Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2004, Az. 2 StR 2/04

2. Strafsenat | REWIS RS 2004, 3790

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEIL2 StR 2/04vom31. März 2004in der Strafsachegegenwegen gefährlicher Körperverletzung u.a.- 2 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 31. März2004, an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin am [X.]. [X.] [X.] am [X.]. Dr. [X.],die Richterin am [X.]. [X.],[X.] am [X.],die Richterin am [X.]als [X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenklägerin,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 4 -Die Revision der Nebenklägerin gegen das Urteil des [X.] vom 27. Mai 2003 wird verworfen.Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels und diedem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen [X.] tragen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] - 11. [X.] - hatte den Ange-klagten am 8. Februar 2002 wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit ei-nem Verstoß gegen das Waffengesetz sowie gefährlicher Körperverletzung zueiner Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Auf die Revision des Ange-klagten hob der Senat das Urteil durch Beschluß vom 27. November 2002 aufund verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück.Die 16. [X.] hat den Angeklagten nunmehr wegen gefährlicherKörperverletzung in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer halbautomati-schen Selbstladewaffe mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm zu einer Frei-heitsstrafe von vier Jahren verurteilt und die Tatwaffe nebst sichergestellterMunition eingezogen. Hiergegen richtet sich die Revision der Nebenklägerinmit der Sachrüge, welche eine Verurteilung wegen versuchten Totschlags [X.]. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.- 5 -I.Nach den Feststellungen des [X.] lernte der Angeklagte [X.] im Jahr 1997 kennen. Beide hatten zunächst eine harmonischverlaufende Beziehung miteinander. In der Folgezeit trennte sich die Neben-klägerin wiederholt vom Angeklagten, kam aufgrund seiner intensiven Bemü-hungen aber immer wieder mit ihm zusammen. Die letzte, von beiden als end-gültig empfundene Trennung erfolgte im [X.] 2001.Am Abend des 22. Oktober 2001 arbeitete die Nebenklägerin als Bedie-nung in der Gaststätte "Z. A. " in [X.]. Zwischen 1.00 Uhr [X.] verließ sie die Gaststätte gemeinsam mit einem [X.], [X.] am Vorabend kennengelernt hatte. Beide fuhren zunächst ziellos im Fahr-zeug der Nebenklägerin umher, bis die Nebenklägerin einen spärlich beleuch-teten Parkplatz am [X.] ansteuerte, weil sie den [X.]nicht mit zu [X.] nehmen wollte. Der Angeklagte fuhr etwas später ebenfalls aufden Parkplatz und beobachtete die Nebenklägerin und [X.]minutenlang.Verärgert darüber, daß die Nebenklägerin ihn nicht mehr wollte und sich [X.] traf, wollte er sie für ihr Verhalten bestrafen. [X.] er den Parkplatz für kurze Zeit mit seinem Fahrzeug, um eine unter [X.] unter der Motorhaube versteckte halbautomatische Selbst-ladepistole der Marke [X.], Kaliber 7,65 Para, hervorzuholen. Anschließendfuhr er neben das Fahrzeug der Nebenklägerin, schaltete die [X.] ein, öffnete das Fenster auf der Beifahrerseite und richtete die Pistole aufdie Nebenklägerin und [X.], um ihnen Angst einzujagen. Der [X.] sodann mit der Waffe in der Hand aus seinem Fahrzeug aus und ging zur- 6 -Beifahrerseite des Fahrzeugs der Nebenklägerin. Als er die Beifahrertür [X.], ließ die Nebenklägerin ihr Fahrzeug an und fuhr los. Der Angeklagte gabeinen Schuß in die Luft ab. Angesichts ihrer Sitzposition - sie war vor [X.] nach unten gerutscht - und ihrer panischen Angst gelang es der Neben-klägerin nicht, den zweiten Gang einzulegen, auch konnte sie nicht erkennen,wo sie hinfuhr. Nach etwa 150 Metern kam sie vom asphaltierten Teil [X.] ab und geriet auf unbenutzte Bahngleise, wo das Fahrzeug aufdem Gleiskörper liegenblieb.Der Angeklagte war dem Fahrzeug mit seinem Wagen gefolgt, hielt ineiniger Entfernung an und stieg mit der Waffe in der Hand aus. Er ging [X.] zur Beifahrertür und forderte den [X.]auf, wegzugehen, der aberbeim Fahrzeug stehenblieb. Dann lief der Angeklagte um das Fahrzeug herumund forderte die Nebenklägerin auf, auszusteigen. Als sie der [X.] nachkam, hielt er ihr die Pistole an den Kopf und repetierte zur Ein-schüchterung einmal, bevor er zu seinem Wagen zurückrannte und erneut re-petierte, woraufhin [X.] verängstigt weglief. Der Angeklagte kehrte zur [X.] zurück und zog sie an den Haaren aus dem Fahrzeug, wobei er zuihr sagte "Du Hure, Du sollst sterben für das, was Du [X.] angetan hast". [X.], die überzeugt war, daß der Angeklagte sie töten wollte, warfsich auf den Fahrersitz ihres Fahrzeugs zurück und versuchte, in den hinterenBereich zu flüchten, während der Angeklagte direkt vor der geöffneten [X.] stand und den rechten Arm mit der Waffe in Richtung des vorderen [X.] ausgestreckt hatte, der durch die Innenbeleuchtung erhellt war. Als [X.] sich mit den Füßen auf bzw. zwischen den vorderen Sitzen [X.] und ihr Oberkörper an der [X.] anlag, drehte sie ihren Ober-körper in Richtung Fahrertür, wobei ihr Kopf in Höhe der Kopfstützen war. In- 7 -diesem Moment schoß der Angeklagte zweimal. Einer der Schüsse ging [X.] den Innenraum des Fahrzeugs; bei dem zweiten Schuß zielte der Ange-klagte auf den unteren Körperbereich der Nebenklägerin, welcher sich in sei-nem Blickfeld befand. Der Schuß streifte den rechten Unterschenkel der [X.] an der Innenseite im oberen [X.]nbereich und durchschlug ihrenlinken Fuß, so daß die Nebenklägerin laut und schmerzerfüllt wimmerte. [X.], der nun meinte, die Nebenklägerin genug dafür gestraft zu haben,daß sie nichts mehr von ihm wissen wollte und sich mit anderen Männern traf,stieg in seinen Wagen und verließ den Parkplatz, wobei er seine funktionsfähi-ge Waffe mitnahm, in der sich noch zwei Patronen befanden.II.Die Revision ist unbegründet.Die Erwägungen, mit denen das [X.] ein Handeln mit (beding-tem) Tötungsvorsatz verneint hat, lassen Rechtsfehler nicht erkennen.Zwar liegt es bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen nahe, daß [X.] auch mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne dabei zu Tode kom-men, und daß er, weil er gleichwohl sein gefährliches Handeln beginnt oderfortsetzt, einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt. Angesichts der [X.] gegenüber einer Tötung ist jedoch auch immer die Möglichkeitin Betracht zu ziehen, daß der Täter die Gefahr einer Tötung nicht erkannt oderjedenfalls darauf vertraut hat, ein solcher Erfolg werde nicht eintreten (st. [X.]. BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 12, 41, 51).