Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.02.2015, Az. 5 P 1/14

5. Senat | REWIS RS 2015, 15125

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Gegenstand

Anfechtung einer Personalratswahl einer Agentur für Arbeit; Antragsberechtigung; Stellvertretung


Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des [X.] für Personalvertretungssachen des Bundes - vom 26. September 2013 wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Zwischen den [X.]eteiligten steht im Streit, ob die Antragstellerin die am 25. April 2012 durchgeführte Wahl des [X.]eteiligten in zulässiger und begründeter Weise angefochten hat.

2

Am Wahltag waren bei der betreffenden [X.] 608 Personen beschäftigt. 1 782 weiteren Personen, die ebenfalls in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis zu der Agentur standen, waren zu diesem Zeitpunkt Tätigkeiten in einer gemeinsamen Einrichtung der [X.] und eines kommunalen Trägers zugewiesen. Der Wahlvorschlag des Wahlvorstandes der Arbeitsagentur sah vor, dass der zu wählende [X.]eteiligte aus 15 Mitgliedern bestehe. [X.]ei der [X.]estimmung der Größe des [X.]eteiligten ging der Wahlvorstand von 2 390 zu berücksichtigenden [X.]eschäftigten aus.

3

Auf der Grundlage einer Entscheidung der Geschäftsführung der [X.] hat die Antragstellerin die Wahl des [X.]eteiligten angefochten und beantragt, festzustellen, dass die Anzahl der zu wählenden Mitglieder des [X.]eteiligten nicht 15, sondern 11 betrage, hilfsweise die Wahl für ungültig zu erklären. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die hiergegen erhobene [X.]eschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen, mit der diese beantragt hat, die am 25. April 2012 in der Dienststelle der [X.] [X.]. durchgeführte Wahl zum Personalrat für ungültig zu erklären. Der Antragstellerin habe die [X.]efugnis zur Anfechtung der Wahl gefehlt. Das Wahlanfechtungsrecht stehe dem Leiter der Dienststelle zu. Leiter der Dienststelle sei die Geschäftsführung. Diese könne sich durch eines ihrer Mitglieder vertreten lassen. Der Anfechtungsantrag sei indes nicht von der Geschäftsführung als Kollegialorgan, vertreten durch die Antragstellerin, sondern von der Antragstellerin im eigenen Namen gestellt worden. Für eine gewillkürte Vertretung sei nichts ersichtlich. Der Antragstellerin habe es bereits an dem Willen gemangelt, in fremdem Namen zu handeln. Die Frage der [X.] der Antragstellerin sei auch entscheidungserheblich. Denn der als einheitliches Wahlanfechtungsbegehren zu wertende Antrag sei im Übrigen zulässig und begründet. Der Personalrat bestehe in Dienststellen mit in der Regel 601 bis 1 000 [X.]eschäftigen aus 11 Mitgliedern. Zu den "in der Regel [X.]eschäftigten" gehöre nur, wer der Dienststelle, in der gewählt werde, zugehöre. [X.] sei ein [X.]eschäftigter, der in die Dienststelle eingegliedert sei, d.h. in der Dienststelle nach Weisungen ihres Leiters an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitwirke. An einer entsprechenden Eingliederung fehle es in [X.]ezug auf [X.]eamtinnen und [X.]eamte sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen ungeachtet des fortbestehenden Dienst- oder Arbeitsverhältnisses zu ihrer bisherigen Dienststelle nach beamten- und tarifrechtlichen Regelungen kraft Gesetzes oder im Einzelfall Tätigkeiten in einer gemeinsamen Einrichtung zugewiesen worden seien.

4

Mit ihrer Rechtsbeschwerde rügt die Antragstellerin eine Verletzung des materiellen wie auch des Verfahrensrechts. In [X.] Hinsicht sei sie zur Anfechtung der Wahl befugt gewesen, da sie das Anfechtungsverfahren in Vertretung der Geschäftsführung eingeleitet habe. Die Geschäftsführung habe sie zumindest konkludent bevollmächtigt, das Anfechtungsrecht in Wahrnehmung der Funktion des [X.] auszuüben. Nach der internen Aufgabenverteilung habe es ihr oblegen, die Geschäftsführung in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten zu vertreten. Daher habe sie den Antrag nicht im eigenen, sondern im Namen der Geschäftsführung gestellt. Der Wille, in fremdem Namen zu handeln, sei bereits durch den Umstand erkennbar, dass sie als ständige Ansprechpartnerin des [X.]eteiligten auftrete. Die [X.]eschwerdeentscheidung verletze sie zudem in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.

