Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2016, Az. II ZB 19/15

II. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 2025

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ECLI:DE:BGH:2016:221116BIIZB19.15.0

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 19/15

vom

22. November 2016

in dem betreuungsgerichtlichen Verfahren

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
ja
BGHR:
ja
BGB § 1913; AktG § 273 Abs. 4
a)
Eine Gesellschaft ausländischen Rechts, die infolge der Löschung im Register ihres Heimatstaates durch eine behördliche Anordnung ihre Rechtsfähigkeit ver-liert, besteht für ihr in Deutschland belegenes Vermögen als Restgesellschaft fort.
b)
Wenn einzelne Abwicklungsmaßnahmen in Betracht kommen, ist entsprechend §
273 Abs. 4 Satz 1 AktG ein Nachtragsliquidator und nicht entsprechend §
1913 BGB ein Pfleger zu bestellen.

BGH, Beschluss vom 22. November 2016 -
II ZB 19/15 -
LG Wuppertal

AG Mettmann

-
2
-

Der II.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22.
November 2016
durch den Richter am Bundesgerichtshof Prof.
Dr.
Strohn als Vorsitzenden und die
Richterin Caliebe
sowie
die Richter Wöstmann, Prof. Dr. Drescher und Born
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten gegen den Beschluss der 9.
Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 14.
Oktober 2015 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Geschäftswert
für
das
Rechtsbeschwerdeverfahren: 1.533.875,6

Gründe:
I.
Die Beteiligten sind Eigentümer mehrerer Grundstücke, die in dem beim Amtsgericht Mettmann geführten Grundbuch von G.

unter Blatt
1524 ein-getragen sind. Auf diesen Grundstücken lastet eine Buchgrundschuld zuguns-ten der Betroffenen, einer Limited mit Sitz in Nassau/Bahamas, in Höhe von 3
Millionen DM.
Die Beteiligten tragen vor, dass die Betroffene im Jahr 1990 vom Vater der Beteiligten zu
1 gegründet und im Register von Nassau/Bahamas eingetra-1
2
-
3
-

gen worden sei. Seit 1991 habe der Vater der Beteiligten zu
1 sämtliche Anteile nicht mehr für sich, sondern als Treuhänder eines von der Beteiligten zu
1 ge-gründeten Treuhandvermögens namens "C.

Trust No 4"
gehalten. Im De-zember 1997 sei der Vater der Beteiligten zu
1 von seiner Funktion als Treu-händer zurückgetreten und habe die für die Kontrolle des Treuhandvermögens erforderlichen Dokumente der Beteiligten zu
1 übersandt. Am 31.
August 2002 sei die Betroffene in den Registern der Bahamas wegen nicht beglichener Re-gistergebühren schließlich gelöscht worden.
Die Beteiligten beabsichtigten, die Grundstücke zu veräußern, was aber wegen der noch für die Betroffene eingetragenen Grundschuld, die in Verges-senheit geraten sei, unmöglich sei. Da die Betroffene nach Löschung in den Registern der Bahamas nicht mehr existiere, sei zur Erteilung der Löschungs-bewilligung die Anordnung einer Pflegschaft gemäß
§
1913 BGB für die Be-troffene notwendig.
Die Beteiligten haben die Anordnung einer Pflegschaft für die Betroffene angeregt. Das Amtsgericht hat die Anordnung abgelehnt. Die von den Beteilig-ten eingelegte Beschwerde hat das Landgericht wegen fehlender Beschwer-deberechtigung verworfen. Dagegen wenden sich die Beteiligten mit der zuge-lassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung durch das Landge-richt, an die der Senat gebunden ist, nach §
70 Abs.
1 FamFG statthaft und auch ansonsten zulässig. Insbesondere sind die Beteiligten beschwerdeberech-tigt, weil das Landgericht ihre Erstbeschwerde verworfen hat (vgl. BGH,
Beschluss vom 8.
Oktober 2014

