Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2017, Az. IX ZB 63/16

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 7679

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:200717BIXZB63.16.1

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX [X.]/16
vom

20. Juli 2017

in dem Insolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 335; EuInsVO a.[X.] Art. 4 Abs. 2 lit. b; ZPO § 850e Nr. 2, 2a
Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des [X.] im Inland ist die Frage, ob eine ausländische Rente pfändbar ist und damit zur Masse gehört, nach dem ([X.]) [X.] zu beurteilen.

[X.], Beschluss vom 20. Juli 2017 -
IX [X.]/16 -
LG [X.]

[X.]

-

2

-

Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richterin [X.], [X.], [X.] und Meyberg

am
20. Juli 2017
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 12. Juli 2016
wird auf Kosten der weiteren Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Der

festgesetzt.

Gründe:

I.

Über das Vermögen des Schuldners wurde am 21. Mai 2015 das Insol-venzverfahren eröffnet. Der
weitere Beteiligte zu 2 wurde zum Insolvenzverwal-ter bestellt.
Der Schuldner bezieht jeweils monatlich eine "ordentliche Altersren-te"
von der S.

in Höhe von 205 [X.] sowie eine Altersrente der weiteren Beteiligten zu 1

Auf Antrag des weiteren Beteiligten zu 2 hat das Insolvenzgericht die Zusammenrechnung der beiden Renten mit der Maßgabe angeordnet, dass der 1
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unpfändbare Grundbetrag zunächst der Rente der
S.

zu entnehmen sei. Die sofortige Beschwerde
der weiteren Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zuge-lassenen Rechtsbeschwerde möchte die weitere Beteiligte zu 1 weiterhin die Ablehnung des Antrags auf Zusammenrechnung der Renten erreichen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statt-haft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Das Insolvenzgericht könne gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 [X.], § 850e
Nr. 2a ZPO auf Antrag die Zusammenrechnung mehrerer Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch anordnen, soweit diese der Pfändung unterworfen seien. Dies gelte nach der Rechtsprechung des [X.] auch für auslän-dische Renten. Die Altersrente des [X.] Rententrägers sei zwar nach den einschlägigen Vorschriften des [X.] Rechts unpfändbar. Sie falle jedoch nach dem insolvenzrechtlichen [X.] in die Insolvenzmasse. Die
Frage ihrer Pfändbarkeit sei folglich
nach dem Recht des St[X.]tes des [X.] zu beurteilen (lex fori concursus; § 335 [X.]). Die Vorschrift des § 850e ZPO, die nur über die Verweisung gemäß § 36 [X.] Anwendung finde, sei dem Insolvenzrecht zuzuordnen und damit anwendbar. In ausländi-sche Hoheitsrechte werde nicht eingegriffen, weil der pfändbare Betrag der [X.] entnommen werde, eine Vollstreckung im Ausland also nicht erforderlich sei.

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2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.

a) Gemäß
§ 36 Abs. 1 Satz 2 [X.] ist die Vorschrift des § 850e Nr. 2a ZPO, nach welcher Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem [X.] auf Antrag zusammengerechnet werden, im Insolvenzverfahren entsprechend anwendbar. Entsprechend § 850e Nr. 2, Nr. 2a ZPO werden auch Ansprüche auf unterschiedliche laufende Leistungen nach dem [X.] zusammengerechnet, soweit sie pfändbar sind ([X.], Beschluss vom 20.
Oktober 2016 -
IX [X.], [X.], 2317 Rn. 6).
Antragsberechtigt ist der Insolvenzverwalter; zuständig für die Entscheidung über den Antrag ist das Insolvenzgericht (§ 36 Abs. 4 [X.]). Der Drittschuldner, der aufgrund der Ent-scheidung des Insolvenzgerichts pfändbare Beträge an den Insolvenzverwalter abzuführen hat, kann gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde und Rechtsbeschwerde einlegen ([X.], Beschluss vom 18. September 2014
-
IX [X.], [X.], 2094 Rn. 6).

b) Die Voraussetzungen für eine Zusammenrechnung gemäß oder ent-sprechend § 850e Nr. 2a ZPO sind
erfüllt.