5

Der [X.]eteiligte verteidigt den angefochtenen [X.]eschluss.

II

6

Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Der angefochtene [X.]eschluss beruht nicht auf der Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 [X.][X.]G i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht der Antragstellerin die [X.]efugnis zur Anfechtung der Wahl des [X.]eteiligten abgesprochen (1.). Die Entscheidung verletzt die Antragstellerin auch nicht in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (2.).

7

1. Die Annahme des [X.], die Antragstellerin sei nicht befugt gewesen, die Wahl des [X.]eteiligten anzufechten, steht im Einklang mit § 25 [X.][X.]G.

8

Danach kann unter anderem der Leiter der Dienststelle binnen einer Frist von 12 Arbeitstagen, vom Tage der [X.]ekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, die Wahl beim Verwaltungsgericht anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine [X.]erichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Die Agenturen für Arbeit werden gemäß § 383 Abs. 1 Satz 1 des [X.] -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19. Juli 2007 ([X.] I S. 1457), - [X.] - von einer Geschäftsführerin, einem Geschäftsführer oder einer Geschäftsführung geleitet. Eine Geschäftsführung besteht nach § 383 Abs. 1 Satz 2 [X.] aus einer oder einem Vorsitzenden und bis zu zwei weiteren Mitgliedern. Gemäß § 7 Satz 1 [X.][X.]G handelt für die Dienststelle ihr Leiter. Abweichend von § 7 Satz 1 [X.][X.]G handelt für die Agenturen für Arbeit und die Regionaldirektionen der [X.] gemäß § 88 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 2 [X.][X.]G die Geschäftsführung. Diese nimmt die Funktion des [X.] wahr. Dass sich die Geschäftsführung nach § 88 Nr. 2 Satz 2 [X.][X.]G durch eines oder mehrere der jeweiligen Mitglieder vertreten lassen kann, nimmt ihr die Eigenschaft der Dienststellenleitung nicht, da § 88 Nr. 2 Satz 2 [X.][X.]G keinen Anhalt dafür liefert, neben der Stellvertretung auch eine Delegation dieser Funktion zu ermöglichen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 11. Oktober 2013 - 6 P[X.] 27.13 - [X.] 250 § 88 [X.][X.]G Nr. 1 Rn. 3 m.w.N.). Hier wurde der [X.] nicht von der Geschäftsführung gestellt, sondern von der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat insoweit nicht als Stellvertreterin der Geschäftsführung im Sinne des § 164 Abs. 1 [X.]G[X.] gehandelt. Eine wirksame Vertretung liegt schon deshalb nicht vor, weil der Antrag nicht im Einklang mit dem Offenkundigkeitsprinzip erkennbar im Namen der Geschäftsführung gestellt wurde (§ 164 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.]G[X.]). Ein entsprechender Vertretungswille kann dem insoweit maßgeblichen [X.] nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnommen werden.