XII
ZB
406/13, NJW 2015, 58; Beschluss vom 3
4
5
-
4
-

18.
April 2012

XII
ZB
624/11, FamRZ
2012, 1131). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht ist der Auffassung, dass die Beteiligten keine unmit-telbare Beeinträchtigung in subjektiven Rechten gemäß
§
59 Abs.
1 FamFG geltend machen könnten. Ein bloßes rechtliches Interesse an der Änderung der Verfügung genüge nicht. Die Beteiligten seien durch die Ablehnung der Anord-nung einer Pflegschaft nur als Eigentümer der Grundstücke berührt, und beab-sichtigten, mit der Anordnung einer Pflegschaft einen Rechtsstreit gegen die Betroffene zu umgehen. Auswirkungen auf ihre Rechtsstellung, etwa dass diese ihnen vorenthalten oder erschwert werde, ließen sich damit nicht
begründen. Nicht dargetan hätten die Beteiligten ferner, dass ihnen die Löschungsbewilli-gung durch die Betroffene verweigert oder das Grundbuchamt mit Verweis da-rauf, die Betroffene existiere nicht mehr, ein Löschungsbegehren zurückgewie-sen hätte. Auch ein Fall von §
59 Abs.
2 FamFG liege nicht vor. Selbst bei An-nahme eines zulässig eingelegten Rechtsmittels habe die Beschwerde in der Sache aus den vom Amtsgericht dargelegten Gründen keinen Erfolg, wonach schon die tatsächliche Löschung der Betroffenen in den Registern des Grün-dungsstaates nicht feststellbar sei, und es ferner am notwendigen "Fürsorgebe-dürfnis"
fehle. Zudem sei bei Anwendung sowohl des Rechts des Gründungs-staates als auch deutschen Sachrechts nicht davon auszugehen, dass die Be-troffene nach
Löschung in den Registern des Staates der Bahamas nicht mehr existiere. Der Inhaber der Grundschuld sei deshalb weder unbekannt noch un-gewiss, so dass der Anwendungsbereich des §
1913 BGB nicht eröffnet sei.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass den Beteiligten die Beschwerdeberech-tigung fehlt.
6
7
-
5
-

a) Zur Beschwerde berechtigt ist nach §
59 Abs.
1 FamFG nur, wer durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Das bloße rechtliche Interesse an der Anordnung einer Pflegschaft genügt dafür grundsätzlich nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 18.
April 2012

XII
ZB
623/11, NJW
2012, 2039 Rn.
8). Ausnahmsweise kann die Anordnung einer Pflegschaft zur Wahrung des Rechts auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes auch im Interesse eines Drit-ten geboten sein, so dass der Dritte gegen den Beschluss, mit dem die Anord-nung einer Pflegschaft abgelehnt wird, beschwerdeberechtigt ist (vgl. BGH,
Beschluss vom 18.
April 2012

XII
ZB
623/11, NJW
2012, 2039 Rn.
10;
Beschluss vom 19.
Januar 2011

XII
ZB
326/10, NJW
2011, 1739 Rn.
11 zur Anordnung einer Betreuung). Die Ausnahme setzt voraus, dass dem Dritten ohne die Bestellung eines Pflegers der effektive Rechtsschutz abgeschnitten wäre, was bereits im Rahmen der Beschwerdebefugnis darzulegen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 18.
April 2012

XII
ZB
623/11, NJW 2012, 2039 Rn.
10). Die tatsächlichen Grundlagen einer Rechtsbeeinträchtigung, bei denen es sich um doppelrelevante Tatsachen handelt, die sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Beschwerde entscheidend sind, müssen schlüssig vorgetragen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 24.
April 2012

II
ZB
8/10,
ZIP 2012, 1097 Rn.
15 mwN).
b) Der Vortrag der Beteiligten, mit dem sie ihr Begehren begründen, trägt nicht die Annahme, dass ihnen ohne die Anordnung einer Pflegschaft gemäß
§
1913 BGB der effektive Rechtsschutz zur weiteren Klärung des Fortbestands der auf ihren Grundstücken lastenden Grundschuld abgeschnitten wäre. Die Anordnung einer Pflegschaft nach §
1913 BGB scheidet aus, wenn der rechtli-che Träger des Vermögens als solcher bekannt ist und nur seine Organe ver-hindert oder unbekannt sind (vgl. MünchKommBGB/Schwab, 6.
Aufl., §
1913 8
9
-
6
-

