Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.01.2019, Az. 1 StR 640/18

1. Strafsenat | REWIS RS 2019, 11645

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Gegenstand

Betäubungsmittelhandel bei einmaliger Vermittlung eines Betäubungsmittelgeschäfts


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 7. August 2018 mit den Feststellungen aufgehoben; die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen bleiben bestehen.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Sein Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s ([X.]) kam es zwischen 30. Juli und 1. August 2017 durch den Angeklagten zur Vermittlung eines Kaufgeschäfts über ein Kilogramm Marihuana zum Preis von 8.000 Euro. Ausgehend von den anderweitig Verfolgten [X.]    und [X.]    über den anderweitig Verfolgten [X.], seinen Arbeitgeber in einer Shisha-Bar, leitete der Angeklagte die Bestellung an den Mitangeklagten [X.]weiter, der die Bestellung wiederum an den anderweitig Verfolgten S.     übermittelte. Bei der am Abend des 1. August 2017 erfolgten direkten Übergabe von 772,7 g Marihuana vom anderweitig Verfolgten S.     an die Abnehmer [X.]    und [X.]    gegen Aushändigung von 8.000 Euro war der Angeklagte im Auftrag des anderweitig Verfolgten [X.]anwesend und erhielt nach Abwicklung des Geschäfts vom anderweitig Verfolgten S.     1.000 Euro ausgehändigt, wovon 500 Euro als Gewinnanteil auf ihn entfallen sollten, der Rest war für den anderweitig Verfolgten [X.]bestimmt.

3

2. Das [X.] geht ohne nähere Begründung von einem täterschaftlichen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) aus. Dies begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil das [X.] nicht begründet hat, warum es keine Beihilfehandlung angenommen hat.

4

a) Zwar kann auch die nur einmalige Vermittlung eines Geschäfts ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sein, da dieser Begriff nach ständiger Rechtsprechung weit auszulegen ist und alle Tätigkeiten erfasst, die auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtet sind und damit dem Grundsatz nach auch unterstützende Tätigkeiten als tatbestandliche Handlungen einschließt (vgl. nur [X.], Beschluss vom 26. Oktober 2005 - [X.], [X.]St 50, 252, 265 f.).

5

b) Das [X.] hat jedoch die hier weiter notwendige Abgrenzung zwischen täterschaftlichen Handlungen und Beihilfehandlungen nicht vorgenommen. Diese hat nach allgemeinen Regeln im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 8. Januar 2013 - 5 [X.], [X.], 549; Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 [X.], [X.]St 51, 219, 221), wobei wesentliche Anhaltspunkte für die Täterschaft dabei der Grad des [X.], der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft und der Wille dazu sind ([X.], Beschluss vom 5. April 2016 - 3 StR 554/15, [X.], 209, 210). Vor allem ist auch darauf abzustellen, welche Bedeutung dem konkreten Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt zukommt ([X.], Beschluss vom 8. November 2016 - 1 [X.], juris Rn. 4). Vor dem Hintergrund, dass sich der Tatbeitrag des Angeklagten hier nach den Feststellungen des [X.]s nur darauf beschränkte, einmalig eine Bestellung an einen Lieferanten weiterzuleiten und im Auftrag seines Arbeitgebers, des anderweitig Verfolgten [X.], für einen Gewinnanteil von 500 Euro bei der Übergabe der Betäubungsmittel anwesend zu sein, ohne diese selbst in Empfang zu nehmen, wäre eine solche wertende Gesamtwürdigung erforderlich gewesen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 27. März 2014 - 4 StR 20/14, juris Rn. 5 f.; vom 4. September 2012 - 3 StR 337/12, juris Rn. 5 f. und vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 339/10, [X.]R BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 75 Rn. 5 f.). Die Sache bedarf daher insoweit neuer tatgerichtlicher Würdigung.

6

3. Die Feststellungen des [X.]s zum objektiven Tatgeschehen sind rechtsfehlerfrei getroffen und werden durch den aufgezeigten [X.] nicht berührt. Sie können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen kann das neue Tatgericht treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

Raum     

        

Fischer     

        

Bär     

        

Leplow     

        

Pernice     

        

Meta

1 StR 640/18

10.01.2019

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG München I, 7. August 2018, Az: 370 Js 159055/17 jug 1 KLs

§ 25 Abs 2 StGB, § 27 Abs 1 StGB, § 29 Abs 1 Nr 1 BtMG, § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.01.2019, Az. 1 StR 640/18 (REWIS RS 2019, 11645)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 11645

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