Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.01.2012, Az. XI R 13/10

11. Senat | REWIS RS 2012, 10039

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Gegenstand

Keine Vorsteuerberichtigung wegen Entnahme bei Einbringung einer vermieteten Wohnung als Sonderbetriebsvermögen in eine GbR


Leitsatz

1. NV: Eine Entnahme von Gegenständen ist eine tatsächliche, vom Willen des Unternehmers gesteuerte, nicht auf eine Gegenleistung abzielende Wertabgabe des Unternehmens zu unternehmensfremden Zwecken.

2. NV: Eine Entnahme von Gegenständen aus dem Unternehmen liegt nur dann vor, wenn der Vorgang bei entsprechender Ausführung an einen Dritten als Lieferung bzw. Werklieferung anzusehen wäre.

3. NV: Die Zugehörigkeit eines Gegenstandes des Anlagevermögens zum Unternehmensvermögen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne richtet sich grundsätzlich nach der Zuordnung des Gegenstandes zum Unternehmen.

4. NV: Die Nutzungsüberlassung einer Wohnung, die ein Unternehmer seinem Vermietungsunternehmen zugeordnet hat, an eine GbR, deren Mitunternehmer er ist, schließt nicht zwingend die fortdauernde Zuordnung dieser Wohnung zum Unternehmen i.S. des § 2 UStG aus.

5. NV: Die ertragsteuerrechtliche und umsatzsteuerrechtliche Zuordnung einer Wohnung können auseinanderfallen, da das Umsatzsteuerrecht mit seinen unionsrechtlichen Vorgaben eigene Voraussetzungen aufstellt, die nicht denen des deutschen Ertragsteuerrechts entsprechen müssen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führte in den Jahren 1995 bis 1997 an seinem in [X.] belegenen Gebäude erhebliche Baumaßnahmen durch und machte entsprechende [X.] geltend. Das bisher einstöckige Gebäude wurde u.a. um zwei Etagen aufgestockt. Das Erdgeschoss und das [X.] vermietete der Kläger steuerpflichtig an eine GmbH, über deren Vermögen im Jahr 1999 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Danach wurde im [X.] das [X.] zu einer Wohnung umgebaut und ab Dezember 2000 umsatzsteuerfrei an einen Dritten vermietet. Ab 2004 war die Tochter des [X.] Mieterin der Wohnung.

2

Bei der Umsatzsteuerfestsetzung für 2000 sah der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) in der im [X.] erfolgten steuerfreien Vermietung des [X.]es eine "Entnahme" des Gebäudeteils aus dem Unternehmensvermögen und berichtigte die bisher anerkannten Vorsteuern von 42.270,17 DM nach § 15a Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) i.V.m. § 44 Abs. 4 der [X.] dahingehend, dass Vorsteuern in Höhe von (72/120 von 42.270,17 DM =) 25.362,10 DM zurückgefordert wurden (Umsatzsteuerbescheid für 2000 vom 7. September 2004 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. Juni 2008).

3

Das Finanzgericht ([X.]) führte u.a. aus, das [X.] sei zu Recht von einer "Entnahme" der Wohnung aus dem unternehmerischen Bereich des [X.] ausgegangen. Entsprechend dem Vortrag des [X.], dass das Erdgeschoss und das [X.] im [X.] als Sonderbetriebsvermögen des [X.] bei der Y-GbR --bestehend aus dem Kläger und seiner [X.] eingebracht worden sei, habe dieser Gegenstand nicht mehr dem Unternehmen des [X.] gedient. Dieser Vorgang sei als "Entnahmeverbrauch" zu beurteilen.

4

Allerdings sei der Umfang der Vorsteuerkorrektur vom [X.] zu hoch angesetzt worden. Der maßgebliche Korrekturbetrag belaufe sich auf (72/120 von 28.875 DM =) 17.325 DM.

5

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 925 und [X.] Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2011, 631 veröffentlicht.