Rn.
6; Erman/Roth, BGB, 14.
Aufl., §
1913 Rn.
2; Beitzke, Festschrift
Ballerstedt, 1975, Seite
189, 192; aA OLG Nürnberg NZG 2008, 76, 77
f.).
Der rechtliche Träger der auf den Grundstücken lastenden Grundschuld ist nicht unbekannt. Wenn die Betroffene bei Anwendbarkeit des Rechts der Bahamas infolge der Löschung ihre Rechtsfähigkeit verloren hat und damit er-loschen war, gilt sie für ihr in Deutschland belegenes Vermögen als fortbeste-hend. Wenn auf sie dagegen deutsches Recht anwendbar gewesen sein sollte, hätte die von den Beteiligten behauptete Löschung der Betroffenen in den Re-gistern des Staates der Bahamas ebenfalls keine Auswirkung auf ihre Rechts-fähigkeit und ihren Fortbestand.
aa) Die Betroffene gilt für ihr in Deutschland belegenes Vermögen als Restgesellschaft als fortbestehend, wenn auf sie das Recht der Bahamas an-wendbar ist und sie infolge der Löschung wegen nicht beglichener Registerge-bühren ihre Rechtsfähigkeit endgültig verloren hat.
(1) Eine Gesellschaft ausländischen Rechts, die infolge der Löschung im Register ihres Heimatstaates durch eine behördliche Anordnung ihre Rechtsfä-higkeit verliert, besteht für ihr in Deutschland belegenes Vermögen als Restge-sellschaft fort.
Ein Rechtsträger, der in seinem Heimatstaat infolge staatlicher Zwangs-eingriffe untergegangen ist, lebt hinsichtlich seines von Zwangsmaßnahmen nicht berührten Vermögens außerhalb seines Heimatstaates weiter, und sei es auch nur zum Zwecke der Liquidation (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 11.
Juli 1957

II
ZR
318/55, BGHZ
25, 134, 143
f.; Urteil vom 6.
Oktober 1960

VII
ZR
136/59, BGHZ
33, 195, 197
f.; Urteil vom 21.
Januar 1965

II
ZR
120/62, BGHZ
43, 51, 55
f.; Beschluss vom 1.
Juni 1970

II
ZB
4/69, 10
11
12
13
-
7
-

WM
1970, 983, 984; Urteil vom 30.
September 1991

II ZR 47/91, ZIP 1991, 1423, 1424; Beschluss vom 5. März 2007

II
ARZ 2/05, ZIP 2007, 859). Das im Ausland belegene Vermögen wird nicht herrenlos, sondern gehört nach wie vor dem im Interesse der Gesellschafter wie auch der Gläubiger als Restgesell-schaft weiterbestehenden Rechtsträger, selbst wenn dieser nach dem Recht seines Heimatstaates erloschen ist (vgl. BGH, Urteil vom 6.
Oktober 1960

VII
ZR
136/59, BGHZ
33, 195, 198; Urteil vom 21.
Januar 1965

II
ZR
120/62, BGHZ
43, 51, 55; Urteil vom 5.
Mai 1977

III
ZR
2/75, WM
1977, 730, 732).
Diese ursprünglich zu Fallgestaltungen staatlicher Enteignungen entwi-ckelten Grundsätze der Rest-
und Spaltgesellschaft sind auf im Ausland infolge einer behördlicher Anordnung gelöschte Gesellschaften übertragbar (vgl. schon OLG Stuttgart NJW
1974, 1627; OLG
Jena ZIP
2007, 1709, 1710; OLG
Nürnberg NZG
2008, 76; OLG Düsseldorf ZIP
2010, 1852; OLG
Hamm ZIP
2014, 1426; KG,
ZIP
2014, 1755, 1756; OLG Brandenburg,
ZIP
2016, 1871; Borges, IPrax
2005, 134, 137; Leible/Lehmann, GmbHR
2007, 1095, 1097; Schwarz, DB 2013, 799, 800; Krömker/Otto, BB 2008, 964). Auch hier stehen einer Behandlung als herrenlose oder rechtsträgerlose Vermögensmasse die Interessen der bisherigen Vermögensinhaber, aber auch der potenziellen Ge-sellschaftsgläubiger entgegen.
(2) Für eine danach bestehende Restgesellschaft kann auch ein Vertre-tungsorgan bestimmt werden. Wenn einzelne Abwicklungsmaßnahmen in Be-tracht kommen, ist entsprechend § 273 Abs. 4 Satz 1 AktG ein Nachtragsliqui-dator zu bestellen.
Eine im Inland entstandene Restgesellschaft ist grundsätzlich nach deut-schem Recht zu beurteilen, insbesondere auch abzuwickeln und umzugründen 14
15
16
-
8
-

