Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2017, Az. 5 AZR 337/16

5. Senat | REWIS RS 2017, 13651

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Gegenstand

Annahmeverzug - unterlassener Zwischenverdienst


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. Februar 2016 - 6 [X.]/15 - im [X.] und insoweit aufgehoben, als es der Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 7. April 2015 - 14 Ca 323/14 - stattgegeben hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anrechnung böswillig unterlassenen anderweitigen Verdiensts während des Annahmeverzugs.

2

Der 1951 geborene Kläger war seit Juni 2003 bei der [X.] (in den Vorinstanzen Beklagte zu 1.) als Sachbearbeiter im Bereich [X.]/Operating beschäftigt. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden erhielt er ein Bruttomonatsgehalt iHv. 6.000,00 [X.] sowie monatlich pauschal weitere 376,00 [X.] brutto, die die Beklagte für den Verzicht auf einen Dienstwagen zahlte (im Folgenden [X.]). Sein Urlaubsanspruch betrug jährlich 32 Arbeitstage.

3

Zum 1. November 2012 beauftragte die Beklagte die [X.] (in den Vorinstanzen Beklagte zu 2., im [X.]) als externen Dienstleister mit der Wahrnehmung von [X.]-Aufgaben. Ab 1. April 2014 übernahm die [X.] auch das operative Geschäft der [X.].

4

Mit Schreiben vom 11. Dezember 2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. April 2014. Am selben Tag bot die [X.] dem Kläger den Abschluss eines Arbeitsvertrags zum 1. Mai 2014 an. Das bereits unterschriebene Vertragsangebot sah [X.]. eine Tätigkeit als Operator mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden, ein Bruttomonatsgehalt von 5.500,00 [X.], ein (anteiliges) 13. Monatsgehalt und ein im Mai jeden Jahres [X.] Urlaubsgeld iHv. 650,10 [X.] brutto vor. Der Urlaubsanspruch sollte jährlich 30 Arbeitstage betragen.

5

Der Kläger nahm das Vertragsangebot nicht an. In Gesprächen mit den Geschäftsführern der [X.] hatte er erfolglos [X.]. die Anerkennung seiner bei der [X.] bestehenden Betriebszugehörigkeit, einen Firmenwagen zur privaten Nutzung, eine Tätigkeitsbeschreibung und die Zahlung eines seiner bisherigen Vergütung entsprechenden Entgelts gefordert.

6

Für den [X.]raum 1. Mai bis 9. Oktober 2014 bezog der Kläger Arbeitslosengeld in einer Gesamthöhe von 12.694,56 [X.].

7

Das [X.] hat mit rechtskräftigem Urteil vom 10. Oktober 2014 (- 14 [X.]a 73/14 -) der am 18. Dezember 2013 eingereichten Kündigungsschutzklage des [X.] stattgegeben, die Beklagte zu seiner Weiterbeschäftigung als Sachbearbeiter [X.]/Operating verurteilt und einen hilfsweise gegen die [X.] gerichteten Weiterbeschäftigungsantrag abgewiesen.

8

Mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger [X.].:

        

„…    

        

nach unserem rechtlichen Dafürhalten hat das mit Ihnen ursprünglich bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Kündigung vom 11. Dezember 2013 rechtswirksam zum 30. April 2014 sein Ende gefunden.

        

Lediglich höchst vorsorglich kündigen wir ein etwaig noch mit Ihnen bestehendes Arbeitsverhältnis erneut ordentlich fristgerecht zum nächstmöglichen Termin. Dies ist nach unserer Berechnung der 28. Febr[X.]r 2015. Die Kündigung vom 11. Dezember 2013 wird hiervon nicht berührt.

        

Darüber hinaus stellen wir Sie mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung etwaig bestehender Urlaubs- sowie Freizeitausgleichsansprüche unwiderruflich von der Verrichtung der Arbeitsleistung frei.

        

…“      

9

Für die [X.] ab dem 10. Oktober 2014 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 28. Febr[X.]r 2015 zahlte die Beklagte an den Kläger das Bruttomonatsgehalt, nicht aber die [X.].