9

Der nach § 25 [X.][X.]G bei dem Verwaltungsgericht zu stellende Antrag ist eine Prozesserklärung. Solche prozessualen Willenserklärungen sind vom Rechtsbeschwerdegericht - ebenso wie vom Revisionsgericht - ohne [X.]indung an eine Auslegung durch die Vorinstanz eigenständig auszulegen (stRspr, vgl. [X.], Urteile vom 27. November 2003 - 2 [X.] - [X.]E 109, 47 <53> m.w.N. und vom 28. August 2008 - 2 [X.] - NJW 2009, 1293 Rn. 16 m.w.N.; [X.], Urteil vom 16. September 2008 - [X.]/07 - NJW 2009, 751 Rn. 11 m.w.N.; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 3. Dezember 1998 - 1 [X.] - [X.] 310 § 124a VwGO Nr. 6 S. 14 und Urteil vom 27. April 1990 - 8 C 70.88 - [X.] 310 § 74 VwGO Nr. 9 S. 1 <5> m.w.N.; vgl. auch [X.], in: [X.], Stand November 2014, § 73 Rn. 45 m.w.N. und Eichberger/[X.], in: [X.]/[X.]/[X.]ier, VwGO, Stand März 2014, § 137 Rn. 158 ff. m.w.N.). [X.]ei der Auslegung von [X.] sind die für die Auslegung von Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 [X.]G[X.]) anzuwenden (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 27. April 1990 - 8 C 70.88 - [X.] 310 § 74 VwGO Nr. 9 S. 1 <5>). So ist nicht allein der Wortlaut maßgeblich. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus den [X.]egleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Der maßgebende objektive Erklärungswert bestimmt sich danach, wie der Empfänger nach den Umständen die Erklärung verstehen muss. Für die Auslegung eines Klageantrags ist auch dessen [X.]egründung heranzuziehen (vgl. [X.], Urteil vom 16. September 2008 - [X.]/07 - NJW 2009, 751 Rn. 11 m.w.N.). Dementsprechend ist die Auslegung eines im personalvertretungsrechtlichen [X.]eschlussverfahren gestellten Antrags von dessen Wortlaut ausgehend am Anlass des Streits der [X.]eteiligten und an dem zu seiner [X.]egründung [X.] auszurichten (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 6. Juni 1991 - 6 P 8.89 - [X.] 251.2 § 12 [X.] Nr. 1 S. 1 <2> m.w.N.; zum [X.] [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 23. Juli 2008 - 6 P[X.] 13.08 - [X.] 250 § 9 [X.][X.]G Nr. 32 Rn. 5). Die hier vorzunehmende Auslegung wird auch gesteuert von den Grundsätzen, die für die Annahme eines erkennbaren Handelns in fremdem Namen im Sinne des § 164 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.]G[X.] maßgeblich sind. Entscheidend ist auch insoweit der objektive Erklärungswert, also wie sich die Willenserklärung nach [X.] und Glauben unter [X.]erücksichtigung der Verkehrssitte für den Empfänger darstellt. Hierbei sind außer dem Wortlaut der Erklärung alle Umstände zu berücksichtigen, die unter [X.]eachtung der Verkehrssitte Schlüsse auf den Sinn der Erklärung zulassen (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 1994 - [X.] 4/93 - [X.]Z 125, 175 <178> m.w.N.). Gemessen daran ist auszuschließen, dass der [X.] im Namen der Geschäftsführung gestellt wurde.

Der Wortlaut des Antrags weist ganz deutlich in die Richtung, dass die Antragstellerin diesen nicht als Vertreterin der Geschäftsführung, sondern in ihrer Funktion als Vorsitzende der Geschäftsführung gestellt hat ("... zeige ich an "Antragsteller ist die Vorsitzende der Geschäftsführung der [X.] der [X.] ([X.]) und damit Dienststellenleiterin der [X.]."). Das Rubrum des [X.]s bezeichnet als Antragsteller "die Vorsitzende der Geschäftsführung der [X.]". Nicht anders verhält es sich hinsichtlich des Rubrums der [X.]eschwerdeschrift und der [X.]eschwerdebegründungsschrift. Dem kommt besondere [X.]edeutung zu, weil aufgrund der Entscheidung des [X.] bekannt war, dass die Frage der Anfechtungsbefugnis der Vorsitzenden jedenfalls zweifelhaft ist. Gleichwohl hat die Antragstellerin das Rubrum auch im [X.]eschwerdeverfahren nicht beanstandet. Selbst das Rubrum der [X.] weist sie als diejenige aus, die den Anfechtungsantrag stellt, und lässt einen Hinweis auf eine Vertretung der Geschäftsführung vermissen. Erst nachdem das Verfahren durch die Geschäftsstelle des [X.] in Abweichung von der [X.] mit dem Rubrum "Geschäftsführung der [X.]" eingetragen worden war, ist dies im Rubrum der Rechtsbeschwerdebegründungsschrift - allerdings auch nur dort - nachvollzogen worden. Soweit die [X.]egründung der Rechtsbeschwerde auf die "Antragstellerin" [X.]ezug nimmt, bezeichnet sie weiterhin nicht die Geschäftsführung, sondern durchgängig deren Vorsitzende.

