Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2016, Az. 5 StR 255/16

5. Strafsenat | REWIS RS 2016, 3411

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Gegenstand

Revision in Strafsachen: Überprüfung tatrichterlicher Beweiswürdigung zur Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe beim schweren Raub sowie zur Zuordnung von Betäubungsmitteln und einer Schusswaffe zum Betäubungsmittelhandel des Angeklagten


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. November 2015 mit den Feststellungen aufgehoben

a) in den Fällen [X.] und [X.] der Urteilsgründe und

b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.

2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil mit den Feststellungen aufgehoben

a) im Fall [X.] der Urteilsgründe und

b) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe.

3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

4. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

- Von Rechts wegen –

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub, wegen Beihilfe zum schweren Raub und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit seiner Revision beanstandet der Angeklagte das Verfahren und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision, die vom [X.] weitgehend vertreten wird, in den Fällen [X.] und [X.] der Urteilsgründe eine Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlicher Tatbegehung und im Fall [X.] der Urteilsgründe seine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG. Die Revisionen erzielen jeweils den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet.

I.

2

Das [X.] hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

1. Der Angeklagte war gut bekannt mit dem früheren Mitangeklagten und gesondert Verurteilten [X.], dem er mehrfach Betäubungsmittel geliefert hatte. Er schlug [X.], der Geld durch Raubtaten erlangen wollte, in zwei Fällen Tatobjekte vor, ohne selbst bei der Tatausführung in Erscheinung treten zu wollen.

4

a) Zunächst gab der Angeklagte ihm den Tipp für einen Raubüberfall auf das Juweliergeschäft „D.     “ in [X.]       . Beide fuhren dorthin und beobachteten das Geschäftslokal, das danach auch [X.]     als Tatobjekt für geeignet hielt. Dieser gewann für die Tatbegehung drei Mittäter. Mit dem gesondert verfolgten Mittäter [X.].    begab er sich erneut nach [X.]      , um dort die Öffnungszeiten und die Arbeitsgewohnheiten des [X.] auszukundschaften. Er plante den Raubüberfall so akribisch, dass der Angeklagte aufgrund des Zeitablaufs mehrmals nachfragte, wann nun die Tat stattfinden solle. Nach der ursprünglichen Planung des von [X.]     und seinen Komplizen am Vormittag des 9. März 2013 schließlich durchgeführten Überfalls sollte dabei eine Gaspistole des Mittäters [X.]. verwendet werden. Da dieser seine Pistole jedoch nicht dabei hatte, erklärte sich der Angeklagte morgens auf telefonische Anfrage [X.]     s bereit, ihm eine Waffe für den Überfall zur Verfügung zu stellen. [X.]     holte bei ihm eine mit scharfer Munition geladene Pistole ab, die er anschließend an [X.].    übergab, damit dieser sie zur Drohung einsetzen konnte.

5

Bei dem nachfolgenden Überfall auf das Juweliergeschäft, dessen Inhaber die [X.]husswaffe vorgehalten wurde, erbeuteten [X.]     und seine Komplizen Gold, [X.]hmuck und Bargeld im Gesamtwert von 33.000 Euro. Auf der Flucht vom [X.] gab [X.]. einen [X.]huss in Richtung des ihn verfolgenden geschädigten [X.] ab und verfehlte ihn knapp. Das erbeutete Bargeld wurde zwischen [X.]     und seinen drei Komplizen geteilt. Das Gold veräußerte [X.]     und beteiligte an dem Erlös nur noch [X.].   . Der Angeklagte, der als Tippgeber grundsätzlich an der Beute beteiligt werden sollte, erhielt kein Geld. [X.]     übergab ihm einen Teil des erbeuteten [X.]hmucks zur Veräußerung, ohne dass [X.]     hierfür später einen Erlös erhielt (Fall [X.] der Urteilsgründe).

6

b) Weiterhin machte der Angeklagte dem früheren Mitangeklagten [X.]     den Vorschlag, ein Internetcafé in [X.]    zu überfallen, in dem sich ein Filialgeschäft des Geldtransferunternehmens [X.]     befand. Er wusste, wo dort Geld aufbewahrt wurde, und ihm war bekannt, dass insbesondere freitags größere Geldmengen vorhanden wären und dann eine Beute von etwa 10.000 Euro in Aussicht stehen würde. Er gab seine Informationen an [X.]     weiter, und es wurde der Plan entwickelt, das Internetcafé an einem Freitag zu überfallen. [X.], der die Tat gemeinsam mit den gesondert verfolgten Mittätern [X.].    und M.    begehen wollte, kundschaftete zunächst mit dem Angeklagten und M.    die Örtlichkeit des geplanten Überfalls aus, bei dem eine [X.]hreckschusswaffe benutzt werden sollte.

