Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2003, Az. 4 StR 316/03

4. Strafsenat | REWIS RS 2003, 1484

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[X.] StR 316/03vom25. September 2003in dem [X.] des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 25. September 2003 gemäß § 349Abs. 4 StPO [X.] Auf die Revision des Beschuldigten wird das Urteil [X.] Rostock vom 28. April 2003 mit den [X.] Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eineandere [X.] des [X.].Gründe:Das [X.] hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des [X.] in einem psychiatrischen Krankenhaus wegen einer im Zustand [X.] verminderten Schuldfähigkeit begangenen Körperverletzung [X.] (§§ 223 Abs. 1, 241 Abs.1, 52, 21 StGB) angeordnet. Die mit derSachrüge begründete Revision des Beschuldigten hat Erfolg.1. Nach den Feststellungen der [X.] suchte der seit einigenMonaten depressiv gestimmte Beschuldigte aufgrund eines tags zuvor gefaß-ten [X.] seine Bekannte [X.]auf, um sie mit einem [X.] zu töten, da ersich in sie verliebt hatte und sie, die seine Gefühle nicht erwiderte, —in wahn-hafter Verkennung der Realität für seinen Zustand verantwortlich machtefi([X.] 6). Nachdem er sie mit den Worten —[X.], hast du [X.] angesprochen und ihr mit der Faust ins Gesicht geschlagen [X.] -ging er mit erhobenem [X.] auf sie zu, woraufhin sie in Todesangst flüchtete.Der Beschuldigte folgte ihr noch kurz, gab jedoch sein Vorhaben auf, da er [X.] nicht übers Herz bracht([X.] ([X.] 9).Das [X.] ist [X.] sachverständig beraten [X.] davon ausgegangen,daß beim Beschuldigten eine überdauernde Persönlichkeitsstörung vom [X.] als schwere andere seelische Abartigkeit und zudem imTatzeitraum eine hierauf gründende wahnhaft-depressive Psychose ([X.]) inder Form eines —sensitiven Beziehungswahnsfi ([X.]) als krankhafte seelischeStörung bestand. Davon ausgehend, hat die [X.] [X.] auch darin [X.] folgend [X.] gemeint, daß durch das Zusammenwirken beidergeistig-seelischen Störungen —die Einsichtsfähigkeit des Beschuldigten in [X.] seines Handelns möglicherweise aufgehobenfi, zumindest aber erheb-lich vermindert gewesen sei ([X.], ebenso [X.] 8).2. Damit sind die Voraussetzungen für die Anordnung der [X.] einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB unbeschadet der Ge-fährlichkeitsprognose durch das [X.] nicht hinreichend belegt. Die An-ordnung nach § 63 StGB setzt die positive Feststellung eines länger [X.] geistig-seelischen Defekts voraus, der zumindest eine erhebliche Ver-minderung der Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB begründet (st. Rspr.;[X.]St 34, 22, 26 f.). Davon ist das [X.] zwar ausgegangen. Es [X.] nicht bedacht, daß nach ständiger Rechtsprechung eine lediglich ver-minderte Einsichtsfähigkeit strafrechtlich erst dann von Bedeutung ist, wenn [X.] Fehlen der Einsicht zur Folge hat (vgl. nur [X.]R StGB § 21 Einsichtsfä-higkeit 6; [X.]/[X.] 51. Aufl. § 21 Rdn. 3 m.w.N.). Der Täter, [X.] generell verminderter Einsichtsfähigkeit im konkreten Fall die Einsicht in- 4 -das Unrecht seiner Tat gehabt hat, ist [X.] sofern nicht seine Steuerungsfähigkeiterheblich vermindert ist [X.] voll schuldfähig ([X.]St 21, 27, 28; 34, 22, 25 f.).Fehlt dagegen bei der Tat die [X.] infolge generell verminderterEinsichtsfähigkeit, so ist für § 21 StGB nur Raum, wenn dies dem Täter vorzu-werfen ist; ohne Schuld (§ 20 StGB) handelt der Täter unter diesen Umständennur dann, wenn ihm das Fehlen der [X.] nicht vorzuwerfen ist (st.Rspr.; [X.]St 40, 341, 349; 42, 385, 389; [X.]R StGB § 20 [X.], 3; § 21 Einsichtsfähigkeit 1 bis 5; § 63 Tat 4). Hiermit hat sich die [X.] nicht auseinandergesetzt.Ob hiernach die [X.] die Anwendung des § 21 StGB zu Rechtbejaht hat, kann auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht ent-nommen werden, weil sich das Urteil nur zur Einsichts-, nicht aber auch zurSteuerungsfähigkeit des Beschuldigten verhält. Der Senat vermag dem [X.] nicht zu entnehmen, daß sich das [X.] lediglich im Ausdruck ver-griffen und die Steuerungsfähigkeit als zumindest erheblich vermindert ange-sehen