Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2013, Az. VIII ZR 374/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8353

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VIII ZR 374/11
Verkündet am:

6. Februar 2013

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 323, 434, 439
a)
Ein Neuwagenkäufer, der die [X.] des ihm angebotenen Fahrzeugs wegen vorhandener Karosserie-
und [X.] ablehnt und deren Beseitigung verlangt, verliert hierdurch nicht den Anspruch darauf, dass das Fahrzeug tech-nisch und optisch in einen Zustand versetzt wird, der der beim Neuwagenkauf konkludent vereinbarten Beschaffenheit "fabrikneu" entspricht.
b)
Bei der im Rahmen des §
323 Abs.
5 Satz 2 [X.] vorzunehmenden Interessen-abwägung indiziert der Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung in der Regel die
Erheblichkeit der Pflichtverletzung (Bestätigung des [X.] vom 17. Februar 2010 -
[X.], NJW-RR 2010, 1289).

[X.], Urteil vom 6. Februar 2013 -
VIII ZR 374/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Februar 2013
durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterin Dr.
Milger sowie [X.]
[X.] und Dr.
Bünger
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 10. November 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Im November 2009 bestellte der Kläger bei der [X.], einer B.

-Vertragshändlerin, einen PKW B.

als Neuwagen zum Preis von 39.000

e-trag sollte vereinbarungsgemäß über ein bei der B.