6

Mit seiner Revision beruft sich der Kläger auf die Verletzung materiellen Rechts. Das [X.] habe § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG oder § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG und § 15a UStG unzutreffend ausgelegt.

7

Die Auffassung des [X.], im Streitfall habe eine "Entnahme" i.S. von § 15a Abs. 4 UStG stattgefunden, sei unzutreffend. Nach der Rechtsprechung des [X.] --[X.]-- (Urteil vom 21. April 1988 [X.]/83, [X.], 175, [X.] 1988, 746) sei eine Entnahme "ein tatsächlicher Vorgang, bei dem der Unternehmer einen zuvor dem unternehmerischen Bereich zugeordneten Gegenstand endgültig aus diesem Bereich herausnimmt; es handelt sich um eine tatsächliche (vom Willen des Unternehmers gesteuerte) [X.] des Unternehmens." Diese Rechtsprechung sei uneingeschränkt auf den nunmehr geltenden § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG übertragbar. Im Streitfall seien die Räume nicht für außerunternehmerische Zwecke verwendet worden.

8

Der Kläger beantragt, das [X.]-Urteil aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 2000 dahingehend zu ändern, dass bei der Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG für das [X.] ein Betrag von 240,63 DM (entsprechend 123,04 €) zu berücksichtigen ist.

9

Das [X.] beantragt, die Sache gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) an das [X.] zurückzuverweisen.

Es hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung, dass infolge der Vermietung der Räume im [X.] eine "Entnahme" des Gebäudeteils aus dem Unternehmen stattgefunden habe, nicht mehr fest. Dementsprechend sei auch keine Vorsteuerkorrektur nach § 15a Abs. 4 UStG durchzuführen.

Für das Streitjahr 2000 sei aber § 15a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 UStG anzuwenden. Die danach vorzunehmende Vorsteuerberichtigung erstrecke sich nicht nur auf einen Monat (Dezember), sondern habe für den gesamten [X.]raum zu erfolgen, ab dem eine geänderte Verwendungsabsicht für die Räume im [X.] (umgebaute Wohnung) bestanden habe. In diesem Zusammenhang sei offen, ob die Räume in der [X.] von Januar 2000 bis November 2000 leer gestanden hätten oder ob eine Vermietung an die GbR erfolgt sei. Mit dem Umbau der Büro-, Schulungs- und Sanitärräume im [X.] solle im Juli 2000 begonnen worden sein.

Damit sei unklar, welcher [X.]raum für die Vorsteuerberichtigung zu berücksichtigen sei. Es sei denkbar, dass nicht erst ab Dezember 2000, sondern zumindest ab Beginn des Umbaus ab Juli 2000 --ggf. ab einem früheren [X.]punkt-- eine Änderung der Verhältnisse i.S. des § 15a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 UStG anzunehmen sei.

Der Kläger führt hierzu ergänzend aus: Soweit das [X.] nunmehr eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 i.V.m. § 15a Abs. 2 UStG für zutreffend halte, sei die Sache spruchreif im Sinne einer Klagestattgabe entsprechend der begehrten nur ratierlichen Berichtigung der Vorsteuer. Denn der [X.] sei gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O an die tatsächlichen Feststellungen des [X.] gebunden. Danach beginne der Berichtigungszeitraum (erst) ab Dezember 2000. Im Übrigen sei das [X.] insoweit nicht zu eigenen Ermittlungen verpflichtet gewesen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

Das [X.] hat zu Unrecht eine "Entnahme" des [X.]es des Gebäudes aus dem Unternehmensvermögen des [X.] bejaht und ist daher unzutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung i.S. von § 15a Abs. 4 i.V.m. § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG ausgegangen. Der [X.] kann aufgrund der vom [X.] getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ab welchem [X.]punkt die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung i.S. von § 15a Abs. 1 i.V.m. § 15a Abs. 2 UStG vorliegen.

1. Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, innerhalb von fünf Jahren seit dem Beginn der Verwendung, so ist nach § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Boden tritt an die Stelle des [X.]raums von fünf Jahren ein solcher von zehn Jahren (§ 15a Abs. 1 Satz 2 UStG).

