Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2000, Az. II ZR 308/98

II. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2353

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:8. Mai 2000BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: neinBGB §§ 705, 738, 138 Aa; GG Art. 12a) [X.] ein Gesellschafter aus einer Freiberuflersozietät gegen [X.] Abfindung aus, welche auch den Wert des Mandantenstammes [X.] soll, hat dies mangels abweichender Abreden zur Folge, daß derausscheidende Gesellschafter die Mandanten der Sozietät nicht mitneh-men darf, sondern sie - längstens für zwei Jahre - seinen [X.] belassen [X.] 2 -b) [X.]n, die für den Fall des Ausscheidens eines [X.]ers aus einer Freiberuflersozietät vereinbart werden, enthaltenein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, das räumlich und gegen-ständlich hinreichend bestimmt ist. Soweit eine solche Klausel das zeit-lich tolerable Maß von zwei Jahren überschreitet, führt dies nicht zurNichtigkeit der Abrede, sondern hat lediglich die zeitliche Begrenzungdes Mandantenschutzes auf längstens zwei Jahre zur Folge.[X.], Urteil vom 8. Mai 2000 - [X.] - [X.] 3 -Der II. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch [X.] h.c. Röhricht und [X.] Prof. Dr. [X.], Prof. [X.], [X.] und die RichterinMünkefür Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten und Widerkläger wird das [X.] 13. Zivilsenats des [X.] vom 7. Oktober 1998 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der klagende Rechtsanwalt war seit 1992 mit den beiden [X.] verbunden, zu welcher drei Tochter-Steuerbera-tungsgesellschaften gehörten. Aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs [X.], daß der Kläger zum 31. Dezember 1994 aus der Sozietät ausgeschiedenist. § 9 des [X.] bestimmt über die Auseinandersetzung beimAusscheiden eines Partners u.a. [X.] -"1.Der ausgeschiedene Partner erhält als Auseinandersetzungs-guthaben den seiner Gewinnbeteiligung {beim Kläger [X.] 9 %} entsprechenden Anteil am Jahresumsatz, zuzüglichdes Saldos auf seinem Verrechnungskonto. Maßgeblich istder Umsatz des letzten Geschäftsjahres der Sozietät; [X.] von Tochterunternehmen sind entsprechend der Beteili-gungsquote der Sozietät einzubeziehen. Damit ist auch seinentsprechender Anteil an den stillen Reserven und am "[X.]" der Praxis abgegolten.2.Wird die Praxis beim Ausscheiden eines Partners von keinemder verbleibenden Partner fortgeführt, tritt an die Stelle [X.]. Abs. 1 der [X.] [X.] ist ... in halbjährlichenRaten auszuzahlen ... ."Das nach diesen Berechnungsregeln zugunsten des [X.] beläuft sich auf 181.332,78 DM. Unter Bezugnahme auf § 9 Abs. 3des [X.] hat der Kläger, der sich zunächst einer höheren Abfin-dung berühmt hatte, von den Beklagten die Zahlung dieses Betrages nebstZinsen verlangt. Die Beklagten haben geltend gemacht, ihnen stünden die [X.] weit übersteigende Schadenersatzansprüche zu, weil [X.] unter Verstoß gegen das in § 10 des [X.] ("Es [X.] grundsätzlich Mandantenschutz für die Sozietät") niedergelegte [X.] abgeworben habe und diese in der im Dezember 1994 mit einemanderen Partner gegründeten [X.] unter Einsatz einer frü-heren Mitarbeiterin einer der drei Tochtergesellschaften der früheren Sozietätbetreue. Sie haben deswegen gegenüber der [X.] erklärt und mit der Widerklage Zahlung des [X.] von 248.536,-- DM nebst Zinsen [X.] -Das [X.] hat die Klage abgewiesen und der Widerklage in [X.] 193.726,62 DM entsprochen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Widerklage abgewiesen und der Klage stattgegeben.Entscheidungsgründe:Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.[X.] hat angenommen, § 10 des [X.]begründe keine Pflichten, deren Verletzung die von den Beklagten erhobenenSchadenersatzansprüche auslösen könnten. § 10 enthalte nämlich, wie sichaus dem Wort "grundsätzlich" und der mangelnden Bestimmtheit der Aussageergebe, lediglich einen Programmsatz; im übrigen wäre die Klausel aber auchwegen ihrer fehlenden zeitlichen, räumlichen und gegenständlichen Begren-zung nichtig, wenn man ihr Regelungsgehalt beilegen wollte. Dies hält inmehrfacher Hinsicht der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.