragen, ob und ggf. welche konkreten Vereinbarungen sie mit dem Kläger über die Bemessung der Sonderzahlung getroffen hat. Sie hat in den Vorinstanzen lediglich pauschal behauptet, die Zahlung sei vom Betriebsergebnis abhängig gewesen. Was sie hierunter konkret versteht, hat sie nicht erläutert. Da der Kläger im Rahmen der insoweit geltenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast bereits alle Umstände zur Begründung eines Anspruchs auf die anteilige Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2010 schlüssig dargelegt hat, deren Höhe die Beklagte nach billigem Ermessen iSd. § 315 BGB zu bestimmen hat, wird das [X.] der [X.] Gelegenheit zu geben haben, darzulegen, ob und ggf. welche konkreten Kriterien sie mit dem Kläger vereinbart hat und in welcher (anteiligen) Höhe sich bei Anwendung dieser Kriterien ein Anspruch des [X.] für die [X.] vom 1. Januar bis zum 19. November 2010 ergibt.

Sollte die Beklagte eine Vereinbarung mit dem Kläger über die Bemessung der Höhe der Sonderzahlung nicht darlegen können oder insoweit beweisfällig bleiben, wird das [X.] der [X.] Gelegenheit zu geben haben, ergänzend vorzutragen, dass die für das Kalenderjahr 2010 vorgenommene Leistungsbestimmung „auf Null“ billigem Ermessen entsprach (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Beklagte als diejenige, der das Leistungsbestimmungsrecht zustand, ist dafür darlegungs- und beweispflichtig ([X.] 20. März 2013 - 10 [X.] 8/12 - Rn. 33). Entspricht die Leistungsbestimmung nicht billigem Ermessen, wird sie das [X.] gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB selbst vorzunehmen haben.

        

    [X.]    

        

    [X.]    

        

    Brune    

        

        

        

    W. Guthier    

        

    D. Schumann    

                 

Meta

10 AZR 266/14

13.05.2015

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dessau-Roßlau, 23. Februar 2012, Az: 9 Ca 256/10, Urteil

§ 133 BGB, § 151 BGB, § 154 BGB, § 145 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 310 Abs 3 Nr 2 BGB, § 315 Abs 3 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.05.2015, Az. 10 AZR 266/14 (REWIS RS 2015, 11128)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 3326 REWIS RS 2015, 11128

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

10 AZR 116/22 (Bundesarbeitsgericht)

Weihnachtsgeld - betriebliche Übung - Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen - fortdauernde Arbeitsunfähigkeit - Fehlen einer …


10 AZR 612/10 (Bundesarbeitsgericht)

Sonderzahlung mit Mischcharakter - Inhaltskontrolle einer Stichtagsklausel


6 AZR 264/16 (Bundesarbeitsgericht)

Sonderzahlung und Masseunzulänglichkeit


11 Sa 292/03 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf)


6 AZR 404/16 (Bundesarbeitsgericht)


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.