Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2018, Az. XII ZB 39/18

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 7549

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[X.]:[X.]:BGH:2018:200618BXIIZB39.18.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 39/18

vom

20. Juni 2018

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG §§ 15 Abs. 2 Satz 1, 41 Abs. 1 Satz 2, 63 Abs. 1, 70 Abs. 1 und 3
a)
Entscheidet das [X.] in einem einheitlichen Beschluss über Beschwerden
gegen die Ablehnung eines beantragten [X.]s
und gegen die Anordnung eines [X.], ist die Rechts-beschwerde
ohne Zulassung nur hinsichtlich des Einwilligungsvorbe-
halts statthaft (im [X.] an Senatsbeschluss vom 8.
Juni 2016

XII
ZB
501/15

juris; Abgrenzung zu Senatsbeschlüssen vom 15.
Septem-ber 2010
XII
ZB
166/10
FamRZ 2010, 1897 und vom 25.
März 2015

XII
ZB
621/14
Z 2015, 1178).
b)
Erklärt der Betroffene, dass er die gesamte Betreuung nicht wünscht, so [X.] auch die isolierte Anordnung eines [X.] seinem erklärten Willen. Der Beschluss über die Anordnung des [X.] ist in dem Fall zuzustellen (§
41 Abs.
1 Satz
2 FamFG), um die Be-schwerdefrist in Lauf zu setzen (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 10.
Juli 2013

XII
ZB
411/12

FamRZ 2013, 1566).
BGH, Beschluss vom 20. Juni 2018 -
XII ZB 39/18 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 20.
Juni 2018
durch den Vorsitzenden Richter Dose
und [X.], Dr.
Nedden-Boeger, Dr.
Botur und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird

unter Verwer-fung des Rechtsmittels im Übrigen

der Beschluss der 11.
Zivil-kammer des [X.]s [X.] vom 15.
Januar 2018 aufge-hoben, soweit es den Einwilligungsvorbehalt betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten [X.] und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des [X.], an das [X.] zurückver-wiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
[X.]: 5.000

Gründe:
I.
Die 36jährige Betroffene leidet an einer geistigen Behinderung im Sinne einer Intelligenzminderung leichterer Ausprägung,
wegen derer sie ihre [X.] nicht selbst erledigen kann. Für sie waren
seit 2002 eine Berufsbe-treuerin bestellt
und ein Einwilligungsvorbehalt für den Bereich der [X.] angeordnet. Zuletzt waren die Betreuung und der Einwilligungsvorbehalt am 17.
Dezember 2014 mit [X.] bis zum 16.
Dezember 2021 ver-1
-
3
-
längert worden. Nach Abgabe des Verfahrens an ein anderes [X.] die bisherige Betreuerin entlassen und die Beteiligte zu
1 als
Vereinsbetreu-erin bestellt.
Über den Einwilligungsvorbehalt verhält sich dieser Beschluss nicht.
Die Betroffene hat einen [X.] mit dem Ziel
beantragt, den
Beteiligten
zu
2, den Stiefvater ihres Verlobten,
zum Betreuer zu bestellen.
Dies hat das Amtsgericht abgelehnt, unter anderem weil der Vorgeschlagene
auf-grund erheblicher
eigener Schulden, wegen derer er bereits die eidesstattliche Versicherung über sein Vermögen abgegeben habe,
als Betreuer nicht geeignet sei. Mit weiterem Beschluss vom selben Tag hat das Amtsgericht den Einwilli-gungsvorbehalt für den Bereich der Vermögenssorge erneut angeordnet, nach-dem die neue Betreuerin insoweit um Klärung gebeten hatte.
Beide Beschlüsse hat das Amtsgericht durch Aufgabe zur Post am 7.
August 2017
der Betroffenen
bekanntgegeben;
Feststellungen über eine Bekanntgabe an den Beteiligten zu
2 sind nicht getroffen.
Am 30.
November 2017 haben die Betroffene Beschwerde gegen beide Beschlüsse und der Beteiligte zu
2 Beschwerde gegen die Ablehnung des Be-treuerwechsels
eingelegt. Das [X.] hat in
einem einheitlichen Beschluss die Beschwerden
der Betroffenen verworfen und die
Beschwerde des [X.] zu
2 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Be-troffenen.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen
die
Ableh-nung des [X.]s richtet; sie ist zulässig und begründet, soweit sie 2
3
4
-
4
-
den Einwilligungsvorbehalt betrifft, und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
1. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen
die
Ablehnung des [X.] richtet, ist sie nicht statthaft, weil das [X.] die Rechtsbe-schwerde nicht zugelassen hat (§
70 Abs.
1 FamFG).
Sie ist auch nicht
gemäß §
70 Abs.
3 Nr.
1 FamFG ohne Zulassung statthaft, weil es sich insoweit nicht um ein Verfahren zur Bestellung eines Be-treuers, zur Aufhebung einer Betreuung oder zur Anordnung oder Aufhebung eines [X.] handelt.
Isolierte
Verfahren über die Entlassung eines Betreuers gemäß §
1908
b Abs.
1 BGB und die damit korrespondierende Bestellung eines neuen Betreuers nach §
1908
c BGB werden nicht von den §§
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1, 271 Nr.
1, 2 FamFG erfasst (Senatsbeschluss vom 8.
Juni 2016

