Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2013, Az. NotZ (Brfg) 5/13

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2013, 3934

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
NotZ([X.]) 5/13

vom

22. Juli
2013

in dem Verfahren

wegen Verlegung der Geschäftsstelle
-
2
-

Der Bundesgerichtshof, [X.], hat am 22.
Juli 2013 durch
den Vorsitzenden Richter
Galke, den
Richter
Wöstmann, die Richterin von [X.], die Notarin Dr. Doyé und den Notar
Müller-Eising

beschlossen:

Der Antrag des [X.], die Berufung gegen das Urteil des 1. Se-nats für Notarsachen des
[X.] Stuttgart vom 14.
Dezember
2012 zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 50.000

e-setzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des [X.] bestehen im Ergebnis weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des [X.] (§
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO i.V.m. §
111d Satz
2 [X.]) noch stellen sich entscheidungserhebliche Rechts-fragen von grundsätzlicher Bedeutung (§
124 Abs.
2 Nr.
3 VwGO i.V.m.
§
111d Satz
2 [X.]).

1.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochte-nen Entscheidung des Notarsenats des [X.].

1
2
-
3
-

a) Ohne Erfolg macht
der Kläger geltend, die Berufung gegen die Abwei-sung seiner Klage gegen die Zurückweisung seiner Anträge auf Änderung [X.] im Bescheid des Beklagten werde sich als begründet erweisen. Die Ausschreibung der dem Kläger letztlich übertragenen [X.] mit Amtssitz im Bezirk des Amtsgerichts S.

war
seinerzeit
bereits recht-lich nicht zu beanstanden. Die Ausschreibung von [X.]n richtet sich ge-mäß §
4 [X.] an den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege aus, wo-bei das Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden mit notariellen Leistungen und die Wahrung einer geordneten Altersstruktur des [X.] zu berücksichtigen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats steht der Verpflichtung der Justizverwaltung, ihr dadurch eröffnetes Er-messen fehlerfrei auszuüben, kein
subjektives Recht von potentiellen [X.] um eine [X.] gegenüber. Die Ermessensbindung der Verwaltung dient nicht dazu,
die Berufsaussichten der Interessenten am [X.] rechtlich abzusichern; sie dient ausschließlich dem Interesse der Allgemeinheit am [X.] der vorsorgenden Rechtspflege. In die Freiheit der Berufswahl (Art.
12 Abs.
1 GG) wird dadurch nicht eingegriffen, denn diese besteht nur nach [X.] der vom Staat
zur Verfügung gestellten Ämter. Mit der Bestimmung der Zahl und des Zuschnitts der auszuschreibenden [X.]n handelt die [X.] in Ausübung dieser allein objektiven Interessen dienenden Organi-sationsgewalt. Gleiches gilt für die Entscheidung der Justizverwaltung, ob sie von der durch §
10 Abs.
1 Satz
2 [X.]
eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht, in Städten von
mehr als 100.000 Einwohnern dem Notar -
abweichend von Satz
1 der Vorschrift, der als Amtssitz die gesamte politische Gemeinde vorsieht
-
einen bestimmten Stadtteil oder einen Amtsgerichtsbezirk als [X.] zuzuweisen. Hierdurch erhält die Justizverwaltung die rechtliche Handhabe, bei Bedarf auf eine den Rechtspflegeerfordernissen entsprechende Verteilung der Notare auf das Stadtgebiet hinzuwirken. §
10 Abs.
1 Satz
2 [X.] dient 3
-
4
-

damit ebenfalls ausschließlich den objektiven Belangen einer geordneten Rechtspflege, nicht aber den subjektiven Interessen eines potentiellen Notar-bewerbers (vgl. Senatsbeschluss vom 14.
April 2008 -
NotZ 118/07, NJW-RR 2008, 1291, Rn.
11
f.
mwN). Damit war die seinerzeit -
wie
der Beklagte unwi-dersprochen dargelegt hat
-
nach Bedarfsgesichtspunkten erfolgte [X.] der dem Kläger übertragenen [X.]
auf den [X.] S.

für ihn
nicht angreifbar. Ob anderes gelten kann, wenn sich die Verwaltung von öffentlichen Interessen löst und die auszuschreibenden
Stellen nicht bedarfs-
sondern [X.] ermittelt, insbesondere das Organisationsermessen zur sachwidrigen Begünstigung oder Benachteiligung einzelner
Bewerber oder Bewerbergruppen gebraucht (vgl. dazu Senatsbe-schluss vom 12.
Juli 2004 -
NotZ 8/04, [X.] 2003, 782),
kann hier [X.]. Eine willkürliche Beschränkung der Notarbestellung auf den Amtsgerichts-bezirk S.

im Hinblick auf [X.]e und nicht dem
Organisati-onsermessen entsprechende Gründe hat der Kläger nicht vorgetragen, solche sind auch nicht ersichtlich.