Nach § 15a Abs. 2 Satz 1 UStG ist bei der Berichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG für jedes Kalenderjahr der Änderung in den Fällen des Satzes 1 von einem Fünftel und in den Fällen des Satzes 2 von einem Zehntel der auf das Wirtschaftsgut entfallenden Vorsteuerbeträge auszugehen.

Nach § 15a Abs. 4 Satz 1 UStG liegt eine Änderung der Verhältnisse auch vor, wenn das noch verwendungsfähige Wirtschaftsgut vor Ablauf des nach § 15a Abs. 1 bis 3 UStG maßgeblichen [X.] veräußert oder nach § 3 Abs. 1b UStG geliefert wird und dieser Umsatz für den Vorsteuerabzug anders zu beurteilen ist als die Verwendung im ersten Kalenderjahr. Nach § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG wird die Entnahme eines Gegenstandes durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt.

Gemäß § 15a Abs. 6 UStG ist die Berichtigung nach § 15a Abs. 4 UStG so vorzunehmen, als wäre das Wirtschaftsgut in der [X.] von der Veräußerung oder Lieferung i.S. des § 3 Abs. 1b UStG bis zum Ablauf des maßgeblichen [X.] unter entsprechend geänderten Verhältnissen weiterhin für das Unternehmen verwendet worden.

2. Zwischen den Beteiligten ist zu Recht nunmehr unstreitig, dass die Voraussetzungen für eine Vorsteuerberichtigung nach  § 15a Abs. 4 UStG nicht erfüllt sind, weil eine Entnahme i.S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG nicht vorliegt.

a) Eine Entnahme von Gegenständen ist eine tatsächliche, vom Willen des Unternehmers gesteuerte, nicht auf eine Gegenleistung abzielende [X.] des Unternehmens zu unternehmensfremden Zwecken (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 3. November 1983 [X.]-5/73, [X.], 115, [X.] 1984, 169, unter [X.]; vom 26. April 1995 [X.], [X.], 474, [X.] 1996, 248, unter 2.; [X.] in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 3 Rz 329).

Eine Entnahme eines Gegenstandes aus dem Unternehmen i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG liegt nur dann vor, wenn der Vorgang bei entsprechender Ausführung an einen [X.] als Lieferung bzw. Werklieferung anzusehen wäre (vgl. [X.] in [X.], UStG, 10. Aufl., § 3 Rz 144; [X.] in [X.]/Söhn/ [X.], § 3 UStG Rz 74b). Dabei können auch wirtschaftlich abgrenzbare Teile eines Gebäudes Gegenstand einer Lieferung sein (vgl. [X.]/Ringleb, a.a.[X.], § 3 Rz 93 unter Hinweis auf Art. 13 Teil [X.]. g der [X.]/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - nunmehr Art. 135 Abs. 1 Buchst. j der Richtlinie 2006/112 [X.] des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--, [X.], 1).

Der Begriff der Entnahme i.S. von § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG ist deckungsgleich mit dem Begriff der Entnahme in Art. 16 MwStSystRL ([X.] in Sölch/Ringleb, a.a.[X.], § 3 Rz 327).

b) Die Annahme des [X.], eine "Entnahme" des Gebäudeteils in Gestalt der Wohnung im [X.] liege darin, dass der Kläger diese im [X.] der GbR durch Überführung in sein Sonderbetriebsvermögen "zur Verfügung" gestellt habe, ist unzutreffend.