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juris Rn.
3 mwN).
Zwar haben
das Amtsgericht mit gesondertem Beschluss vom gleichen Tag auch über die Einrichtung eines [X.] entschieden und das [X.] die gegen beide Beschlüsse gerichteten Beschwerden zur [X.] Entscheidung verbunden. Nach dem Gesetz handelt es sich jedoch bereits bei der Einrichtung der Betreuung und der Anordnung des Einwilli-gungsvorbehalts um unterschiedliche Verfahrensgegenstände (vgl. §§
70 Abs.
3 Nr.
1, 286 Abs.
1 und 2, 293
Abs.
1 Satz
1, 295 Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 FamFG), was für die Entlassung des Betreuers und Bestellung eines neuen Betreuers im Verhältnis zur Anordnung eines [X.] erst recht gilt
(vgl. §
296 FamFG). Es können zwar die Verfahren zur Bestellung eines neuen Betreuers und zur Anordnung eines [X.] zum Zwecke der
gemeinsamen Behandlung und Entscheidung miteinander verbunden wer-5
6
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-
5
-
den. Das bewirkt aber nicht die [X.] der Rechtsbeschwerde für den verbundenen Teil, für den sie von
Gesetzes wegen nicht besteht.
Anders liegt es lediglich bei einer Einheitsentscheidung über die Betreu-ung selbst, bei der
zugleich über die Einrichtung der Betreuung und über die Bestellung des Betreuers entschieden wird. In diesem Fall ist die Rechtsbe-schwerde zulassungsfrei statthaft,
auch
wenn sich der Rechtsbeschwerdeführer
nicht gegen die Anordnung der Betreuung als solche, sondern nur gegen die gleichzeitige Auswahl des Betreuers wendet (vgl. Senatsbeschluss vom 15.
September 2010

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FamRZ 2010, 1897 Rn.
10).
Diese
Zu-lassungsfreiheit der Rechtsbeschwerde kann
dann
auch nicht dadurch vereitelt werden, dass das Gericht die einheitlich zu treffende Entscheidung auf zwei Beschlüsse verteilt (Senatsbeschluss vom 25.
März 2015

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FamRZ
2015, 1178 Rn.
23 mwN).
Wird hingegen bei
einer
bereits bestehenden
Betreuung nachträglich ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, besteht ein solcher Zusammenhang nicht, sodass
anlässlich der nachträglichen Anordnung des [X.] über eine erneute [X.] nicht nach §
1897
BGB, sondern nur nach den eingeschränkten Voraussetzungen der §§
1908
b, 1908
c BGB entschieden werden könnte.
Die Entscheidung über die Entlassung eines Betreuers
gemäß §
1908
b Abs.
1 BGB und die damit korrespondierende Bestellung eines neuen Betreuers nach §
1908
c BGB lassen den Fortbestand der Betreuung ebenso unberührt wie die Frage des [X.].
2. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Anordnung des Einwilli-gungsvorbehalts
richtet, ist sie zulassungsfrei statthaft (§
70 Abs.
3 Nr.
1 FamFG). Sie ist auch begründet, da das [X.] die Erstbeschwerde der 8
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-
6
-
Betroffenen zu Unrecht mit der Begründung verworfen hat, die Beschwerdefrist von einem Monat sei nicht eingehalten worden.
a) Nach §
63 Abs.
1 FamFG ist die Beschwerde innerhalb einer Frist von einem Monat einzulegen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten (§
63 Abs.
3 Satz
1 FamFG). Die
Bekannt-gabe kann durch Zustellung nach den §§
166 bis 195 ZPO oder dadurch [X.] werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Adressaten zur Post gegeben wird (§
15 Abs.
2 Satz
1 FamFG). Welche der beiden Möglichkeiten der Bekanntgabe das Gericht wählt, liegt grundsätzlich in dessen [X.] Ermessen. Eine Wahlmöglichkeit besteht allerdings nicht, wenn spezielle gesetzliche Regelungen eine bestimmte Form vorschreiben. So ist nach §
41 Abs.
1 Satz
2 FamFG ein anfechtbarer Beschluss demjenigen zuzustellen, [X.] erklärtem Willen er nicht entspricht. Deshalb wird in einer Betreuungssache die Beschwerdefrist für einen Betroffenen, der mit der Einrichtung der Betreu-ung oder der Anordnung des [X.] erklärtermaßen nicht ein-verstanden ist, nur dann in Lauf gesetzt, wenn der Beschluss über die [X.] wirksam an ihn selbst zugestellt wurde
(vgl. Senatsbeschluss vom 10.
Juli 2013

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FamRZ 2013, 1566 Rn.
8 mwN).
b) Danach war im vorliegenden Fall eine förmliche Zustellung des [X.] über die Anordnung des [X.] an die
Betroffene erforderlich. Denn diese hatte mehrfach erklärt, dass sie die gesamte Betreu-ung nicht wünscht, was auch
den Einwilligungsvorbehalt ergreift.
11
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7
-
3. Der angefochtene Beschluss kann daher, soweit es den Einwilligungs-vorbehalt betrifft, keinen Bestand haben. Insoweit ist er aufzuheben und die Sache an das
[X.] zurückzuverweisen.

Dose

Schilling

Nedden-Boeger

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.08.2017 -
61 [X.] 272/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 15.01.2018 -
11 [X.]/17 -

13

Meta

XII ZB 39/18

20.06.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2018, Az. XII ZB 39/18 (REWIS RS 2018, 7549)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7549

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