Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2012, Az. V ZR 176/11

5. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 4676

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Gegenstand

Grundstückskaufvertrag: Heilung einer formunwirksamen Rückkaufsverpflichtung für den Verkäufer


Leitsatz

Verpflichtet sich der Verkäufer einer Immobilie formunwirksam zu deren Rückkauf, so wird diese Verpflichtung nicht dadurch wirksam, dass ein Dritter auf Veranlassung oder Vermittlung des Verkäufers die Immobilie formgerecht kauft (Bestätigung von Senat, Urteil vom 8. Oktober 2004, V ZR 178/03, BGHZ 160, 368).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 21. Juni 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 30. November 2010 in der Fassung des [X.] vom 25. Januar 2011 auf die Berufung des Beklagten abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Mit notariellem Vertrag vom 18. Dezember 1998 kauften die Kläger von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren alleinvertretungsberechtigter Gesellschafter der Beklagte war, eine Eigentumswohnung. Am Tag darauf schlossen die Kläger mit dem Beklagten privatschriftlich einen sog. Gewährleistungsvertrag, der u. a. eine Verpflichtung des Beklagten enthält, die Wohnung zurückzukaufen. Die Kläger wurden als Wohnungseigentümer in das Grundbuch eingetragen.

2

Mit Schreiben vom 29. Mai 2008 forderten sie den Beklagten auf, die Rückkaufsverpflichtung zu erfüllen. Daraufhin kaufte eine Bauträgergesellschaft, vertreten durch den Beklagten als geschäftsführenden Gesellschafter, mit notariellem Vertrag vom 19. Dezember 2008 die Eigentumswohnung von den Klägern. Später trat sie von dem [X.] wieder zurück.

3

Die Kläger verlangen - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - von dem Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung der Rückkaufsverpflichtung in Höhe des vereinbarten [X.] von 51.065,16 € zuzüglich 31,20 € entrichteter Grundsteuern, Zug um Zug gegen Übereignung der Eigentumswohnung, sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten von 2.161,00 € nebst Zinsen.

4

In den Tatsacheninstanzen ist die Klage insoweit erfolgreich gewesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Kläger beantragen, verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht bejaht den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung der Rückkaufsverpflichtung unter dem Gesichtspunkt des § 326 Abs. 2 BGB aF. Die Verpflichtung sei zwar zunächst wegen Formmangels, §§ 125, 313 Satz 1 BGB aF, nichtig gewesen. Der Mangel sei aber entsprechend § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB mit formgerechtem Abschluss des Kaufvertrages mit der [X.] am 19. Dezember 2008 geheilt worden. Dass dieser Vertrag nicht mit dem Beklagten als dem Partner des [X.] geschlossen worden sei, sei unschädlich. Ausreichend sei, dass "insoweit ein Erfüllungszusammenhang" bestehe. Das sei hier der Fall, weil der Beklagte ersichtlich die [X.] veranlasst habe, statt seiner der Verpflichtung zum Rückkauf nachzukommen. Inhaltlich entspreche der [X.] [X.] der Regelung über den Rückkauf in dem "[X.]". Die Erfüllung der Rückkaufsverpflichtung habe der Beklagte verweigert. Dass die [X.] statt seiner die Wohnung gekauft habe, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Darin liege keine befreiende Schuldübernahme, zumal die Käuferin von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht habe. Als Schadensersatz könnten die Kläger den Kaufpreis für die Wohnung beanspruchen, den sie im Falle der Erfüllung erhalten hätten, ferner Erstattung der entrichteten Grundsteuern, [X.] um [X.] freilich gegen Übereignung der Wohnung.

6

Unter dem Gesichtspunkt des Verzuges, § 286 Abs. 1 BGB aF billigt das Berufungsgericht den Klägern schließlich die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten zu, die ihnen wegen der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs entstanden sind.

II.

7

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung in den entscheidenden Punkten nicht stand.