7

Nach einer weiteren Erkundung der Geschäftsräume durch [X.]     und M.    begaben sich beide gemeinsam mit [X.]. zur Ausführung der Tat am 3. Mai 2013, einem Freitag, zum Internetcafé. Wegen der zu großen Anzahl von Besuchern verschoben sie die Tatbegehung jedoch um zwei Tage. Bei ihrem Raubüberfall am Abend des 5. März 2013 wurde der geschädigte Geschäftsinhaber mit einer Pistole bedroht, die – was dem Angeklagten nicht bekannt war – mit scharfer Munition geladen war. Die Beute betrug lediglich 300 Euro. Als [X.]     und M.    am nächsten Tag hiervon dem Angeklagten berichteten, verlangte dieser gleichwohl seinen zuvor verabredeten Anteil von 20 % an der Beute; sie wurde letztlich aber nur unter den Mittätern [X.].    aufgeteilt (Fall [X.] der Urteilsgründe).

8

c) [X.] hat den Angeklagten in beiden Fällen jeweils als Gehilfen angesehen und ihn im Fall [X.] wegen Beihilfe zum besonders schweren Raub gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 2 Nr. 1, 27 StGB und im Fall [X.] wegen Beihilfe zum schweren Raub gemäß §§ 249 Abs. 1, 250 Abs. 1 Nr. 1b, 27 StGB verurteilt. Sie hat bei ihrer Bewertung der Beteiligungsform maßgeblich darauf abgestellt, dass der Angeklagte, der nicht mehr in die weitere Ablaufplanung oder die Auswahl von Mittätern eingebunden gewesen sei, abgesehen von der Übergabe der Waffe im Fall [X.] weder den genauen Zeitpunkt noch die Art der Tatausführung beeinflusst habe. Dies spreche gegen eine üblicherweise einem Mittäter zukommende Tatherrschaft.

9

2. a) In einer von ihm angemieteten und allein genutzten Dachgeschosswohnung, die ihm zur Lagerung und Portionierung sowie als „Drogenküche“ zur Streckung von Betäubungsmitteln diente und bis auf eine Küchenzeile und einen Werkstattwagen unmöbliert war, verwahrte der Angeklagte insgesamt 1.425 g Marihuana (THC-Wirkstoffanteil 80,5 g) und 1.248 g Amphetamin (114 g Amphetaminbase) nebst 3 kg Streckmittel und Verpackungsmaterial. Die Betäubungsmittel, die er gewinnbringend verkaufen wollte, wurden bei einer Durchsuchung am 8. Dezember 2014 sichergestellt. Dabei wurden in einem unverschlossenen [X.]hrank im Hausflur vor der Wohnung auch Haschischplatten mit einem Gesamtgewicht von 997 g gefunden, bei denen sich eine mit elf Patronen geladene Pistole befand (Fall [X.] der Urteilsgründe).

b) Eine eindeutige Zuordnung der im [X.] der Wohnung gefundenen Haschischplatten nebst [X.]husswaffe hielt die [X.] nicht für möglich, da dieses Rauschgift in einem unverschlossenen [X.]hrank gelagert habe, der sich im Hausflur in einem über das Treppenhaus für mehrere Personen zugänglichen Bereich befunden habe. Sie hat daher zu Gunsten des Angeklagten angenommen, dass das Haschisch und die Waffe dort von einer dritten Person deponiert worden sein könnten.

II.

Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Aufhebung der [X.]huldsprüche in den Fällen [X.] und [X.] Insoweit hält die revisionsgerichtlicher Kontrolle nur begrenzt zugängliche Beweiswürdigung des [X.]s rechtlicher Überprüfung nicht stand. Im Übrigen ist das Rechtsmittel aus den Gründen der Antragsschrift des [X.]s unbegründet.