- 8 -Die Strafkammer hat die insoweit gebotene Gesamtschau aller [X.] objektiven und subjektiven Tatumstände vorgenommen. Sie hat die innereTatseite anhand der objektiven Umstände noch ausreichend dargestellt undrechtlich zutreffend gewürdigt. Sie durfte daraus den möglichen Schluß ziehen,daß der Angeklagte ohne Tötungsvorsatz gehandelt hat.Das [X.] hat nicht verkannt, daß bei besonders gefährlichenGewalthandlungen wie im vorliegenden Fall - [X.] in den beengtenvorderen Innenraum eines Fahrzeuges, in welchem sich ein Mensch in hekti-scher Bewegung befindet - ein Tötungsvorsatz nahe liegen kann. Es hat [X.] der Umstände - der Angeklagte war den Umgang mit Waffen geübtund zielte in den Bereich, in dem sich zu dem Zeitpunkt die Beine der Neben-klägerin befanden - angenommen, daß er darauf vertraut habe, die Nebenklä-gerin nur im Bereich der Beine zu verletzen. Das ist jedenfalls eine vom [X.] mögliche Schlußfolgerung der Strafkammer. So-weit es in den Feststellungen [X.] oben, [X.] unten heißt, daß der Ange-klagte auf den in seinem Blickfeld befindlichen unteren Körperbereich der [X.] zielte, womit dem Wortsinn nach auch der besonders empfindlicheUnterleibsbereich gemeint sein könnte, handelt es sich offenbar um eine unge-naue Formulierung. Aus der Darstellung Seite 9 und 20 der Urteilsgründe er-gibt sich, daß sich im Blickfeld des Angeklagten die Beine der Nebenklägerin(in Bewegung) befanden; dies läßt sich auch den weiteren Ausführungen [X.] unten/24 oben entnehmen. Die Würdigung der Strafkammer erscheint [X.] deshalb bedenklich, weil sich die Nebenklägerin in dem Fahrzeug hek-tisch bewegte. Die Nebenklägerin drehte zwar zum Zeitpunkt der [X.]ihren Oberkörper, um den Angeklagten sehen zu können, bewegte sich [X.] mit dem ganzen Körper in Richtung des vorderen [X.] -zurück. Der Umstand, daß der [X.] durch das Lehnenteil des Fahrersit-zes verlief, vermag hier deshalb keine fehlerhafte Würdigung durch das Land-gericht zu belegen, weil die Nebenklägerin nicht auf dem Sitz saß und sich inder abwärts gerichteten Schußrichtung nur ihre Beine befanden. Dafür, daß [X.] ein Abprallen der Kugel und eine dadurch möglicherweise bewirktetödliche Verletzung in sein Vorstellungsbild aufgenommen hätte, ergeben sichaus den Feststellungen keine Anhaltspunkte.Die Äußerung des Angeklagten, die Nebenklägerin töten zu wollen, hatdas [X.] UA S. 9 ersichtlich dahin würdigen wollen, daß er die Neben-klägerin in Todesangst versetzen wollte. Dies läßt keinen Rechtsfehler erken-nen. Die Behauptung der Revision, der Angeklagte habe wiederholt [X.] geäußert, wird durch die Feststellungen nicht belegt. Soweit die Revi-sion vorträgt, der Angeklagte habe richtigerweise in der Dunkelheit hinter dersich in das Auto flüchtenden Geschädigten [X.], wobei ein Schußdas Fahrzeug verfehlte und der andere nur deshalb lediglich die Beine der [X.] traf, weil diese sich in ihrer Todesangst von den Vordersitzen aufdie Rücksitze flüchtete, entfernt sie sich von den tatrichterlichen [X.] 10 -Die von der Revision und dem [X.] erörterte [X.] eines versuchten Totschlags durch Unterlassen ist nach den [X.] tatrichterlichen Feststellungen auszuschließen. Der Angeklagte standunmittelbar vor der Fahrertür, zielte in den erleuchteten Innenraum auf die Bei-ne der Nebenklägerin und traf [X.] und Fuß. Es liegt danach auf der Hand,daß er die durch den Schuß hervorgerufene nicht schwerwiegende Verletzunggesehen hat.[X.] [X.] [X.] Rothfuß Roggenbuck

Meta

2 StR 2/04

31.03.2004

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2004, Az. 2 StR 2/04 (REWIS RS 2004, 3790)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 3790

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.