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger - soweit für die Revision noch von Bedeutung - Vergütung wegen Annahmeverzugs für die [X.] vom 1. Mai 2014 bis zum 28. Febr[X.]r 2015 abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengelds verlangt. Angesichts der Ungewissheit über einen möglichen Betriebsteilübergang auf die [X.] sei ihm die Annahme des von ihr unterbreiteten Vertragsangebots nicht zumutbar gewesen.

Der Kläger hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 35.560,00 [X.] brutto abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengelds iHv. 12.694,56 [X.] zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger müsse sich den bei der [X.] erzielbaren Verdienst anrechnen lassen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] dem [X.] teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen rechtskräftig abgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Beklagte schuldet dem Kläger für die [X.] vom 1. Mai 2014 bis zum 28. Februar 2015 Vergütung wegen Annahmeverzugs. Entgegen der Entscheidung des [X.] muss sich der Kläger einen Teil des Verdiensts anrechnen lassen, den er bei der [X.] hätte erzielen können. Über die Höhe des verbleibenden Vergütungsanspruchs kann der [X.] aufgrund der bisherigen Feststellungen des [X.] nicht entscheiden. Dies führt, soweit das [X.] die Beklagte zur Zahlung verurteilt hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.], § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

I. Der Kläger kann nach § 615 Satz 1, § 611 Abs. 1 iVm. §§ 293 ff. [X.] von der Beklagten für den [X.]raum vom 1. Mai 2014 bis zum 28. Februar 2015 Vergütung wegen Annahmeverzugs abzüglich im [X.]raum 1. Mai bis 9. Oktober 2014 erhaltenen Arbeitslosengelds verlangen. Die Beklagte befand sich in diesem [X.]raum infolge ihrer unwirksamen Kündigung vom 11. Dezember 2013 im Annahmeverzug, ohne dass es eines tatsächlichen Angebots der Arbeitsleistung bedurft hätte (st. Rspr., vgl. [X.] 28. September 2016 - 5 [X.] - Rn. 17). Darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit. Mit der Revision verfolgt die Beklagte allein das Ziel der Anrechnung unterlassenen anderweitigen Verdiensts.

II. Auf die Vergütung wegen Annahmeverzugs muss sich der Kläger nach § 11 Satz 1 Nr. 2 [X.] einen Teil des Verdiensts anrechnen lassen, den er bei der [X.] hätte erzielen können.

1. Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, muss sich der Arbeitnehmer nach § 11 Satz 1 Nr. 2 [X.] auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die [X.] nach der Entlassung schuldet, das anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen (zum Verhältnis der Norm zu § 615 Satz 2 [X.] sh. [X.] 16. Juni 2004 - 5 [X.] - zu II 1 der Gründe, [X.]E 111, 123; 24. Februar 2016 - 5 [X.] - Rn. 13, [X.]E 154, 192). Der Arbeitnehmer unterlässt böswillig anderweitigen Verdienst, wenn er vorsätzlich ohne ausreichenden Grund Arbeit ablehnt oder vorsätzlich verhindert, dass ihm Arbeit angeboten wird. Die vorsätzliche Untätigkeit muss vorwerfbar sein. Böswilligkeit setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer in der Absicht handelt, den Arbeitgeber zu schädigen ([X.] 11. Januar 2006 - 5 [X.]/05 - Rn. 18, [X.]E 116, 359). Es genügt das vorsätzliche außer Acht lassen einer dem Arbeitnehmer bekannten Gelegenheit zur Erwerbsarbeit. [X.], auch grob fahrlässiges Verhalten reicht nicht aus ([X.] 11. Januar 2006 - 5 [X.]/05 - aaO; 16. Juni 2004 - 5 [X.] - zu II 3 a der Gründe, aaO).