8

1. Zutreffend ist lediglich der Ausgangspunkt. Die Rückkaufsverpflichtung hätte nach § 313 Satz 1 BGB aF der notariellen Beurkundung bedurft und war sonach nichtig, § 125 BGB.

9

2. Rechtlich nicht haltbar ist demgegenüber die Auffassung des Berufungsgerichts, die Rückkaufsverpflichtung sei entsprechend § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB (richtig wäre: § 313 Satz 2 BGB aF) dadurch wirksam geworden, dass die [X.] auf Veranlassung des Beklagten die Eigentumswohnung mit am 19. Dezember 2008 notariell beurkundetem Vertrag gekauft habe.

a) Allerdings entspricht es der Rechtsprechung des [X.]s, dass eine formunwirksame Kauf- oder Verkaufsverpflichtung nicht nur durch Auflassung und Eintragung, sondern auch dadurch geheilt werden kann, dass die Parteien einen [X.]en Vertrag mit entsprechender Kauf- oder Verkaufsverpflichtung schließen (Urteil vom 18. Dezember 1981 - [X.], [X.], 398; Urteil vom 8. Oktober 2004 - [X.], [X.], 368, 373). Dies kommt in erster Linie dann in Betracht, wenn ein formungültiger Vorvertrag durch Abschluss eines formgültigen Hauptvertrages erfüllt wird, ist aber nicht auf diesen Spezialfall beschränkt (vgl. [X.], Urteil vom 8. Oktober 2004 - [X.], aaO).

Bedeutsam ist das freilich nicht für die die Beurkundungspflicht auslösende Verpflichtung zum Kauf oder Verkauf. Denn ob diese durch den nachfolgenden [X.]en Verpflichtungsvertrag geheilt wird, ist nicht entscheidend, da der [X.] abgeschlossene Vertrag den Rechtsgrund in sich trägt ([X.], Urteil vom 8. Oktober 2004 - [X.], aaO [X.]). Das Schicksal des unwirksamen [X.] ist daher insoweit ohne Belang. Bedeutsam ist die Heilungswirkung nur für weitere Verpflichtungen, die zwar Gegenstand des formunwirksamen [X.] waren, nicht aber Eingang in den zweiten [X.]en Vertrag gefunden haben. In diesen Fällen führt der Umstand, dass der [X.] nach § 313 Satz 2 BGB aF (nicht anders nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB) "seinem ganzen Inhalt nach gültig wird", dazu, dass auch solche, nicht in dem formgerecht abgeschlossenen Vertrag enthaltene Pflichten wirksam werden.

Schon diese Zusammenhänge lassen erkennen, dass das Berufungsgericht die Regelung des § 313 Satz 2 BGB aF (§ 311b Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht richtig erfasst hat. Denn wenn es einen "Erfüllungszusammenhang" annimmt zwischen der formunwirksamen Verpflichtung des Beklagten, die Eigentumswohnung zurückzukaufen, und dem [X.]en Kauf der Wohnung durch die [X.], dann ist allein folgerichtig, dass der Beklagte seine Rückkaufsverpflichtung dadurch erfüllt hat, dass er die [X.] zum Kauf veranlasst hat. Eine Schadensersatzverpflichtung nach § 326 BGB aF kommt dann nicht mehr in Betracht. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kauf der Wohnung durch die [X.] führe zwar zur Heilung des Formmangels und damit zur Entstehung der Rückkaufsverpflichtung des Beklagten, nicht aber zur Erfüllung, ist demgegenüber widersprüchlich.

b) Unabhängig davon ist die Bejahung eines "Erfüllungszusammenhangs" zwischen der formunwirksam vereinbarten Rückkaufsverpflichtung des Beklagten und dem [X.]en Kauf der Wohnung durch die [X.] rechtsfehlerhaft.

