Bundessozialgericht, Beschluss vom 22.10.2015, Az. B 13 R 190/15 B

13. Senat | REWIS RS 2015, 3531

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Kostenentscheidung - Verfahrensfortführung durch Nachlasspfleger als gesetzlichem Vertreter der unbekannten Erben nach Tod des Klägers - Sonderrechtsnachfolger - sonstige Rechtsnachfolger: Kostenfreiheit nur im betreffenden Rechtszug - Streitwertfestsetzung - Rente wegen Erwerbsminderung - wiederkehrende Leistung - Jahresbetrag - Dreijahreszeitraum - Brutto-Rentenbetrag


Leitsatz

1. Führt ein Nachlasspfleger ein sozialgerichtliches Verfahren für die unbekannten Erben fort, besteht für diese als sonstige Rechtsnachfolger Kostenfreiheit nur in dem betreffenden Rechtszug.

2. Zur Festsetzung des Streitwerts für Verfahren über Ansprüche auf wiederkehrende Rentenleistungen.

Tenor

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15 386,40 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der ursprüngliche Kläger wandte sich vor dem [X.] gegen die Ablehnung der von ihm begehrten Rente wegen Erwerbsminderung durch den beklagten Rentenversicherungsträger. Das [X.] hat mit Urteil vom [X.] die diesbezüglichen Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, dem Kläger ab dem 1.10.2009 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

2

Der Kläger ist kurz darauf - ausweislich der Sterbeurkunde zwischen dem [X.], 18:00 Uhr und dem [X.], 15:00 Uhr, wobei als Familienstand "verwitwet" angegeben ist - verstorben. Das Urteil des [X.] ist seinem Prozessbevollmächtigten am [X.] zugestellt worden. Am [X.] hat die Beklagte gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 23.10.2013 wurde für die unbekannten Erben [X.] angeordnet. Der Nachlasspfleger hat den bisherigen Prozessbevollmächtigten mit der Fortführung des Rechtsstreits beauftragt. Die zunächst als Rechtsnachfolgerin ermittelte Stieftochter des verstorbenen [X.] hat das Erbe wirksam ausgeschlagen.

3

Das L[X.] hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 19.3.2015). Es hat offengelassen, ob dem Grunde nach ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bestehe. Jedenfalls sei die Beklagte nicht zur Zahlung einer Rente verpflichtet, weil der Fiskus als gesetzlicher Erbe (§ 1936 BGB) gemäß § 58 [X.] [X.]B I keine Ansprüche auf Geldleistungen geltend machen könne.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Nachlasspfleger Beschwerde zum B[X.] erhoben. Nach jetzigem Kenntnisstand könne die Annahme des L[X.], der Fiskus sei gesetzlicher Erbe geworden, möglicherweise fehlerhaft sein; es sei ein Erbenermittler beauftragt, dessen Ergebnis noch nicht vorliege. Mit Schreiben vom 11.8.2015 hat er die Beschwerde zurückgenommen.

5

Die Beteiligten sind zur Frage der Kostenentscheidung und der Festsetzung des Streitwerts angehört worden. Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte eine Probeberechnung vorgelegt, der zufolge der Monatsbetrag der dem vormaligen Kläger zu gewährenden Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Oktober 2009 bis September 2010 427,40 [X.] betragen hätte.

6

II. 1. Gemäß § 197a Abs 1 [X.] Teils 3 [X.]G iVm § 161 Abs 1 VwGO hat das Gericht nach Abschluss des Verfahrens von Amts wegen über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden. Diese sind vom Kläger (genauer: von den durch ihn vertretenen Erben) zu tragen, nachdem er sein Rechtsmittel zurückgenommen hat (§ 155 Abs 1 VwGO).

