Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.09.2017, Az. 2 StR 280/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 5717

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:060917U2STR280.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 280/17
vom
6. September
2017
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung
vom 6.
September
2017, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Appl

als Vorsitzender,

die [X.]innen
am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.],
die [X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.],

Staatsanwalt

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 14.
Februar 2017 mit den zugehöri-gen Feststellungen aufgehoben,
a)
im Fall [X.] der Urteilsgründe und
b)
im [X.].
2.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu erneuter [X.] und Entscheidung -
auch über die Kosten des
Rechtsmittels
-
an eine andere
Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Ge-samtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur [X.] ausgesetzt hat.
Die
zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwalt-schaft, die sich ausschließlich gegen die Verurteilung des Angeklagten zu
Ziffer [X.]
der Urteilsgründe und den [X.] richtet,
hat in vollem Umfang Erfolg.
1
2
-
4
-
I.
Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wer-tungen getroffen:
1. a) Am
8.
September 2016 wurde
bei einer Polizeikontrolle
in dem vom
Angeklagten gesteuerten [X.] Sprinter
in einem auf der Fahrerseite im Bereich der Tachoeinheit abgelegten Brillenetui eine Plastiktüte mit 48,3
Gramm "[X.]" (Methamphetamin mit einem Mindestgehalt von 61,64
% (S) [X.], mithin einer Mindestmenge an
S-Methamphetamin-base von 29,77
Gramm)
sichergestellt. In seiner Gürteltasche
wurden zwei [X.] mit 0,49
Gramm "[X.]" (Methamphetamin mit einem Mindestgehalt von 67,69
% S-[X.], mithin eine Mindestmenge an
S-Meth-amphetaminbase von 0,33
Gramm) und weitere 0,11
Gramm "[X.]" gefun-den. Darüber hinaus befand sich in der
Gürteltasche ein so genanntes "[X.]", mithin ein Messer mit einhändig feststellbarer Klinge, welches der Angeklagte als Angelzubehör regelmäßig mit sich führte.
Das sichergestellte Methamphetamin hatte der Angeklagte zuvor von dem gesondert verfolgten

M.

zu einem Einkaufspreis von 60
Euro pro
Gramm zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworben.
b)
Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt, spätestens im August oder September 2015 hatte
der Angeklagte von einem nicht näher bekannten [X.] mindestens 21
Gramm "[X.]" (Methamphetamin)
erworben,
um die-ses
gewinnbringend weiterzuverkaufen.
Tatsächlich veräußerte er bis zum 7.
September 2016 aus diesem Vorrat an die Zeugin

S.

in 21 Fällen jeweils ein Gramm "[X.]"
(Methamphetamin)
gewinnbringend zu je 80
Euro.
3
4
5
6
7
-
5
-
2. Das [X.] hat den Sachverhalt rechtlich als zwei tatmehrheitli-che Fälle des unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmittel in nicht gerin-ger Menge gemäß §§
29a Abs.
1 Nr.
2, Abs.
2 BtMG, 53 StGB gewertet. Eine Verurteilung wegen
bewaffneten
Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §
30a Abs.
2 Nr.
2 BtMG erfolgte im Fall [X.] der Ur-teilsgründe nicht, da sich das [X.] keine Überzeugung davon bilden konnte, dass
das bei dem Angeklagten aufgefundene

Einhandmesser

zur Ver-letzung von Personen
bestimmt war. Nach der Wertung des [X.] hat der
Angeklagte das Messer erlaubt im Sinne des §
42a Abs.
2 Satz
1 Nr.
3, Abs.
3 [X.] geführt, da er es für seinen Angelsport benötige, womit ein be-rechtigtes Interesse vorliege.

II.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
1. Das Rechtsmittel ist zulässig.
Zwar hat die Staatsanwaltschaft entgegen §
344 Abs.
1 StPO innerhalb der [X.] keinen Revisionsantrag gestellt. Eines solchen
bedarf es jedoch dann nicht, wenn sich der Umfang der Anfechtung aus der Begründung der Revision ersehen lässt ([X.], Beschluss
vom 10.
Februar 1988

3
StR 556/87, [X.]R StPO, §
344 Abs.
1 Antrag
1).
Dies
ist vorliegend gegeben.
Die Staatsanwaltschaft rügt mit
ihrer [X.], das Gericht habe bezogen auf den Fall [X.] zu Un-recht die Voraussetzungen für eine Verurteilung des Angeklagten wegen be-waffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verneint.
Im Übrigen greift sie das Urteil nicht an. Unter Berücksichtigung von Nr.
156 Abs.
2 [X.], wonach 8
9
10
11
12
-
6
-
der Staatsanwalt seine Revision stets so rechtfertigen soll, dass klar ersichtlich ist, in welchen Ausführungen des angefochtenen Urteils er seine Rechtsverlet-zung erblickt und auf welche Gründe er seine Rechtsauffassung
stützt, ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft daher dahingehend auszulegen, dass die Verurteilung des Angeklagten im Fall [X.] und der [X.] angegriffen werden
(vgl. dazu Senat, Urteil vom 11.
Juni 2014

