Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2005, Az. IX ZR 117/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2263

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 117/04
Verkündet am: 4. August 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2005 durch [X.] [X.] und [X.] Ganter, [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden die [X.]eile des 7. Zivilsenats des [X.] vom 4. Mai 2004 und der Zivilkammer 9 des [X.] vom 8. April 2003 auf-gehoben.

Die Sache wird an das [X.] verwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist der Insolvenzverwalter in dem auf Antrag vom 21. Juli 1999 am 4. Oktober 2000 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Kassenarztes (im folgenden: Schuldner). Er verlangt von der verklagten [X.] die Erfüllung von Honoraransprüchen des Schuldners für das vierte Quartal 1998 und das erste Quartal 1999 in Höhe von insgesamt noch 34.702,87 •.
- 3 - Die Beklagte - die den Zivilrechtsweg nicht für gegeben hält - hat ge-genüber den Honoraransprüchen die Aufrechnung mit [X.] ge-mäß § 52 Abs. 2 [X.], § 48 Abs. 2 EKV erklärt. Diese Gegenansprüche ha-ben sich daraus ergeben, daß der Schuldner durch Überschreitung bestimmter Durchschnittswerte oder Richtgrößen "unwirtschaftlich verordnet" und deshalb den Krankenkassen die sich aus der Überschreitung ergebenden Beträge zu ersetzen hat (§ 106 Abs. 5a Satz 4 SGB V). Diese waren spätestens Anfang April 1999 bestandskräftig festgestellt.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Mit seiner vom Senat zuge-lassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

Die Sache ist wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zu den [X.] Gerichten an das zuständige Sozialgericht zu verweisen.

[X.] Das Berufungsgericht hat sich der Auffassung des [X.], der Rechtsweg zu den Zivilgerichten sei gegeben, weil der [X.] Insolvenzverwalter einen anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 Satz 1 [X.] verfolge. Insofern hat die Revision in der münd-lichen Verhandlung vor dem Senat mit Recht beanstandet, daß das [X.] 4 - gericht wie schon das [X.] verfahrensfehlerhaft über die Zulässigkeit des Rechtsweges durch Endurteil entschieden hat.
1. Bereits das [X.] hat die Zuständigkeit der Zivilgerichte zu Un-recht durch [X.]eil bejaht. Nach § 17a Abs. 3 Satz 2 [X.] hat das Gericht vorab - und zwar gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 [X.] durch [X.]uß - zu entscheiden, wenn eine Partei, wie hier, die Zulässigkeit des Rechtswegs rügt und die [X.] der Sozialgerichte geltend macht.
2. Das Berufungsgericht, das mangels Vorabentscheidung des Landge-richts nicht gemäß § 17a Abs. 5 [X.] an die Bejahung des Rechtswegs zu den ordentlichen Gerichten durch das erstinstanzliche Gericht gebunden war (vgl. [X.], 246, 250; 121, 367, 370 f; 130, 159, 163; [X.], [X.]. v. 18. [X.] 1998 - VIII ZR 269/97, NJW 1999, 651), hat ebenfalls zu Unrecht durch Endurteil entschieden. Da die Beklagte die Rüge in zweiter Instanz wiederholt hat, hätte auch das Berufungsgericht richtigerweise gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 [X.] über die Zulässigkeit des Rechtsweges vorab durch [X.]uß entschei-den müssen. Dies hätte sich nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.] lediglich dann erübrigt, wenn das Berufungsgericht nicht nur die Zulässigkeit des eingeschlagenen Rechtswegs bejaht, sondern darüber hinaus im Falle der Vorabentscheidung keinen Anlaß gesehen hätte, gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 bis 6 [X.] die Beschwerde an den [X.] zu-zulassen (vgl. [X.]Z 131, 169, 171; 132, 245, 247; [X.], [X.]. v. 18. November 1998 aaO).
Zu dieser Frage hat sich das Berufungsgericht nicht geäußert. Ein An-laß, die Beschwerde zuzulassen, hätte hier bestanden. Die Frage, welcher - 5 - Rechtsweg gegeben ist, wenn der Insolvenzverwalter eine Aufrechnung oder Verrechnung für unzulässig hält, weil der Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat, hatte seinerzeit grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 17a Abs. 4 Satz 5 [X.]. Sie ist erst durch [X.]uß des Senats vom 2. Juni 2005 ([X.] ZB 235/04, z.[X.].) entschieden worden, und zwar - entgegen der Auffassung des [X.]s und des [X.] - in dem Sinne, daß die Frage der Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage nicht rechtswegbestimmend ist. Maßgeblich ist vielmehr, welcher Rechtsordnung der [X.] angehört. Mit der Klage wird ein Honoraranspruch eines Kassenarztes gegen seine Kassenärztliche Vereini-gung geltend gemacht, der in § 85 Abs. 4 SGB V seine gesetzliche Grundlage hat. Dafür sind nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG die Sozialgerichte zuständig. Auch der Gegenanspruch der [X.] und die von dieser in Anspruch genommene Verrechnungsbefugnis wurzeln im Sozialrecht. An die Stelle der nunmehr nicht mehr gegebenen Grundsätzlichkeit ist eine Divergenz getreten.

