Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.09.2016, Az. 3 B 52/15

3. Senat | REWIS RS 2016, 5369

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Gegenstand

Untersagung eines Firmennamens wegen Irreführung


Gründe

I

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass der [X.] nicht berechtigt ist, ihr zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr unter der [X.]ezeichnung "[X.] Weinkellerei" aufzutreten.

2

Der [X.] beanstandete die Verwendung dieser [X.]ezeichnung als irreführend, da die Klägerin nicht über die für eine Weinkellerei erforderlichen [X.]etriebsräume und Einrichtungen verfüge. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit der [X.]egründung stattgegeben, die Klägerin beschränke sich nicht auf den An- und Verkauf von [X.], sondern lasse die Weine vor dem Weiterverkauf durch weisungsgebundene Fremdfirmen verarbeiten und abfüllen. Damit bestimme sie eigenverantwortlich über das Endprodukt und dessen Qualität und übe daher eine [X.] aus. Danach sei eine Irreführungsgefahr für den Verbraucher zu verneinen; denn angesichts der generellen Veränderungen im produzierenden Gewerbe durch Auslagerung oder Abgabe von [X.]etriebstätigkeiten an externe Dienstleister ("Outsourcing") verbinde der Verbraucher die [X.]ezeichnung "Weinkellerei" nicht mit der Vorstellung, dass die [X.] in betriebseigenen Räumen und Anlagen stattfinde. Auf die [X.]erufung des [X.]n hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die Klage abgewiesen. Die [X.]ezeichnung "Weinkellerei" sei im Sinne von § 25 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 des [X.] ([X.]) geeignet, beim Verbraucher falsche Vorstellungen über das Verarbeiten, Abfüllen oder Lagern und sonstige Umstände zu erwecken, die für eine [X.]ewertung bestimmend seien. Die Verkehrsauffassung verstehe unter einer Weinkellerei nach wie vor einen [X.]etrieb, der den Prozess der Weinbereitung im Wesentlichen in eigenen Räumlichkeiten und mit eigenen Anlagen durch fachkundiges eigenes Personal tatsächlich gestalte. Zwar seien auch in der Weinwirtschaft Veränderungen feststellbar, wonach einzelne Tätigkeiten - insbesondere das Abfüllen des Weins sowie dessen Etikettierung und Verpackung - verstärkt ausgelagert würden. Es sei aber nicht erkennbar, dass der durchschnittliche Verbraucher mit einer Weinkellerei nicht mehr die Vorstellung eines [X.]etriebs verbinde, der über Lagerräume ("Weinkeller") sowie Einrichtungen und Personal zur Weinbereitung verfüge. Dieser Erwartung entspreche der [X.]etrieb der Klägerin nicht.

II

3

Die [X.]eschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem [X.]erufungsurteil bleibt ohne Erfolg. Weder die [X.] (1.) noch die geltend gemachte grundsätzliche [X.]edeutung der Rechtssache (2.) rechtfertigen die Zulassung der Revision.

4

1. Der Zulassungsgrund der Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt vor, wenn sich das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat zu einem ebensolchen Rechtssatz, der in der Entscheidung eines divergenzfähigen Gerichts aufgestellt worden ist, und wenn das vorinstanzliche Urteil auf dieser Abweichung beruht (stRspr, vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 30. Juli 2015 - 3 [X.] 42.14 [[X.]:[X.]:[X.]] - [X.] 428.8 § 4 [X.] Nr. 2 Rn. 8 m.w.N.). Diese Voraussetzungen zeigt die [X.]eschwerde nicht auf.

5

Die Klägerin nimmt zur [X.]egründung ihrer [X.] [X.]ezug auf die Annahme des [X.], dass § 25 [X.] ([X.] der [X.]ekanntmachung vom 18. Januar 2011, [X.] [X.]) zwar durch die Regelung über die Lauterkeit der Informationspraxis in Art. 7 der Verordnung ([X.]) Nr. 1169/2011 des [X.] und des Rates vom 25. Oktober 2011 (betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel, [X.]. L 304 S. 18) verdrängt werde, die Vorschrift aber zumindest als tatbestandliche Grundlage der Straf- und [X.]ußgeldvorschriften des [X.] weiter gelte; überdies stimme das Irreführungsverbot des § 25 [X.] ohnehin weitgehend mit dem Verbot der Irreführung nach Art. 7 Abs. 1 [X.]uchst. [X.] ([X.]) Nr. 1169/2011 überein. Die Klägerin sieht in diesen Ausführungen einen Widerspruch zu dem Urteil des [X.] vom 18. Juni 2008 - 3 [X.] 5.08 - ([X.] 418.72 [X.] Nr. 31), mit dem der erkennende Senat entschieden habe, dass es für den [X.]egriff der Irreführung auf dessen gemeinschaftsrechtliche [X.]edeutung ankomme und § 25 [X.] nicht anwendbar sei.