Damit besteht auch kein
Anhalt, die bestandskräftige Bestellung des [X.] zum Notar unter Zuweisung des Amtsgerichtsbezirks
S.

als [X.], die von diesem über
14
Jahre hinweg unbeanstandet akzeptiert worden ist, im Nachhinein im Wege des Widerrufs oder der Rücknahme der Bestellung un-ter Erweiterung seiner Notarbestellung gemäß §
64a [X.] i.V.m. §
48, 49 VwVfG zu ändern.

b) In diesem Zusammenhang stellen sich im Gegensatz zur Auffassung des [X.] auch keine grundsätzlichen Fragen. Die maßgeblichen Fragen der Amtsgerichtsbezirkszuweisung unter Beschränkung auf einzelne Stadtteile oder 4
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-
5
-

einzelne Amtsgerichtsbezirke gemäß §
10 Abs.
1 Satz
2 [X.] sind durch die Rechtsprechung des Senats hinreichend geklärt.

Ob die von dem Kläger begehrte Veränderung des ihm gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 [X.] zugewiesenen Amtssitzes den Grundsätzen der Amtssitzverle-gung (§ 10 Abs. 1 Satz 3 [X.]) unterliegt, kann offen bleiben (s. zuletzt Se-natsbeschluss vom 23. Juli 2012 -
NotZ([X.]) 17/11, [X.] 2013, 308). Denn diese Grundsätze sind ebenfalls gewahrt. In dem angefochtenen Bescheid des
Beklagten vom 16. Juli 2012 ist
dargelegt, dass eine Veränderung
des Amtssit-zes des [X.] auf den
Bereich des Amtsgerichtsbezirks S.

-B.

nicht den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege entspricht, da dort eine Versorgung mit notariellen Dienstleistungen nicht nur aktuell sondern auch für die
Zukunft gesichert sei. Hiergegen erhebt die [X.] keine [X.].

2.
Ohne Erfolg bleiben auch die Einwände gegen die Ausführung des [X.] zu den aufsichtsrechtlichen Weisungen.

Zu Unrecht
rügt der Kläger in diesem Zusammenhang, das [X.] habe die Frage der Verhältnismäßigkeit nicht geprüft.
Diese sei evident zu verneinen. Insofern nimmt der Kläger Bezug auf die Ausführungen des [X.] in den Beschlüssen vom 14.
Dezember 2012 ([X.] 1
Not 4/12 und 1
Not 2/12), mit
denen das [X.] die Wiederher-stellung der aufschiebenden
Wirkung der Klage begründet habe. Die Einwen-dungen des
[X.]
führen
nicht zur Zulassung der Berufung. Vielmehr [X.] sich keine ernstlichen
Zweifel an der Richtigkeit des oberlandesgerichtli-chen Urteils und an der Verhältnismäßigkeit der aufsichtsrechtlichen Weisung
des Beklagten. Indem das [X.] die Recht-
und Zweckmäßigkeit 6
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-
6
-

der aufsichtsrechtlichen Weisung ausdrücklich bestätigt hat, hat es inzident auch die Verhältnismäßigkeit der gerügten Maßnahme bejaht. Dabei dürfen die Ausführungen zur aufsichtsrechtlichen Weisung auch nicht isoliert von den zu-vor gemachten Ausführungen zu den Rechten des [X.], eine Änderung der Bestallungsurkunde zu erreichen, gesehen werden. Das [X.] hat in diesem Zusammenhang nicht nur die wechselseitigen Schriftsätze im [X.], sondern auch den Inhalt des angefochtenen Bescheides ausdrücklich in Bezug genommen. Eine Divergenz zur Rechtsprechung des [X.] ist insofern nicht erkennbar. Es kann auch nicht die Rede davon sein, dass der vollständige Vortrag des [X.] unberücksichtigt geblieben sei. Vielmehr hat das [X.] in seinem Urteil zum Ausdruck gebracht, dass die vom Kläger vorgebrachten Argumente nach seiner Auffassung nicht durchgreifen.
Dem angefochtenen Bescheid des Beklagten ist im Übrigen eine rechtsfehlerfreie Begründung der Verhältnismäßigkeit zu entnehmen.

