Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2006, Az. I ZR 32/03

I. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3450

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 18. Mai 2006 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja Vertragsstrafevereinbarung [X.] §§ 339, 145 ff. Das Zustandekommen und die Auslegung einer wettbewerbsrechtlichen [X.]vereinbarung richten sich nach den allgemeinen Vorschriften. Das Versprechen einer Vertragsstrafe bezieht sich grundsätzlich nicht auf Handlun-gen, die der Schuldner vor dem Zustandekommen der Vereinbarung begangen hat. [X.], [X.]. v. 18. Mai 2006 - [X.] - [X.] Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 18. Mai 2006 durch [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das [X.]eil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 20. Dezember 2002 aufgeho-ben. Die Berufung der Klägerin gegen das [X.]eil der [X.] für Handelssachen des [X.] vom 2. Mai 2002 wird [X.]. Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Parteien stehen als Anbieter von [X.] miteinander im Wettbewerb. 1 - 3 - Die Beklagte warb im [X.] 2001 für den von ihr angebotenen DSL-Zugang mit der unrichtigen Behauptung, dieser weise eine Übertragungsge-schwindigkeit von 1.024 kbit/s auf. Mit Schreiben vom 2. Juli 2001 mahnte die Klägerin die Beklagte deswegen unter Beifügung des Entwurfs einer [X.] Unterlassungserklärung ab. Die Beklagte gab am 5. Juli 2001 eine Un-terlassungserklärung ab. Sie verwendete dabei aber nicht den von der Klägerin vorgeschlagenen, sondern einen von ihr selbst neu formulierten Text. Dieser unterschied sich von dem Entwurf der Klägerin u. a. durch eine niedrigere [X.] und den Vorbehalt von [X.] für verschiedene Medien. Auf telefonische Nachfragen der Beklagten vom 6. und 11. Juli 2001 erklärte der anwaltliche Vertreter der Klägerin, diese habe noch nicht über die Annahme der Unterlassungserklärung entschieden. Mit Schreiben vom 11. Juli 2001 nahm die Klägerin diese dann an. 2 In der Zwischenzeit war in der Ausgabe des [X.] vom 7./8. Juli 2001 eine weitere Anzeige der Beklagten erschienen, in der die von der Klägerin beanstandete unrichtige Aussage erneut enthalten war. 3 Die Klägerin ist der Ansicht, der [X.] zwischen den [X.] sei bereits am 5. Juli 2001 zustande gekommen, so dass die darin enthal-tene Vertragsstrafe durch die Anzeige vom 7./8. Juli 2001 verwirkt sei. Die [X.] habe schuldhaft gehandelt, weil sie das Erscheinen der Anzeige hätte verhindern können. 4 Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung der Vertragsstrafe in Höhe von 5.164,05 • nebst Zinsen in Anspruch genommen. 5 Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. 6 - 4 - Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung stattgegeben ([X.] 2003, 150). 7 8 Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurück-weisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsan-trag weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat die Klage für im Wesentlichen begründet er-achtet und hierzu ausgeführt: 9 Der [X.] sei zwar erst mit der Annahmeerklärung der Klägerin am 11. Juli 2001 zustande gekommen. Die inhaltlich von der Vorgabe der Klägerin deutlich abweichende Erklärung der Beklagten vom 5. Juli 2001 habe gemäß § 150 Abs. 2 [X.] einen neuen Antrag dargestellt, den die Kläge-rin nicht nach § 151 [X.] angenommen habe. 10 Der Vertrag sei jedoch nach seinem Wortlaut und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen dahin auszulegen, dass sich die Beklagte bereits ab dem Zeitpunkt der Abgabe ihrer Erklärung am 5. Juli 2001 strafbewehrt zur Un-terlassung verpflichtet habe. Die Beklagte habe ihre [X.] auch schuldhaft verletzt, weil sie vor Abgabe der Unterlassungserklärung nicht si-chergestellt habe, dass die betreffende Anzeige nicht mehr erscheinen würde. 