[X.] Berufungsgericht mißdeutet das in § 10 des [X.]verwandte Wort "grundsätzlich", verletzt den Grundsatz der beiderseits inter-essengerechten Auslegung ([X.].Urt. v. 26. Januar 1998 - [X.], ZIP1998, 605, 606 m.w.N.), indem es die genannte Bestimmung isoliert und ohneihren Zusammenhang mit § 9 des [X.] betrachtet, und wird bei- 6 -seiner [X.] zur Nichtigkeit der [X.] von einemFehlverständnis der Bedeutung und Tragweite einer solchen Vereinbarunggeleitet.1. Der [X.] der Parteien enthält in den §§ 9 und 10 aufein-ander abgestimmte, der Annahme des Berufungsgerichts, der [X.] solle keinen rechtsverbindlichen Charakter haben, entgegenstehendeRegelungen. Nach § 9 aaO ist das [X.] eines [X.] Gesellschafters als gewinnproportionaler Anteil am letzten Jah-resumsatz der Sozietät einschließlich ihrer Töchter zu ermitteln. Damit erhältder Betroffene - wie in § 9 Abs. 1 Satz 3 aaO ausdrücklich bestimmt wird - zu-gleich seinen Anteil an den stillen Reserven und am "good will" der Sozietät.Diese Regelung tritt an die Stelle der in früheren Entscheidungen des [X.]atsals angemessene Auseinandersetzung einer Freiberuflersozietät bezeichnetenRegelung, daß die Sachwerte geteilt werden und jeder Partner die rechtlichnicht beschränkte Möglichkeit erhält, um Mandanten der bisherigen Praxis zuwerben ([X.].Urt. v. 6. Dezember 1993 - [X.], [X.], 378, 380;[X.].Urt. v. 6. März 1995 - [X.], [X.], 833, 834). Da bei einer So-zietät von Freiberuflern der in den Beziehungen zu den Mandanten bestehende"good will" in aller Regel den entscheidenden Wert der Gesellschaft ausmacht,hat eine diesen Wert - wie hier verabredet - einbeziehende [X.] zur Voraussetzung, daß der ausscheidende Gesellschafter [X.] seinen bisherigen Partnern belassen muß. Anderenfalls er-hielte er eine überhöhte Abfindung, weil die übernommenen Mandate danndoppelt - einmal durch die Beteiligung an dem in der Zahlung des Auseinan-dersetzungsguthabens einbezogenen "good will", zum anderen durch dieÜbernahme der Mandate selbst - berücksichtigt [X.] 7 -2. Dieser schon in § 9 aaO angelegte Gedanke wird durch die [X.] in § 10 aaO zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht und steht derAnnahme entgegen, die Parteien hätten, was grundsätzlich möglich ist([X.].Urt. v. 6. März 1995 aaO), eine Kumulation von einer den "good will" ein-beziehenden Abfindungszahlung und des Rechts des Zugriffs auf den [X.] vereinbart. Bei der gebotenen den Wortlaut, die Systematik, denSinn und die Interessen beider Teile berücksichtigenden Auslegung kann [X.] § 10 aaO verwendeten Wort "grundsätzlich" nicht ein fehlender Rechtsbin-dungswille der Parteien entnommen werden. Vielmehr ist der [X.], daß der ausgeschiedene Gesellschafter, welcher die in § 9 aaOdefinierte Abfindung beansprucht, keine Mandanten der Sozietät betreuen darf,sofern nicht im Einzelfall etwas von diesem Grundsatz Abweichendes verein-bart wird oder - wie noch unten auszuführen sein wird - die [X.] abgelaufen ist,während deren der Anspruch auf Wahrung von Mandantenschutz längstensgerechtfertigt [X.] Die danach von Rechtsbindungswillen getragene Mandantenschutz-klausel ist entgegen der [X.] des Berufungsgerichts nicht wegen"Unbestimmtheit und Unkonkretheit" nichtig. Vielmehr ist die [X.] und gegenständlich hinreichend bestimmt. Die fehlende zeitliche Be-grenzung der den ausgeschiedenen Kläger treffenden [X.] nicht zur Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit.Nach der zu nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ergangenen stän-digen Rechtsprechung des [X.]ats sind derartige Beschränkungen der Berufs-ausübungsfreiheit nur dann wirksam, wenn sie räumlich, zeitlich und gegen-ständlich das notwendige Maß nicht überschreiten ([X.].Urt. v. 14. Juli 1997 - [X.], [X.], 1707 m.w.N.). Ihre Rechtfertigung finden sie allein darin,die Partner des ausgeschiedenen Gesellschafters vor einer illoyalen