[X.]) Wie der Senat bereits entschieden hat, können bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens
ausländische gesetzliche Renten mit inländischen gesetzlichen Renten zusammengerechnet werden
([X.], Beschluss vom 18.
September 2014 -
IX [X.], [X.], 2094 Rn. 12 ff). Dies gilt
kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung
allerdings
nur
für
solche Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die grundsätzlich
der Pfändung unterworfen sind.
[X.] § 850e Nr. 2a ZPO als auch § 54 Abs. 4 SGB I schließen es aus, un-pfändbare Ansprüche zusammenzurechnen ([X.], Beschluss vom 5. April 2005
-
VII ZB 20/05, [X.], 1369, 1370).
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bb) Außerhalb eines Insolvenzverfahrens richtet sich die Pfändbarkeit eines Gegenstandes nach dem Recht
des Ortes, an welchem sich der Gegen-stand befindet
und an welchem die Zwangsvollstreckung betrieben werden müsste (lex loci
executionis).
Eine Forderung ist beim Drittschuldner belegen
([X.], Urteil vom 20. Dezember 2012 -
IX [X.], [X.], 333 Rn. 18 mwN).
Ob die
Rente, welche der Schuldner
von der S.

erhält,
pfändbar ist, wäre außerhalb eines Insolvenzverfahrens nach
[X.] Recht
zu beurteilen. Gemäß
Art. 92 Abs. 1 Nr. 9a des [X.] über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) vom 11. April 1889 sind Altersrenten nach
Art. 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Alters-
und [X.] ([X.]) vom 20. Dezember 1946 der Zwangsvollstre-ckung entzogen (vgl. hierzu BGE 134 III S. 608, 611 f). Das gilt
auch für dieje-nigen Gläubiger eines Rentenempfängers, deren Forderungen nicht dem [X.] Recht unterfallen.

cc) Ist im Inland ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.] eröffnet worden, gelten jedoch nicht die Pfändungsschutzvor-schriften des Vollstreckungsst[X.]tes, sondern diejenigen des [X.] Rechts.

(1) Nach § 335 [X.] unterliegen das Insolvenzverfahren und seine [X.] dem Recht des St[X.]tes, in dem das Verfahren eröffnet worden ist. [X.] Vorschrift bildet die Grundnorm des [X.] Internationalen Insolvenz-rechts. Sowohl für das Verfahrensrecht als auch für die materiell-rechtlichen Wirkungen des Insolvenzrechts gilt grundsätzlich das Recht desjenigen St[X.]-tes, in dem das Verfahren eröffnet worden ist. Dieser Ansatz liegt auch Art. 4 EuInsVO a.[X.] (seit dem 26. Juni 2017: Art. 7 EuInsVO) zugrunde. Der [X.] Internationalen Insolvenzrechts
vom 9
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14. März 2003 ([X.] I S. 345), mit welchem die Vorschrift des § 335 [X.] in die [X.] eingefügt wurde,
hat im Interesse
einer möglichst präg-nanten Regelung davon abgesehen, die in Art. 4 EuInsVO a.[X.] genannten [X.] in die Vorschrift des § 335 [X.] aufzunehmen; als
Interpretationshilfe sollen die Beispiele
jedoch herangezogen werden können (BT-Drucks. 15/16, S.
18 zu §
335).

(2) Ob die Vorschriften über die Pfändbarkeit von [X.] einschließlich der Pfändungsschutzvorschriften die Wirkungen des [X.] betreffen und damit dem [X.] unterfallen, ist
umstrit-ten.