Bank aufgenommenes Darlehen bereitgestellt werden. Eine am 29.
Dezember 2009 vorgesehene Fahrzeugübergabe scheiterte, weil der Kläger wegen Beschädigungen des Fahrzeugs im Bereich der linken hinteren Seitenwand und des Kofferraumde-ckels die Entgegennahme verweigerte. Ein von ihm eingeholtes Sachverständi-gengutachten kam zu dem Ergebnis, dass die hintere linke Seitenwand im [X.] verformt, die Stoßstange im hinteren linken [X.] angeschlagen sowie Motorhaube und Kofferraumdeckel an der Lackoberfläche 1
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milchig blass seien. Nach einer vom damaligen Bevollmächtigten des [X.] unter Fristsetzung bis zum 15. Januar 2010 verlangten Nachbesserung lehnte der Kläger -
unter anderem gestützt auf ein weiteres Sachverständigengutach-ten, welches die Nachbesserung für nicht ordnungsgemäß erachtete
-
die An-nahme des
ihm am 14. Januar 2010 zum zweiten Mal
zur Übergabe angebote-nen
Fahrzeugs
erneut
ab. Im
März 2010 erklärte
er schließlich den Rücktritt vom Kaufvertrag, nachdem die Beklagte sich zuvor unter Hinweis auf ein von ihr selbst eingeholtes Sachverständigengutachten darauf berufen hatte, das Fahrzeug sei nunmehr mängelfrei.
Die auf Rückerstattung der geleisteten Anzahlung, Freistellung von den zur Fahrzeugfinanzierung eingegangenen Verbindlichkeiten sowie Ersatz der Gutachterkosten gerichtete Klage hat das Berufungsgericht unter Abänderung des der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger, der im März 2012 aus im Einzelnen streitigen Gründen das Fahrzeug nach vorheriger Ablösung des [X.] aufgenommenen Kredits von der [X.] ausgehändigt erhalten hat, die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, hilfsweise die
Zurückverwei-sung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsge-richt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
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4
-
Zwar sei das verkaufte Fahrzeug nicht nur bei der für den 29.
Dezember
2009 vorgesehenen ersten Übergabe, sondern auch zum maßgeblichen Zeit-punkt der späteren Rücktrittserklärung [X.] gewesen. Gleichwohl könne der Kläger auf diese Mängel keinen Rücktritt vom Kaufvertrag stützen.
Zum erstgenannten Zeitpunkt sei das Fahrzeug an der hinteren linken Seitenwand im Bereich des Radbogens und der angrenzenden Stoßfängerver-kleidung beschädigt gewesen und habe Eindellungen und Kratzer aufgewiesen. Darüber hinaus hätten sich [X.] am gesamten Pkw sowie einige wenige Lackeinschlüsse befunden. Allein schon die Beschädigung im hinteren linken Bereich habe dabei einen Mangel begründet. Denn der Käufer eines [X.] könne ein völlig unbenutztes und unbeschädigtes Fahrzeug erwarten, so dass jede nicht ganz unerhebliche Beschädigung,
wie sie hier am Radlauf [X.] habe, einen Mangel darstelle, der die vereinbarte Beschaffenheit der [X.] aufgehoben habe. Die Beurteilungsgrundlage habe sich [X.] nachfolgend dadurch geändert, dass der Kläger Nachbesserung verlangt habe. Zwar möge das Fahrzeug aufgrund der hierbei durchgeführten Arbeiten nicht mehr "fabrikneu"
gewesen sein. Die fehlende Neuwagenqualität könne jedoch nicht mehr als Mangel gewertet werden; zumindest sei eine Berufung des [X.] auf die mangelnde [X.] treuwidrig und deshalb nicht zu berücksichtigen, nachdem er die Beklagte in Kenntnis der Tatsache, dass um-fängliche Arbeiten erforderlich seien, dahingehend selbst zur Nacherfüllung aufgefordert habe. Er könne deshalb nicht nachträglich geltend machen, dass die von ihm verlangte Reparatur die Neuwagenqualität beseitigt habe.
Nach wie vor bestünden zwar Mängel am Fahrzeug, da trotz der Nach-besserungen der [X.] nahezu umlaufend um das gesamte Fahrzeug Oberflächenverkratzungen und Lackschäden vorhanden seien, die von dem zu erwartenden gewöhnlichen Zustand eines Neufahrzeugs abwichen. Zudem fän-5
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den sich -
ihre Bewertung als weiterer Mangel dahingestellt -
am hinteren linken Radlauf im Reparaturbereich Hologrammerscheinungen, Oberflächenunregel-mäßigkeiten im Untergrund und eine verbliebene Kante. Der hier vorhandene Schaden sei zwar im Grundsatz sach-
und fachgerecht behoben. Allerdings bleibe die Reparatur in ihrer handwerklichen Ausführung hinter dem technisch erreichbaren Reparaturerfolg zurück und entspreche deshalb -
wie für einen Fachmann stets zu erkennen -
keiner perfekten Reparatur.
Eine Rückabwicklung des Kaufvertrages scheitere indes daran, dass die Pflichtverletzung der [X.] gemäß §
323 Abs.
5 Satz
2 [X.] als unerheb-lich
anzusehen sei. Zwar seien für eine weitere Nachbearbeitung des [X.] zwecks Behebung der noch vorhandenen Schäden Kosten im Bereich von 2.000

sie-ben
Prozent des [X.] anzusetzen. Das entscheidende Gewicht im Rahmen der Erheblichkeitsprüfung und der dabei vorzunehmenden Interes-senabwägung komme hier aber nicht den reinen Mängelbeseitigungskosten, sondern dem Umstand zu, dass sämtliche Mängel lediglich optischer Natur und auch für den
sorgfältigen Betrachter kaum wahrnehmbar seien, so dass sie "bei einer Gesamtbetrachtung nicht derart unzuträglich (seien), dass sie eine Rück-trittsreife begründen (könnten)".