Verwer-tung der Erfolge der gemeinsamen Arbeit oder vor einem Mißbrauch der Aus-übung der Berufsfreiheit zu schützen. Dagegen darf ein solches [X.] rechtlich nicht dazu eingesetzt werden, den ehemaligen Partner als po-tentiellen Wettbewerber auszuschalten. Soweit sich dieser in hinreichenderräumlicher Entfernung [X.] und seinen Beruf ausübt, ist das berechtigteAnliegen der verbleibenden Gesellschafter, vor [X.] ge-schützt zu sein, ebenso wenig berührt, wie wenn der ehemalige Partner aufeinem nicht von der Sozietät gewählten anderen Berufsfeld tätig wird. [X.] gilt, wenn sich durch [X.]ablauf - der [X.]at legt hier einen [X.]raumvon nicht mehr als zwei Jahren zugrunde - die während der Zugehörigkeit [X.] geknüpften Verbindungen typischerweise so gelockert haben, daßder ausgeschiedene Partner wie jeder andere Wettbewerber behandelt [X.]. Verstößt eine solche [X.] allein gegen diese zeitlicheGrenze, ohne daß weitere Gründe vorliegen, deretwegen die [X.] als sittenwidrig zu qualifizieren sind, läßt der Se-nat ([X.].Urt. v. 14. Juli 1997 aaO unter 3. m.w.N.) eine geltungserhaltendeReduktion auf das zeitlich tolerable Maß zu.Diesen Maßstäben entspricht die in § 10 aaO niedergelegte Regelung.Als [X.] ist sie gegenüber einem allgemeinen nachver-traglichen Wettbewerbsverbot bereits insofern eingeschränkt, als sich die [X.] nur auf die bisherigen Mandanten der Sozietät beschränkt, die derausscheidende Partner nicht mitnehmen darf. Hierin liegt die gebotene gegen-ständliche und räumliche Begrenzung, denn der Kläger darf alle anderendenkbaren Mandanten am Ort der Sozietät wie auch anderenorts betreuen, diesich mit Anliegen der Steuerberatung, der Wirtschaftsprüfung oder [X.] -sorgung an ihn wenden, ohne seine nachvertraglichen Verpflichtungen gegen-über seinen früheren Mitgesellschaftern zu verletzen. Daß dieses Gebot, [X.] zu gewähren, zeitlich nicht befristet ist, macht die [X.] sittenwidrig und nichtig, sondern führt - wie oben ausgeführt - lediglichdazu, daß der Kläger für eine zweijährige Frist wettbewerblich in der [X.] wird, daß er ehemalige Mandanten der Sozietät nicht betreuendurfte. Dabei ist unerheblich, ob er sie, wie die Beklagten behauptet haben,abgeworben hat oder ob sie sich aus freien Stücken an ihn gewandt haben,weil eine [X.], die, wie die hier geltende, auch den "good will"erfaßt, nur dann ungestört wirken kann, wenn der ausgeschiedene Partnernicht neben der Abfindungssumme das Mandat selbst und die mit ihm verbun-denen Vorteile an sich zieht. Soweit Mandanten die verbliebenen Partner nichtweiter beauftragen, sondern zu Dritten abwandern, geht dies zu Lasten derfortgeführten Sozietät, deren Risiko es ist, die - im Verhältnis zu dem ausge-schiedenen Gesellschafter - ihnen zustehenden Mandanten an sich binden [X.] Da unstreitig der Kläger jenem bindenden Verbot zuwider in dem frag-lichen [X.]raum Mandanten der früheren Sozietät in seiner neuen Gesellschaftbetreut hat, kann auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellun-gen über den geltend gemachten Abfindungsanspruch nicht befunden werden.Ob er überhaupt noch und ggfs. in welcher Höhe er besteht, ist von der vondem Berufungsgericht von seinem abweichenden Standpunkt aus folgerichtignicht geprüften Frage abhängig, welche Mandate der Kläger in seine neue [X.] mitgenommen hat, welcher Wert damit den Beklagten entzogen [X.] zugeflossen ist und ob dies nur zu einer Anrechnung auf den der [X.] rechnerisch im Ausgangspunkt übereinstimmend mit 181.332,78 [X.] oder sogar zu einer Verurteilung des- 10 -[X.] auf die Widerklage hin führt. Damit das Berufungsgericht - ggfs. [X.] des Sachvortrags der Parteien - die dafür erforderlichen Feststel-lungen treffen kann, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen.Röhricht[X.]Goette Kurzwelly Münke

Meta

II ZR 308/98

08.05.2000

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2000, Az. II ZR 308/98 (REWIS RS 2000, 2353)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2353

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