Die veröffentlichte instanzgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich. Das [X.] ([X.], 818), das [X.] ([X.], 1019), das [X.] ([X.] 2014, 70) und das [X.] ([X.] 2017, 163,164) haben das [X.] für maßgeblich gehalten, während das AG
Passau ([X.], 820), das AG
München ([X.], 664) und das [X.] ([X.] 2010 Nr. 343b) das Recht des Vollstreckungsst[X.]tes angewandt haben. Auch
in der Kommentar-
und Aufsatzliteratur sind die Ansichten geteilt. Eine selbständige Anknüpfung
der Frage der Pfändbarkeit
befürworten [X.]/
[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 335 Rn. 11; [X.] 7 EuInsVO 2017 Rn. 17;
H[X.]s in Festschrift für [X.], [X.], 324 ff,
Hamb-Komm-[X.]/Undritz, 6. Aufl., Art. 4 EuInsVO Rn.
6; HK-[X.]/[X.], 8. Aufl., Art. 4 EuInsVO Rn. 5; [X.] in [X.],
[X.]
2010,
Art.
4
EuInsVO Rn. 11;
[X.] in [X.], [X.] 2013, § 335 Rn. 31; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 335 Rn.
14. Für eine Geltung des [X.] haben sich FK-[X.]/[X.]/[X.], 8. Aufl., § 335 Rn. 12; Art.
4 EuInsVO Rn. 6; [X.]/Kolmann/[X.], Insolvenzrechts-Handbuch, 5. Aufl., 12
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§
132 Rn. 45 f;
Hergenröder, [X.], 309, 316 f;
K. [X.]/[X.], [X.], 19. Aufl., Art. 4 EuInsVO Rn. 21; [X.], [X.], 785, 786 ff; [X.], [X.], 1020; [X.] in [X.]/[X.]/J. [X.], EuInsVO
2015, Art. 13
EuInsVO
2017 Rn. 23 f; [X.], [X.] 16/2009, [X.]. 4; [X.] in [X.]/[X.]/J. [X.], EuInsVO
2015, Art. 21
EuInsVO
2017 Rn. 35; [X.]/[X.], 6. Aufl., Art. 4 EuInsVO Rn. 18, Art. 18 EuInsVO Rn. 13; MünchKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 335 Rn. 45; Münch-Komm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., Art. 18 EuInsVO 2000 Rn. 20; [X.], [X.] 2009, 49, 53; Pannen/[X.],
EuInsVO, Art. 4 Rn. 44; [X.]/[X.], Z[X.] 2009, 1933, 1936 ff; [X.], [X.], 505, 510;
Riegel, Grenzüberschreitende Konkurswirkungen zwischen der [X.], [X.] und den [X.], 1991, [X.] f; Trunk, Internationales Insolvenzrecht, 1998, S.
134 ff; [X.] in [X.]/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwal-tung, 9. Aufl., Kap.
20 Rn. 291; [X.], [X.] 2012, 367
ausgesprochen.

Der Senat hat sich mit der Frage, welches Recht im Rahmen des § 335 [X.] und des Art.
4 Abs. 2 lit. b EuInsVO
a.[X.] über die Pfändbarkeit bestimmt, noch nicht befasst. Das Urteil vom 30. April
1992 ([X.], [X.]Z 118, 151, 159) hat unter der Geltung der Konkursordnung ohne nähere Begründung das Recht des Vollstreckungsst[X.]tes für maßgeblich gehalten. Der Beschluss vom 5. Juni 2012 ([X.], [X.], 1444 Rn. 4
f), in welchem es um die Massezugehörigkeit von in der [X.] erzieltem Arbeitseinkommen ging, [X.] sich nicht ausdrücklich über das insoweit anwendbare Recht, bezeichnet jedoch die Entscheidung des [X.], welches
[X.] Pfän-dungsschutzvorschriften angewandt hat, als im Ergebnis richtig. Im Urteil vom 20. Dezember 2012 (IX [X.], [X.], 333 Rn. 17 f) heißt es [X.], die Frage der Pfändbarkeit einer Rente sei nach dem Recht des [X.] zu beurteilen. Da das Insolvenzverfahren im
Inland eröffnet 14
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worden war und
der Drittschuldner im Inland ansässig war, kam es auf die
selb-ständige oder unselbständige Anknüpfung der Vorschriften über die Pfändbar-keit einer Forderung nicht entscheidend an.
Der Beschluss vom 18. September 2014 (IX [X.], [X.], 2094
Rn. 24 f) erklärt
die Zusammenrechnung einer inländischen und einer ausländischen Rente für zulässig, wenn die aus-ländische Rente ihrem Grundsatz nach pfändbar ist. Da die in Frage stehende [X.] Rente nach [X.]m Recht pfändbar war, war
die [X.] der selbständigen oder unselbständigen Anknüpfung ebenfalls nicht ent-scheidungserheblich.