6

Es kann offen bleiben, ob eine Divergenz zu verneinen ist, weil das herangezogene Urteil des [X.] die Nichtanwendbarkeit von § 25 [X.] gegenüber dem gemeinschaftsrechtlichen Irreführungsbegriff des Art. 48 der Verordnung ([X.]) Nr. 1493/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 (über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, [X.]. L 179 S. 1) und des Art. 6 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 753/2002 der [X.] vom 29. April 2002 (mit Durchführungsbestimmungen hinsichtlich der [X.]eschreibung, der [X.]ezeichnung, der Aufmachung und des Schutzes bestimmter [X.], [X.]. L 118 S. 1) festgestellt hat und sich damit nicht auf dieselben Vorschriften des Unionsrechts bezieht wie das angegriffene [X.]erufungsurteil. Die Voraussetzungen für eine Divergenzzulassung liegen jedenfalls nicht vor, weil das [X.]erufungsurteil nicht auf der gerügten Abweichung beruht. Das Oberverwaltungsgericht ist wegen der von ihm angenommenen weitgehenden Übereinstimmung von nationalem und unionsrechtlichem Irreführungsverbot davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen § 25 [X.] zugleich einen Verstoß gegen das Verbot des Art. 7 Abs. 1 [X.]uchst. [X.] ([X.]) Nr. 1169/2011 begründe ([X.] f.). Es hat des Weiteren angenommen, dass keine Veranlassung bestehe, im Geltungsbereich des § 25 [X.] von einem anderen als dem gemeinschaftsrechtlichen [X.]egriff der Irreführung auszugehen. Ausgehend davon hat das Oberverwaltungsgericht im Einklang mit dem Urteil des [X.] vom 18. Juni 2008 - 3 [X.] 5.08 - ([X.] 418.72 [X.] Nr. 31 Rn. 32) darauf abgestellt, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die fragliche Angabe wahrscheinlich auffassen werde, wobei es weder auf den flüchtigen Verbraucher noch umgekehrt auf den Weinkenner ankomme ([X.]). Danach ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des [X.] anders ausgefallen wäre, wenn es statt des [X.] des § 25 [X.] auf das [X.]. 7 Abs. 1 [X.]uchst. [X.] ([X.]) Nr. 1169/2011 abgehoben hätte.

7

Soweit die Klägerin einwendet, der gemeinschaftsrechtliche Irreführungsbegriff sei im Lichte des Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 607/2009 der [X.] vom 14. Juli 2009 (mit Durchführungsbestimmungen hinsichtlich der geschützten Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben, der traditionellen [X.]egriffe sowie der Kennzeichnung und Aufmachung bestimmter [X.], [X.]. L 193 S. 60) und des Art. 59 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 479/2008 des Rates vom 29. April 2008 (über die gemeinsame Marktorganisation für Wein, [X.]. L 148 S. 1) auszulegen, zeigt sie damit keine Abweichung des angegriffenen Urteils von der Rechtsprechung des [X.] auf. Die Entscheidung vom 18. Juni 2008 - [X.]VerwG 3 [X.] 5.08 - verhält sich hierzu nicht.

8

Eine Divergenz legt die [X.]eschwerde auch nicht mit ihrem Vorbringen dar, nach der Rechtsprechung des [X.] sei bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen, dass mit der Verordnung ([X.]) Nr. 1493/1999 ein Übergang vom sog. Verbotsprinzip zum sog. Missbrauchsprinzip erfolgt sei (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 18. Juni 2008 - 3 [X.] 5.08 - [X.] 418.72 [X.] Nr. 31 Rn. 33). Das angegriffene Urteil hat keinen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt.