II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den vom Kläger
gemäß §
323 Abs. 1
[X.] erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag für unwirksam
gehalten, weil es rechtsfehlerhaft die in den festgestellten Mängeln zum Ausdruck kom-8
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mende Pflichtverletzung für unerheblich und den Rücktritt deshalb gemäß §
323 Abs. 5 Satz
2 [X.] für ausgeschlossen erachtet hat.
1. Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass an dem als Neuwagen verkauften Fahrzeug auch bei dem zweiten Übergabeversuch noch Oberflächenverkratzungen und Lackschäden vorhanden waren, die von dem zu erwartenden gewöhnlichen Zustand eines Neufahrzeugs abweichen. Das [X.] keinen rechtlichen Bedenken. Damit fehlte dem Fahrzeug die mit dem Vertragsschluss konkludent vereinbarte, dem Begriff "Neuwagen"
[X.] "fabrikneu". Denn [X.] verlangt, dass sich das Fahrzeug bei Übergabe an den Käufer in dem unbenutzten und unbeschädigten Zustand befindet, wie es vom Hersteller ausgeliefert worden ist (Senatsurteil vom 18. Juni 1980 -
VIII ZR 185/79, aaO unter II
2 c). Dieser Zustand war nach den festgestellten Oberflächenverkratzungen und Lackschäden nicht mehr ge-geben. Zudem waren die am hinteren linken Radlauf ausgeführten Reparatur-arbeiten nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ledig-lich von "handwerklicher"
und damit nicht von solcher Qualität, wie sie
für einen werksseitigen Herstellungszustand bei Auslieferung des Fahrzeugs in unbe-schädigtem Zustand zu erwarten war.
2. Zu Unrecht meint
das Berufungsgericht allerdings -
wie die Revision mit Recht rügt -, der Kläger könne aufgrund des von ihm erhobenen Nachbes-serungsverlangens die fehlende [X.]
des Fahrzeugs nicht mehr als Mangel geltend machen oder sich darauf berufen, dass die von ihm verlangte Reparatur die [X.] beseitigt habe. An diese Auslegung des Nachbes-serungsverlangens
des [X.]
ist der Senat nicht gebunden. Zwar handelt es sich hierbei um eine Individualerklärung, deren tatrichterliche Auslegung nach der Rechtsprechung des [X.] in der Revisionsinstanz nur ein-geschränkt darauf überprüft werden kann, ob gesetzliche oder allgemein aner-10
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kannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen
worden ist (vgl. nur Senats-urteile vom 7. Februar 2007 -
VIII ZR 225/05, [X.], 1227 Rn. 13 mwN; vom 26. Oktober 2011
-
VIII [X.], juris Rn. 12). Solche Rechtsfehler lie-gen hier jedoch vor, weil die Auslegung des Berufungsgerichts, ohne dass be-sondere Umstände festgestellt oder sonst erkennbar sind, dem üblichen Bedeu-tungsgehalt eines Nachbesserungsverlangens nicht gerecht wird.
a) Die in § 439 Abs. 1 [X.] als eine der Modalitäten der Nacherfüllung geregelte Nachbesserung zielt darauf ab, die gekaufte Sache in einen vertrags-gemäßen Zustand zu versetzen, wie er nach § 433 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1 [X.] geschuldet ist. Der Verkäufer schuldet deshalb nicht nur bloße Verbesse-rungen eines bestehenden Mangelzustands, sondern eine vollständige und nachhaltige Beseitigung des Mangels (Senatsurteil vom 22. Juni 2005 -
VIII ZR 281/04, [X.], 234, 242 f.; [X.]/Grunewald, [X.], 13. Aufl., § 439 Rn. 2; jurisPK-[X.]/[X.], 6. Aufl., § 439 Rn. 13 f.). Zwar steht es einem Käufer frei, Nachbesserung auch dann zu verlangen, wenn eine Behebung des Man-gels nicht vollständig möglich ist und er -
