Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2006, Az. IX ZR 108/03

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1390

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 12. Oktober 2006 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB §§ 675, 662 Zu den Voraussetzungen eines [X.] zwisc[X.] einem Geldgeber und einem Rechtsanwalt, der für seinen inhaftierten Mandanten zum Zwecke der Haftent-lassung Geldbeträge weiterzuleiten hat. [X.], Urteil vom 12. Oktober 2006 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2006 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 26. März 2003 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Beklagte übernahm die strafrechtliche Vertretung von [X.](fortan: der Beschuldigte), der am 1. Juni 1998 wegen Steuerhinterziehung ver-haftet wurde und in der Haft ein Geständnis ablegte. Die [X.] waren bereit, den Haftbefehl außer Vollzug zu setzen, sofern der Be-schuldigte eine Abschlagszahlung von 500.000 [X.] auf rückständige Steuern leisten werde. Der Beschuldigte selbst war nicht in der Lage, diesen Betrag aus eigenen Mitteln aufzubringen. Der Beklagte führte auf Veranlassung der Ehe-frau des Beschuldigten am 25. Juni 1998 ein Gespräch mit dem Kläger, um ihn zu bewegen, den benötigten Betrag darle[X.]sweise zur Verfügung zu stellen. Hierbei erklärte der Beklagte, der Beschuldigte habe im Ausland ausreic[X.]d 1 - 3 - Geld, über das er aber kurzfristig nicht verfügen könne. Er habe 1997 mehr als 1.100.000 [X.] nach [X.] transferiert. Nach zwei weiteren Telefonaten überwies der Kläger am 26. Juni 1998 einen Betrag von 500.000 [X.] auf ein Konto des Beklagten, der ihn an das Finanzamt weiterleitete. Mit Schreiben vom 10. Juli 1998 teilte der Beklagte dem Kläger mit, zwisc[X.]zeitlich sei ein Geldbetrag eingegangen, von dem er noch Anwaltsgebühren in Abzug bringen werde. Gleichzeitig übersandte der Beklagte eine als Treuhandvereinbarung zwisc[X.] dem Kläger und dem Beschuldigten bezeichnete Abrede, die letzterer sowie der Beklagte bereits unterzeichnet hatten. Der Kläger unterschrieb dieses Schriftstück nicht. Nummer 5, 7 und 8 der angeführten Treuhandvereinbarung lauten wie folgt: "5. Mit Beiziehung der Beträge aus dem Ausland für Herrn [X.] , die von Rechtsanwalt [X.]eingefor-dert werden, wird ein Betrag von Rechtsanwaltsgebühren aus den Geldeingängen nach Maßgabe der Vereinbarung mit Herrn [X.]in Abzug gebracht und sodann der weiterge[X.]de Betrag bis zum Betrag von 500.000 [X.] kurzfristig [X.][d.h. der Kläger] übermittelt werden. 7. Bei Eingang der entsprec[X.]den, angeforderten Beträge erfolgt die Verrechnung zunächst mit Rechtsanwaltsgebüh-ren und sodann bis zur Höhe der genannten 500.000 [X.] mit den vom [X.] zu 1. [d.h. dem Kläger] [X.] für [X.]gezahlten Beträgen von 500.000 [X.]. Zielsetzung ist, dass der [X.] zu 1. die für [X.]bereitgestellten Beträge von 500.000 [X.] als möglich zurückerhalten soll. 8. Rechtsanwalt B. ist für die [X.] treu-händerisch tätig, wickelt die Angelegenheit nach Maßgabe der Vereinbarung ab und übernimmt durch die Unterzeich-nung der Vereinbarung keine eigene Haftung." - 4 - Von den angesproc[X.]en Auslandsforderungen des Beschuldigten [X.] insgesamt ein Betrag von 313.455,70 [X.] an den Beklagten überwiesen. Hiervon entnahm dieser als Honorar 69.600 [X.] einschließlich Mehrwertsteuer und leitete den restlic[X.] Betrag an den Kläger weiter. Durch den Verkauf von Grundstücken in [X.] erlöste der Beschuldigte zu einem späteren Zeit-punkt weitere 300.000 [X.], die der Beklagte auf angebliche Weisung seines Mandanten an das Finanzamt auszahlte. 