2. Der Kläger hat es, indem er das Arbeitsangebot der [X.] vorbehaltlos ablehnte, böswillig unterlassen eine zumutbare Arbeit aufzunehmen.

a) § 11 Satz 1 Nr. 2 [X.] stellt - insoweit inhaltsgleich mit § 615 Satz 2 [X.] - darauf ab, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben (§ 242 [X.]) sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG) die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit zumutbar ist. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Die Unzumutbarkeit der Arbeit kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten ergeben. Sie kann ihren Grund in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder den sonstigen Arbeitsbedingungen haben. Auch vertragsrechtliche Umstände sind zu berücksichtigen (st. Rspr., zB [X.] 7. Februar 2007 - 5 [X.] - Rn. 15 mwN, [X.]E 121, 133; 17. November 2011 - 5 [X.] - Rn. 17 mwN, [X.]E 140, 42).

b) Bei den Merkmalen „Zumutbarkeit“ und „Böswilligkeit“ iSv. § 11 Satz 1 Nr. 2 [X.] handelt es sich um unbestimmte Rechtsbegriffe, bei deren Anwendung dem [X.] ein Beurteilungsspielraum zukommt. Die Entscheidung ist durch das [X.] nur beschränkt überprüfbar. Dieser eingeschränkten [X.] hält die Entscheidung des [X.] (vgl. [X.] 7. Februar 2007 - 5 [X.] - Rn. 14, [X.]E 121, 133) nicht stand. Das [X.] ist bei der unter Bewertung der gesamten Umstände des konkreten Falls vorzunehmenden Interessenabwägung (vgl. [X.] 11. Oktober 2006 - 5 [X.] 754/05 - Rn. 24) hinsichtlich des Rechtsbegriffs Zumutbarkeit von einem unzutreffenden Maßstab ausgegangen. Der [X.] kann die gebotene Interessenabwägung auf Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen selbst vornehmen. Der erforderliche Sachverhalt ist vollständig festgestellt. Weiteres tatsächliches Vorbringen der Parteien ist nicht zu erwarten.

c) Dem Kläger war die Aufnahme einer Tätigkeit bei der [X.] auf Grundlage des von ihr unterbreiteten Vertragsangebots „an sich“ zumutbar.

aa) Die Unzumutbarkeit der zu erledigenden Arbeit und der hierfür angebotenen Gegenleistung hat der Kläger nicht geltend gemacht. Er hat auch nicht eingewandt, seine Freiheit, den Arbeitsplatz zu wählen, sei beschränkt worden oder die Eingehung eines Arbeitsverhältnisses mit [X.] als Arbeitgeberin sei ihm unzumutbar gewesen, sondern im Gegenteil - erfolglos - eine Weiterbeschäftigung durch sie verlangt. Dem Kläger wäre die Annahme des Vertragsangebots auch nicht mit Rücksicht auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten unzumutbar gewesen. Es hätte ihm jederzeit frei gestanden, das durch Annahme des Vertragsangebots mit der [X.] begründete Arbeitsverhältnis zu kündigen.

bb) Die Unzumutbarkeit ergibt sich auch nicht aus einer Verschlechterung der Vertragsbedingungen im Vergleich zu den im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten geltenden. Die unterlassene Arbeit bei einem anderen Arbeitgeber als gesetzlicher Regelfall von § 11 Satz 1 Nr. 2 [X.] setzt notwendigerweise eine andere vertragliche Grundlage voraus (vgl. [X.] 26. September 2007 - 5 [X.] 870/06 - Rn. 23, [X.]E 124, 141; 17. November 2011 - 5 [X.] - Rn. 20, [X.]E 140, 42). Die Unzumutbarkeit der Beschäftigung kann sich deshalb nur im Ausnahmefall aus schlechteren Vertragsbedingungen ergeben, wenn eine nicht allein auf eine ggf. eintretende Verminderung des Verdiensts abstellende Gesamtbetrachtung ergibt (vgl. [X.] 11. Oktober 2006 - 5 [X.] 754/05 - Rn. 26), dass die Abweichungen von den beim bisherigen Arbeitgeber geltenden Vertragsbedingungen nicht hinnehmbar sind (vgl. [X.] 17. November 2011 - 5 [X.] - Rn. 18, aaO; 26. September 2007 - 5 [X.] 870/06 - Rn. 24, aaO). Anhaltspunkte hierfür hat der insoweit darlegungsbelastete Kläger (vgl. [X.] 24. September 2003 - 5 [X.] 500/02 - zu II 3 b dd der Gründe, [X.]E 108, 27) nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht ersichtlich.