11 - 5 - I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der [X.] erst am 11. Juli 2001 zustande gekommen ist. Mit Erfolg wendet sich die Revi-sion gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des Vertrags, nach der die Vertragsstrafe auch bei vor dem 11. Juli 2001 begangenen [X.] verwirkt sein sollte. 12 1. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens der zweiten Anzeige am 7./8. Juli 2001 zwischen den Parteien noch keine Vertragsstrafevereinbarung bestanden hat. Der [X.] ist erst am 11. Juli 2001 geschlossen worden. 13 a) Die Verpflichtung zur Zahlung einer Vertragsstrafe wird nicht schon durch eine einseitige Erklärung des Schuldners begründet, sondern setzt den Abschluss eines Vertrags zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner voraus. Für das Zustandekommen eines solchen Vertrags gelten die [X.] (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprü-che und Verfahren, 8. Aufl., [X.]. 20 Rdn. 7 f.; [X.]/[X.], [X.], Neube-arbeitung 2004, § 339 Rdn. 20 f. m.w.N.; a.[X.], Festschrift für Gernhuber, 1993, [X.] ff.). Dem Anspruchsteller bleibt es grundsätzlich unbenommen, seinen Unterlassungsanspruch gegebenenfalls im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchzusetzen, wenn der Schuldner nach Zugang der [X.] die Abgabe einer die Wiederholungsgefahr [X.] [X.] verzögert. 14 b) Durch Abgabe ihrer neu formulierten strafbewehrten Unterlassungser-klärung hat die Beklagte das Angebot der Klägerin zum Abschluss eines straf-bewehrten [X.]s abgelehnt und zugleich ein neues Angebot abgegeben (§ 150 Abs. 2 [X.]). 15 - 6 - 16 c) Nicht zu entscheiden ist im Streitfall die Frage, ob die Beklagte bei ih-rem neuen Angebot gemäß § 151 [X.] auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet hat. Denn auch dann wäre ein nach außen hervortretendes Verhalten des Empfängers erforderlich gewesen, aus dem der [X.] hervorging ([X.] 74, 352, 356; 111, 97, 101; [X.], [X.]. v. 10.2.2000 - [X.], [X.], 1563). Nach den Feststellungen des Berufungsge-richts hat die Klägerin die Unterlassungserklärung der Beklagten aber erst am 11. Juli 2001 angenommen. 2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des zwischen den Parteien zustande gekommenen [X.]s. 17 a) Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, dass [X.] nach den auch sonst für die Vertragsauslegung gelten-den Grundsätzen auszulegen sind. Maßgebend ist demnach der wirkliche Wille der Vertragsparteien (§§ 133, 157 [X.]), bei dessen Ermittlung neben dem Er-klärungswortlaut die beiderseits bekannten Umstände wie insbesondere die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung, deren Zweck, die Wett-bewerbsbeziehung zwischen den Vertragsparteien sowie deren Interessenlage heranzuziehen sind (vgl. [X.], [X.]. v. 20.6.1991 - I ZR 277/89, [X.], 61, 62 = [X.], 654 - Preisvergleichsliste; [X.] 121, 13, 16 - Fortsetzungs-zusammenhang; [X.], [X.]. v. 17.7.1997 - I ZR 40/95, [X.], 931, 932 = [X.], 1067 - Sekundenschnell; [X.] 146, 318, 322 - Trainingsvertrag). 18 b) Demgegenüber findet die Beurteilung des Berufungsgerichts, die ver-einbarte Vertragsstrafe habe rückwirkend auch den am 7./8. Juli 2001 began-genen Verstoß erfassen sollen, weder im Wortlaut der Vereinbarung noch in der 19 - 7 - Interessenlage der Parteien eine Stütze. Sie widerspricht insbesondere dem Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Vertragsausle-gung (vgl. [X.] 150, 32, 39 - [X.]; [X.], [X.]. v. 25.4.2002 - I ZR 296/99, [X.], 824 = [X.], 824 - Teilunterwerfung). Der [X.] kann den [X.] insoweit anhand der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und des unstreitigen Parteivorbringens selbst ent-sprechend auslegen. [X.]) Richtig ist allerdings, dass die vom Schuldner abgegebene einseitige strafbewehrte Unterlassungserklärung, wenn sie ernsthaft ist und auch inhaltlich den an eine solche Erklärung zu stellenden Anforderungen entspricht, die [X.] unabhängig von einer Annahmeerklärung des Gläubigers und daher gegebenenfalls auch schon vor einer solchen entfallen lässt (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.]