(3) Der Senat entscheidet die
aufgeworfene
Frage
nach dem anwendba-ren Recht
dahin, dass
gemäß
§ 335 [X.], Art. 4 Abs. 2 lit. b EuInsVO a.[X.] das
[X.] gilt.

Dieses Ergebnis folgt unmittelbar aus § 335 [X.], bei dessen Auslegung die Beispiele
des Art. 4 Abs. 2
EuInsVO
a.[X.]
ergänzend herangezogen werden können.
Gemäß
Art. 4 Abs. 2 lit. b EuInsVO
a.[X.]
regelt das Recht des St[X.]tes der Verfahrenseröffnung, welche Vermögenswerte zur Masse gehören.
Das [X.] bestimmt
also
den Umfang und die Grenzen der [X.].
[X.] ist hier das [X.] (Sach-)Recht.
Nach § 35 Abs. 1 [X.]
erfasst das Insolvenzverfahren das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er während des [X.] erlangt. Ausgenommen sind
gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 [X.]
nur solche Gegenstände, die nicht der Masse unterliegen. Wegen der Einzelheiten ver-weist die [X.]
unter anderem auf die Vorschriften der Zivilpro-zessordnung über den Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen, darunter
dieje-nige des § 850e Nr. 2 ZPO. Die genannten Vorschriften bestimmen damit den Umfang der zur Insolvenzmasse
gehörenden Vermögenswerte.
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Weder die [X.] noch die Verordnung ([X.]) Nr. 1346/2000 des Rates über Insolvenzverfahren vom 29. Mai 2000
(seit dem 26. Juni 2017: Verordnung ([X.]) 2015/848 des [X.] und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren, ABl. [X.] vom 5. Juni 2015, [X.]) ent-halten spezielle Vorschriften über den Pfändungsschutz. Insbesondere erfasst die
Vorschrift des Art. 18 Abs. 3 EuInsVO a.[X.] (jetzt: Art. 21 Abs. 3 EuInsVO)
nicht die nationalen Pfändungsvorschriften. Gemäß Art. 18 Abs. 3 EuInsVO a.[X.] richtet sich die Art und Weise der Verwertung nach dem Recht des St[X.]tes, in welchem der jeweilige Vermögensgegenstand belegen ist. Geregelt ist das "Wie"
der Verwertung. Der Pfändungsschutz betrifft
die hiervon zu unterschei-dende Frage, ob ein Vermögensgegenstand verwertet werden darf. Das "Ob"
der Verwertung ist in Art. 18 Abs. 3 EuInsVO a.[X.] nicht geregelt
([X.] in [X.]/[X.]/J. [X.], EuInsVO 2015, Art. 13 EuInsVO 2017 Rn. 23 f; [X.] in [X.]/[X.]/J. [X.], EuInsVO 2015, Art. 21 EuInsVO 2017 Rn. 35; [X.]/[X.], 6. Aufl., Art. 18 EuInsVO Rn. 13).