d) Der objektiven Zumutbarkeit einer Beschäftigung bei der [X.] steht die subjektive Befürchtung des [X.] nicht entgegen, mit Annahme des Vertragsangebots Rechtspositionen aus dem mit der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnis zu verlieren.

aa) § 11 Satz 1 Nr. 2 [X.] regelt nicht Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, sondern die nach anderen Maßstäben zu beurteilende Obliegenheit, aus Rücksichtnahme gegenüber dem Arbeitgeber einen zumutbaren Zwischenverdienst zu erzielen (vgl. [X.] 7. Februar 2007 - 5 [X.] - Rn. 17, [X.]E 121, 133). Die Vorschrift begründet keine Obliegenheit des Arbeitnehmers, eine endgültige Änderung des bestehenden Arbeitsvertrags zu akzeptieren (vgl. [X.] 11. Januar 2006 - 5 [X.]/05 - Rn. 24, [X.]E 116, 359; 26. September 2007 - 5 [X.] 870/06 - Rn. 23, [X.]E 124, 141). Der Arbeitnehmer muss auch nicht das Risiko in Kauf nehmen, im Falle eines Betriebsübergangs Rechte aus § 613a Abs. 1 [X.] zu verlieren (zur Umgehung des § 613a [X.] bei Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags mit dem [X.] [X.] 25. Oktober 2012 - 8 [X.] 572/11 - Rn. 33 mwN).

bb) Der Kläger durfte es jedoch angesichts der bestehenden Ungewissheit eines Betriebsübergangs nicht dabei bewenden lassen, das Vertragsangebot abzulehnen.

(1) Aus § 11 Satz 1 Nr. 2 [X.] kann nicht abgeleitet werden, der Arbeitnehmer dürfe in jedem Falle ein zumutbares Angebot abwarten. Geht es nicht um eine Arbeitsmöglichkeit beim bisherigen Arbeitgeber, darf er nicht untätig bleiben, wenn sich ihm eine realistische Arbeitsmöglichkeit bietet. Das kann die Abgabe von eigenen Angeboten mit einschließen ([X.] 11. Januar 2006 - 5 [X.]/05 - Rn. 18, [X.]E 116, 359). Der Arbeitnehmer, der ein objektiv zumutbares Vertragsangebot eines anderen Arbeitgebers vorbehaltlos ablehnt, weil er einen Betriebsübergang für möglich hält und, bei Vertragsannahme, seine Rechte aus § 613a Abs. 1 [X.] als gefährdet ansieht, handelt auf eigenes Risiko, wenn sich die Befürchtung einer Umgehung von § 613a Abs. 1 [X.] mangels Vorliegen eines Betriebsübergangs als unzutreffend erweist (vgl. zur Ablehnung eines im Zusammenhang mit einer Kündigung erklärten Änderungsangebots [X.] 26. September 2007 - 5 [X.] 870/06 - Rn. 23, [X.]E 124, 141).

(2) Entgegen der Annahme des [X.] traf danach nicht die [X.], die einen Betriebsübergang stets in Abrede stellte, sondern den Kläger, wollte er die Rechtsfolgen aus § 11 Satz 1 Nr. 2 [X.] vermeiden, die Initiativlast zur Unterbreitung eines Vertragsangebots, das seine sich möglicherweise aus § 613a Abs. 1 Satz 1 [X.] ergebenden Rechte wahrte.

e) Die vorbehaltlose Ablehnung des Vertragsangebots ist dem Kläger vorzuwerfen. Er blieb, indem er es unterlassen hat der [X.] einen Vertragsschluss unter Vorbehalt anzubieten, vorsätzlich ohne ausreichenden Grund untätig, obwohl ihm alle objektiven Umstände (Arbeitsmöglichkeit, Zumutbarkeit der Arbeit und Nachteilsfolgen für den Arbeitgeber) bekannt waren (vgl. [X.] 19. März 1998 - 8 [X.] 139/97 - zu II 2 b der Gründe, [X.]E 88, 196; 16. Juni 2004 - 5 [X.] - zu II 3 a der Gründe, [X.]E 111, 123).