7

Die genannten Kostenvorschriften sind für das Verfahren vor dem B[X.] anzuwenden. Der Nachlasspfleger führt den Rechtsstreit nicht als Partei kraft Amtes, sondern als gesetzlicher Vertreter des bzw der unbekannten Erben ([X.] Urteil vom 21.12.1988 - [X.] - NJW 1989, 2133 - Juris RdNr 12 mwN). Schuldner der anfallenden Kosten eines vom Nachlasspfleger betriebenen gerichtlichen Verfahrens sind daher grundsätzlich nur die Erben nach den Vorschriften über Nachlassverbindlichkeiten (vgl § 24 [X.] GNotKG; s auch [X.] in [X.]/Fichte, [X.]G, 2. Aufl 2014, § 183 RdNr 13; vgl auch [X.] vom 23.2.1998 - 1 BvR 1842/97 - NJW-RR 1998, 1081, unter Hinweis ua auf [X.], 279, wonach auch im Rahmen der Prozesskostenhilfe nur auf den verfügbaren Nachlass abzustellen ist). Vorliegend kommen die - noch unbekannten - Erben des ursprünglichen [X.] nach den aus den Akten ersichtlichen Umständen nicht als Sonderrechtsnachfolger iS von § 183 [X.] [X.]G iVm § 56 Abs 1 [X.]B I in Betracht, sondern können lediglich "sonstige Rechtsnachfolger" gemäß § 183 [X.] [X.]G sein. Für sonstige Rechtsnachfolger bleibt nach der genannten Vorschrift ein vom Verstorbenen eingeleitetes und in dessen Person kostenprivilegiertes Sozialgerichtsverfahren aber nur in dem Rechtszug kostenfrei, in welchem sie das Verfahren aufnehmen (vgl B[X.] SozR 4-2500 § 13 [X.] Rd[X.]3). Mithin kommt den durch den Nachlasspfleger vertretenen Erben hier jedenfalls für das Verfahren in dritter Instanz Kostenfreiheit nicht mehr zugute.

8

2. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 [X.] Teils 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 [X.], § 47 Abs 1 und 3, § 42 Abs 1 [X.] GKG. Der nach letztgenannter Vorschrift für die Bestimmung des Streitwerts zugrunde zu legende Jahresbetrag der vom Kläger ab Oktober 2009 geltend gemachten Rente wegen voller Erwerbsminderung kann mit Hilfe der von der Beklagten angefertigten Probeberechnung ermittelt werden. Hierfür ist der Monatsbetrag der Rente (§ 63 Abs 6 [X.]B VI) ohne Abzug der vom Versicherten zu tragenden Beitragsanteile zur [X.] (§ 249a [X.] Halbs 2 [X.]B V, § 59 Abs 1 [X.] Teils 2 [X.]B XI), mithin der Bruttobetrag der Rente heranzuziehen. Er beläuft sich nach der von der Beklagten durchgeführten Probeberechnung im Zeitraum Oktober 2009 bis September 2010, in dem sich der aktuelle Rentenwert nicht veränderte, auf 427,40 [X.]. Hieraus errechnet sich ein Jahresbetrag von 5128,80 [X.]; der Streitwert ist danach auf den dreifachen Jahresbetrag und somit auf insgesamt 15 386,40 [X.] festzusetzen.

Meta

B 13 R 190/15 B

22.10.2015

Bundessozialgericht 13. Senat

Beschluss

Sachgebiet: R

vorgehend SG Hildesheim, 28. Mai 2013, Az: S 30 R 181/10, Urteil

§ 183 S 1 SGG, § 183 S 2 SGG, § 197a Abs 1 S 1 SGG, § 161 Abs 1 VwGO, § 155 Abs 1 VwGO, § 24 Nr 2 GNotKG, § 63 Abs 2 S 1 GKG 2004, § 42 Abs 1 S 1 GKG 2004, § 63 Abs 6 SGB 6, § 249a S 1 Halbs 2 SGB 5, § 59 Abs 1 S 1 SGB 11, § 56 SGB 1

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 22.10.2015, Az. B 13 R 190/15 B (REWIS RS 2015, 3531)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3531

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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