Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.12.2013, Az. 27 W (pat) 96/12

27. Senat | REWIS RS 2013, 59

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "impulse karriere forum (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft - kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 009 171.4

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] am 19. Dezember 2013 durch [X.] [X.], [X.] und [X.] k.A. Schmid

beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 41 des [X.] vom 7. Dezember 2011 und vom 27. Juni 2012 werden aufgehoben.

Gründe

I.

1

Die am 16. Februar 2011 für die Waren und Dienstleistungen

2

Klasse 9: Datenträger aller Art, insbesondere [X.], [X.]-ROM, DVD; Magnetaufzeichnungsträger; Software, Datenverarbeitungsprogramme, Computerbetriebsprogramme, jeweils gespeichert oder herunterladbar; elektronische Taschenübersetzer; elektronische Publikationen jeder Art (gespeichert oder herunterladbar); Computerspiele (gespeichert oder herunterladbar);

3

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien; Schreibwaren; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Fotografien; Druckereierzeugnisse;

4

Klasse 35: Werbung; Herausgabe von Werbetexten; Organisation und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen zu wirtschaftlichen Werbezwecken;

5

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten; Durchführung von Live-Veranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Wettbewerben, Konferenzen, Kongressen, Symposien, Seminaren sowie unterhaltenden und kulturellen Veranstaltungen; Bereitstellen von elektronischen Publikationen (nicht herunterladbar); Veröffentlichung und Herausgabe von Druckerzeugnissen, auch in elektronischer Form, auch im Internet

6

angemeldete Wort-/Bildmarke 30 2011 009 171.4

Abbildung

7

hat die [X.]stelle für Klasse 41 des [X.] mit Beschlüssen vom 7. Dezember 2011 und vom 27. Juni 2012, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.

8

Die Bezeichnung „Forum“ sei allgemein bekannt und stehe für einen „realen oder individuellen Ort, wo Meinungen untereinander ausgetauscht, Fragen gestellt und beantwortet werden könnten“. Die Bedeutung des zusammengesetzten Wortes „impulse karriere [X.]“ könnten die angesprochenen Verkehrskreise daher ohne weiteres mit einem [X.] assoziieren. Dem stehe nicht entgegen, dass die vorliegende Marke nicht „[X.]“ laute, sondern „impulse-karriere-[X.]“.

9

Ein Gesundheits[X.], das eine Plattform zum Austausch gesundheitsrelevanter Themen biete, könne auch „[X.]“ genannt werden. Ein Karriere[X.], das breitgefächerte Angebote rund um das Thema Karriere biete, könne man auch mit „Forum Karriere“ bezeichnen oder „FORUM BERUF KARRIERE ZUKUNFT“ ([X.]). Es gebe auch ein „Forum Impulse Schule“ ([X.]), auf dem Meinungen zu allen schulrelevanten Themen ausgetauscht würden usw. [X.] sei somit nicht ungewöhnlich.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin sei die angemeldete Marke nicht wegen des Wortes „impulse“ unterscheidungskräftig. Vorliegend erhalte die Gesamtmarke eine Konkretisierung durch das Hinzufügen des Wortes „karriere“, was für einen beschreibenden Charakter spreche.

Auch die graphische Ausgestaltung in kombiniertem Fett-/Normaldruck mit grauem Worthintergrund und Linienunterlegung stelle in ihrer werbeüblichen Art nichts Besonderes dar und könne den Schutz nicht bewirken.

Der Erinnerungsbeschluss wurde der Anmelderin am 2. Juli 2012 zugestellt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 2. August 2012, mit der sie (sinngemäß) beantragt,

die Beschlüsse der [X.]stelle vom 7. Dezember 2011 und vom 27. Juni 2012 aufzuheben und die Marke 30 2011 009 171.4 einzutragen.

Unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Amtsverfahren vertritt die Anmelderin weiterhin die Auffassung, die angemeldete Marke sei unterscheidungskräftig. Dies sei bereits aufgrund der Wortbestandteile der Fall. Die [X.] „impulse karriere [X.]“ stehe dem von der [X.]stelle angenommenen Verständnis auf ein „[X.]“ entgegen. Die Marke sei so zu prüfen, wie sie angemeldet worden sei. Hierzu gehöre auch die konkrete Reihenfolge der einzelnen Bestandteile.

