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Altvertrag über eine fondsgebundene Lebensversicherung: Wirksamkeit der Widerspruchsbelehrung im Policenmodell
Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 4. März 2015 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 4.333,27 € festgesetzt.
Von Rechts wegen
Die Klägerseite (Versicherungsnehmer: im Folgenden [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer fondsgebundenen Lebensversicherung.
Diese wurde aufgrund eines Antrags [X.] mit Versicherungsbeginn zum 1. August 2002 nach dem so genannten Policenmodell des § 5a [X.] in der seinerzeit gültigen Fassung (im Folgenden § 5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Mit Schreiben vom 20. April 2010 erklärte [X.] den Widerspruch gemäß § 5a [X.] a.F., hilfsweise die Kündigung. Der Versicherer akzeptierte das Schreiben als Kündigung und zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 1. Juli 2011 erklärte [X.] erneut den Widerspruch nach § 5a [X.] a.F.
Mit der Klage verlangt [X.] - soweit für die Revisionsinstanz noch von Bedeutung - Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts.
Nach Auffassung [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen, weil er nicht ordnungsgemäß belehrt wurde. Auch nach Ablauf der Frist des - gegen Gemeinschaftsrecht verstoßenden - § 5a Abs. 2 Satz 4 [X.] a.F. habe der Widerspruch noch erklärt werden können.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt [X.] das Klagebegehren weiter.
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint. Der Versicherer habe in drucktechnisch hervorgehobener Form über das Widerspruchsrecht belehrt und die Widerspruchsbelehrung sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden.
II. Die Revision ist begründet.
1. Der Anspruch auf Prämienrückzahlung folgt dem Grunde nach aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.
a) Der zwischen den Parteien geschlossene Versicherungsvertrag schafft keinen Rechtsgrund für die Prämienzahlung. Er ist infolge des Widerspruchs d. [X.] nicht wirksam zustande gekommen. Der Widerspruch war - ungeachtet des Ablaufs der in § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. normierten Jahresfrist - rechtzeitig.
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts belehrte der Versicherer d. [X.] nicht ordnungsgemäß i.S. von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht. Die Widerspruchsbelehrung auf Seite 3 der maßgeblichen Verbraucherinformation genügt diesen Anforderungen nicht, weil sie den Fristbeginn nur an den Erhalt des Versicherungsscheins und der Verbraucherinformation knüpft, nicht aber auch an den Erhalt der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Dezember 1992 - [X.], [X.]Z 121, 52, 57 unter II 3; Senatsurteil vom 20. Mai 2015 - [X.], juris Rn. 10).
Die Revision rügt außerdem zu Recht, dass die Belehrung entgegen der Annahme des Berufungsgerichts auch deshalb inhaltlich nicht ordnungsgemäß ist, weil sie keinen Hinweis darauf enthielt, dass der Widerspruch in Textform zu erheben war. Die notwendige Belehrung über das gesetzliche Formerfordernis (vgl. Senatsurteil vom 28. Januar 2004 - [X.], [X.], 497 unter 3 b) konnte d. [X.] nicht aus der Formulierung entnehmen, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge. Selbst wenn ein verständiger Versicherungsnehmer nur verkörperte Erklärungen als der Absendung zugänglich ansieht, so bleibt für ihn dennoch unklar, ob hierzu eine Verkörperung in Textform ausreicht oder ob es nicht der traditionellen Schriftform bedarf (vgl. Senatsurteile vom 29. Juli 2015 - [X.], [X.], 1104 und [X.], juris Rn. 12). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erschließt sich einem Versicherungsnehmer aus der Formulierung insbesondere nicht, dass der Versicherer Widerspruchserklärungen in jedweder gegenständlich verkörperter Form akzeptieren werde.
Für einen solchen Fall bestimmte § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. zwar, dass das Widerspruchsrecht ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt. Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.
Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] vom 19. Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 ([X.], [X.]Z 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.] - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.
bb) Die hilfsweise Kündigung des [X.] steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 37 m.w.N.).
b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechtswidrigkeit des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur eine Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 42-44).
2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versicherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung zukommen (Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 45 m.w.N.; vgl. auch Senatsurteile vom 29. Juli 2015 - [X.], [X.], 1101 und [X.], [X.], 1104).
Da es hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 46).
Mayen Harsdorf-Gebhradt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Meta
28.10.2015
Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 4. März 2015, Az: 11 U 119/13, Urteil
§ 5a Abs 1 VVG vom 13.07.2001, § 5a Abs 2 S 1 VVG vom 13.07.2001
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.10.2015, Az. IV ZR 164/15 (REWIS RS 2015, 3201)
Papierfundstellen: REWIS RS 2015, 3201
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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