Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.11.2019, Az. XII ZB 248/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 1627

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Gegenstand

(Anfechtbarkeit der Ablehnung eines Antrags auf Wiedereröffnung einer mündlichen Verhandlung)


Leitsatz

1. In einer Familienstreitsache ist die Ablehnung eines Antrags auf Wiedereröffnung einer mündlichen Verhandlung nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. § 156 ZPO nicht selbstständig anfechtbar.

2. Auch im Fall der Zulassung durch das Beschwerdegericht ist die Rechtsbeschwerde nicht statthaft, wenn die angegriffene Entscheidung von Gesetzes wegen nicht anfechtbar ist (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 23. Mai 2012 - XII ZB 417/11, FamRZ 2012, 1204).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - Familiensenat - des [X.] vom 18. April 2019 wird auf Kosten der Antragsgegner verworfen.

Wert: 100.000 €

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin hatte zunächst gegen die Antragsgegner, ihre Tochter und ihren Schwiegersohn, Zahlungsansprüche aufgrund eines von den [X.] als Mieter und der Antragstellerin und ihres Ehemanns als Vermieter im Jahr 2014 abgeschlossenen Mietvertrags geltend gemacht. Dazu hatte die Antragstellerin behauptet, dass es sich bei dem vermeintlichen Mietvertrag um eine Vereinbarung über die Rückzahlung eines Darlehens über 100.000 € gehandelt habe, für welches man das Formular eines Einheitsmietvertrags benutzt habe. Die Antragsgegner hatten beantragt, den [X.] zurückzuweisen und, im Wege einer "unbedingten Widerklage" gegen den Ehemann der Antragstellerin als Drittwiderantragsgegner, festzustellen, dass auch diesem keine Ansprüche aus einem Darlehensvertrag aus dem Jahre 2014 über 100.000 € gegen die Antragsgegner zustehen.

2

Nach Rücknahme des Antrags der Antragstellerin hat das Amtsgericht dem Drittwiderantrag der Antragsgegner gegen den Ehemann der Antragstellerin stattgegeben. Gegen diese Entscheidung hat der Ehemann der Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren haben die Antragsgegner mit einer gegen die Antragstellerin gerichteten "isolierten Drittwiderklage" die Feststellung beantragt, dass dieser keine Ansprüche aus dem [X.] über 100.000 € gegen die Antragsgegner zustehen. Nachdem der Ehemann der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] seine Beschwerde zurückgenommen hat, hat das [X.] diesen als Beschwerdeführer seines Rechtsmittels für verlustig erklärt und ihm die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Mit einem noch am gleichen Tag beim [X.] eingegangen Schriftsatz haben die Antragsgegner beantragt, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen und über die "isolierte Drittwiderklage" zu entscheiden. Das [X.] hat diesen Antrag zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegner.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.

4

1. Nach § 70 Abs. 1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat. Nach § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG ist das Rechtsbeschwerdegericht an die Zulassung gebunden. Etwas anderes gilt indessen für Entscheidungen, die von Gesetzes wegen nicht anfechtbar sind. Entsprechend der Regelung in §§ 574 ff. ZPO, an welcher das [X.] über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit orientiert worden ist (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 209), eröffnet die Zulassung keine Rechtsbeschwerde gegen eine unanfechtbare Entscheidung des [X.] (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Mai 2012 - [X.] 417/11 - FamRZ 2012, 1204 Rn. 4 und [X.], 14, 15 = [X.], 1191, 1192 mwN).

5

2. Danach ist der Senat an die Zulassungsentscheidung des [X.]s nicht gebunden. Die Ablehnung eines Antrags auf Wiedereröffnung einer mündlichen Verhandlung nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 156 ZPO ist nicht selbstständig anfechtbar ([X.]/[X.] ZPO 32. Aufl. § 156 Rn. 2 a; [X.] ZPO 23. Aufl. § 156 Rn. 19; [X.]/Schütze/[X.] ZPO 4. Aufl. § 157 Rn. 24 ff.; [X.]/[X.]/[X.] ZPO 40. Aufl. § 156 Rn. 8; [X.] ZPO/Wendtland [Stand: 1. März 2019] § 156 Rn. 16; [X.]/[X.] ZPO 8. Aufl. § 156 Rn. 7). Eine fehlerhafte Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kann nur im Rahmen eines Rechtsmittels in der Hauptsache zur Überprüfung gestellt werden. Findet gegen eine die Instanz abschließende Entscheidung kein weiteres Rechtsmittel statt, verbleibt dem antragstellenden Beteiligten die Möglichkeit der Anhörungsrüge nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 321 a ZPO.

6

3. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass in der Rechtsbehelfsbelehrung, die der angefochtenen Entscheidung beigefügt ist, ausgeführt wird, gegen die Ziffer 1 des Beschlusstenors sei die Rechtsbeschwerde nach §§ 574 ff. ZPO statthaft. Durch eine insofern unrichtige Angabe in einer Rechtsbehelfsbelehrung wird ein unstatthaftes Rechtsmittel nicht statthaft (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Juli 2011 - [X.] 445/10 - FamRZ 2011, 1728 Rn. 16 mwN).

Dose     

      

[X.]     

      

Schilling

      

Günter     

      

Botur     

      

Meta

XII ZB 248/19

13.11.2019

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Bamberg, 18. April 2019, Az: 7 UF 50/18

§ 111 Nr 10 FamFG, § 113 Abs 1 S 2 FamFG, § 266 Abs 1 FamFG, § 156 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 13.11.2019, Az. XII ZB 248/19 (REWIS RS 2019, 1627)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 182-183 REWIS RS 2019, 1627


Verfahrensgang

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Az. XII ZB 248/19

Bundesgerichtshof, XII ZB 248/19, 13.11.2019.


Az. 7 UF 50/18

OLG Bamberg, 7 UF 50/18, 18.04.2019.


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XII ZB 417/11

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