wenn auch gegebenenfalls unter Aus-gleich eines dadurch verbleibenden Minderwerts -
bereit ist, sich mit einem Zu-stand der Sache im Umfang einer möglichen Nachbesserung zu begnügen (vgl. [X.]/[X.], [X.], Neubearb. 2004, § 439 Rn. 38). Dass er bei Stellung eines Nachbesserungsverlangens aber bereit ist, einen Nach-besserungserfolg unterhalb des Möglichen als noch vertragsgerecht hinzuneh-men und dadurch auf einen Teil der zu beanspruchenden Leistung zu verzich-ten, kann -
da ein Verzicht auf Rechte im Allgemeinen nicht zu vermuten ist, sondern eindeutiger Anhaltspunkte bedarf (Senatsurteil vom 9. Mai 2012
-
VIII
ZR 327/11, [X.], 2270 Rn. 26
mwN) -
nicht ohne Weiteres ange-nommen werden. Dies hat das Berufungsgericht nicht bedacht.
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-
b) Dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Nachbesserungs-verlangen des [X.] vom 14. Januar 2010 ist zwar zu entnehmen, dass er für die Frage einer Nachbesserungsfähigkeit der von ihm beanstandeten Beschä-digungen nicht darauf abstellen wollte, ob sie vor oder nach Auslieferung durch den Hersteller eingetreten waren (dazu [X.]/[X.], [X.], 11.
Aufl., Rn. 557 f. mwN). Er konnte aber -
wie die Revision mit Recht geltend macht -
grundsätzlich erwarten, dass ihm ein einem Neuwagen entsprechendes mangelfreies Fahrzeug übergeben würde, der herbeizuführende [X.] also jedenfalls in technischer Hinsicht den Fahrzeugzustand wie-derherstellen würde, wie er werksseitig bei Auslieferung des Fahrzeugs in un-beschädigtem Zustand vorgelegen hätte. Das gilt umso mehr, als der Kläger bei seinem Nachbesserungsverlangen auf die ihm zustehende [X.] des Fahrzeugs hingewiesen und das Erfordernis einer Makellosigkeit
der Lackie-rung noch einmal eigens hervorgehoben hatte.
c) Den danach entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts geschul-deten "fabrikneuen"
Fahrzeugzustand hat die Beklagte auch bei ihrem zweiten Übergabeversuch durch die von ihr vorgenommenen Nachbesserungsarbeiten nicht erreicht. Das gilt für die
zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen [X.] und Lackschäden, die nach den getroffenen Feststellungen "von dem zu erwartenden,
gewöhnlichen Zustand eines Neufahrzeugs"
ab-wichen
und zu deren möglicher Behebung ein weiterer Nachbesserungsauf-wand erforderlich gewesen wäre, und ebenso für
die am hinteren linken Radlauf ausgeführten Reparaturarbeiten.
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht hiernach zwar die von ihm für
einschlägig erachteten
Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts des [X.] nach
§ 323 Abs. 1 [X.] bejaht. Denn der Kläger hatte
das Fahrzeug bei Erklä-rung seines Rücktritts noch nicht abgenommen, sondern als erfüllungsuntaug-13
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-
lich zurückgewiesen, nachdem
es der [X.] nach bereits gescheitertem
ersten Übergabeversuch trotz der ihr zur Nachbesserung gesetzten Frist nicht gelungen war, das Fahrzeug in einen mangelfreien Zustand zu versetzen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 72. Aufl., § 434 Rn. 8a, § 437 Rn. 49; [X.]/
[X.],
[X.], 3. Aufl., § 433 Rn. 41, § 437 Rn. 4). Allerdings bedarf es auch vorliegend keiner Entscheidung über die bereits im Senatsurteil vom