Denn dieser Vorgang --seine Richtigkeit unterstellt-- erfüllt nicht die Tatbestandsmerkmale einer "Entnahme" i.S. des § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG.

aa) Die Zugehörigkeit eines Gegenstandes des Anlagevermögens zum Unternehmensvermögen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne richtet sich grundsätzlich nach der Zuordnung des Gegenstands zum Unternehmen (vgl. z.B. [X.] in Sölch/Ringleb, a.a.[X.], § 1 Rz 27, und zur Zuordnungsentscheidung bei gemischt genutzten Gebäuden z.B. [X.]-Urteile vom 7. Juli 2011 [X.]2/09, [X.] 2011, 1980; vom 19. Juli 2011 [X.], [X.], 556, [X.] 2011, 2198, unter II.1.c).

bb) Im Streitfall hat der Kläger nach den Feststellungen des [X.] das gesamte Gebäude zu [X.] im Rahmen seines von ihm betriebenen Vermietungsunternehmens genutzt, so dass umsatzsteuerrechtlich das gesamte Gebäude --einschließlich des das [X.] umfassenden Gebäudeteils-- dem Unternehmen des [X.] zugeordnet war (vgl. dazu z.B. [X.]-Urteil in [X.], 474, [X.] 1996, 248, unter 1.; Korn in [X.], a.a.[X.], § 2 Rz 153 ff., m.w.N.).

Der Kläger hat weder ausdrücklich eine Entnahme dieses Gebäudeteils (1. Obergeschoß) erklärt, noch ihn konkludent seinem Unternehmensvermögen entnommen.

cc) Die vom [X.] angenommene --und als wesentlich angesehene-- ertragsteuerrechtliche Behandlung der Wohnung im [X.] des Gebäudes "als Sonderbetriebsvermögen des [X.] bei der [X.]" steht dieser Beurteilung nicht entgegen.

Denn die Nutzungsüberlassung einer Wohnung, die ein Unternehmer seinem Unternehmen zugeordnet hat, an eine GbR, deren Mitunternehmer er ist, schließt nicht zwingend die fortdauernde Zuordnung dieser Wohnung zum Unternehmen i.S. des § 2 UStG aus. Die ertragsteuerrechtliche und umsatzsteuerrechtliche Zuordnung einer Wohnung können auseinanderfallen, da das Umsatzsteuerrecht i.V.m. dem Unionsrecht für die Zuordnung eigene Voraussetzungen aufstellt, die nicht denen des [X.] Ertragsteuerrechts entsprechen müssen.

Zwar kann für die Frage, ob ein Unternehmer ein Wirtschaftsgut umsatzsteuerrechtlich seinem Unternehmen zugeordnet hat, auch die bilanzielle und ertragsteuerliche Behandlung dieses Wirtschaftsguts ein Indiz für die umsatzsteuerliche Behandlung sein (vgl. [X.]-Urteil in [X.] 2011, 1980, unter II.3., m.w.N.). So kann z.B. der Umstand, dass der Unternehmer gewillkürtes Betriebsvermögen nicht bilanziert, ein Indiz dafür sein, dass er es auch umsatzsteuerrechtlich nicht seinem Unternehmen zuordnet (vgl. [X.]-Urteile vom 31. Januar 2002 [X.], [X.], 372, [X.] 2003, 813, unter [X.] cc; vom 28. Februar 2002 [X.], [X.], 216, [X.] 2003, 815, unter II.2.a).

Eine ertragsteuerrechtliche Behandlung eines zuvor dem Unternehmen zugeordneten Wirtschaftsguts als Sonderbetriebsvermögen bedeutet aber nicht, dass diese umsatzsteuerrechtliche Zuordnung zum Unternehmen nun nicht mehr besteht (vgl. auch zur umsatzsteuerrechtlichen Unmaßgeblichkeit von Sonderbetriebsvermögen für die Frage einer finanziellen Eingliederung im Rahmen einer Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG: [X.]-Urteile vom 22. April 2010 [X.], [X.], 433, [X.] 2011, 597, unter [X.]; vom 1. Dezember 2010 [X.], [X.], 550, [X.] 2011, 600, unter II.3.d bb).

c) Auch die ab Dezember 2000 erfolgte steuerfreie Vermietung der Wohnung im [X.] des Gebäudes erfüllt entgegen der ursprünglich vom [X.] vertretenen Rechtsauffassung nicht die Voraussetzungen einer "Entnahme" i.S. des § 15a Abs. 4 UStG i.V.m. § 3 Abs. 1b UStG. Denn die Zugehörigkeit der Wohnung zum Unternehmensvermögen des [X.] wird nicht durch den Umstand beeinflusst, ob die Vermietung steuerfrei oder steuerpflichtig erfolgt. Dies kann lediglich Auswirkungen auf den Umfang des Vorsteuerabzugs haben, weil für [X.], die für steuerfreie Ausgangsumsätze verwendet werden, nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.