3. Ob sich der Kläger anderweitig erzielbaren Verdienst im gesamten Streitzeitraum anrechnen lassen muss oder ob die Obliegenheit des [X.], bei [X.] anderweitigen Verdienst zu erzielen, mit Aufnahme der anteiligen Gehaltszahlungen durch die Beklagte entfiel, kann der [X.] auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.] nicht entscheiden.

a) Das [X.] hat - ausgehend von der vertretenen Rechtsauffassung konsequent - nicht festgestellt, zu welchem [X.]punkt die Beklagte die Zahlung des [X.] an den Kläger wieder aufnahm. Ebenso wenig hat es die Begleitumstände der geleisteten Zahlungen festgestellt. Es ist nicht festgestellt, ob die Beklagte vorbehaltlos leistete und der Kläger als Zahlungsempfänger aufgrund von Erklärungen der Beklagten oder aufgrund der Begleitumstände der Zahlungen davon ausgehen konnte, die Leistungen der Beklagten dienten der endgültigen Erfüllung seiner Zahlungsansprüche und würden ihm im [X.]raum 10. Oktober 2014 bis 28. Februar 2015 oder jedenfalls ab dem [X.]punkt der Zahlungsaufnahme anrechnungsfrei verbleiben. [X.] Unterlassen iSv. § 11 Satz 1 Nr. 2 [X.] könnte ihm in diesem Fall nicht vorgeworfen werden. Den Parteien ist deshalb im erneuten Berufungsverfahren Gelegenheit zu geben, zum [X.]punkt und zu den Begleitumständen der Zahlung Stellung zu nehmen.

b) Für die - nach Feststellung des [X.]raums, in dem sich der Kläger hypothetischen Verdienst anrechnen lassen muss - erforderliche Vergleichsberechnung ist zunächst die Vergütung für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste zu ermitteln. Dem ist das gegenüberzustellen, was der Kläger in der betreffenden [X.] zu erwerben böswillig unterlassen hat (vgl. [X.] 24. Februar 2016 - 5 [X.] - Rn. 15, [X.]E 154, 192).

c) [X.] ist ausschließlich das, was der Kläger durch anderweitige Verwendung desjenigen Teils seiner Arbeitskraft hätte erwerben können, den er der Beklagten zur Verfügung zu stellen verpflichtet war. [X.] ist damit der Vergütungsanspruch für die [X.], für welche Arbeitsleistungen zu erbringen waren, und der Verdienst, den er in dieser [X.] anderweitig hätte erwerben können. Der erzielbare Zwischenverdienst ist folglich in dem Umfang anzurechnen, wie er dem Verhältnis der bei der Beklagten ausgefallenen Arbeitszeit zu der bei Annahme zumutbarer Arbeit zu leistenden entspricht (vgl. - zur Anrechnung tatsächlich erzielten Zwischenverdiensts - [X.] 24. Februar 2016 - 5 [X.] - Rn. 16, [X.]E 154, 192). Unter Berücksichtigung der im angebotenen Arbeitsverhältnis vorgesehenen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden ergibt sich für die bei der Beklagten ausgefallene Arbeitszeit von 38 [X.] unter Einschluss des 13. [X.] ein erzielbares Monatsentgelt von 5.660,42 Euro brutto. Für Mai 2014 ist zudem das in Aussicht gestellte Urlaubsgeld hinzuzurechnen.

d) Zudem ist der wegen des Bezugs von Arbeitslosengeld im [X.]raum 1. Mai bis 9. Oktober 2014 nach § 115 Abs. 1 SGB X kraft Gesetzes auf die [X.] erfolgte gesetzliche Forderungsübergang zu berücksichtigen.

        

    [X.]    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    [X.]    

        

    [X.]    

                 

Meta

5 AZR 337/16

22.03.2017

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Hamburg, 7. April 2015, Az: 14 Ca 323/14, Urteil

§ 611 Abs 1 BGB, § 615 S 1 BGB, § 11 S 1 Nr 2 KSchG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.03.2017, Az. 5 AZR 337/16 (REWIS RS 2017, 13651)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13651

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7 Sa 61/23

7 Sa 81/19

11 Sa 524/21

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