17. Februar 2010 ([X.], NJW-RR 2010, 1289 Rn. 21 f.) offen [X.] Frage, unter welchen Voraussetzungen im
Einzelnen dem Käufer ein Recht zur Zurückweisung einer ihm angebotenen mangelhaften Kaufsache zusteht. Denn dem Berufungsgericht kann jedenfalls nicht darin gefolgt werden,
dass eine auf die festgestellten Mängel gestützte Rückabwicklung des Kaufvertrages
gemäß §
323 Abs.
5 Satz 2 [X.] an der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung scheitere, weil die Mängel lediglich optischer Natur und kaum wahrnehmbar seien.
a) Nach dieser Vorschrift ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn die in der Mangelhaftigkeit der
Kaufsache liegende Pflichtverletzung unerheblich ist, das heißt, wenn der Mangel geringfügig ist (Senatsurteil vom 29. Juni 2011
-
VIII ZR 202/10, [X.], 2149 Rn. 19).
Die Beurteilung, ob eine Pflichtverlet-zung unerheblich im Sinne des §
323 Abs.
5 Satz 2 [X.] ist, erfordert nach der Rechtsprechung des Senats eine umfassende Interessenabwägung, in deren Rahmen ein Verstoß gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung aber die [X.] in der Regel indiziert
(Senatsurteil vom 17.
Februar 2010 -
VIII
ZR
70/07, NJW-RR 2010, 1289 Rn. 23 mwN). Ein solcher Fall liegt hier vor.
b) Die
von den Parteien getroffene
Beschaffenheitsvereinbarung ist auch im Rahmen des § 323 Abs. 5 Satz 2 [X.] und der dabei anzustellenden Inte-ressenabwägung beachtlich. Hieran gemessen erweist sich
die Erwägung des 16
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10
-
Berufungsgerichts, sämtliche Mängel seien
trotz der für ihre Beseitigung aufzu-wendenden
Kosten im Bereich von

