Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2012, Az. 5 StR 1/12

5. Strafsenat | REWIS RS 2012, 4949

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



5 StR 1/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 5. Juli 2012
in der Strafsache
gegen

wegen Betruges

-
2
-

Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 5. Juli 2012
beschlossen:

Auf die Revision der
Angeklagten wird
das Urteil des [X.] vom 23. September 2011 gemäß § 349 Abs.
4
[X.] im gesamten Strafausspruch mit den zugehöri-gen Feststellungen aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 [X.] als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landge-richts zurückverwiesen.

G r ü n d e

Das [X.] hat die Angeklagte wegen Betruges in 43 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ihre hiergegen gerichtete Revision hat den sich aus der [X.] er-gebenden Erfolg.

I.

Die Angeklagte, die seit 1986 einen Pharmagroßhandel betreibt, hat über zwei
Apotheker, die für ihre Apotheke von verschiedenen Pharmaher-stellern Medikamente für die Versorgung von Krankenhäusern bezogen,
zwi-schen 2004 und 2008 in 43 Fällen
für Klinikbedarf bestimmte
Medikamente
1
2
-
3
-

erworben,
diese
aber außerhalb des Klinikbereichs an
andere
Pharma-Großhändler oder
Apotheken gewinnbringend verkauft.

Das [X.] hat dieses Verhalten als Betrug der Angeklagten an-gesehen, den
diese in Mittäterschaft mit zwei Apothekern begangen habe. Tathandlung sei jeweils die von den Apothekern
vorgenommene und mit der Angeklagten inhaltlich abgesprochene Bestellung von verschreibungspflichti-gen wie auch nur apothekenpflichtigen Arzneimitteln, die vorgeblich für den Klinikbetrieb geliefert werden sollten. Als den
von ihr mit mindestens 315.000

es §
263 StGB hat die [X.] den Betrag angesehen, der zwischen dem [X.]

([X.]) und dem
Verkaufspreis an den Pharmagroßhandel der Angeklag-ten lag.

II.

Während die Beanstandungen der Angeklagten gegen den Schuld-spruch ohne Erfolg bleiben, kann der Strafausspruch keinen Bestand haben, weil das [X.] den [X.] nicht zutreffend bestimmt hat.

1. Hinsichtlich der verschreibungspflichtigen Medikamente trifft [X.] zu, dass diese preisgebunden sind. Für diese werden nach § 78 [X.] [X.]. der Arzneimittelpreisverordnung Preise und Spannen durch Rechts-verordnung festgelegt (vgl. zur Entstehungsgeschichte [X.] in [X.]/[X.], [X.],
2012, § 78 Rn. 2 ff.). Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 dieser Verordnung (AMPreisV)
gelten die durch die Verordnung vorgegebenen Spannen nicht für die Abgabe an Krankenhäuser. Dies ist Ausfluss des [X.], nach der die [X.] seit jeher deutlich unter dem für öffentliche Apotheken geltenden [X.] beliefert werden, die [X.] ihrerseits aber nicht berechtigt sind, diese Packungen außerhalb von Krankenhäusern zum Zwecke des Einzelverkaufs
zu veräußern ([X.], Urteil vom 12. Okto-3
4
5
-
4
-

ber
1989

I
ZR 228/87, GRUR
1990, 1010

Klinikpackung; vgl. auch Urteil vom 22. April 2004

[X.], GRUR
2004, 701

[X.]). Inso-weit beschwert es die Angeklagte jedenfalls auch nicht, dass die [X.] bei der Schadensbestimmung
den
Verkaufspreis an den Großhandel der Angeklagten und nicht den (höheren) Herstellerabgabepreis für Fertigarz-neimittel, die nicht an Krankenhäuser geliefert werden,
der Berechnung des
Mindestschadens
zugrunde gelegt hat. Insoweit hat sie

aus praktischen Erwägungen sinnvoll

darauf verzichten können, mögliche Rabatte nach §
78 Abs. 3, 3a [X.] näher zu prüfen.

2. [X.] bedenklich ist allerdings die Schadensberechnung des [X.]s, soweit nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel betroffen sind. Für diese gilt nach § 78 Abs. 2 Satz 3
[X.] [X.]. § 1 Abs. 4 AMPreisV
grundsätzlich keine Preisregulierung (vgl. [X.] aaO Rn. 38).

Insofern erfolgt eine Rabattgewährung für Kliniken nach den von den jeweiligen Herstellern aufgestellten (im Übrigen aber verhandelbaren) Preis-listen. Unter
Berücksichtigung eines
dem Risiko fehlender Treffgenauigkeit angemessenen
Sicherheitsabschlags hätte deshalb ermittelt werden müs-sen, welche Bedingungen für die [X.] einerseits für Klini-ken und andererseits für den freien Verkauf in Apotheken
gegolten haben
und welche Preise zu erzielen waren. Dabei ist zu beachten, dass

da
eine bloße unterlassene Vermögensmehrung kein Schaden im Sinne des [X.] ist

der höhere Preis gegenüber den Abnehmern, die [X.] Krankenhäuser sind, sich mit Wahrscheinlichkeit durchsetzen lassen muss
(vgl. [X.], Beschluss vom 9. Juni 2004

5 [X.]/04,
[X.]R StGB §
263 Abs. 1 Vermögensschaden 64).

3. Dieser Fehler führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs, weil sich die fehlende Unterscheidung
zwischen verschreibungs-
und nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
auf die Bestimmung des Schuldum-fangs ausgewirkt hat. Obwohl das [X.] keine näheren Umstände be-6
7
8
-
5
-

züglich des Inhalts der einzelnen Bestellungen mitgeteilt hat, schließt der Senat aus, dass der Schuldspruch auch nur in einem Einzelfall betroffen sein könnte, weil ein Übergewicht an verschreibungspflichtigen Arzneimitteln
be-steht und es fernliegt, dass der Pharmahersteller nicht zwischen Kranken-häusern und sonstigen Abnehmern unterschieden haben sollte.

III.

Für das neue tatrichterliche Verfahren weist der Senat darauf hin, dass nach § 154 [X.] ausgeschiedene Taten nur dann strafschärfend ge-würdigt werden dürfen, wenn diese Taten in den Urteilsgründen hinreichend konkret dargestellt werden und die Angeklagte hierauf im Falle des § 154 Abs. 2 [X.] hingewiesen wurde
(vgl. Schoreit in KK, [X.], 6.
Aufl., § 154 Rn. 48).

Basdorf Raum Schaal

Dölp Bellay

9

Meta

5 StR 1/12

05.07.2012

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2012, Az. 5 StR 1/12 (REWIS RS 2012, 4949)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4949

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 1/12 (Bundesgerichtshof)

Betrugstatbestand: Vermögensschaden bei Erschleichen von Rabatten für Medikamente


5 StR 581/12 (Bundesgerichtshof)

Betrug: Vermögensschaden bei täuschungsbedingter Erzielung niedrigerer Preise für preisgebundene Medikamente


5 StR 581/12 (Bundesgerichtshof)


I ZR 21/02 (Bundesgerichtshof)


5 StR 57/22 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln unter Verstoß gegen die Apothekenpflicht durch den Verkauf von GcMAF


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

5 StR 1/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.