Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2011, Az. 5 StR 84/11

5. Strafsenat | REWIS RS 2011, 5530

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



5 StR 84/11

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

vom 22. Juni 2011
in der Strafsache
gegen

wegen schweren Raubes u.a.

-
2
-

Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 22. Juni 2011
beschlossen:

Auf die Revision des
Angeklagten wird
das Urteil des
Land-gerichts [X.] vom 22. November 2010 gemäß
§ 349 Abs. 4
StPO in den Einzelstrafaussprüchen zu den [X.], 12 und 13 der Urteilsgründe, im Gesamtstrafausspruch und im [X.] aufgehoben.

Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].

[X.]e

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in drei Fällen, wegen Raubes, wegen Diebstahls mit Waffen in acht Fällen und we-gen Diebstahls zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Nach den vom Tatgericht getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte in der [X.] vom 9. Oktober 2009 bis zum 21. April 2010 in insgesamt 13 Fällen [X.] die Handtasche entwendet, um das darin befindliche Bargeld für sich zu verbrauchen, wobei er

ausgenommen die Fälle 1 und 9

stets ein Klappmesser mit abgebrochener Klingenspitze und einer verbliebenen Klin-genlänge von 5 cm bei sich führte. In den [X.], 9, 12 und 13 überwand der Angeklagte den Widerstand der Geschädigten, die vergeblich versuchten 1
-
3
-

ihre Handtasche festzuhalten, indem er mit Gewalt an der Tasche riss. Für die jeweiligen Taten hat die [X.] [X.] zwischen vier Monaten (Diebstahl, Tat 1) und drei
Jahren zehn Monaten (schwerer Raub, Tat 13) festgesetzt.

Die Nachprüfung des Urteils auf die Revision des Angeklagten, der die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfeh-ler zu seinem Nachteil ergeben. Hingegen können der Strafausspruch zu den Taten 8, 12 und 13, der Gesamtstrafausspruch
sowie die Anordnung der Un-terbringung in der Sicherungsverwahrung nicht bestehen bleiben.

1. Die Ausführungen, mit denen das [X.] das Vorliegen eines minder
schweren Falles gemäß § 250 Abs. 3 StGB bei den Taten 8, 12 und 13 verneint hat, halten
sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Unter Verweis auf die hohe Rückfallgeschwindigkeit, den vorliegenden einschlägi-gen Bewährungsbruch sowie die in den Taten zum Ausdruck kommende kriminelle Energie hat die [X.] trotz der Gewaltanwendung im un-tersten Bereich, der geringen Tatbeute und des umfassenden Geständnisses des Angeklagten eine Strafrahmenverschiebung zu seinen Gunsten [X.]. Diese Erwägungen im angefochtenen Urteil lassen nicht erkennen, dass die [X.] auch den neben dem besonders wesentlichen Ge-sichtpunkt der begrenzten Gewaltkomponente gravierenden Umstand der besonders geringen Gefährlichkeit des vom Angeklagten mitgeführten [X.] erwogen hat, das der Angeklagte nach seinem von der [X.] zugrunde gelegten Gestänseiner Obdachlosigkeit bei sich hatte. Es ist deshalb zu besorgen, dass ein für die Bestimmung des Strafrahmens maßgeblicher Strafzumessungsgrund unberücksichtigt geblieben ist.

Dies führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in den [X.], 12 und 13 sowie im Gesamtstrafausspruch. Die übrigen Einzelstrafen können bestehen bleiben. Der Senat weist darauf hin, dass angesichts des ähnlichen Charak-2
3
4
-
4
-

ters der Diebstahls-
und Raubtaten die Einzelstrafbemessung auffällig un-ausgewogen erscheint, ohne dass hierin jenseits der drei aufgehobenen höchsten Einzelstrafen ein den Angeklagten beschwerender Fehler läge.

2. Die Aufhebung der drei höchsten, allein die Dreijahresgrenze über-schreitenden Einzelstrafen bedingt auch
die Aufhebung der auf § 66 Abs. 2 sowie § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB gestützten Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung.

Für das weitere Verfahren weist der Senat insoweit auf Folgendes hin:

a) Die Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß
§ 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts. Des-sen Ausübung ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Insbesondere [X.] die Ausführungen der [X.] Erwägungen dazu vermissen, ob sich der Angeklagte, der erstmals zu einer längeren Haftstrafe verurteilt [X.], nicht bereits die [X.] hinreichend zur Warnung dienen lassen wird (vgl. [X.], Beschluss vom 4. August 2009

1 [X.], [X.]R StGB §
66 Abs. 2 Ermessensausübung
1).

b) Nach dem Urteil des [X.] vom 4. Mai 2011 ([X.] I S. 1003), das die [X.] noch nicht berücksichtigen konnte, sind die gesetzlichen Regelungen zur Sicherungsverwahrung mangels aus-n-vereinbar; das Recht der Sicherungsverwahrung muss bis zum 31. Mai 2013 neu geregelt werden. Vor diesem Hintergrund kann die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung bis zur Neuregelung nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung angeordnet werden. In der Regel wird dabei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur unter der Voraussetzung gewahrt sein, dass eine Gefahr schwerer Gewalt-
oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Angeklagten abzuleiten ist ([X.], aaO, [X.]. 172). Die Darlegungen des [X.]s lassen eine sol-5
6
7
8
-
5
-

che Gefahr in der Person oder dem Verhalten des Angeklagten nicht erken-nen. Dies liegt nach den festgestellten [X.] auch denkbar fern.

3. Aufgrund der vorliegenden Wertungsfehler bedurfte es keine Auf-hebung der Feststellungen. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststel-lungen treffen, soweit sie den bislang getroffenen nicht widersprechen.

[X.] Raum Schaal

König Bellay

9

Meta

5 StR 84/11

22.06.2011

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.06.2011, Az. 5 StR 84/11 (REWIS RS 2011, 5530)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5530

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

3 StR 31/19 (Bundesgerichtshof)

Revision in Strafsachen: Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung auf die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung; Rückfallgeschwindigkeit als Strafzumessungsgrund


5 StR 348/02 (Bundesgerichtshof)


5 StR 101/08 (Bundesgerichtshof)


1 StR 300/09 (Bundesgerichtshof)


5 StR 250/01 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.