Auch die bei der Auslegung des Antrags mit besonderem Gewicht zu berücksichtigende [X.]egründung des Antrags spricht dagegen, den Antrag als erkennbar im Namen der Geschäftsführung gestellt zu werten. Die Antragstellerin hat sich im erstinstanzlichen Verfahren für ihre Anfechtungsbefugnis vor allem darauf berufen, der Allgemeine Teil des Handbuchs des Dienstrechts der [X.] ([X.]) gehe unter [X.] davon aus, dass (auch) bei den Regionaldirektionen der Vorsitzende der Geschäftsführung originär Dienststellenleiter sei. Auch im [X.]eschwerdeverfahren hat die Vorsitzende ihre [X.]efugnis zur Wahlanfechtung in erster Linie auf ihre angeblich aus den Regelungen des zitierten Handbuchs folgende originäre Stellung als Dienststellenleiterin gestützt. Dieser Argumentation folgend bedürfte es für eine wirksame Wahlanfechtung durch die Vorsitzende der Geschäftsführung keiner Stellvertretung und damit auch keines erkennbaren Handelns in fremdem Namen.

Angesichts des Gewichts dieser Umstände, die gegen ein erkennbares Handeln in fremdem Namen sprechen, müssen gewichtigere gegenläufige Gesichtspunkte erkennbar sein, um die Annahme eines erkennbaren Fremdwirkungswillens rechtfertigen zu können. An solchen fehlt es hier. Soweit mit dem Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen wird, dass die Personalräte bei den Agenturen für Arbeit in der Vergangenheit dem Auftreten der Vorsitzenden der Geschäftsführungen in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten nicht widersprochen haben, kann dahingestellt bleiben, wie dieser Hinweis im Kontext der [X.]egründung des angefochtenen [X.]eschlusses zu verstehen ist, da das [X.] auch die für die Auslegung des Antrags wesentlichen Tatsachen eigenständig zu würdigen hat. Soweit sich diese (als zutreffend unterstellte) Feststellung auch auf die Antragstellerin bezieht, kann aus ihrem rügelosen Auftreten in personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten jedenfalls angesichts der aufgezeigten Umstände nicht geschlossen werden, dass sie im vorliegenden Fall erkennbar als Vertreterin der Geschäftsführung aufgetreten ist. In gleicher Weise ließe sich dieses Auftreten - im Einklang mit ihrem Verständnis des [X.] [X.] - als Handeln in der Funktion als originäre Dienststellenleiterin auffassen. Ebenso wenig spricht für einen erkennbaren Vertreterwillen, dass die [X.] das Fehlen einer [X.]evollmächtigung nicht gerügt haben. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die [X.]ehauptung der Antragstellerin im [X.]eschwerdeverfahren, dass sie "im Einverständnis mit den übrigen Mitgliedern der Geschäftsführung immer die Ansprechpartnerin für den Personalrat [gewesen sei] und sämtliche Vorlagen unterzeichnet ha[be]".

Handelte die Antragstellerin nach alledem nicht in fremdem Namen und war sie somit nicht wahlanfechtungsbefugt im Sinne des § 25 Alt. 3 [X.][X.]G, so bedarf es weder der Erörterung, ob sie über die darüber hinaus erforderliche Vertretungsmacht verfügte, noch der Klärung, ob der [X.] auch im Übrigen zulässig und begründet war.

2. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin beruht der angefochtene [X.]eschluss nicht auf einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).

a) Der Antragstellerin ist nicht darin zu folgen, ein Gehörsverstoß liege vor, weil das Oberverwaltungsgericht zur [X.]egründung seiner Entscheidung ohne vorherigen Hinweis ausgeführt habe, die [X.]ezugnahme auf das [X.] [X.] sei als [X.]eharren zu verstehen, im eigenen Namen handeln zu wollen. Sie ist in diesem Zusammenhang der Auffassung, die Vorinstanz habe ihr, der Antragstellerin, zentrales Vorbringen übergangen, dass von einer wirksamen Vertretung auszugehen und der Antrag entsprechend auszulegen sei.