Soweit sich der Kläger in diesem Zusammenhang darauf beruft, dass das [X.] in den Beschlüssen über die Aussetzung der sofortigen Vollziehung seiner Klage die mangelnde Verhältnismäßigkeit bejaht habe, greift dieser Einwand nicht durch. In den Beschlüssen hat das [X.] ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Aussetzungsverfahren
eine besonde-re Verhältnismäßigkeitsprüfung deshalb vorzunehmen war, weil die Entschei-dung über die aufschiebende Wirkung der Klage und eine möglicherweise kurz-fristige Vollstreckung der aufsichtsrechtlichen Weisung durch den
Beklagten
im Hinblick auf den andauernden Prozess sich als unverhältnismäßig darstellte. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass auch die dauerhafte Aufrechter-haltung eines rechtswidrigen Zustandes aus Gründen des im Rechtsstaatsprin-zip
verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes als geboten angesehen wer-9
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7
-

den könnte. Dies hat das [X.] in seinen Beschlüssen auch klar gestellt.

Die vom Kläger angeführten einzelnen Gründe, mit
denen er die Unver-hältnismäßigkeit der aufsichtsrechtlichen Weisung geltend macht, greifen nicht durch und sind nicht geeignet, hierauf einen Berufungszulassungsantrag erfolg-reich zu stützen.

Dabei ist davon auszugehen, dass Abgrenzungen bei der Regelung un-terschiedlich gelagerter Sachverhalte unentbehrlich sind und jede
Grenzzie-hung in ihren Randbereichen zu Härten führen kann. Grenzziehungen sind deshalb, soweit sie wie hier sachlich vertretbar sind, verfassungsrechtlich auch nicht zu beanstanden (vgl. für die zeitliche Grenzziehung einer Stichtagsrege-lung st.
Rspr. des [X.] zuletzt [X.] 117, 272, 301).

Bei einer Duldung der Verlegung der notariellen Geschäftsstelle in den Amtsgerichtsbezirk S.

-B.

besteht auch erhebliche Gefahr, einen
Präzedenzfall zu schaffen. Dies erhellt ohne weiteres daraus, dass die rechtswidrige Sachlage auf Dauer aufrechterhalten würde
und in der Zukunft eine unabsehbare Anzahl von Fällen vergleichbarer Art auftreten können. [X.] sind die vom Beklagten im Bescheid genannten "akuten"
[X.] nur als Beispielsfälle anzusehen, auf die sich die Gefahr der Nachahmung nicht allein beschränkt. Dementsprechend können
die [X.] des [X.] hin-sichtlich der Berücksichtigung dieser Einzelfälle die Richtigkeit der angegriffe-nen Entscheidung
nicht
in Frage stellen und eine Berufungszulassung begrün-den.

10
11
12
-
8
-

Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass er bei seinen vorherigen [X.] aufgrund der Webseite des Beklagten den Eindruck erlangt habe, dass sich der Bezirk des Amtsgerichts S.

auf die neuen Kanzleiräume erstrecke, greift auch dies im
Ergebnis nicht durch. Ein Anspruch darauf, den rechtswidrigen Zustand aufrecht zu erhalten, ergibt sich hieraus nicht. Darüber hinaus hat der
Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der Anzeige des [X.] und noch vor dessen Umzug sowohl die Notarkammer als auch der Beklagte unmittelbar auf die Bedenken hinsichtlich der Verlegung der notariel-len Kanzleiräume hingewiesen
haben.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang geltend macht, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob sich das Gericht bei einer Weisung auf der Grundlage des
§
93
[X.] auf eine Prüfung der Recht-
und Zweckmäßigkeit der erteilten Weisung im Sinne einer
Willkürprüfung beschränken dürfe, oder eine Überprüfung gerade auch der Verhältnismäßigkeit der Weisung [X.] habe, ist diese Rüge unbegründet.
In die
Prüfung der Recht-
und Zweckmäßigkeit ist zugleich die Prüfung der Verhältnismäßigkeit eingeschlos-sen. Dem Urteil des [X.] ist nicht zu entnehmen, dass es sich bei
der Prüfung
der aufsichtsrechtlichen Weisung allein auf eine Willkürprüfung beschränkt habe. Vielmehr ist es zutreffend davon ausgegangen, dass die auf-sichtsrechtlichen Weisungen nicht zu beanstanden sind und die dagegen ge-richtete Klage des [X.] unbegründet ist.

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-

3.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
111b
Abs. 1 Satz 1
[X.] i.V.m. §
154 Abs.
2 VwGO. Die [X.] ist entsprechend §
111g
Abs.
2 Satz
1 [X.] erfolgt.

Galke

Wöstmann
von [X.]

Doyé

Müller-Eising
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 14.12.2012 -
1 Not 1/12 -

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Meta

NotZ (Brfg) 5/13

22.07.2013

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2013, Az. NotZ (Brfg) 5/13 (REWIS RS 2013, 3934)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3934

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