Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2017, Az. 2 StR 375/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 16013

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:080217B2STR375.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 375/16
vom
8.
Februar 2017
in der Strafsache
gegen

wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 8. Februar 2017
ge-mäß §
349 Abs.
4
StPO beschlossen:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18.
Mai 2016 mit den zugehörigen Fest-stellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als [X.] zuständige Strafkammer des [X.] zu-rückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Verun-treuens von Arbeitsentgelt in 82 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von ei-nem Jahr und vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung aus-gesetzt und eine Kompensationsentscheidung wegen rechtsstaatswidriger Ver-fahrensverzögerung getroffen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge entspricht aus den zutreffenden Gründen der [X.] vom 16.
September 2016 nicht den [X.] des §
344 Abs.
2 Satz
2 StPO.

1
2
-
3
-
2. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des [X.] Urteils führt zur Aufhebung des Urteils.
a) Nach den Feststellungen des [X.] führte der Angeklagte in
F.

seit September 2000 einen Taxibetrieb als Einzelbetrieb mit
drei Taxikonzessionen
und
ab Dezember 2002 ein weiteres Taxiunternehmen als GbR mit zwei Taxikonzessionen. 2011 gab der Angeklagte beide Taxibe-triebe wegen drohender Zahlungsunfähigkeit auf.
In beiden [X.] beschäftigte der Angeklagte im Tatzeitraum zwi-schen April 2005 bis Juli 2010 (Tag-
bzw. Nachtschicht) sowie in einer Wochenendschicht fuhren und die Fahrzeuge damit nahezu vor-Sozialversicherungsträgern und dem Finanzamt waren die Fahrer, wenn über-haupt, tatsächlich nur mit einem geringeren -
fiktiven
-
monatlichen Pauschal-lohn gemeldet. Insofern führte der Angeklagte neben den Schichtplänen eine Tatsächlich wurden die Fahrer deutlich höher als gegenüber dem Finanzamt und den Sozialversicherungsträgern angegeben entlohnt und erhielten wesent-

Das [X.] hat tabellarisch auf etwa zehn Seiten des 22-seitigen Urteils
-
geordnet nach den verschiedenen Krankenkassen
-
monatlich das

der jeweiligen Arbeitnehmer der beiden Taxiunternehmen
des Angeklagten, das (geringere) gemeldete Entgelt, den nachberechneten [X.] und den davon abgeführten Arbeitgeber-
und Arbeitnehmeranteil aufgeführt.

3
4
5
6
-
4
-
b) Das Urteil weist durchgreifende Rechtsfehler auf. Es enthält keine ausreichenden
Feststellungen,
die dem Revisionsgericht die Überprüfung der durch die Taten verursachten Schäden anhand einer -
ggf. vorzunehmen-den
-
Hochrechnung der Schwarzlöhne und der sich
daran anschließenden Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge nach §
14 Abs.
2 Satz
2 SGB IV ermöglichen.
Bei Straftaten des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach §
266a Abs.
1 und 2 StGB müssen für jeden Fälligkeitszeitpunkt die Höhe der zu zahlenden Arbeitsentgelte und des [X.] der jeweils zuständigen Krankenkasse angegeben werden, weil sich die Höhe der ge-schuldeten Beiträge auf der Grundlage des Arbeitsentgelts nach den [X.] der jeweiligen Krankenkasse sowie den gesetzlich geregelten Beitragssätzen der Renten-, Arbeitslosen-
und Pflegeversicherung errechnet (vgl. [X.], Urteil vom 11.
August 2010 -
1
StR 199/10, [X.], 376).
Es fehlt bereits an Feststellungen zu den Beitragssätzen der verschie-denen Krankenkassen.
Zudem kann der [X.] nicht überprüfen, ob die vom [X.] angegebenen -
fiktiven
-
Bruttoarbeitsentgelte den Anforderun-gen des §
14 Abs. 2 SGB
IV entsprechend berechnet worden sind. Denn es fehlt schon an der Angabe der nach Überzeugung der Strafkammer ausge-zahlten Nettoentgelte.
Schließlich fehlt es auch an Angaben dazu, welche Lohnsteuerklassen
die Strafkammer bei der Berechnung des fiktiven [X.] zugrunde gelegt hat (vgl. [X.], Urteil vom 5.
August
2015 -
2
StR 172/15, [X.], 153, 154). Zu diesen Angaben hätte deshalb Anlass bestanden, weil nach den Feststellungen ein Teil der Arbeitnehmer mit einem geringeren als dem tatsächlich gezahlten Lohn gemeldet war und deshalb
7
8
9
10
-
5
-
-
anders als bei vollständig illegalen Beschäftigungsverhältnissen (vgl. [X.], Urteil vom 2. Dezember 2008 -
1
StR 416/08, [X.]St 53, 71,
79)
-
davon auszugehen ist, dass die Arbeitnehmer dem Angeklagten ihre Lohnsteuer-karte vorgelegt haben (vgl. [X.] in [X.]/Janovsky, Handbuch des Wirtschafts-
und Steuerstrafrechts, 4.
Aufl., 19. Kap. Rn.
72). Der neue Tatrichter wird -
auch mit Blick auf die Beurteilung der Konkurrenzverhältnis-se
-
genauer darzulegen haben, ob der Angeklagte seine Pflichten als Ar-beitgeber gegenüber unterschiedlich zuständigen Krankenkassen als Ein-zugsstellen
verletzt hat.
3. Der [X.] hebt auch die Kompensationsentscheidung auf, um dem neuen Tatrichter die Möglichkeit zu einer widerspruchsfreien Neubewertung schädigung für die überlange Verfahrensdauer" einerseits in dem laut [X.] verkün-deten [X.] zwei Monate, andererseits im schriftlichen Urteil sowie in dessen Begründung vier Monate bestimmt. Das Verschlechterungsverbot (§
358 Abs.
2 Satz
1 StPO) wird zu beachten sein (vgl. [X.], Beschluss 11
-
6
-
vom 12.
September 2013 -
2
StR 226/13, [X.]R StGB §
46 Abs.
2 [X.] 39; [X.], Beschluss vom 28. Januar 2014 -
4
StR 502/13, [X.], 180).
Appl

Eschelbach Zeng

Bartel Grube

Meta

2 StR 375/16

08.02.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.02.2017, Az. 2 StR 375/16 (REWIS RS 2017, 16013)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16013

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