Der verfassungsrechtlich durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 30. Oktober 2013 - 6 P[X.] 19.13 - [X.] 2014, 269 Rn. 4) und die wesentlichen Gründe für ihre Entscheidung anzugeben. Die Gerichte müssen sich indes nicht mit jedem Vorbringen der [X.]eteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich auseinandersetzen. Denn es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene [X.] auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Etwas anderes gilt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines [X.]eteiligten überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist ([X.], [X.] vom 23. Juli 2003 - 2 [X.]vR 624/01 - NVwZ-RR 2004, 3; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 4. September 2012 - 5 [X.] 31.12 - juris Rn. 2). Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.

Das Oberverwaltungsgericht hat das Vorbringen der Antragstellerin zur Kenntnis genommen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass es in seinem [X.]eschluss ausdrücklich auf den Vortrag der Antragstellerin [X.]ezug genommen hat, das Verwaltungsgericht habe jedenfalls von einer wirksamen Vertretung gemäß § 88 Nr. 2 Satz 2 [X.][X.]G ausgehen und den Antrag entsprechend auslegen müssen. Es hat das Vorbringen auch in Erwägung gezogen, indem es dieses als erfolglosen Versuch gewertet hat, den Verwaltungsgerichten die Entscheidung darüber zuzuschreiben, ob die Antragstellerin im eigenen oder im fremden Namen aufgetreten sei oder habe auftreten wollen.

Daher ist die Rüge im [X.] dahingehend zu verstehen, dass das Oberverwaltungsgericht dem Vorbringen der [X.]eschwerde nicht gefolgt ist und eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat. Damit kann indes eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht begründet werden ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 6. August 2012 - 5 [X.] - juris Rn. 3).

b) Nichts anderes gilt im Ergebnis für das Vorbringen, die Antragstellerin habe nicht damit rechnen müssen, dass das Oberverwaltungsgericht ohne vorherigen Hinweis und trotz geänderter Antragsformulierung in der [X.]eschwerdeinstanz seine Rechtsauffassung auf die Formulierung des Antrags in der [X.], das Rubrum und den Wortlaut der Vollmacht stützen würde, da diese Auslegung mit § 164 Abs. 1 Satz 2 [X.]G[X.] nicht im Einklang stehe.

Aus dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs folgt keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Gerichts. Dem Gericht wird keine umfassende Erörterung sämtlicher entscheidungserheblicher Gesichtspunkte abverlangt. Insbesondere muss es die [X.]eteiligten grundsätzlich nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffs hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden [X.]eratung ergibt. Nur wenn das Gericht an den Vortrag eines [X.]eteiligten Anforderungen stellt, mit denen auch ein verständiger Prozessbeteiligter aufgrund des bisherigen Verlaufs des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte, ist es zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung gehalten, einen entsprechenden Hinweis zu geben (stRspr, vgl. [X.], [X.]eschluss vom 29. Mai 1991 - 1 [X.]vR 1383/90 - [X.]E 84, 188 <190>; [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 21. September 2010 - 5 [X.] 44.10 - juris Rn. 12 m.w.N.). Hierzu bestand vorliegend keine Veranlassung. Die Frage der Vertretung der Geschäftsführung durch die Antragstellerin war bereits Gegenstand des [X.]eschlusses des [X.]. Es lag deshalb nahe, dass sich das Oberverwaltungsgericht dieser Frage unter Einbeziehung der insoweit relevanten Gesichtspunkte widmet.

Meta

5 P 1/14

24.02.2015

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: P

vorgehend Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, 26. September 2013, Az: OVG 62 PV 26.12, Beschluss

§ 25 Alt 3 BPersVG, § 7 S 1 BPersVG, § 88 Nr 2 S 1 Halbs 2 BPersVG, § 88 Nr 2 S 2 BPersVG, § 383 Abs 1 S 1 SGB 3, § 383 Abs 1 S 2 SGB 3, § 164 Abs 1 S 1 BGB, § 164 Abs 2 BGB, § 133 BGB, § 157 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 24.02.2015, Az. 5 P 1/14 (REWIS RS 2015, 15125)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15125

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