1. Die Beweiswürdigung zu Fall [X.] erweist sich als lückenhaft.

In den Urteilsgründen wird die Aussage des als Zeugen vernommenen Mittäters [X.].    nur am Rande mit der Feststellung erwähnt, er habe zu einer Beteiligung des Angeklagten an der Tat in [X.]       nichts bekunden können ([X.]). Damit lässt sich dem Urteil nicht entnehmen, ob sich dieser Zeuge zu der Behauptung des einzigen Belastungszeugen [X.]     geäußert hat, [X.].    habe am Morgen der Tat seine beim Überfall als Waffe vorgesehene Gasdruckpistole vergessen, sodass er, [X.], kurzfristig eine andere Waffe habe beschaffen müssen, die er [X.].    danach ausgehändigt habe. Diese Darstellung hat das [X.] seiner Feststellung zugrunde gelegt, dass der Angeklagte die Tatwaffe zur Verfügung gestellt habe. Eine Hinterfragung dieser eine Tatbeteiligung des Angeklagten betreffenden [X.]hilderung [X.]     s hat insbesondere deshalb nahe gelegen, weil ihr zufolge der Mittäter [X.].    entgegen der ursprünglichen Planung nunmehr eine scharfe Waffe verwendet und mit ihr auch geschossen hatte. Auch versteht es sich nach den Urteilsgründen nicht von selbst, weshalb [X.]     gemeinsam mit seinen Mittätern zur Beschaffung einer Tatwaffe einen Umweg zum [X.] in [X.]uf genommen haben will, statt [X.].    veranlasst zu haben, seine „vergessene" Waffe noch zu holen. Eine nähere inhaltliche Auseinandersetzung mit der Aussage des Zeugen [X.].   , in dessen [X.] die gemeinsame Fahrt mit [X.]     zum [X.] und die Umstände einer Beschaffung der Tatwaffe fielen, ist hier angesichts der auch vom [X.] bei Würdigung der Beweislage angenommenen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation geboten gewesen, zumal das [X.] zu Recht davon ausgegangen ist, dass bei dem Zeugen [X.], der mit seinen früheren Aussagen in den Genuss einer Strafmilderung nach § 46b StGB kommen wollte, die Gefahr einer Falschbelastung des Angeklagten bestanden habe.

Hinzu kommt, dass das [X.] bei den [X.]hilderungen des Zeugen [X.], denen es „eine hohe [X.]“ beigemessen hat, eine erhebliche Divergenz in seinen Angaben zur Fahrt zum [X.] und zur Reihenfolge von Beschaffung der Waffe und Fahrtantritt unzureichend gewürdigt hat: Während [X.]     nach seiner Zeugenaussage in der Hauptverhandlung die Waffe auf der gemeinsamen Fahrt zum [X.] beim Angeklagten besorgt haben will ([X.]), schilderte er in seiner früheren Einlassung als Angeklagter in seinem eigenen Verfahren, erst die Waffe beim Angeklagten in [X.]    besorgt und sich hernach mit den Mittätern in seiner Wohnung in [X.].        getroffen zu haben, um sodann zum [X.] nach [X.]       zu fahren ([X.]). Diese Abweichung hat das [X.] verkürzend allein unter dem Gesichtspunkt der Fahrt zum [X.] als eine nur unterlassene Erwähnung eines „Zwischenstopps" gewürdigt ([X.]). Bei der Erörterung dieses Aspekts hat es zudem nicht erkennbar den Umstand aussagekritisch bedacht, dass bei der von [X.]     als Zeugen behaupteten Komplikation einer erst „kurzfristig“ am Morgen des [X.] von ihm zu beschaffenden anderen Tatwaffe trotz eines erheblichen [X.] mit zwei Zwischenhalten auf dem Weg von [X.].        nach [X.]       , bei denen auch eine längere Fahrtstrecke in einer zum [X.] entgegengesetzten Richtung zurückzulegen war, die ursprünglich geplante Tatzeit von 9:30 Uhr ([X.]) mit der tatsächlich festgestellten Tatzeit von 9:40 Uhr ([X.]) nahezu eingehalten wurde.

2. Auch hinsichtlich des Falls [X.] beruhen die Feststellungen auf keiner tragfähigen Beweiswürdigung.

Zwar hat sich das [X.] bei seiner Überzeugungsbildung nicht nur auf die Aussage des Zeugen [X.], sondern auch auf die des weiteren Mittäters M.     stützen können. Zudem hatte der Angeklagte zu diesem von ihm ebenfalls bestrittenen Tatvorwurf eingeräumt, mit [X.]     und M.     den späteren [X.] in [X.]    einmal aufgesucht und von [X.]     erfahren zu haben, dass dieser dort Geld an sich bringen wolle. Im Rahmen seiner Gesamtwürdigung hat das [X.] jedoch ausgeführt, dass sich bereits „ein Muster im strafrechtlichen Verhalten“ des Angeklagten [X.], der sich als Tippgeber für Überfälle im Hintergrund halte und sich für seine Informationen entlohnen lasse ([X.]). Insoweit hat das [X.] allerdings maßgeblich auf die indizielle Bedeutung der festgestellten ersten Tatbeteiligung beim Überfall in [X.]        abgestellt und damit auf einen Umstand, der – nach den vorstehenden Ausführungen zu II.1 – nicht berücksichtigt werden durfte.

