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PDF anzeigen [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 [X.] vom 28. April 2006 in der Strafsa[X.]he gegen wegen Betrugs - 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Grund der Verhandlung vom 12. April 2006 in der Sitzung am 28. April 2006, an denen teilgenommen haben: Vorsitzende Ri[X.]hterin am [X.] [X.] und die Ri[X.]hterin am [X.] Dr. [X.], [X.] am [X.] Prof. Dr. Fis[X.]her, die Ri[X.]hterin am [X.] Roggenbu[X.]k, [X.] am [X.] Dr. Appl, Oberstaatsanwalt beim [X.] , Staatsanwalt beim [X.] als Vertreter der [X.], Re[X.]htsanwalt [X.] in der Verhandlung [X.] , Re[X.]htsanwalt [X.] in der Verhandlung [X.] , Re[X.]htsanwalt in der Verhandlung und bei der Verkündung als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Ges[X.]häftsstelle, für Re[X.]ht erkannt: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 29. April 2004 mit den zugehörigen [X.] aufgehoben. Die Sa[X.]he wird zu neuer Verhandlung und Ents[X.]heidung, au[X.]h über die Kosten des Re[X.]htsmittels, an eine Strafkammer des [X.] zurü[X.]kverwiesen. Von Re[X.]hts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Betrugs in Tateinheit mit Inverkehrbringen von Lebensmitteln unter irreführender Bezei[X.]hnung zu einer Freiheitsstrafe von a[X.]ht Jahren verurteilt und die Si[X.]herungsverwahrung ange-ordnet. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung materiellen und formellen Re[X.]hts und ma[X.]ht [X.] geltend. Das Re[X.]htsmittel hat mit einer Verfahrensrüge Erfolg. 1 1. Na[X.]h den Feststellungen des angefo[X.]htenen Urteils fasste der Ange-klagte den Plan, gemeins[X.]haftli[X.]h mit seinem S[X.]hwager [X.], der als Inhaber der Firma [X.]im Handel mit ökologis[X.]h erzeugten Agrarprodukten tätig war, seiner damaligen Ehefrau [X.], seinem [X.] [X.] und seinem Nef-fen [X.] konventionell erzeugtes Speise- und Futtergetreide, konventio-nell erzeugten Raps und konventionell erzeugte Hülsenfrü[X.]hte als Ware aus 2 - 4 - kontrolliert ökologis[X.]hem Anbau gemäß VO ([X.]) 2092/91, deren Preis etwa doppelt so ho[X.]h war wie für konventionelle Ware, zu verkaufen. Entspre[X.]hend diesem Plan s[X.]hloss [X.] ab Juni 1999 in 58 Fällen Verträge über die Liefe-rung von —[X.] oder —Ökofi-Erzeugnissen aus EU-konformem Anbau, wobei 27 Verträge die Lieferung von [X.], die übrigen Verträge Futtermittel betrafen. Die tatsä[X.]hli[X.]h gelieferten Produkte stammten aus konventionellem Anbau, was die Abnehmer ni[X.]ht erkannten. Der [X.] der [X.] betrug insgesamt 11.627.458,28 DM, der Preis für konventionelle [X.] hätte hingegen nur 7.055.088,37 DM betragen, so dass den Abnehmern ein S[X.]haden von 4.572.369,91 DM entstanden ist. 2. [X.] liegen ni[X.]ht vor. Nur s[X.]hwere Mängel einer An-klages[X.]hrift führen zu ihrer Unwirksamkeit. Sa[X.]hli[X.]he Lü[X.]ken der Anklages[X.]hrift begründen nur dann ein Verfahrenshindernis, wenn die angeklagten Taten [X.] der Anklages[X.]hrift ni[X.]ht genügend konkretisierbar sind, so dass unklar bleibt, auf wel[X.]hen konkreten Sa[X.]hverhalt si[X.]h die Anklage bezieht und wel[X.]hen Umfang die Re[X.]htskraft eines daraufhin ergehenden Urteils haben würde ([X.], 133; 1992, 553). Au[X.]h wenn der [X.] hier lü[X.]kenhaft ist (dazu unter 3.), erfüllt die Anklage die Umgrenzungsfunktion no[X.]h hinrei[X.]hend, da der Angeklagte die einzelnen Tatvorwürfe dem wesentli[X.]hen Ergebnis der Ermittlungen entnehmen konnte (vgl. BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 12). 3 3. Der Rüge der Verletzung des § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO, weil der in der Hauptverhandlung verlesene [X.] keine ausrei[X.]hende Konkretisie-rung der einzelnen Tatvorwürfe und Tatumstände enthalte, ist hingegen [X.]. 4 a) Die Anklages[X.]hrift vom 16. November 2001 warf dem Angeklagten vor, in der [X.] vom 4. Juli 1999 bis zum 24. August 2000 in [X.], [X.]5 - 5 - und an anderen Orten gemeins[X.]haftli[X.]h handelnd in 104 Fällen als Mitglied [X.], die si[X.]h zur fortgesetzten Begehung von Straftaten na[X.]h § 263 StGB verbunden hat, gewerbsmäßig in der Absi[X.]ht, si[X.]h oder einem Dritten ei-nen re[X.]htswidrigen Vermögensvorteil zu vers[X.]haffen, das Vermögen anderer dadur[X.]h bes[X.]hädigt zu haben, dass er dur[X.]h Vorspiegelung fals[X.]her Tatsa[X.]hen einen Irrtum erregte und in 38 Fällen tateinheitli[X.]h hierzu entgegen § 17 Nr. 5 [X.] Lebensmittel unter irreführender Angabe in den Verkehr gebra[X.]ht zu ha-ben. Der [X.] bes[X.]hrieb allgemein den [X.] und die Tatausführung und teilte mit, dass mit Kunden der Firma [X.]
