Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2006, Az. XI ZB 1/06

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1456

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[X.] [X.] vom 10. Oktober 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.]R: ja _____________________ ZPO § 121 Abs. 3 Der für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellte Beiordnungsantrag eines nicht bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts enthält regelmäßig ein konkludentes Einverständnis mit einer dem [X.] des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden Einschränkung der Beiordnung nur zu den Bedingungen eines am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts. [X.], Beschluss vom 10. Oktober 2006 - [X.] - [X.]

[X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] und [X.] [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] am 10. Oktober 2006 beschlossen: Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Be-schluss des 19. Zivilsenats des [X.] vom 9. Dezember 2005 wird [X.]. Gründe: [X.] Dem in [X.] wohnhaften Kläger, der die Rückabwicklung eines Kreditvertrages zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung begehrt, wurde Prozesskostenhilfe bewilligt und ein Rechtsanwalt in [X.] zu den Kosten eines beim Prozessgericht, dem [X.], zugelassenen Anwalts beigeordnet. Nach dessen Ausscheiden hat das [X.] auf Antrag Dr. G. (im Folgenden: Prozessbe-vollmächtigter) zu denselben Bedingungen als Rechtsanwalt beigeord-net. 1 - 3 - Die gegen die Einschränkung der Beiordnung gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Oberlan-desgericht ausgeführt: Nach § 121 Abs. 3 ZPO könne ein Anwalt, der zwar beim Prozessgericht postulationsfähig, aber nicht zugelassen sei, nur beigeordnet werden, wenn dadurch keine höheren Kosten entstün-den. Der Fall biete keine Veranlassung, von dieser Regelung abzuwei-chen. Im Bezirk des [X.] gebe es eine Vielzahl von Anwälten, die sich auf [X.] mit kreditfinanzierten Fondsbei-tritten befassten. Mit der vom [X.] zugelassenen Rechts-beschwerde verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. 2 I[X.] Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und nach § 575 ZPO auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Ausfüh-rungen des [X.]s halten rechtlicher Überprüfung stand. 3 1. Die Zulässigkeit der angefochtenen Einschränkung folgt aus § 121 Abs. 3 ZPO. 4 a) Bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 121 Abs. 1 und 3 ZPO ist in der Regel ein beim Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt beizuordnen, weil dadurch wegen der Verpflichtung des Rechtsanwalts, seine Kanzlei am Ort des Gerichts zu betreiben (§ 27 Abs. 1 Satz 1 [X.]), grundsätzlich sichergestellt ist, dass keine Reisekosten anfallen ([X.] NJW 2005, 3083). Ein auswärtiger Rechtsanwalt kann [X.] - 4 - lich nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entste-hen (§ 121 Abs. 3 ZPO; [X.]Z 159, 370, 372). 6 b) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob ein Gericht die genannte Einschränkung ohne Nachfrage bei dem betroffenen Rechtsanwalt anordnen darf. Während eine Mindermeinung ein aus-drücklich erklärtes Einverständnis des Rechtsanwalts für erforderlich hält ([X.], 348; [X.] NJW-RR 2001, 1229; [X.] FamRZ 2003, 107; [X.] Rpfleger 2004, 709, 710; [X.], in: [X.], ZPO 22. Aufl. § 121 Rdn. 14; [X.]/[X.], ZPO 25. Aufl. § 121 Rdn. 13), lehnt die herrschende Meinung dies mit unterschiedlicher Begründung ab. Ein Teil meint, eine Nachfrage sei nicht erforderlich, weil es seiner Einwilligung nicht bedürfe ([X.] 2001, 832 und [X.], 708, 709; [X.], 1038, 1039; [X.] FamRZ 2002, 106 und NJW 2005, 687; [X.] [X.] 2002, 310; KG NJW-RR 2005, 924; [X.], in: [X.]/[X.]/Schons, RVG 2. Aufl. § 46 Rdn. 29; Musielak/ [X.], ZPO 4. Aufl. § 121 Rdn. 18). Ein anderer Teil ist der Ansicht, die Einwilligung sei konkludent in dem Antrag auf Beiordnung enthalten ([X.] NJW 2005, 3083 f.; [X.] JurBüro 1992, 486, 487; OLG Stuttgart OLGR 1999, 122, 123; [X.] JurBüro 2000, 481, 482 und [X.], 2005; [X.] FamRZ 2000, 1227, 1228; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO 64. Aufl. § 121 Rdn. 62; [X.]/Wax 2. Aufl. § 121 Rdn. 11; [X.], in: [X.], RVG 9. Aufl. § 46 [X.]