2 Der Kläger macht geltend, zwisc[X.] ihm und dem Beklagten sei ein mündlicher Treuhandvertrag zustande gekommen. Danach sei der Beklagte verpflichtet gewesen, einge[X.]de Gelder des Beschuldigten umge[X.]d an ihn - den Kläger - auszukehren. Der Kläger hat seine auf Auskunft gerichteten Kla-geanträge für erledigt erklärt und begehrt nunmehr Schadensersatz von 69.600 [X.] wegen des vom Beklagten für das eigene Honorar entnommenen Betrages. Das [X.] hat der Klage insgesamt stattgegeben. Die hierge-gen gerichtete Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klagabweisungsantrag weiter. 3 Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 4 - 5 - [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, auf die genaue Einordnung der rechtlic[X.] Beziehungen zwisc[X.] den [X.]en komme es nicht an. Vieles spreche für die Annahme eines zwisc[X.] den [X.]en zustande gekommenen [X.], zumal auch der Beklagte als Rechtsanwalt in seinem Schreiben vom 10. Juli 1998 auf eine mündlich abgestimmte Treuhandverein-barung Bezug genommen habe. Der Beklagte habe schon deshalb [X.] Pflichten übernommen, weil er das bei ihm einge[X.]de Geld des [X.] unverzüglich an den zwisc[X.] den [X.]en vereinbarten Empfänger habe [X.] müssen. In gleicher Weise habe der Beklagte das bei ihm einge[X.]de Geld des Beschuldigten "sobald als möglich" bzw. "kurzfristig" an den Kläger auszahlen sollen, bis die (Darle[X.]s-)Schuld getilgt sei. Diese Abrede, wie [X.] sie rechtlich auch zu qualifizieren sei, habe der Beklagte nicht erfüllt, weil er das aus dem Verkauf eines Grundstücks herrührende Geld an das Finanz-amt weitergeleitet habe. [X.] sei, dass von diesem Geldbetrag im Rahmen der Gespräche im Juni 1998 noch nicht die Rede gewesen sei. Auch könne sich der Beklagte nicht auf eine entsprec[X.]de Weisung des Beschuldig-ten berufen. 5 I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punk-ten stand. 6 1. Der Senat hat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 22. Juli 2004 - [X.] ZR 132/03, NJW 2004, 3630, 3631 ausgeführt, dass ein Verteidiger, 7 - 6 - der zum Zweck der sofortigen Hinterlegung einer Kaution bei Gericht bestimmte Gelder von dritter Seite für seinen Mandanten entgegennimmt, dadurch regel-mäßig keine zusätzlic[X.] vertraglic[X.] Verpflichtungen gegenüber dem Geld-geber begründet. a) Der Rechtsanwalt, der auf einem Anderkonto Geld erhält, welches von einem [X.] in Erfüllung einer mit dem Mandanten getroffenen Vereinbarung geleistet wird, handelt in der Regel allein als Vertreter seines Auftraggebers. Dies folgt im Ansatz schon aus dem Verbot der Vertretung widerstreitender In-teressen (§ 43a Abs. 4, § 59b Abs. 2 Nr. 1 Buchst. [X.]), weil die Interessen des [X.] in der Regel nicht mit denjenigen der vom Rechtsanwalt vertretenen [X.] identisch sind, vielmehr insoweit Gegensätze und Konfliktlagen auftreten können. 8 b) Dies trifft auch bei der Bereitstellung eines Geldbetrages als Kaution zu. Für die Annahme einer treuhänderisc[X.] Verwaltung besteht in Fällen, in denen der Anwalt lediglich einen Geldbetrag zu Kautionszwecken entgegen-nimmt, kein Anlass, weil er das Geld nicht für den Einzahler verwaltet, sondern es alsbald entsprec[X.]d der vom Mandanten erteilten Weisung an die [X.] weiterleiten soll ([X.], Urt. v. 22. Juli 2004 aaO, S. 3631; vgl. ferner Urt. v. 23. Februar 1955 - [X.], Rpfleger 1955, 187, 188). Nichts [X.] hat zu gelten für eine Fallgestaltung, bei der die Außervollzugsetzung des Haftbefehls nicht von der Stellung