Ein Verständnis als Hinweis auf ein „[X.]“ ergebe sich allenfalls nach mehreren Gedankengängen. Dieses Verständnis setze nämlich voraus, dass die Verbraucher die Worte zunächst einzeln wahrnähmen, die drei Worte dann gedanklich in eine andere Reihenfolge brächten und eventuell noch durch das Wort „für“ ergänzten. Dies seien erhebliche und insgesamt künstlich erscheinende Gedankenschritte.

Schon der Bestandteil „impulse“ verleihe der angemeldeten Marke ausreichende Unterscheidungskraft. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen komme diesem Bestandteil allenfalls ein vager Aussagegehalt zu. Eine im Vordergrund stehende Beschreibung der beanspruchten Waren/Dienstleistungen oder einen eng beschreibenden Bezug könne das Publikum diesem Bestandteil nicht entnehmen. Vielmehr nehme es ihn als betrieblichen Herkunftshinweis wahr. Dies entspreche auch der gängigen Wahrnehmung und Beurteilungspraxis des [X.], wie z.B. viele in der [X.] für die Anmelderin eingetragene Wort- und Bildmarken mit dem Bestandteil „impulse“ belegten.

Entgegen der Annahme der [X.]stelle verliere der Bestandteil „impulse“ seine Unterscheidungskraft auch nicht durch das darauffolgende Wort „karriere“. Die Worte würden nicht zu einer Einheit, sondern behielten ihre Eigenständigkeit. Prüfungsgegenstand sei nicht etwa die Wortfolge „Impulse für die Karriere“, sondern die Worte „impulse“, „karriere“, „[X.]“. Diese folgten ohne jegliche Verbindungsworte aufeinander. Auch das dritte Wort „[X.]“ spreche dagegen, in „karriere“ eine Konkretisierung ausgerechnet des Wortes „impulse“ zu sehen. Wer dieses Wort überhaupt auf ein anderes beziehe, werde darin eher eine inhaltliche Konkretisierung des folgenden Wortes „[X.]“ sehen.

Die angemeldete Marke sei jedenfalls aufgrund ihrer graphischen Gestaltung unterscheidungskräftig. Es möge zwar sein, dass die einzelnen Gestaltungselemente der angemeldeten Marke, insbesondere

- die Kombination aus Fett- und Normaldruck,

- die verwendete Schriftart,

- die Verwendung eines [X.] für eines der Wortelemente,

- die Platzierung von zwei Linien,

- die linksbündige Untereinanderreihung mehrerer Wortelemente und

- die Verwendung von Kleinbuchstaben

jeweils für sich genommen werbeüblich seien.

Unter Hinweis auf mehrere Entscheidungen des [X.] sei jedoch entgegen der Auffassung der [X.]stelle davon auszugehen, dass die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit über eine bloß werbeübliche Gestaltung hinausgehe. Viele verschiedene Gestaltungsmittel würden zu einem komplexen Ganzen kombiniert. Einerseits werde durch den Balken oben, die Linien unten und den gleichmäßigen Abschluss links und rechts eine logomäßige Geschlossenheit vermittelt. Andererseits verjünge sich die Marke in origineller Weise nach unten hin, in dem die optische Hervorhebung von oben nach unten abnehme (Fettdruck mit Hintergrundbalken, nur Fettdruck, nur Normaldruck) und schließlich sogar in einer Leerzeile schließe.

Fehlerhaft sei auch die Annahme der [X.]stelle, die angemeldete Marke beschreibe alle beanspruchten Waren/Dienstleistungen unmittelbar oder habe zu diesen einen eng beschreibenden Bezug.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg; einer Registrierung der angemeldeten Marke stehen keine Schutzhindernisse aus § 8 Abs. 2 [X.] entgegen.

Die angemeldete Marke entbehrt in ihrer Gesamtheit nicht jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 1 [X.]).