9

2. Die Revision ist auch nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen [X.]edeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

a) Die von der [X.]eschwerde aufgeworfene Frage,

"ob neben den einschlägigen europarechtlichen Regelungen, insbesondere Art. 7 Verordnung ([X.]) Nr. 1169/2011, noch ein eigenständiger Anwendungsbereich für § 25 [X.] verbleibt oder dieser vollständig verdrängt wird",

ist nicht klärungsbedürftig. Sie würde sich in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich stellen, weil das Oberverwaltungsgericht - wie gezeigt - davon ausgegangen ist, dass der Verstoß gegen § 25 [X.] einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 [X.]uchst. [X.] ([X.]) Nr. 1169/2011 einschließe. Dass der von ihm zugrunde gelegte Irreführungsbegriff unionsrechtswidrig ist, zeigt die Klägerin nicht auf. Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Prüfung, ob die Gefahr besteht, dass der Verbraucher durch die streitige [X.]ezeichnung irregeführt wird, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des [X.] ([X.], Urteile vom 16. Juli 1998 - [X.]-210/96 [[X.]:[X.]:[X.]:1998:369], Gut [X.] und [X.] - Rn. 31, vom 28. Januar 1999 - [X.]-303/97 [[X.]:[X.]:[X.]:1999:35], Sektkellerei [X.] - Rn. 36 und vom 4. Juni 2015 - [X.]-195/14 [[X.]:[X.]:[X.]:2015:361], Teekanne - Rn. 36) darauf abgestellt, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher die fragliche Angabe mutmaßlich verstehen wird. Ob ausgehend von diesem Maßstab die Voraussetzungen der Irreführung vorliegen, ist eine Frage, die sich regelmäßig einer verallgemeinerungsfähigen revisionsgerichtlichen [X.]ewertung entzieht. So liegt es auch hier. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass der Durchschnittsverbraucher unter dem [X.]egriff "Weinkellerei" mehr verstehe als eine virtuelle oder "trockene" Weinkellerei, die am [X.]etriebssitz lediglich verwaltet werde; denn er verbinde mit der Angabe "Weinkellerei" nicht allein den Vorgang der Weinbereitung, sondern auch die Vorstellung von Gebäuden, Anlagen und Personal in einem der Produktion angemessenen Umfang. Diesem [X.]ild entspreche der [X.]etrieb der Klägerin nicht, der nicht einmal über angemessene Lagermöglichkeiten verfüge ([X.] f.). Es hat des Weiteren angenommen, dass auch die von der Klägerin geplanten Rahmenverträge zur Nutzungsüberlassung von Lagerkapazitäten und Vorrichtungen für die Weinbehandlung sowie zur Abfüllung in den Räumlichkeiten der Vertragspartner ihrem [X.]etrieb nicht die vom Verbraucher erwartete physische Substanz verleihen würden. Es fehle an der erforderlichen [X.]estimmtheit und Dauerhaftigkeit der Zuordnung der Produktionsmittel zum Unternehmen der Klägerin ([X.]). Diese Tatsachenfeststellungen zum Inhalt der [X.] ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 5. April 2011 - 3 [X.] 79.10 - juris Rn. 4 und vom 20. Juni 2012 - 3 [X.] 87.11 - juris Rn. 4, jeweils m.w.N.) und zu den Gegebenheiten im [X.]etrieb der Klägerin sind von der [X.]eschwerde nicht mit einer Verfahrensrüge im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO angegriffen worden und daher für den Senat bindend (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO). Die [X.]eschwerde legt nicht dar, dass sich ausgehend von diesen Tatsachen ein fallübergreifender Klärungsbedarf ergeben könnte.

Das gilt auch für die Rüge der Klägerin, das Oberverwaltungsgericht hätte bei seiner Würdigung die [X.]egriffe des Abfüllers und des Herstellers nach Art. 56 Abs. 1 [X.]uchst. a und [X.] ([X.]) Nr. 607/2009 und Art. 59 Abs. 1 [X.]uchst. [X.] ([X.]) Nr. 479/2008 berücksichtigen müssen. Sie knüpft daran die Fragestellung,

ob die Verwendungsvoraussetzungen für einen nicht durch Art. 57 Abs. 1 i.V.m. [X.] ([X.]) Nr. 607/2009 besonders geschützten [X.]egriff strenger sein dürfen als die Verwendungsvoraussetzungen für die in [X.] ([X.]) Nr. 607/2009 unter besonderen Schutz gestellten [X.]etriebsbegriffe.