2
StR 90/14, [X.], 285; [X.], Urteil vom 22.
Februar 2017

5
StR 545/16, zitiert nach juris, dort Rn.
10; Senat, Urteile vom 26.
April 2017

2
StR 47/17,
NStZ-RR 2017, 201; vom 10.
Mai 2017

2
StR 427/16, zitiert nach juris, dort Rn.
11; [X.], Urteil vom 22.
Juni 2017

4
StR 151/17, zitiert nach juris, dort Rn.
6, [X.] mwN).
2. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist begründet. Die Beweis-würdigung und rechtliche Würdigung des [X.] zu Fall [X.]
der Urteils-gründe begegnen
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Der Tatbestand des §
30a Abs.
2 Nr.
2 BtMG setzt voraus, dass der [X.] den bei der Tat mit sich geführten Gegenstand, wenn es sich bei diesem
-
wie hier
-
nicht um eine Schusswaffe handelt, zur Verletzung von Personen bestimmt hat. Um dieses [X.] zu verwirklichen, bedarf es [X.] darauf gerichteten Zweckbestimmung des [X.] ([X.], Urteil vom 21.
Oktober 2014

1
StR 78/14, [X.]R BtMG § 30a Abs.
2 Waffe
2

Einhandmesser mwN). Eine solche Zweckbestimmung muss grundsätzlich vom Tatrichter näher festgestellt und begründet werden.
Die Feststellungen des [X.] erschöpfen sich in der Bezeichnung des von
dem Angeklagten mitgeführten Gegenstandes als "Einhandmesser". Diese Bezeichnung hätte die Prüfung nahe gelegt, ob es sich bei dem Messer um eine gekorene Waffe im Sinne des §
1 Abs.
2 Nr.
2
Buchst.
b [X.] han-13
14
15
-
7
-
delt. Sämtliche der in Anlage
1 Abschnitt
1 Unterabschnitt 2 Nr.
2.1 zu §
1 Abs.
4 [X.] erfassten Messertypen als gekorene Waffe können
als "[X.]" bezeichnet werden. Der Ausdruck
"Einhandmesser" bildet den Oberbegriff für alle Messer, soweit diese -
gleich auf welche Weise
-
mit einer Hand geöffnet und festgestellt werden können (vgl. [X.], Urteil
vom 21.
Oktober 2014

1
StR 78/14, [X.]R BtMG §
30a Abs.
2 Waffe
2 Einhand-messer; [X.]/[X.], [X.], §
42a Rn.
15). Da das [X.] über die Be-zeichnung als "Einhandmesser" hinaus keine nähere Bestimmung
der Beschaf-fenheit des Messers vorgenommen, das bei dem Angeklagten aufgefundene Messer
vielmehr
lediglich als ein Messer mit einer einhändig feststellbaren [X.] beschrieben hat, ist nicht zu erkennen, ob es sich um einen Messertyp ge-mäß §
1 Abs.
2
Nr.
2
Buchst.
b [X.] i.V.m. Anlage
1 Abschnitt
1 Unterab-schnitt
2 Nr.
2.1 zu §
1 Abs.
4 [X.] und damit um gekorene Waffen handelt. In diesem
Fall hätte es näherer Feststellungen
zur
Zweckbestimmung durch den Täter nicht bedurft, da bei gekorenen Waffen die Zweckbestimmung zur Verlet-zung von Personen regelmäßig ohne Weiteres auf der Hand liegt (Senat, Be-schluss
vom 6.
November 2012

2 StR 394/12, [X.]R BtMG §
30a Abs.
2 Ge-genstand
6

Klappmesser; [X.], Beschluss vom 21.
Oktober 2014

1
StR 78/14 [X.]R
BtMG §
30a
Abs.
2 Waffe
2

Einhandmesser).
Dies hat das [X.] im Rahmen seiner Beweiswürdigung, die sich insoweit als lückenhaft erweist, nicht berücksichtigt.
Der Wegfall der Einzelstrafe führt zur Aufhebung der Gesamtstrafe.
16
17
-
8
-
III.
Der
Senat weist für die neue Verhandlung und Entscheidung auf [X.] hin:
Sollte der
neue Tatrichter zu dem Ergebnis kommen, das bei dem Ange-klagten aufgefundene Messer stelle keine gekorene Waffe im Sinne des §
1 Abs.
2 Nr.
2
Buchst.
b [X.] i.V.m.
Anlage
1 Abschnitt
1 Unterabschnitt
2 Nr.
2.1 zu §
1 Abs.
4 [X.]
dar, wird er eine umfassende Prüfung vorzuneh-men haben, ob das Messer durch den Angeklagten zur Verletzung von [X.] bestimmt war. Der Ausnahmetatbestand des
§
42a Abs.
2 Satz
1 Nr.
3, Abs.
3 [X.] kann im Rahmen dieser Prüfung relevant sein. Die Anwendung des §
42a Abs.
2 Satz
1 Nr.
3 [X.] setzt jedoch voraus, dass zwischen der Sportausübung und dem Führen des Messers
ein innerer Zusammenhang be-steht. Der hierfür erforderliche sachliche
wie zeitlich-räumliche Bezug zur Sportausübung kann insbesondere auf dem Hin-
bzw. Rückweg zur Sportaus-18
19
-
9
-
übung gegeben sein
(vgl. [X.]/[X.], [X.], §
42a Rn.
26). Hierzu hat das [X.] bislang keine näheren Feststellungen getroffen. Allein die Feststel-lung, der Angeklagte führe das Messer immer bei sich, weil er es häufig für sei-nen Angelsport benötige, ist insoweit nicht ausreichend.

Appl

Ri'in[X.] Dr. [X.]

[X.]

ist wegen Urlaubs an

der Unterschrift gehindert.

Appl

[X.]

[X.]

Meta

2 StR 280/17

06.09.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.09.2017, Az. 2 StR 280/17 (REWIS RS 2017, 5717)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5717

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