(vgl. BGH, Beschluss vom 31.
Oktober 1962

II
ARZ
2/61, WM
1963, 81, 83; Beschluss vom 1.
Juni 1970

II
ZB
4/69, WM
1970, 983, 984; Urteil vom 30.
September 1991

II
ZR
47/91, ZIP
1991, 1423; aA OLG Jena,
ZIP 2007, 1709, 1711). Zu ihrer Vertretung im Rechtsverkehr sind die Organe der im Aus-land untergegangenen Gesellschaft nicht mehr befugt, wenn mit dem Erlöschen der Gesellschaft die Funktion der Organe und infolgedessen auch deren Vertre-tungsmacht endete (vgl. J. Schmidt, ZIP 2008, 2400, 2401).
Die Organe einer Restgesellschaft sind gesellschaftsrechtlich zu be-stimmen (vgl. BGH, Beschluss vom 12.
März 1984

II
ARZ
2/83, WM
1984, 698; Beschluss vom 19.
November 1984

II
ARZ
11/84, WM
1985, 126;
Beschluss vom 5.
März 2007

II
ARZ
2/05, ZIP
2007, 1028, 1029). Dabei ist zu beachten, dass sich der als Restgesellschaft im Inland fortbestehende Rechts-träger in einer Ausnahmesituation befindet, die es rechtfertigt, vorrangig
an praktischen Bedürfnissen gemessene Lösungen als wirksam zu behandeln. Selbst wenn sie unter gewöhnlichen Verhältnissen nicht in Betracht kämen, soll damit der Restgesellschaft die Möglichkeit eröffnet werden, die ihr noch verblie-benen Funktionen und Aufgaben sachgerecht wahrnehmen zu können (vgl. BGH, Beschluss vom 1.
Juni 1970

II
ZB
4/69, WM
1970, 983, 984; Urteil vom 30.
September 1991

II
ZR
47/91, ZIP
1991, 1423, 1425; Staudinger/Großfeld, BGB, 1998, IntGesR,
Rn.
918).
Zur Bewältigung von Abwicklungsmaßnahmen bei ursprünglich körper-schaftlich strukturierten Gesellschaften ist die Bestellung eines Nachtragsliqui-dators sachgerecht (vgl. OLG Jena,
ZIP
2007, 1709, 1711; J.
Schmidt, ZIP
2008, 2400, 2401; Krömker/Otto, BB
2008, 964, 965; Leible/Lehmann, GmbHR 2007, 1095, 1098). Damit lassen sich die Interessen der Beteiligten, der Gesellschaft wie auch potenzieller Gläubiger ausreichend wahren, ohne das 17
18
-
9
-

Bedürfnis nach einer praktikablen Vorgehensweise zu vernachlässigen. In der vorliegenden Fallgestaltung, wie sie nach dem Vortrag der Beteiligten zu unter-stellen ist, dient die Restgesellschaft allein dazu, die rechtliche Klärung über den Fortbestand einer zu ihren Gunsten eingetragenen Grundschuld herbeizu-führen. Der Betrieb der Gesellschaft im Übrigen war bereits langjährig einge-stellt und auch organisatorisch existierte sie nicht mehr.
Soweit

wie hier

nur einzelne Abwicklungsmaßnahmen in Betracht kommen, ist §
273 Abs.
4 Satz
1 AktG entsprechend heranzuziehen (vgl. BGH, Urteil vom 10.
Oktober 1988

II
ZR
92/88, BGHZ
105, 259, 262; Beschluss vom 23.
Februar 1970

II
ZB
5/69, BGHZ
53, 264; Haas in Baumbach/Hueck, GmbHG, 21.
Aufl., §
60 Rn.
105). Sind keine anderweitigen Anhaltspunkte vor-handen, ist für die Bestellung des Nachtragsliquidators dasjenige Amtsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk sich das Vermögensrecht befindet (vgl. BGH, Beschluss vom 5.
März 2007