3. Die Aufhebung der Verurteilung in den Fällen [X.] und [X.] zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.

III.

Die Revision der Staatsanwaltschaft führt überdies zur Aufhebung der Verurteilung im Fall [X.] der Urteilsgründe (dazu unter III.2). Darauf, dass das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft in den Fällen [X.] und [X.] der Urteilsgründe auch zu Gunsten des Angeklagten wirkt (§ 301 StPO), kommt es nach dem diesbezüglichen Erfolg der Revision des Angeklagten nicht mehr an (vgl. [X.], Urteile vom 23. Januar 2003 – 4 [X.], NJW 2003, 2036, 2037; vom 11. März 2003 – 1 [X.], [X.], 186, 189; vom 15. Juli 2008 – 1 [X.]; vom 28. September 2011 – 2 [X.]; vom 20. Dezember 2012 – 4 StR 55/12, [X.]St 58, 102, 110, und vom 14. August 2014 – 4 [X.], NJW 2014, 3382, 3384 mwN). Im Übrigen ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft unbegründet, soweit sie sich zu Ungunsten des Angeklagten gegen die [X.]huldsprüche in den Fällen [X.] und [X.] wendet (dazu nachfolgend unter III.1).

1. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen in den Fällen [X.] und [X.] hält die Bewertung der Beteiligung des Angeklagten an den beiden Raubtaten lediglich als Beihilfe rechtlicher Prüfung stand.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist Mittäter, wer [X.] fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen [X.] erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den von seiner Vorstellung umfassten gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am [X.], der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, sodass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich von seinem Willen abhängen ([X.], Urteil vom 15. Januar 1991 – 5 [X.], [X.]St 37, 289, 291; Beschlüsse vom 29. September 2005 – 4 [X.], [X.], 94; vom 26. März 2014 – 5 [X.], und vom 14. Juli 2016 – 3 [X.], [X.], 392, 393). In Grenzfällen hat der [X.] dem Tatgericht für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Lässt das angefochtene Urteil erkennen, dass das Tatgericht die genannten Maßstäbe erkannt und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre ([X.], Urteile vom 17. Juli 1997 – 1 StR 781/96, NJW 1997, 3385, 3387; vom 20. Januar 1998 – 5 [X.], [X.], 136; vom 31. Oktober 2001 – 2 [X.], NStZ-RR 2002, 74, 75; vom 17. Oktober 2002 – 3 [X.], [X.], 253, 254; vom 10. November 2004 – 5 [X.], [X.], 71; vom 27. September 2012 – 4 [X.], NStZ-RR 2013, 40, 41, und vom 10. Dezember 2013 – 5 StR 387/13).

b) Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, dass die [X.] diese Maßstäbe erkannt und ihrer Beurteilung der [X.] des Angeklagten zugrunde gelegt hat. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie unter ausdrücklicher Darstellung der vorgenannten Abgrenzungskriterien im Rahmen der rechtlichen Würdigung der Raubtaten eine differenzierende Betrachtung der jeweiligen [X.] des Angeklagten vorgenommen hat. Dabei hat die [X.] berücksichtigt, dass der Angeklagte an der konkreten Tatplanung und unmittelbaren Tatausführung durch [X.]     und dessen Mittäter nicht beteiligt war. Umstände, die für mittäterschaftliches Handeln sprechen könnten, hat sie nicht außer [X.] gelassen, deren Gewicht jedoch mit vertretbaren Erwägungen relativiert.

So hat das [X.] im Hinblick auf eine Beteiligung an der Beute gesehen, dass der Angeklagte im Fall [X.] keinen festen prozentualen Anteil erhalten sollte und von [X.]     erst nach Teilung zwischen ihm und seinen Mittätern beteiligt wurde, die von dem Angeklagten als Tippgeber auch nichts wussten (vgl. [X.], Urteil vom 31. Oktober 2001 – 2 [X.], NStZ-RR 2002, 74, 75). Im Fall [X.] erhielt er letztlich nicht den vereinbarten prozentualen Anteil an der Beute, der für die mittäterschaftliche Beteiligung eines Tippgebers sprechen kann (vgl. [X.], Urteil vom 26. April 1990 – 4 [X.], [X.]R StGB § 25 Abs. 2 Tatherrschaft 4). Soweit der Angeklagte im Rahmen der Tatvorbereitung vor beiden Raubtaten die Örtlichkeiten mit [X.]     in Augenschein nahm, machte es dessen weiteres eingehendes Auskundschaften mit anderen Tatgenossen zur näheren Tatplanung nicht entbehrlich. Die Zurverfügungstellung der Tatwaffe durch den Angeklagten im Fall [X.] war zwar eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung des geplanten [X.], jedoch erfolgte dies nicht aufgrund eigener Initiative des Angeklagten. Im Rahmen seiner Gesamtwürdigung hat das [X.] die Nähe der [X.] des Angeklagten zur Beteiligungsform der Mittäterschaft nicht verkannt, allerdings maßgeblich darauf abgestellt, dass vor allem die fehlende Tatherrschaft für Teilnahmehandlungen in Form der Beihilfe sprechen.