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die Wahrnehmung der Marke durch einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist.

Kann einer Marke kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und/oder handelt es sich nicht um einen gebräuchlichen Begriff der [X.] oder einer Fremdsprache, der stets nur als solcher und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so liegen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass ihr jegliche Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt ([X.] 2004, 30 – [X.]). Bei [X.], die aus Wort- und Bildbestandteilen kombiniert sind, hat sich die Prüfung der Schutzfähigkeit darauf zu erstrecken, ob die Marke in ihrer Gesamtheit den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. BGH [X.] 2001, 397 – antiKALK).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der angemeldeten Marke in ihrer Gesamtheit nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden.

Der [X.] hat abweichend von der Auffassung der [X.]stelle bereits Bedenken, ob der Wortfolge „impulse karriere [X.]“ in Bezug auf die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung ein hinreichend klar beschreibender Begriffsinhalt zu entnehmen ist. Den von der [X.]stelle angenommenen Bedeutungsgehalt, nämlich ein [X.], hält der [X.] eher für konstruiert. Er beruht auf einer zergliedernden analysierenden Betrachtungsweise, die der Verbraucher üblicherweise nicht vornimmt. Ein der Annahme der Unterscheidungskraft entgegenstehender Aussagegehalt der Marke muss so deutlich und unmissverständlich hervortreten, dass er für die beteiligten Verkehrskreise unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennbar ist (vgl. [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rn. 105). Dies ist bei der hier zu beurteilenden Bezeichnung insbesondere wegen der Reihenfolge der Wörter eher nicht der Fall. Die angemeldete Marke lautet nicht „[X.] karriere impulse“, sondern „impulse karriere [X.]“.

Gegen den von der [X.]stelle aufgezeigten Sinngehalt spricht auch, dass die [X.]stelle keine Belege für eine beschreibende Verwendung der angemeldeten Wortfolge „impulse karriere [X.]“ im Inland in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ermittelt hat. Eine beschreibende Verwendung der angemeldeten Bezeichnung durch Dritte konnte auch vom [X.] nicht festgestellt werden.

Letztlich kann die Frage der Schutzfähigkeit der Wortbestandteile jedoch dahingestellt bleiben. Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Bedenken gegen die Schutzunfähigkeit der Wortbestandteile in ihrer Gesamtheit genügt die graphische Ausgestaltung der Marke, um dieser Unterscheidungskraft zu verleihen. Die konkrete Ausgestaltung der Marke in vier Zeilen, bei denen der obere Wortbestandteil durch einen Balken hinterlegt ist, sich unter dem unteren Wortbestandteil zwei Linien befinden und die Worte in unterschiedlicher Druckart geschrieben sind, weist eine den Schutz begründende Komplexität auf. Damit fehlt der Marke jedenfalls genau in der graphischen Gestaltung, in der sie beansprucht wird, nicht jegliches Mindestmaß an Unterscheidungskraft.

Die konkrete Gestaltung ist auch nicht freihaltungsbedürftig [X.]. § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].

Damit kann der verfahrensgegenständlichen Marke ein - wenngleich möglicherweise eher geringer - Schutz letztlich nicht abgesprochen werden. Dem stehen Belange der Allgemeinheit nicht entgegen, weil der Schutz der Marke auf die ganz konkrete Ausgestaltung beschränkt ist, also insbesondere nicht gegenüber Kennzeichnungen oder sonstigen Angaben besteht, welche zwar ebenfalls die Wortbestandteile „impulse karriere [X.]“ enthalten, aber nicht die konkrete graphische Ausgestaltung der Marke aufweisen. Vielmehr steht eine Verwendung der [X.]elemente in veränderter Gestaltungsform der Allgemeinheit weiterhin offen.

Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr (§ 71 Abs. 3 [X.]) besteht kein Anlass, da die Bewertung der graphischen Ausgestaltung durch die [X.]stelle nicht willkürlich erscheint.

Meta

27 W (pat) 96/12

19.12.2013

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.12.2013, Az. 27 W (pat) 96/12 (REWIS RS 2013, 59)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 59

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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