Diese Frage würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren gleichfalls nicht stellen. [X.] ist allein, ob die fragliche Angabe irreführend im Sinne des unionsrechtlichen Irreführungsbegriffs ist. Dies beurteilt sich, wie bereits dargelegt, am Maßstab des [X.] und unterfällt dem [X.]ereich der Tatsachenfeststellung und -würdigung. Dass das Unionsrecht zwischen obligatorischen und fakultativen Angaben unterscheidet (Art. 119 und Art. 120 der Verordnung <[X.]> Nr. 1308/2013 des [X.] und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, [X.]. L 347 S. 671; vormals Art. 59 und Art. 60 VO <[X.]> Nr. 479/2008) und für bestimmte Angaben die [X.]edingungen ihrer Verwendung näher festlegt (Erwägungsgrund 17, Art. 56 und Art. 57 VO <[X.]> Nr. 607/2009), ist hier ohne [X.]elang. Nach Art. 118 VO ([X.]) Nr. 1308/2013 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 [X.]uchst. [X.] ([X.]) Nr. 1169/2011 gilt für die Kennzeichnung im Weinsektor in jedem Fall, dass die Angaben nicht irreführend sein dürfen. Der Vorbehalt anderslautender [X.]estimmungen in Art 118 VO ([X.]) Nr. 1308/2013 greift nicht ein. Die Verordnung regelt die Verwendung der [X.]etriebsbezeichnung "Weinkellerei" nicht näher.

Soweit die Klägerin rügt, das Oberverwaltungsgericht hätte auch die [X.] in anderen, insbesondere [X.] Mitgliedstaaten der [X.] in den [X.]lick nehmen müssen, und sie die Frage aufwirft, auf welche Verbraucherkreise abzustellen sei, ist ihr Vorbringen verspätet und deshalb nicht berücksichtigungsfähig. Sie hat diese Rüge erst nach Ablauf der [X.]eschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO erhoben.

b) Auch die weitere Frage,

"ob die Anforderungen für die Verwendung eines gesetzlich nicht durch § 24 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 38 [X.] definierten [X.]egriffs höher sein dürfen als für einen durch diese Regelung gesetzlich definierten [X.]egriff",

rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher [X.]edeutung der Rechtssache. Die Klägerin hält sie für klärungsbedürftig, weil der [X.] für den [X.]egriff der Erzeugerabfüllung entschieden habe, dass der Abfüllvorgang unter bestimmten Voraussetzungen von einem anderen [X.]etrieb als dem [X.] durchgeführt werden könne. Ähnlich sei für den [X.]egriff des Weinguts anerkannt, dass die Weinverarbeitung an einem anderen Ort als dem [X.]etriebssitz stattfinden könne, sofern sie unter betriebsgleichen [X.]edingungen und unter ausschließlicher Leitung, Kontrolle und Verantwortung des Erzeugers erfolge. Die Klägerin sieht darin weniger strenge Anforderungen als sie das Oberverwaltungsgericht für die Verwendung des [X.]egriffs "Weinkellerei" aufgestellt habe, der nicht zu den gesetzlich bestimmten Angaben im Sinne von § 24 Abs. 2 [X.] und § 38 der Weinverordnung ([X.], [X.] der [X.]ekanntmachung vom 21. April 2009, [X.] I S. 827) gehöre. Mit diesem Vorbringen zeigt die [X.]eschwerde keinen fallübergreifenden Klärungsbedarf auf. Nach § 25 Abs. 1 [X.] dürfen Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nr. 1 [X.] nicht mit irreführenden [X.]ezeichnungen, Hinweisen, sonstigen Angaben oder Aufmachungen in den Verkehr gebracht, eingeführt oder ausgeführt oder zum Gegenstand der Werbung gemacht werden. Ob eine Angabe im Sinne des § 25 [X.] irreführend ist, beurteilt sich am Maßstab des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen [X.]. Das gilt gleichermaßen für die Angaben nach § 24 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 38 [X.] wie für sonstige Angaben. Ob gemessen daran eine Angabe irreführend ist, ist eine Frage der Tatsachenwürdigung im Einzelfall. Dementsprechend lässt sich ein Rechtssatz des Inhalts, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Verwendung des [X.]egriffs der Weinkellerei nicht "höher" oder "strenger" sein dürfen als diejenigen für die Verwendung eines [X.]egriffs im Sinne des § 38 [X.], nicht aufstellen.