3. Das [X.] ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Denn die tatsächlichen Feststellungen des [X.] erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ab welchem [X.]punkt im Streitjahr 2000 ggf. eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a Abs. 1 UStG i.V.m. § 15a Abs. 2 UStG in Betracht kommt.

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.], an die der [X.] gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O gebunden ist, wurde die im [X.] befindliche Wohnung im [X.] umsatzsteuerfrei an einen [X.] vermietet. Festgestellt ist, dass diese Vermietung ab Dezember 2000 stattgefunden hat. Damit haben sich die [X.] gegenüber der erstmaligen --für den Vorsteuerabzug [X.] Verwendung geändert (vgl. dazu z.B. [X.]-Urteil vom 9. Februar 2011 [X.], [X.], 86, [X.] 2011, 1000, unter [X.]). Denn das [X.] war bis Ende 1999 steuerpflichtig an die GmbH vermietet. Auch dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.

Den tatsächlichen Feststellungen des [X.] lässt sich aber nicht entnehmen, ob im [X.] bereits vor Dezember und ggf. ab welchem [X.]punkt eine Vermietung an die [X.] stattgefunden hat bzw. beabsichtigt war. Für diesen Fall hätten sich möglicherweise die Verhältnisse i.S. von § 15a Abs. 1 UStG schon zu einem früheren [X.]punkt geändert (vgl. z.B. Wagner in Sölch/Ringleb, a.a.[X.], § 15a [X.], Heidner in [X.], a.a.[X.], § 15a Rz 16).

Entgegen der Auffassung des [X.] wäre ein etwaiger Leerstand der Räume vor Dezember 2000 in diesem Zusammenhang unbeachtlich, weil der [X.] seine diesbezüglich ergangene Rechtsprechung (z.B. Urteil vom 12. Mai 1993 [X.]-65/90, [X.]E 172, 152, [X.] 1993, 849) wegen der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung inzwischen aufgegeben hat ([X.]-Urteil vom 25. April 2002 [X.]/00, [X.]E 200, 434, [X.] 2003, 435).

b) Was den Beginn des [X.] angeht, besteht abweichend von der Auffassung des [X.] keine Bindung an entsprechende tatsächliche Feststellungen des [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O, da diese insoweit fast gänzlich fehlen. Insoweit reicht es nicht für eine Bindung des [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O aus, dass das [X.] --ausgehend von dem seinerzeit gegebenen [X.] die ursprüngliche und den angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Auffassung des [X.] bestätigt hat, der Berichtigungszeitraum beginne (erst) im Dezember 2000. Die pauschale Bezugnahme des [X.] im Tatbestand seines Urteils auf "die gewechselten Schriftsätze" und die "vorgelegten Behördenakten" können die fehlenden eigenen tatsächlichen Feststellungen des [X.] zu den Tatsachen nicht ersetzen (vgl. z.B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 118 [X.]O Rz 217 f., m.w.N.; Gräber/ von [X.], Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 37, m.w.N.).

Das [X.] wird die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.

Meta

XI R 13/10

18.01.2012

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 12. November 2009, Az: 6 K 1396/08, Urteil

§ 2 UStG, § 3 Abs 1b S 1 Nr 1 UStG, § 3 Abs 9a Nr 1 UStG, § 15a Abs 1 UStG, § 15a Abs 2 UStG, § 15a Abs 4 UStG, § 44 Abs 4 UStDV, Art 16 EGRL 112/2006

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 18.01.2012, Az. XI R 13/10 (REWIS RS 2012, 10039)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 10039

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