(4) Die Geltung des [X.]s
wird
dem Sinn der [X.] einerseits, demjenigen des Insolvenzrechts andererseits am ehesten gerecht.
Das [X.] Insolvenzrecht folgt dem [X.]. Es dient der gemeinsamen Befriedigung der Insolvenzgläubiger durch Verwer-tung des [X.] (§ 1 Satz 1 [X.])
und
bestimmt daher auch die Grenzen, innerhalb derer sich die Verwertung zu bewegen hat. Diese Grenzen entsprechen
im Wesentlichen
denjenigen, welche die Zivilpro-zessordnung der Pfändung von Arbeitseinkommen setzt. Nach dem Schutzge-danken des Sozialst[X.]tsprinzips muss dem Schuldner, in dessen Arbeitsein-kommen vollstreckt wird, mindestens ein Betrag verbleiben, der ihm und [X.] ein menschenwürdiges Leben ermöglicht (vgl. etwa 17
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die Begründung des Entwurfs eines [X.] zur Änderung der Pfän-dungsfreigrenzen vom 28. Juni 1977, BT-Drucks. 8/693, [X.]). In der Einzel-
wie in der Gesamtvollstreckung
sind dem
Vollstreckungs-
oder
Insolvenz-schuldner und dessen Familie die Mittel für ein menschenwürdiges Leben zu belassen.
[X.] hat die [X.] dieses Ziel durch eine Verweisung auf bestimmte (nicht alle)
Pfändungsschutzvorschriften
der Zivil-prozessordnung
verwirklicht (§ 36 [X.]). Da das Insolvenzverfahren am Ort des allgemeinen Gerichtsstands des Schuldners (§ 3 [X.]), gegebenenfalls am Ort des Mittelpunktes der hauptsächlichen Interessen des Schuldners (Art. 3 Abs. 1 EuInsVO a.[X.], Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO) eröffnet wird, wird dieses Ziel in der Regel auch erreicht. Der in [X.] wohnhafte Schuldner genießt den Schutz der inländischen Pfändungsschutzvorschriften, die den hiesigen [X.] tragen
(vgl. etwa [X.],
[X.], 818, 819; Hergenröder, [X.], 309, 316 f;
[X.], [X.], 785, 787;
[X.], [X.] 16/2009, [X.]. 4; [X.] in [X.]/[X.]/J. [X.], EuInsVO 2015, Art. 21 EuInsVO 2017 Rn. 35).

Für die
Pfändungsschutzvorschriften anderer
Länder und
Rechtsordnun-gen gilt dies nicht
unbedingt. Sie setzen die
Verhältnisse
ihres jeweils eigenen Landes
voraus, können also -
bezogen auf den abweichenden
Wohnsitz des Insolvenzschuldners
-
unangemessen hoch oder unangemessen niedrig sein. Die Sicherung des Mindesteinkommens eines Insolvenzschuldners kann über-dies
im Insolvenzverfahren anders als im Rahmen der [X.] geregelt sein. Schon das [X.] Insolvenzrecht verweist in § 36 Abs. 1 [X.] nur auf ausgewählte Vollstreckungsschutzvorschriften. § 36 Abs. 2 [X.] ordnet
ausdrücklich an, dass die von der Einzelpfändung ausgenommenen Ge-schäftsbücher des Schuldners sowie die außerhalb des Insolvenzverfahrens ebenfalls unpfändbaren zum Betrieb einer Landwirtschaft erforderlichen [X.]
-

11

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genstände nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Masse gehören. Bei isolierter Anknüpfung an [X.] [X.] im Rah-men eines ausländischen Insolvenzverfahrens käme diese Besonderheit, für die es gute Gründe gibt, nicht zum Tragen. Ausländische Rechtsordnungen
können ähnliche Abweichungen enthalten.
Die isolierte Anwendung des Rechts der [X.] würde dann den Schuldner begünstigen und die Gläubiger benachteiligen.