. 5). Der [X.] hat sich mit der Streitfrage bisher nicht näher befasst, die Beiordnung eines auswärtigen nur zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsan-walts aber für zulässig erachtet (vgl. [X.]Z 159, 370, 373; [X.], [X.] 5 - schlüsse vom 23. März 2006 - [X.], [X.], 1298 und vom 6. April 2006 - [X.], [X.], 1881). Der erkennende Senat hält die genannte Einschränkung ohne ein ausdrücklich erklärtes [X.] des betroffenen Rechtsanwalts für zulässig. 7 Ein Beiordnungsantrag enthält regelmäßig ein konkludentes Ein-verständnis des Prozessbevollmächtigten mit einer dem Mehrkostenver-bot des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden Einschränkung der Beiord-nung. Bei einem Rechtsanwalt ist die Kenntnis des [X.]s des § 121 Abs. 3 ZPO vorauszusetzen. Wenn ein auswärtiger Rechtsan-walt gleichwohl seine Beiordnung beantragt, muss er davon ausgehen, dass seinem Antrag nur im gesetzlich zulässigen Umfang stattgegeben wird ([X.] NJW 2005, 3083, 3084; OLG Celle FamRZ 1991, 962 und [X.], 1038, 1039; [X.] JurBüro 2000, 481, 482; [X.] FamRZ 2000, 1227, 1228; [X.] FamRZ 2002, 106; KG NJW-RR 2005, 924). Der Einwand, es gebe auch Fälle, in denen die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts das [X.] nicht be-rühre ([X.] Rpfleger 2004, 709, 710), greift nicht. In diesen Fällen hat die Beiordnung des auswärtigen Rechtsanwalts unbeschränkt zu erfolgen. Geschieht dies nicht, steht dem betroffenen Anwalt ein ei-genes Beschwerderecht zu ([X.] NJW 2005, 3083; [X.] FamRZ 2000, 1227; [X.] FamRZ 2003, 107; [X.] [X.], 2008 f.; OLG Karlsruhe NJW 2005, 2718).
2. Ein solcher Fall ist hier auch unter der gebotenen (vgl. [X.]Z 159, 370, 373; [X.] NJW 2005, 3083, 3084) Berücksichtigung der Rechtsprechung zur zusätzlichen Beiordnung eines Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO nicht gegeben. 8 - 6 - 9 a) Danach ist bei Bevollmächtigung eines Rechtsanwaltes am Sitz des Gerichts regelmäßig auch die Zuziehung eines am Wohn- oder Ge-schäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Verkehrsanwaltes als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung [X.] im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. ZPO anzusehen ([X.]Z 159, 370, 374 m.w.Nachw.). Hier würden die Kosten eines sol-chen Verkehrsanwalts durch die einschränkungslose Beiordnung des in [X.] ansässigen Prozessbevollmächtigten des [X.] aber nicht [X.]. Der nicht am Gerichtsort, sondern ca. 100 km entfernt wohnende Kläger begehrt die Beiordnung seines auswärtigen [X.] nicht zur Vermeidung einer Informationsreise an den Gerichtsort.
b) Dass einem am Gerichtsort ortsansässigen beigeordneten Rechtsanwalt die Kosten einer Reise an den Wohnort der Partei zu er-statten sind, wenn die Prozessführung ein Informationsgespräch erfor-dert und die auswärtige Partei nicht in der Lage ist, die Kosten einer Rei-se zu ihm aufzubringen, vermag entgegen der Ansicht des [X.] eine einschränkungslose Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten eben-falls nicht zu rechtfertigen. Die Kosten für eine oder mehrere Reisen des Prozessbevollmächtigten von [X.] zum [X.] München I oder in den ca. 100 km südlich gelegenen Wohnort des [X.] übersteigen die fiktiven Reisekosten des [X.] für eine gleiche Anzahl von Fahrten von seinem Wohnort in den ca. 100 Kilometer entfernten Gerichtsort [X.] deutlich. 10 c) Die einschränkungslose Beiordnung des Prozessbevollmächtig-ten des [X.] lässt sich schließlich auch nicht damit begründen, dass 11 - 7 - nur er besondere Kenntnisse in einer Spezialmaterie besitze (vgl. dazu [X.] [X.], 729, 733). Insoweit hat das [X.] unan-gegriffen festgestellt, in seinem Gerichtsbezirk gebe es eine Vielzahl von Rechtsanwälten, die sich auf [X.] mit kreditfinanzierten Fonds-beitritten befassten.
[X.] [X.] Ellenberger

[X.] Grüneberg Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.10.2005 - 4 O 5558/05 - [X.], Entscheidung vom 09.12.2005 - 19 W 2933/05 -

Meta

XI ZB 1/06

10.10.2006

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2006, Az. XI ZB 1/06 (REWIS RS 2006, 1456)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1456

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