Soweit die [X.]eschwerde sinngemäß geklärt wissen möchte, ob für die Verwendung der [X.]ezeichnung "Weinkellerei" eigene Lagerkapazitäten und Anlagen zur Weinbehandlung zur Voraussetzung gemacht werden dürfen, obwohl nach der Rechtsprechung des [X.] die Verwendung der Angabe "Erzeugerabfüllung" keine eigene Abfüllanlage des Erzeugers voraussetzt ([X.], Urteil vom 18. Oktober 1988 - [X.]-311/87 [[X.]:[X.]:[X.]:1988:483], Goldenes [X.] - Rn. 9 ff.), ergibt sich auch daraus kein grundsätzlicher Klärungsbedarf. Die Frage ist ohne weiteres zu bejahen. Die Entscheidung des [X.] beruht auf der Auslegung des [X.]egriffs "Erzeugerabfüllung" in Art. 12 Abs. 2 [X.]uchst. q der Verordnung ([X.]) Nr. 355/79 des Rates vom 5. Februar 1979 (zur Aufstellung allgemeiner Regeln für die [X.]ezeichnung und Aufmachung der Weine und der [X.], [X.]. [X.]; vgl. nunmehr Art. 56 Abs. 2 [X.]uchst. b VO <[X.]> Nr. 607/2009 und § 38 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 [X.]). Eine vergleichbare Normierung besteht für den [X.]egriff "Weinkellerei" nicht. Die Rechtsprechung des [X.] zum [X.]egriff der Erzeugerabfüllung ist daher für den Streitfall ohne [X.]edeutung.

c) Die [X.]eschwerde hält außerdem für klärungsbedürftig,

"ob unter einer Weinkellerei nur ein [X.]etrieb zu verstehen ist, der die Weinbereitung in eigenen Räumlichkeiten und mit eigenen Anlagen durch fachkundiges eigenes Personal tatsächlich gestaltet".

Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Sie gehört in den [X.]ereich der Tatsachenfeststellung, die das Revisionsgericht nur auf Verfahrensrügen hin zu überprüfen hat. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass der Verbraucher mit der [X.]ezeichnung "Weinkellerei" ein Unternehmen verbinde, das die Weinbereitung im Wesentlichen in eigenen Räumlichkeiten, mit eigenen Anlagen und durch eigenes Personal vornehme ([X.] ff.). Diese Feststellungen sind für den Senat bindend, weil die Klägerin hiergegen keine Verfahrensrügen erhoben hat.

d) Aus denselben Gründen kommt schließlich auch der Frage,

"ob bei Vorliegen von eigenen Lagerkapazitäten ab einem bestimmten Verhältnis dieser Lagerkapazitäten zur Gesamtproduktion die [X.]ezeichnung als Weinkellerei geführt werden kann",

keine grundsätzliche [X.]edeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Das Oberverwaltungsgericht hat zugrunde gelegt, dass der Durchschnittsverbraucher mit der [X.]ezeichnung "Weinkellerei" ein Unternehmen verbinde, das in angemessenem Umfang über eigene Lagermöglichkeiten verfüge, wobei sich die Angemessenheit der Lagerkapazitäten im Verhältnis zur Gesamtproduktion der Weinbereitung bestimme. Es hat diese Voraussetzungen im Fall der Klägerin nicht als erfüllt angesehen, weil die vorhandenen eigenen Lagerkapazitäten in Höhe von etwa 100 000 l in Relation zur Gesamtproduktion von 2 000 000 l Wein zu gering seien. An diese Tatsachenwürdigung, die die Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, ist der Senat gebunden.

Abgesehen davon ließe sich die aufgeworfene Frage auch nicht fallübergreifend klären. Das Oberverwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass das Unternehmen die Weinbereitung im Wesentlichen in eigenen Räumlichkeiten und mit eigenen Anlagen durch fachkundiges eigenes Personal vornehmen müsse. Danach bedarf es einer einzelfallbezogenen Gesamtwürdigung, bei dem die Lagerkapazitäten eines von mehreren Kriterien sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

3 B 52/15

19.09.2016

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 21. April 2015, Az: 8 A 10050/15, Urteil

Art 35 Abs 1 S 2 EGRL 73/2009

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19.09.2016, Az. 3 B 52/15 (REWIS RS 2016, 5369)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 5369

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