Der notwendige Schutz des Insolvenzschuldners vor einem übermäßigen Zugriff seiner Gläubiger braucht schließlich nicht notwendig durch den
Verweis auf die Pfändungsschutzvorschriften des Rechts der [X.]
geregelt zu werden.
Das ausländische Sachrecht kann
im Insolvenzverfahren
die vollständige Beschlagnahme
von Arbeitseinkommen zulassen, dem Schuld-ner aber einen Anspruch auf angemessenen Unterhalt aus der Masse zubilligen (vgl. Riegel, Grenzüberschreitende Konkurswirkungen zwischen der Bundesre-publik [X.], [X.] und den [X.], 1991, [X.]). In einem solchen Fall könnte
die Einzelanknüpfung des Pfändungsschutzes dazu führen, dass dem Schuldner
nach dem Vollstreckungsstatut
kein [X.] verbleibt, er nach dem [X.]
aber
auch keinen
Unterhaltsan-spruch gegen die Masse hat.
Die Anwendung des [X.] Sachrechts
auf den Pfändungsschutz garantiert einen in sich stimmigen Schuldnerschutz und ermöglicht zugleich
den Gläubigern den Zugriff auf die
nicht geschützten Ver-mögenswerte
des Schuldners.

(5) Praktische Schwierigkeiten bei der Abwicklung des Insolvenzverfah-rens stellen sich unabhängig von der
Frage des anwendbaren Rechts. Gegen die Geltung des [X.]s wird insbesondere eingewandt, dass die Pfän-dung im Ausland nur nach den Vorschriften des Vollstreckungsst[X.]tes durchge-20
21
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12

-

führt werden kann, dass der Verwalter also eine nach dem Recht des Vollstre-ckungsst[X.]tes unpfändbare Forderung rein tatsächlich
gar
nicht zur Masse zie-hen kann. Dieser Einwand ist berechtigt. Er spricht aber nicht zwingend gegen die Geltung des [X.]s, denn dem Verwalter bleibt jedenfalls die Mög-lichkeit, den Schuldner zur Auskehrung des nach dem [X.] pfändba-ren Teils der Forderung anzuhalten.
Geht es nur um die Berechnung des pfändbaren Teils der Forderung, welcher im Vollstreckungsst[X.]t von demjeni-gen des Eröffnungsst[X.]tes differieren kann, ist es Sache des Verwalters, dem ausländischen Drittschuldner die nach dem [X.] pfändbaren Beträge mitzuteilen ([X.],
[X.], 818, 819).
Darüber hinaus führte auch die Anwendung der
jeweiligen
lex loci executionis zu Problemen. Wäre das Recht des jeweiligen Vollstreckungsst[X.]tes anwendbar, müsste der Verwalter
nämlich
die Pfändungsschutzvorschriften sämtlicher St[X.]ten prüfen, in welchem Vermögen des Insolvenzschuldners belegen ist ([X.], [X.], 785, 787; [X.] in [X.]/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 9.
Aufl., Kap.
20 Rn. 291).
Im vorliegenden Fall stellen sich alle diese Probleme nicht. Die [X.] Rente stellt nur eine Rechengröße dar. Das Insolvenzge-richt hat angeordnet, dass der unpfändbare Grundbetrag der [X.] Rente zu entnehmen ist. Er übersteigt die Rente, welche der Schuldner bezieht. [X.] hat nur die weitere Beteiligte zu 1 zu leisten. Nachdem der [X.] Rententräger es abgelehnt hat, einem aus seiner Sicht unbeteiligten [X.] über die Höhe der jeweils gezahlten Rente zu erteilen, ist es Sache

-

13

-

des Verwalters und des Schuldners, die jeweils aktuellen Zahlen an die weitere Beteiligte zu 1 zu übermitteln.

Kayser
[X.]
[X.]

Schoppmeyer
Meyberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.01.2016 -
K 55 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 12.07.2016 -
4 [X.] -

Meta

IX ZB 63/16

20.07.2017

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2017, Az. IX ZB 63/16 (REWIS RS 2017, 7679)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7679

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IX ZB 63/16

IX ZB 66/15

IX ZB 68/13

IX ZR 130/10

IX ZB 31/10

4 T 11/16

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