hat. Dagegen spricht nicht nur die wiederholte Bezugnahme auf die Fä-higkeit zur [X.], sondern auch der Zusammenhang mit der vom[X.] mit dem Sachverständigen in den Vordergrund gestellten Wahn-problematik, die in erster Linie die Einsichtsfähigkeit berührt, während das[X.] die vor allem die Steuerungsfähigkeit berührende alkoholischeBeeinträchtigung beim Beschuldigten gerade als —nicht ... wesentlichfi ([X.])angesehen hat.Eine nicht ausschließbar lediglich erheblich verminderte Einsichtsfähig-keit bei der Tat genügt aber [X.] wie dargelegt [X.] für die sichere Annahme von§ 21 StGB nicht und ebensowenig für eine Anordnung nach § 63 StGB (vgl.[X.], 207). Anders verhielte es sich, wenn sich das [X.]- 5 -von einem vollständigen Fehlen der [X.] überzeugt hätte. Das istindes entgegen der Auffassung des [X.] nicht der Fall. [X.] eine fehlende [X.] bei der Tat sprechen hier zudem auch [X.], die das [X.] zutreffend als freiwilligen Rücktritt vom [X.] gewertet hat. Über die [X.] ist deshalb neu zuentscheiden.3. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, daßdie Schuldfähigkeitsbeurteilung durch den neuen Tatrichter [X.] tunlichst unterHinzuziehung eines weiteren Sachverständigen [X.] eingehenderer Prüfung alsbisher bedarf. Insbesondere wird sich der neue Tatrichter um eine [X.] des Zustands des Beschuldigten zu den Eingangsmerkmalen des§ 20 StGB zu bemühen haben. Eine nähere Darlegung war hier schon deshalbgeboten, weil depressive wie auch wahnhafte Elemente einer Persönlichkeits-störung anhaften können, ohne zugleich eine krankhafte seelische Störungi.S.d. §§ 20, 21 StGB zu begründen (vgl. [X.]R § 20 Seelische Abartigkeit 2und 3 m.w.N. und mit [X.]. [X.]/[X.] NStZ 1998, 297 und [X.], 207; [X.] in [X.]. § 20 Rdn. 38 f.; ferner aus psychiatrischerSicht: [X.], Forensische Psychiatrie, 2. Aufl., [X.]; Venzlaff in [X.]/[X.], Psychiatrische Begutachtung, 3. Aufl., [X.] f., 128 f., 130). [X.] sind die Grundlagen für die Annahme einer rechtlich erheblichen [X.] Wahnstörung beim Beschuldigten (vgl. zum Liebes- oder [X.] 1997, 300 ff. und [X.], [X.] Aufl., [X.] f., 180, 182 f.) nicht ausreichend dargetan. Insoweit ist [X.] nicht ersichtlich, inwieweit das objektive Verhalten der [X.] Beschuldigten im Rahmen ihrer Beziehung falsch wahrgenommen wurde.Vielmehr empfand er ihre [X.] richtig erkannte [X.] Ablehnung als —Demütigungfi und- 6 -ungerechtfertigte Behandlung und machte sie daher für seinen unglücklichenZustand verantwortlich ([X.] 6). Hinsichtlich der von der [X.] weiter an-genommenen Persönlichkeitsstörung vom schizoid-antisozialen Typ bedarf eseiner erkennbaren Abgrenzung gegenüber solchen Eigenschaften und Verhal-tensweisen, die sich noch innerhalb der Bandbreite menschlichen Verhaltensbewegen und Ursache für [X.] sein können, ohne daß sie [X.] —erheblichfi im Sinne des § 21 StGB berühren (vgl. [X.]St 42,385, 388; [X.]R StGB § 21 Psychose 1, Seelische Abartigkeit 25, 35, 36; § 63Zustand 26, 29, 34; [X.], [X.]. v. 20. Mai 2003 [X.] 4 [X.]). Sofern dieneue Hauptverhandlung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 63 [X.] schon [X.] wie bisher angenommen [X.] allein aufgrund einer überdauerndengeistig-seelischen Störung des Beschuldigten ergibt, wird der neue [X.] Frage einer [X.] (§§ 63, 64 StGB) schließlich auch [X.] auf die nicht unerhebliche Alkoholisierung des Beschuldigten zur [X.] seinen mehrjährigen, bereits früher mit Körperverletzungsdelikten in [X.] stehenden [X.] zu prüfen haben (vgl. [X.]St 44, 338 ff.;369 ff.; [X.]R StGB § 63 Gefährlichkeit 18, Konkurrenzen 1, Tat 5; § 64 Zu-sammenhang, symptomatischer 1, 2; § 21 Blutalkoholkonzentration 27; [X.]NStZ-RR 1997, 231 f.; [X.], [X.]. v. 16. Juli 2002 [X.] 4 StR 179/02).Maatz Kuckein Athing [X.]Richterin am [X.] Sost-Scheible ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Maatz

Meta

4 StR 316/03

25.09.2003

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.09.2003, Az. 4 StR 316/03 (REWIS RS 2003, 1484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1484

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