Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2003, Az. 1 StR 150/03

1. Strafsenat | REWIS RS 2003, 2679

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[X.]/03vom18. Juni 2003in der Strafsachegegenwegensexuellen Mißbrauchs einer Widerstandsunfähigen u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 18. Juni 2003 beschlossen:Der Antrag auf Nachholung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1GG, § 33a StPO analog) wird zurückgewiesen.[X.] Das [X.] hat den Angeklagten u.a. wegen sexuellenMißbrauchs einer Widerstandsunfähigen verurteilt und dazu folgende Fest-stellungen getroffen: Der Angeklagte verabreichte, wie schon mehrfach zuvor,seiner damals 16jährigen Tochter ein weißes Pulver mit bitterem Geschmack,aufgelöst in einem Trunk. Er flößte ihn ihr gegen ihren Willen ein. Dadurch ge-riet sie in einen Zustand tiefgreifender Bewußtseinsstörung, der [X.] eine halbe Stunde andauerte. In diesem Zustand vollzog der Angeklagte mitihr den Beischlaf und entjungferte sie. Infolge des Pulvers bekam sie nicht mit,was um sie herum geschah und konnte sich auch später an das Geschehenenicht erinnern. Sie hatte Gleichgewichtsstörungen und Kopfweh, teilweise [X.] zwei Tagen. Welcher Art dieses Pulver war, ließ sich nicht klären.Gegen das Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt. Mit der Aufklä-rungsrüge hat er beanstandet, das [X.] hätte [X.] die Tatsache erheben müssen, ein Pulver mit der von der Tochter [X.] geschilderten Wirkung gebe es nicht. Im Rahmen der [X.] er u.a. die Beweiswürdigung dahin angegriffen, sie verstoße, wie bereitsdargelegt, gegen naturwissenschaftliche Erkenntnisse.Der [X.] hat die Verfahrensrüge wegen [X.] als unzulässig behandelt. Im Rahmen der [X.] der Beweiswürdigung hat er einen Verstoß gegen naturwissen-schaftliche Erfahrungssätze verneint, Ausführungen zu möglichen, in [X.] Substanzen gemacht und dafür Zitate aus der Fachliteratur ange-führt.In seiner Gegenerklärung vom 28. April 2003 (§ 349 Abs. 3 StPO) hatder Beschwerdeführer geltend gemacht, die [X.] worden, hilfsweise hat er Wiedereinsetzung in den vorigen [X.]. Auf die Stellungnahme des [X.]s zur Sachrüge ister nicht eingegangen.Der Senat hat die Revision am 20. Mai 2003 nach § 349 Abs. 2 StPOverworfen und den Beschluß mit einem Zusatz versehen, in dem die eigeneRechtsauffassung dargelegt wurde. Er hat die Aufklärungsrüge - ihre [X.] unterstellt - als unbegründet erachtet und dazu ausgeführt, dem [X.] habe sich die vermißte Beweiserhebung nicht aufgedrängt. Für die [X.] seien keine zureichenden Anknüpfungstatsachen dargetanworden. Im übrigen hat der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des [X.] zu möglichen, in Betracht kommenden Substanzen ver-wiesen.Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, der Senat habe über die Be-gründetheit der Verfahrensrüge erst nach Anhörung des [X.] gerade zur Frage der Begründetheit entscheiden dürfen und die Sache- 4 -zu diesem Zweck an ihn zurückgeben müssen. Er selbst hätte dann Gelegen-heit erhalten müssen, sich zu der ergänzenden Stellungnahme zu äußern.Durch dieses Unterlassen sei sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.2. Ein Fall, in dem nachträglich rechtliches Gehör zu gewähren ist, liegtnicht vor.a) Es kann dahinstehen, ob und unter welchen Umständen eine unter-bliebene Anhörung der Staatsanwaltschaft - etwa unter dem hier geltend ge-machten Aspekt, dadurch sei der Verteidigung die Möglichkeit einer nochmali-gen Erwiderung genommen worden - überhaupt ein Verfahren gemäß § 33aStPO auslösen könnte (verneinend etwa Maul in [X.]. § 33a [X.]. 3;[X.], [X.] Aufl. § 33a [X.]. 3 m.w.N.). Das Vorbringen der [X.] trifft nämlich in tatsächlicher Hinsicht nicht zu. Nach gängiger Übungwerden beim Senat eingegangene Schriftsätze des Verteidigers, insbesonderesolche gemäß § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO, dem [X.] unver-züglich zur Kenntnisnahme zugeleitet. Mit dem in Rede stehenden [X.] 28. April 2003 geschah dies ausweislich des entsprechenden Aktenver-merks der [X.] am 30. April 2003. Allerdings hat der Gene-ralbundesanwalt sich durch diesen Schriftsatz zu ergänzenden Ausführungennicht veranlaßt gesehen.b) Dies hinderte den Senat jedoch nicht, am 20. Mai 2003, so wie [X.], zu entscheiden. Der Senat hat in seinem Beschluß keine Tatsachenund Beweisergebnisse verwertet, zu denen der Angeklagte nicht gehört wordenist. Der mit Gründen versehene Antrag des [X.]s ist seinemVerteidiger zur Gegenerklärung zugestellt worden. Der [X.]hat sich mit der [X.], die Gegenstand der Aufklärungsrüge war,nämlich ein Pulver mit der von der Zeugin geschilderten Wirkung gebe es- 5 -nicht, im Rahmen der materiell-rechtlichen Überprüfung der [X.] und sie unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegennaturwissenschaftliche Erfahrungssätze behandelt. Schon aus dem [X.] sich im vorliegenden Fall eine nochmalige Anhörung des [X.] (BGHR StPO § 33a Satz 1 Anhörung 7). Der Senat hat in seinerergänzenden Stellungnahme nur solche Ausführungen des [X.] verwertet, die dem Beschwerdeführer bekannt waren. Er hatte Gelegen-heit dazu Stellung zu nehmen, hat aber keinen Gebrauch davon gemacht. Desweiteren enthält der Senatsbeschluß zur mangelnden Begründetheit der [X.] nur [X.]) Im übrigen darf das Revisionsgericht die Revision auch dann gemäߧ 349 Abs. 2 StPO verwerfen, wenn es die Ausführungen des Generalbundes-anwalts nur im Ergebnis für zutreffend hält, sich aber nicht in allen Teilen [X.] anschließt ([X.], 3266; [X.], [X.] Aufl.§ 349 [X.]. 14 m.w.N.). Dementsprechend ist eine erneute Antragstellung nachGewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung [X.] nicht erforderlich ([X.] aaO [X.]. 12). Das ist ver-fassungsrechtlich unbedenklich ([X.] NJW 1982, 925; NStZ 2002, 487;NJW 2002, 814). Das [X.] erachtet es dann allerdingsfür- 6 -sinnvoll, daß das Revisionsgericht die eigene Rechtsauffassung in einem Zu-satz begründet. Eine weitergehende Beteiligung des Revisionsführers verlangeArt. 103 Abs. 1 GG nicht. Der als sinnvoll erachtete Zusatz ist hier erfolgt.Wahl Schluckebier Kolz Hebenstreit Elf

Meta

1 StR 150/03

18.06.2003

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.06.2003, Az. 1 StR 150/03 (REWIS RS 2003, 2679)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2679

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