einer Kaution, sondern, wie vorliegend gege-ben, von der Zahlung eines Abschlagsbetrages auf rückständige Steuern ab-hängig gemacht wird. 9 c) Der Senat hat aber darauf hingewiesen, dass eine zusätzliche vertrag-liche Verpflichtung dann in Betracht zu zie[X.] ist, sofern sich aus den [X.] - 7 - nen Absprac[X.] oder besonderen Umständen des Falles ausnahmsweise et-was anderes ergibt ([X.], Urt. v. 22. Juli 2004 aaO). Derartige Regelungen hat der [X.], auch im Rahmen von Verträgen zu Gunsten Dritter, im Zusammenhang mit der Abwicklung von Einzahlungen durch Anwälte, [X.] im Blick auf die Interessenlage anerkannt ([X.], Urt. v. 10. März 1988 - [X.], NJW-RR 1988, 1299, 1300; Urt. v. 13. Mai 2004 - [X.], NJW-RR 2004, 1356, 1357). Die vom Berufungsgericht angeführten Umstände, insbesondere der vom Beklagten verfasste Vertragsentwurf, der in Nummer 8 ausdrücklich von einem treuhänderisc[X.] Tätigsein des Beklagten auch im Verhältnis zum Kläger spricht, sowie das dem Beklagten gegenüber zum Aus-druck gebrachte besondere Schutzbedürfnis des [X.] lassen die Annahme eines zwisc[X.] den Prozessparteien beste[X.]den Treuhandverhältnisses nicht fernliegend erscheinen. Die tatrichterliche Würdigung ist daher insoweit revisi-onsrechtlich nicht zu beanstanden. 2. Das Berufungsgericht hat allerdings, worauf die Revision zu Recht hingewiesen hat, keine hinreic[X.]den Feststellungen dazu getroffen, welc[X.] Inhalt diese [X.] aufgewiesen hat. 11 a) Insbesondere hat das Berufungsgericht nicht ausreic[X.]d dargelegt, aus welc[X.] Gründen der unstreitig bei den Gespräc[X.] im Juni 1998 nicht erwähnte Betrag von 300.000 [X.], der aus späteren Grundstücksverkäufen des Beschuldigten stammte und dem Beklagten - zu einem bislang nicht näher fest-gestellten Zeitpunkt - zugeflossen ist, noch von der im Juni 1998 zustandege-kommenen [X.] miterfasst worden ist. Insoweit bedarf es konkreter Feststellungen, welche vertraglic[X.] Abreden in diesem Zusammenhang zwi-sc[X.] den [X.]en zustande gekommen sind. Außerdem wird zu prüfen sein, ob möglicherweise im Wege ergänzender Vertragsauslegung davon [X.] - 8 - [X.] ist, dass bei Ausfall von zu erwartenden Geldern an deren Stelle [X.] Beträge, die dem Beklagten aus dem (südafrikanisc[X.]) Vermögen des Beschuldigten zufließen würden, treten sollten. In diesem Falle wäre eine nach-trägliche abweic[X.]de Weisung des Mandanten rechtlich unbeachtlich gewesen (vgl. [X.], Urt. v. 18. November 1999 - [X.] ZR 153/98, [X.], 193, 195). Was für den einem Notar erteilten Treuhandauftrag gilt, trifft erst recht für eine vertragliche Vereinbarung mit einem Rechtsanwalt zu. b) Sollte sich zu Gunsten des [X.] hierzu keine tragfähige Feststel-lung treffen lassen, bedarf es hinsichtlich des Inhalts der [X.] fer-ner der Prüfung, ob der Beklagte aus den einge[X.]den Geldern berechtigt war, vorweg das Honorar und gegebenenfalls in welcher Höhe zu entnehmen. Auch insoweit trägt der Kläger die Beweislast für den von ihm geltend gemachten Vertragsinhalt. Die hierzu angebotenen Beweismittel wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben. 13 - 9 - II[X.] Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). 14 Dr. [X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.06.2002 - 12 O 4061/00-227 - [X.], Entscheidung vom 26.03.2003 - 3 U 218/02 -

Meta

IX ZR 108/03

12.10.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.10.2006, Az. IX ZR 108/03 (REWIS RS 2006, 1390)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1390

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