I[X.]

[X.] ist ein absoluter Verfahrens-mangel, den das Revisionsgericht gemäß § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO von Amts wegen zu berücksichtigen hat, sofern die Zulässigkeit des Rechtswegs in der Vorinstanz gerügt worden war ([X.]Z 130, 159, 164; [X.]/[X.], 2. Aufl. [X.] § 557 Rn. 23 und § 545 Rn. 18; [X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. § 557 Rn. 8). Daß die Beklagte die Rüge innerhalb der Re-visionsbegründungsfrist nicht wiederholt hat, ist unerheblich. - 6 -

Zwar prüft der [X.] grundsätzlich nicht, welcher Rechts-weg gegeben ist. Vielmehr verweist er, wenn die Vorinstanz gegen § 17a Abs. 3 Satz 2 [X.] verstoßen hat, die Sache unter Aufhebung des angefochte-nen [X.]eils an jene zurück ([X.], [X.]. v. 18. November 1998 aaO). In [X.] entscheidet er jedoch selbst über den zulässigen Rechtsweg. So ist er beispielsweise dann vorgegangen, wenn das Berufungsgericht sich fälschlich an die vom [X.] verfahrensfehlerhaft durch [X.]eil getroffene Rechts-wegentscheidung gebunden gesehen hat ([X.]Z 121, 367, 372; 130, 159, 163 f). In gleicher Weise ist der [X.] verfahren, wenn das - nach-zuholende - Vorabverfahren wiederum nur zu einer Bejahung des Rechtsweges führen könnte ([X.]Z 132, 245, 248). Dies ist im vorliegenden Fall zwar [X.]. Hier müßte umgekehrt das Vorabverfahren - unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich vom Senat getroffenen Grundsatzentscheidung vom 2. Juni 2005 - zu dessen Verneinung führen. Dieser Unterschied ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der [X.] (vgl. [X.], [X.]. v. 18. November 1998 aaO [X.]) nicht erheblich. Da das Berufungsgericht nach Aufhebung und Zurück-verweisung nur entweder selbst die Sache an das Sozialgericht verweisen oder die Beschwerde an den [X.] zulassen müßte (§ 17a Abs. 4 Satz 5 Alt. 2 [X.]), kann dieser selbst entscheiden und die Sache - unter [X.] der in den Vorinstanzen gefällten Sachentscheidungen (§ 562 Abs. 1 ZPO) - an das zuständige Sozialgericht verweisen.

Die Entscheidung ist nicht durch [X.]uß, sondern durch [X.]eil zu tref-fen. Zwar kann das Berufungsgericht gemäß § 17a Abs. 4 Satz 1 [X.] auch nach mündlicher Verhandlung durch [X.]uß das erstinstanzliche [X.]eil auf-heben und die Sache an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs - 7 - verweisen. Dies setzt jedoch voraus, daß es sich um eine Entscheidung im Vo-rabverfahren handelt ([X.], [X.]. v. 4. März 1998 - [X.], [X.], 1254, 1255). Beim [X.] kann ein derartiges Vorabverfahren nicht stattfinden. Er könnte durch [X.]uß lediglich über die Beschwerde gegen eine Vorabentscheidung der Vorinstanz entscheiden (§ 17a Abs. 4 Satz 4 [X.]). Hier fehlt es an einer solchen. Demgemäß haben die Parteien vor dem Senat auch über die Sache verhandelt.

[X.] Ganter [X.]
Ri[X.] [X.] ist in Urlaub und daher verhindert zu unterschrei-ben.

[X.] [X.]

Meta

IX ZR 117/04

04.08.2005

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.08.2005, Az. IX ZR 117/04 (REWIS RS 2005, 2263)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2263

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