. v. 9.11.1995 - I ZR 212/93, [X.], 290, 292 = [X.], 199 - Wegfall der [X.], m.w.N.). Ansprüche aus der [X.] Unterlassungserklärung auf Zahlung der Vertragsstrafe kann der Gläu-biger aber grundsätzlich allein für ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses be-gangene Verstöße geltend machen ([X.], [X.]. v. 10.10.1991 - I ZR 147/89, [X.], 34, 37 = [X.], 160 - Bedienungsanweisung; [X.]/Schul-te, [X.], 5. Aufl., [X.]. 10 Rdn. 15; [X.]/[X.] [X.]O § 339 Rdn. 20 f.). Dass die Parteien im Streitfall davon abweichend die [X.] Verpflichtung zur Zahlung der Vertragsstrafe bereits ab dem Zeitpunkt der Abgabe des Vertragsangebots durch die Beklagte gewollt haben, ist weder dem Wortlaut der getroffenen Vereinbarung noch der vorangegangenen Kor-respondenz zu entnehmen. 20 bb) Aus der Sicht des Schuldners soll eine durch ein Vertragsstrafever-sprechen gesicherte Unterlassungsverpflichtung sicherstellen, dass für von ihr erfasste Handlungen weder eine Wiederholungsgefahr noch eine [X.] - 8 - hungsgefahr besteht. Aus der Sicht des Gläubigers geht es in erster Linie um die Sicherung seines als schutzwürdig angesehenen Interesses am [X.] weiterer Zuwiderhandlungen. Außerdem dient die strafbewehrte Unterlas-sungserklärung aus der Sicht des Gläubigers dazu, einen gerichtlichen Unter-lassungstitel zu ersetzen. Es wird deshalb im Allgemeinen weder dem Interesse des Gläubigers noch dem Interesse des Schuldners entsprechen, durch die Unterlassungsverpflichtung schlechter gestellt zu werden als durch ein entspre-chendes [X.]eil (vgl. [X.] 146, 318, 325 f. - Trainingsvertrag). [X.]) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung wird dem nicht gerecht. Sie stellt den Schuldner vielmehr schlechter als im Falle der Erwirkung eines Unterlassungstitels. Der Umstand, dass der Schuldner während der [X.]sverhandlungen sein als unlauter angesehenes Wettbewerbsverhalten fort-setzen kann, ohne von der geforderten Vertragsstrafe getroffen zu werden, liegt in der Natur der Sache. Insoweit würde auch eine Unterlassungsklage keine schnellere Abhilfe schaffen (vgl. [X.]/[X.] [X.]O § 339 Rdn. 21). Zu Recht weist die Revision zudem darauf hin, dass es die Klägerin in der Hand hatte, wie schnell sie das Angebot der Beklagten annahm. Entgegen der Auf-fassung des Berufungsgerichts war die Klägerin dadurch in dem Zeitraum bis zum Zustandekommen der Unterlassungsvereinbarung auch nicht etwa rechtlos gestellt. Zwar war nach dem vorstehend Ausgeführten die Wiederholungsgefahr für den ursprünglichen Unterlassungsanspruch entfallen. Jedoch begründete der erneute Verstoß einen neuen gesetzlichen Unterlassungsanspruch, den die Klägerin hätte geltend machen können (vgl. [X.] 130, 288, 294 - Kurze Ver-jährungsfrist; [X.], [X.]. v. 23.10.1997 - I ZR 98/95, [X.], 1043, 1044 = [X.], 294 - GS-Zeichen). 22 3. Da aus den vorstehend dargelegten Gründen bereits kein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Vertragsstrafe besteht, braucht nicht entschieden 23 - 9 - zu werden, ob die gegen die Bejahung eines schuldhaften Verhaltens der [X.]n gerichteten [X.] der Revision ebenfalls durchgreifen. 24 II[X.] Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten hin aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende [X.]eil des [X.] zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. 25 v. Ungern-Sternberg Bornkamm

Büscher Schaffert

Bergmann Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.05.2002 - 84 O 158/01 - [X.], Entscheidung vom 20.12.2002 - 6 U 104/02 -

Meta

I ZR 32/03

18.05.2006

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.05.2006, Az. I ZR 32/03 (REWIS RS 2006, 3450)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3450

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Wird zitiert von

4 U 84/21

4 U 225/22

Zitiert

6 U 104/02

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