Der [X.] hat sich in der Entscheidung vom 8. Oktober 2004 ([X.], [X.], 368, 373 ff.) ausführlich mit der Frage befasst, unter welchen Voraussetzungen in dem Abschluss eines Kaufvertrages mit einem [X.] die Erfüllung eines formunwirksamen [X.] gesehen werden kann. Danach fehlt es regelmäßig an dem notwendigen Erfüllungszusammenhang, wenn ein Dritter anstelle des ursprünglich vorgesehenen Käufers den [X.]en Vertrag schließt. Das ist selbst dann nicht anders, wenn derjenige, der sich formunwirksam zum Kauf verpflichtet hat, das Recht hatte, den [X.] als Käufer zu vermitteln (aaO S. 377). In dem amtlichen Leitsatz dieser Entscheidung hat das folgenden Ausdruck gefunden: "An einem solchen Erfüllungszusammenhang fehlt es, wenn der Verkäufer, ohne dass dazu eine Verpflichtung hatte begründet werden sollen, auf Vermittlung des Vertragspartners an einen [X.] verkauft und diesem das verkaufte Grundstück übereignet." Damit ist zugleich die Ausnahme angesprochen. Der Verkauf an einen [X.] genügt den Anforderungen an den zur Heilung nach § 313 Satz 2 BGB aF erforderlichen Erfüllungstatbestand, wenn der Verkäufer sich in dem Vorvertrag formunwirksam verpflichtet hatte, an den [X.] zu verkaufen. Das war die Sachverhaltskonstellation, die der [X.]sentscheidung vom 18. Dezember 1981 ([X.], [X.], 398) zugrunde lag, und dies allein rechtfertigte die dort angenommene Heilungswirkung, nicht die seinerzeit dafür gegebene Begründung (s. nochmals [X.], Urteil vom 8. Oktober 2004 - [X.], [X.], 368, 374 ff.).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Zum Rückkauf hatte sich - formunwirksam - der Beklagte verpflichtet. An ihn, nicht an einen [X.] (die [X.]) sollten die Kläger verkaufen. Nur ein wirksamer Kaufvertrag mit dem Beklagten hätte daher den Formmangel heilen können. Ob der Beklagte den Verkauf an die [X.] vermittelt oder veranlasst hat, ist ohne Belang.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lässt sich aus § 267 Abs. 1 BGB nichts anderes herleiten. Zum einen führte die Anwendung dieser Norm zur Erfüllung und schlösse einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung von vornherein aus (s. o.). Zum anderen entscheidet über die Frage der Heilungswirkung nicht die Norm des § 267 BGB, sondern die des § 313 Satz 2 BGB aF, und diese verlangt - nach der Auslegung des [X.]s - den Zusammenhang zwischen dem unwirksamen Grundgeschäft und der Erfüllung durch Auflassung und Eintragung. Die Auflassung an einen beliebigen [X.] reicht gerade nicht. Strukturell nicht anders ist es bei der entsprechenden Anwendung der Norm auf das Verhältnis von [X.] ([X.] und wirksamem Hauptvertrag.

3. Mangels wirksamer Rückkaufsverpflichtung des Beklagten, liegen weder die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung, § 326 Abs. 2 BGB aF, noch die für den Ersatz eines Verzugsschadens, § 286 Abs. 1 BGB aF, vor.

III.

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben, § 562 ZPO. Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt und die Sache entscheidungsreif ist, hat der [X.] selbst zu entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO. Das führt zur vollständigen Klageabweisung mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Krüger                                          Schmidt-Räntsch                                         Roth

                       Brückner                                                     Weinland

Meta

V ZR 176/11

13.07.2012

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Karlsruhe, 21. Juni 2011, Az: 19 U 133/10

§ 125 BGB, § 311b Abs 1 S 2 BGB, § 313 S 1 BGB vom 30.05.1973, § 313 S 2 BGB vom 30.05.1973

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2012, Az. V ZR 176/11 (REWIS RS 2012, 4676)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4676

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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