des mitangeklagten [X.] des Angeklagten 38 Verträge über [X.] und 74 Verträge über [X.] aus kontrolliert biologis[X.]hem Anbau ges[X.]hlossen worden [X.], tatsä[X.]hli[X.]h aber in 1058 Einzelpartien 28.670.034 kg Ware aus konventio-nellem Anbau zu einem Gesamtpreis von 11.192.953,35 DM geliefert worden war. Die notwendigen Einzelheiten zu den [X.], den Vertragspartnern oder zu den Lieferungen, wie zum Beispiel wann mit wem wel[X.]her Vertrag über wel[X.]hes Erzeugnis zu wel[X.]hem Preis ges[X.]hlossen worden ist und dur[X.]h wel[X.]he [X.] (Produkt, Menge, [X.]punkt) die Verträge erfüllt wurden, ent-hielt erst das wesentli[X.]he Ergebnis der Ermittlungen. Dieses ist aber gerade ni[X.]ht na[X.]h § 243 Abs. 3 Satz 1 StPO zu verlesen. b) Dieser [X.] genügt ni[X.]ht den Anforderungen des § 200 Abs. 1 Satz 1 StPO. Dana[X.]h ist die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat sowie [X.] und Ort ihrer Begehung so genau zu bezei[X.]hnen, dass die Identität des ge-s[X.]hi[X.]htli[X.]hen Vorgangs dargestellt und erkennbar wird, wel[X.]he bestimmte Tat gemeint ist; sie muss si[X.]h von anderen glei[X.]hartigen strafbaren Handlungen des [X.] unters[X.]heiden lassen. Dabei muss die S[X.]hilderung umso konkreter sein, je größer die allgemeine Mögli[X.]hkeit ist, dass der Angeklagte verwe[X.]hsel-bare weitere Straftaten glei[X.]her Art verübt hat (st. Rspr., vgl. BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 3, 7, 20; [X.] StPO 48. Aufl. § 200 Rdn. 7; [X.] - 6 - dorf in [X.]. § 200 Rdn. 3; [X.] in Löwe/[X.] StPO 25. Aufl. § 200 Rdn. 13). Dana[X.]h ist, um der Informationsfunktion der Anklage gere[X.]ht zu werden, bei einer Serie von Straftaten erforderli[X.]h, dass die dem Angeklagten im einzelnen vorgeworfenen Tathandlungen na[X.]h Tatzeit, [X.], Tatausführung und anderen individualisierenden Merkmalen ausrei[X.]hend bes[X.]hrieben und dargelegt werden ([X.] aaO § 200 Rdn. 14 b). So genügt es grundsätzli[X.]h ni[X.]ht, den Tatzeitraum na[X.]h Beginn und Ende einzugrenzen, die in allen Fällen glei[X.]hartige Begehungsweise allgemein zu s[X.]hildern und dabei den [X.] herbeigeführten Gesamts[X.]haden zu beziffern (vgl. [X.], 275, 276; vgl. aber au[X.]h [X.], [X.], 275, 276). Eine [X.] wird, beispielsweise bei [X.] sexuellen Kindesmissbrau[X.]hs na[X.]h der Re[X.]htspre[X.]hung nur dann zugelassen, wenn eine Individualisierbarkeit na[X.]h genauer Tatzeit und genauem Ges[X.]hehensablauf bei der Begehung einer [X.] glei[X.]hartiger Taten ni[X.]ht mögli[X.]h ist und dies zu gewi[X.]htigen Lü[X.]ken in der Strafverfolgung führen würde und wenn es im Rahmen der Anklageerhebung wenigstens gelingt, das Tatopfer, die Grundzüge der Art und Weise der Tatbe-gehung, einen bestimmten Tatzeitraum und die (Hö[X.]hst-)Zahl der vorgeworfe-nen Straftaten, die Gegenstand der Anklage sein sollen, mitzuteilen (vgl. BGHSt 40, 44, 46; [X.] aaO § 200 Rdn. 14 b, 14 [X.] m.w.