Das [X.] hat das Beweisergebnis danach umfassend gewürdigt und sich bei der Einordnung der Beteiligung des Angeklagten noch im tatrichterlichen Beurteilungsspielraum gehalten. Dass eine andere Bewertung möglich gewesen wäre, macht das gefundene Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft.

2. Die Verurteilung im Fall [X.] der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung hingegen nicht stand. Die Revision wendet sich mit Recht gegen die Beweiswürdigung, die der unterlassenen Zuordnung der Haschischplatten und der [X.]husswaffe zum Betäubungsmittelhandel des Angeklagten zugrunde liegt, und gegen den [X.]huldspruch nur wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

a) Das Revisionsgericht hat es allerdings grundsätzlich hinzunehmen, wenn das Tatgericht Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht zu überwinden vermag; dies gilt auch für die Verwirklichung der Voraussetzungen einer Qualifikation. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob ihm Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht etwa der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft ist oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit übertriebene Anforderungen gestellt worden sind. Insbesondere ist es weder im Hinblick auf den [X.] noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (st. Rspr., vgl. [X.], Urteile vom 23. März 1995 – 4 [X.], NJW 1995, 2300, 2301, und vom 3. Juni 2015 – 5 StR 55/15, [X.], 255, 256 mwN).

b) Hier hat das [X.] die Anforderungen an die für eine Verurteilung erforderliche richterliche Überzeugungsbildung überspannt. [X.]hon angesichts der räumlichen Nähe des unverschlossenen [X.]hranks zu der allein vom Angeklagten genutzten Dachgeschosswohnung war es wahrscheinlich, dass er das Haschisch und die Waffe dort abgelegt hatte, zumal sich in diesem Obergeschoss keine weitere Wohnung befand. In die gebotene Gesamtwürdigung aller Umstände wäre weiter einzustellen gewesen, dass der Angeklagte erhebliche Mengen Rauschgift auch in dieser Wohnung lagerte, ohne sämtliche in seinem Besitz befindlichen Betäubungsmittel dort zu konzentrieren, wie die in seiner Privatwohnung zeitgleich am 8. Dezember 2014 sichergestellten 78 g Marihuana belegen. Demgegenüber entbehrt die Annahme des [X.]s, das Haschisch und die Waffe könnten ungesichert von einer anderen, unbekannten Person im [X.] vor der Wohnung des Angeklagten aufbewahrt worden sein, einer realen Anknüpfungsgrundlage. Es handelt sich um eine rein theoretische Überlegung, auf die das Tatgericht vernünftige Zweifel an der Täterschaft des Angeklagten nicht stützen kann.

3. Die Aufhebung der Verurteilung im Fall [X.] der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.

4. Das neue Tatgericht wird, um seiner Kognitionspflicht (§ 264 Abs. 1 StPO) hinsichtlich des dem Angeklagten mit der Anklageschrift vom 14. Januar 2015 vorgeworfenen Betäubungsmitteldelikts zu genügen, den im [X.] der Urteilsgründe festgestellten Sachverhalt auch hinsichtlich der am 8. Dezember 2014 in der Privatwohnung des Angeklagten sichergestellten 78 g Marihuana zu würdigen haben, die das [X.] der zum Handeltreiben bestimmten Menge nicht zugerechnet hat ([X.]). Insoweit kommt bei erneuter Feststellung, dieses Rauschgift habe seinem Eigenkonsum gedient, eine Verurteilung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in Betracht.

Sander                     [X.]hneider                          Berger

                Bellay                          Feilcke

Meta

5 StR 255/16

25.10.2016

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Saarbrücken, 20. November 2015, Az: 3 KLs 40/15

§ 25 Abs 2 StGB, § 27 StGB, § 250 StGB, § 261 StPO, § 29 BtMG, §§ 29ff BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.10.2016, Az. 5 StR 255/16 (REWIS RS 2016, 3411)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3411

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