II
ARZ
2/05, ZIP
2007, 1028, 1029).
bb) Anders wäre dies, wenn auf die Betroffene als werbende Gesell-schaft deutsches Recht anwendbar wäre. Bei einer Einordnung der Betroffenen in die gesellschaftsrechtlichen Rechtsformen nach deutschem Recht käme der von den Beteiligten behaupteten Löschung der Betroffenen in den Registern des Staates der Bahamas keine Wirkung für die Rechtsfähigkeit und den Fort-bestand zu. Die Vertretung im Rechtsverkehr wäre vielmehr aus der gesell-schaftsrechtlichen Einordnung der Betroffenen nach deutschem Recht zu be-stimmen (vgl. BGH, Urteil vom 27.
Oktober 2008

II
ZR
158/06, BGHZ
178, 192 Rn.
25

Trabrennbahn).
Bei einer Gesellschaft, die

wie vorliegend nach dem Vortrag der Betei-ligten

in einem Drittstaat gegründet worden sein soll, der weder der Europäi-19
20
21
-
10
-

schen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum angehört noch aufgrund von Verträgen hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit gleichgestellt ist, beurteilt sich das Gesellschaftsstatut nach den allgemeinen Regeln des deutschen in-ternationalen Privatrechts, denen zufolge für die Rechtsfähigkeit einer Gesell-schaft das Recht des Staates maßgeblich ist, in dem die Gesellschaft ihren tat-sächlichen Verwaltungssitz hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 27.
Oktober 2008

II
ZR
158/06, BGHZ
178, 192 Rn.
12
ff.

Trabrennbahn; Urteil vom 12.
Juli 2011

II
ZR
28/10, BGHZ
190, 242 Rn.
16
f.; Urteil vom 8.
September
2016

III
ZR
7/15, WM 2016, 1943
Rn. 13).
Sollte sich der tatsächliche Verwaltungssitz der Betroffenen zuletzt in Deutschland befunden haben, wäre die Rechtsfähigkeit der Betroffenen als in einem Drittstaat gegründeter Gesellschaft und daraus folgend auch ihre Vertre-tung im Rechtsverkehr nach deutschem Recht zu beurteilen. Der Staat der Ba-hamas gehört weder zur Europäischen Union bzw. zum Europäischen Wirt-schaftsraum noch bestehen völkerrechtliche Verträge, denen zufolge eine nach dem Recht des Staates
der Bahamas gegründete Gesellschaft mit Verwal-tungssitz in Deutschland gleichwohl nach dem Recht ihres Gründungsstaates zu behandeln wäre. Um als Gesellschaft mit beschränkter Haftung rechtsfähig zu sein, hätte die Betroffene im deutschen Handelsregister eingetragen sein müssen (vgl. BGH, Urteil vom 27.
Oktober 2008

II
ZR
158/06, BGHZ
178, 192 Rn.
23

Trabrennbahn; Beschluss vom 8.
Oktober 2009

IX
ZR
227/06, ZIP
2009, 2385
Rn.
5). Je nach Ausgestaltung der gesellschaftlichen Organisa-tionsverhältnisse kann eine in einem Drittstaat gegründete Gesellschaft mit tat-sächlichem Verwaltungssitz in Deutschland auch ohne Eintragung im deut-schen Handelsregister als rechtsfähige Personengesellschaft, im Fall des Be-triebs eines Handelsgewerbes typischerweise als offene Handelsgesellschaft, oder ohne einen solchen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu behandeln 22
-
11
-

sein (vgl. BGH, Urteil vom 1.
Juli 2002

II
ZR
380/00, BGHZ
151, 204, 207; MünchKommBGB/Kindler, IntGesR, 6.
Aufl. Rn.
491
ff.). Sollte es an einer ge-sellschafterlichen Verbundenheit mehrerer Personen fehlen, kommt ein einzel-kaufmännisches Unternehmen in individueller Trägerschaft in Betracht (Münch
KommBGB/Kindler, IntGesR, 6. Aufl. Rn. 486 ff.).

Strohn

Caliebe

Wöstmann

Drescher

Born
Vorinstanzen:
AG Mettmann, Entscheidung vom 23.04.2015 -
40 X 1/15 -

LG Wuppertal, Entscheidung vom 14.10.2015 -
9 T 127/15 -

Meta

II ZB 19/15

22.11.2016

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2016, Az. II ZB 19/15 (REWIS RS 2016, 2025)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2025

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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