geringfügig im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 [X.], weil sie
lediglich optischer Natur und auch für den sorgfältigen Betrachter kaum wahrnehmbar
seien,
als rechtsfehlerhaft.
Abgesehen davon, dass mit der Entscheidung für den Kauf eines Neuwagens für den Käufer gerade typischerweise
auch optische Gesichtspunkte, insbeson-dere eine
verarbeitungstechnische Makellosigkeit
der Karosserie, eine zumin-dest mit entscheidende
Rolle zu spielen pflegen, kommt dieser Kaufentschei-dung zugleich
eine wirtschaftliche Bedeutung zu. Denn Fahrzeuge, die diesen Karosseriestandard -
wie hier -
nicht oder nicht mehr annähernd aufweisen,
werden üblicherweise mit deutlichen Preisabschlägen gehandelt, da sie
in der Wertschätzung des Verkehrs nur noch zweite Wahl sind und deshalb allenfalls noch als bereits in Gebrauch genommene Vorführwagen abgesetzt werden können (vgl. auch Senatsurteil vom 17. Februar 2010 -
VIII
ZR
70/07,
aaO Rn.
25).
c) Ohne Bedeutung für die vorzunehmende Interessenabwägung ist es schließlich, ob auf das Nachbesserungsverlangen des [X.] durch [X.] der [X.] ein einem Neuwagen jedenfalls annähernd ent-sprechender Karosseriezustand hätte erreicht werden können und ob -
wie die Revisionserwiderung geltend macht -
mit Blick auf die
für die berücksichtigungs-fähigen Mängel angesetzten Reparaturkosten im Bereich von fünf
Prozent des Kaufpreises gleichwohl von deren Geringfügigkeit und damit einer Unerheblich-keit der Pflichtverletzung auszugehen wäre.
Denn für die Beurteilung der Frage, ob ein Mangel als geringfügig im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 [X.] einzustu-fen ist, ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers abzustellen (Senatsurteil vom 15. Juni 2011 -
VIII ZR 139/09, [X.], 2148 Rn.
9 mwN). Zu diesem Zeitpunkt war
es der [X.]
nach den nicht angegriffenen Fest-stellungen des Berufungsgerichts
jedoch trotz der ihr gemäß § 323 Abs. 1 [X.] 18
-
11
-
gesetzten Frist nicht gelungen, die zuvor gerügten Schäden fachgerecht
zu be-seitigen.
Ein
zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung erheblicher Mangel wird nicht dadurch unerheblich, dass es
der [X.]
möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt noch hätte gelingen können,
das Fahrzeug in einen der ge-troffenen Beschaffenheitsvereinbarung entsprechenden Zustand zu versetzen
(vgl. Senatsurteil vom 15. Juni 2011 -
VIII ZR 139/09, aaO mwN).
4. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus einem anderen [X.] als richtig.
Denn die Umstände, die nach Erlass des Berufungsurteils einge-treten
sind und auf die die Beklagte ihr Begehren auf Zurückweisung der Revi-sion zusätzlich stützt, bedürfen zu ihrer Bewertung weiterer tatrichterlicher Feststellungen.
In der Revisionsinstanz ist zwar unstreitig geworden, dass der Kläger nach Erlass des Berufungsurteils das zur Finanzierung des Kaufs aufgenom-mene Darlehen vollständig abgelöst und das Fahrzeug von der [X.] auf sein Verlangen ausgehändigt
erhalten hat. Ob dies allerdings -
wie die Revisi-onserwiderung behauptet -
vorbehaltlos geschehen ist und dann möglicher-weise als eine einvernehmliche Beseitigung der bereits eingetretenen Rück-trittsfolgen
oder als ein Verzicht des [X.] auf die ihm aus dem Rücktritt er-wachsenen Rechte verstanden werden könnte
(vgl. [X.], [X.] 2004, 393, 394; [X.]/Westermann, aaO, § 323 Rn. 24), oder ob dies -
wie von der Revision vorgetragen -
vor dem Hintergrund
einer drohenden Inan-spruchnahme des [X.] durch die Bank
sowie einer ihm nachteiligen Verwer-tung des an diese sicherungsübereigneten Fahrzeugs und damit allein zur Schadensgeringhaltung geschehen ist, ist zwischen den Parteien streitig.
Dies hindert entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung eine Berücksichti-gung
der neu vorgetragenen Tatsachen
durch den Senat.
19
20
-
12
-
§ 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach der Beurteilung des [X.] nur dasjenige Parteivorbringen unterliegt, das aus dem Berufungsurteil und dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist,
ist nach der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs zwar einschränkend dahin auszulegen, dass in bestimmtem [X.] auch Tatsachen, die sich erst während der Revisionsinstanz ereignen, in die Urteilsfindung einfließen können, soweit sie unstreitig sind oder ihr Vorlie-gen in der Revisionsinstanz ohnehin von Amts wegen zu beachten ist und schützenswerte Belange der Gegenseite nicht entgegenstehen ([X.], Urteile vom 12. März 2008 -
VIII ZR 71/07, [X.], 290 Rn. 25; vom 14. Oktober 2009 -
XII [X.], [X.], 3783 Rn. 27; jeweils mwN).
Die nach Schluss der Tatsachenverhandlung vor dem Berufungsgericht eingetretenen Umstände sind aber nur in Teilen unstreitig. Über weitere
Umstände, die zu einer
Bewer-tung des Verhaltens der Parteien und dessen rechtsgeschäftlicher Aussagekraft für die (Rück-)Abwicklung des Kaufvertrages von wesentlicher Bedeutung sein können, herrscht dagegen Streit, so dass es hierzu ergänzender tatrichterlicher Feststellungen bedarf.

III.
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 561 Abs. 1 ZPO). Da der Kläger das zur Fahrzeugfinan-zierung aufgenommene Darlehen
unter Entgegennahme des Fahrzeugs
inzwi-schen selbst abgelöst hat, findet das hierauf bezogene Freistellungsbegehren in den dazu vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen keine ausreichend tragfähige Grundlage mehr. Das Berufungsgericht wird deshalb die erforderli-chen Feststellungen zu den nachträglich eingetretenen Umständen zu treffen und dem Kläger Gelegenheit zu geben haben, sein Klagebegehren entspre-21
22
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13
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chend anzupassen. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entschei-dung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Ball
Dr. Frellesen
Dr. Milger

Dr. [X.]
Dr. Bünger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.02.2011 -
6 [X.]/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 10.11.2011 -
I-2 [X.] -

Meta

VIII ZR 374/11

06.02.2013

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.02.2013, Az. VIII ZR 374/11 (REWIS RS 2013, 8353)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8353

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 374/11

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VIII ZR 139/09

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