[X.]). [X.]) Die dana[X.]h erforderli[X.]he hinrei[X.]hende Konkretisierung der Tat muss si[X.]h grundsätzli[X.]h s[X.]hon aus dem [X.] ergeben, um der Informations-funktion der Anklage gere[X.]ht zu werden. Der Zwe[X.]k der Verlesung des Ankla-gesatzes (§ 243 Abs. 3 Satz 1 StPO) geht dahin, [X.] [X.] die S[X.]höffen [X.], denen der Inhalt der Anklage no[X.]h ni[X.]ht bekannt ist, sowie die Öffentli[X.]hkeit darüber zu unterri[X.]hten, auf wel[X.]hen ges[X.]hi[X.]htli[X.]hen Vorgang si[X.]h das Verfahren bezieht, und ihnen zu ermögli[X.]hen, während der ganzen Verhandlung ihr Augenmerk auf die Umstände zu ri[X.]hten, auf die es in tatsä[X.]hli[X.]her und re[X.]htli[X.]her Hinsi[X.]ht ankommt. Den Prozessbeteiligten soll 7 - 7 - Gewissheit darüber vermittelt werden, auf wel[X.]he Tat sie ihr Angriffs- und [X.] einzuri[X.]hten haben (vgl. BGHR StPO § 243 Abs. 3 Ankla-gesatz 2; [X.], 1057; [X.] aaO § 243 Rdn. 23; [X.] in Löwe/[X.] StPO 25. Aufl. § 243 Rdn. 50 m.w.[X.]). Diesen Anforderungen genügte der [X.] hier ni[X.]ht. d) Ein Beruhen des Urteils auf dem Gesetzesverstoß vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem [X.] ni[X.]ht auszus[X.]hließen. Zwar kann in Ausnahmefällen der Verhandlungsverlauf es trotz mangelhaftem oder überhaupt ni[X.]ht verlesenem [X.] allen Verfahrensbeteiligten gestatten, den Tatvorwurf im erforderli[X.]hen Umfang zu erfassen und ihre Prozessführung entspre[X.]hend einzuri[X.]hten, nämli[X.]h dann, wenn die Sa[X.]h- und Re[X.]htslage [X.] und übers[X.]haubar ist oder wenn die Prozessbeteiligten auf andere Weise über den Gegenstand des Verfahrens unterri[X.]htet worden sind (vgl. [X.], 214; bei [X.] NStZ 1991, 28; BGHR StPO § 243 Abs. 3 [X.] 2; [X.] aaO § 243 Rdn. 107; [X.] aaO § 243 Rdn. 38). Ein sol-[X.]her Ausnahmefall liegt hier angesi[X.]hts des Umfangs des Prozessstoffs (1058 [X.], 139 Hauptverhandlungstage) jedo[X.]h ersi[X.]htli[X.]h ni[X.]ht vor. 8 4. Zu den übrigen Verfahrensrügen bemerkt der Senat Folgendes: Re[X.]h-te des Angeklagten können bei re[X.]htsmissbräu[X.]hli[X.]hem Verhalten einge-s[X.]hränkt oder sogar ganz verwirkt werden. Für das Beweisantragsre[X.]ht gelten insoweit die Grundsätze der Ents[X.]heidung [X.], 111, gegebenenfalls können au[X.]h die vom 5. Strafsenat, Bes[X.]hluss vom 14. Juni 2005 - 5 [X.] ([X.], 113 m. Anm. [X.] und m. Anm. [X.] 2006, 125) auf-gezeigten Lösungsmögli[X.]hkeiten erwogen werden. Das Re[X.]ht auf ein faires Verfahren und das Re[X.]ht des Angeklagten, si[X.]h selbst zu verteidigen (Art. 6 Abs. 3 Bu[X.]hst. [X.] und [X.]) gebieten es allerdings, permanent zu überprü-fen, ob eine Bes[X.]hränkung der Verteidigungsre[X.]hte des Angeklagten weiterhin 9 - 8 - erforderli[X.]h ist. Eine vorweggenommene Eins[X.]hränkung des letzten Wortes kommt nur unter ganz besonderen Umständen in Betra[X.]ht, insbesondere wenn feststeht oder si[X.]her zu erwarten ist, dass der Angeklagte das letzte Wort in re[X.]htsmissbräu[X.]hli[X.]her Weise ausübt oder ausüben wird. 5. Die Sa[X.]hrüge zeigt keinen Re[X.]htsfehler auf, insbesondere gehen die Einwendungen des Angeklagten gegen die Anwendung des § 263 StGB ins Leere. 10 6. Der Senat hat angesi[X.]hts der Besonderheiten des Verfahrens von § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alternative Gebrau[X.]h gema[X.]ht und die Sa[X.]he an ein an-deres [X.] zurü[X.]kverwiesen. 11 [X.] [X.] Fis[X.]her Roggenbu[X.]k RiBGH Appl ist urlaubs-
bedingt ortsabwesend und
deshalb an der Unters[X.]hrift
gehindert. [X.]
Meta
28.04.2006
Bundesgerichtshof 2. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.04.2006, Az. 2 StR 174/05 (REWIS RS 2006, 3785)
Papierfundstellen: REWIS RS 2006, 3785
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