Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2014, Az. 2 StR 333/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 4629

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 333/13
vom
25. Juni 2014
in der Strafsache
gegen

wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.

-
2 -

Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung am 25. Juni 2014, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Appl

als Vorsitzender,

die [X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. [X.],

Prof. Dr. [X.],
[X.],
die [X.]in am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],

[X.]in am [X.]

als Vertreterin
der [X.],

Rechtsanwältin

als Verteidigerin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3 -

1.
Dem Angeklagten wird auf seinen Antrag nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des
[X.]s Frankfurt am Main vom 13. Februar 2013
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
2.
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen.

3.
Der
Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft hat die Staatskasse zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverlet-zung in Tateinheit mit Nötigung unter Einbeziehung von Einzelstrafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete und auf die Sachrüge gestützte Re-vision des Angeklagten sowie die zu
seinen Gunsten eingelegte und vom Gene-1

-
4 -

ralbundesanwalt nicht vertretene Revision der Staatsanwaltschaft
haben keinen Erfolg.
I.
Dem Angeklagten war auf seinen zulässigen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der [X.] zu gewähren, da ihn kein Verschulden daran trifft, dass seine Verteidigerin die Frist zur rechtzeitigen Begründung des [X.] versäumt hat.
II.
1. Nach den Feststellungen des [X.]s waren
der später geschä-digte M.

und sein früherer Arbeitgeber C.

am Abend des 8.
Januar 2010 im Café S.

in F.

verabredet. C.

hatte M.

dorthin bestellt, um vorgeblich dessen noch offene Lohnforderungen zu begleichen.
Im Café angekommen, erwarteten den Geschädigten sowohl C.

als auch der Angeklagte. Auf ein Zeichen des Angeklagten begab sich der Ge-schädigte mit diesem nach draußen. Dort warteten zwei weitere, ihm
unbekann-te Männer. Der Angeklagte zog ein [X.]sser, hielt es dem Geschädigten vor und forderte ihn auf, keine Forderungen mehr gegen C.

zu stellen. Er ver-setzte dem Geschädigten einen Schnitt unterhalb des linken Auges und drohte ihm, das Auge auszustechen. Im Anschluss
nahm der Angeklagte das Handy des Geschädigten an sich,
und die beiden unbekannten Personen schlugen mit Fäusten auf dessen Kopf und Oberkörper ein.

2
3
4

-
5 -

Dem flüchtenden Geschädigten rief der Angeklagte hinterher, er werde afanzeige erstatte. Der Ge-schädigte erschien gleichwohl um 19.20 Uhr zitternd und verängstigt
auf der Polizeiwache und erstattete Anzeige. Er schilderte dem Polizeibeamten W.

das Tatgeschehen
unter Beteiligung des Angeklagten und brach
dabei mehrfach in Tränen aus.
Am 27. September 2010 erfolgte eine Wahllichtbildvorlage
durch die Po-lizeibeamtin K.

,
bei der der Geschädigte den Angeklagten
wiedererkannte und zusätzlich
angab, dies sei [X.], den er seit vielen Jahren aus seiner Heimat kenne und der ihm im Januar mit einem [X.]sser das Auge verletzt sowie sein Handy mitgenommen habe. Der Geschädigte begann sofort zu weinen. Jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt hatte er die Geltendmachung seiner [X.] unterlassen.
2. Der Angeklagte hat den Tatvorwurf bestritten und angegeben, er habe sich zum Tatzeitpunkt zusammen mit seiner in H.

lebenden Lebensge-fährtin, der Zeugin [X.].

, auf einem Geburtstag in O.

aufgehal-ten.
Die [X.] hat ihre Überzeugung vom Tatgeschehen und der Tä-terschaft des Angeklagten maßgeblich auf die Angaben der Polizeibeamten W.

und K.

gestützt
und ist davon ausgegangen, dass der Geschädigte den Beamten gegenüber wahrheitsgemäß ausgesagt hatte.
Dies auch unter Berücksichtigung dessen, dass der Geschädigte bei seiner Vernehmung im Rahmen der Hauptverhandlung zwar das Tatgeschehen bestätigt, indes
seine Angaben zur Täterschaft des Angeklagten
nicht mehr aufrechterhalten hatte, was er damit begründete, er sei bei der Anzeigenaufnahme offenkundig miss-5
6
7
8

-
6 -

verstanden worden, denn er habe den Namen des Angeklagten nur erwähnt, weil dieser ihm als Freund habe helfen sollen, den wahren Täter zu finden.

III.
Die sachlich-rechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht erkennen. Dies gilt auch hin-sichtlich der von den Revisionen beanstandeten
Beweiswürdigung des Landge-richts,
aufgrund derer es sich von der Täterschaft des Angeklagten überzeugt hat.

1. Die Urteilsgründe lassen
noch hinreichend erkennen, dass sich das [X.] den besonderen Anforderungen an die Beweiswürdigung bewusst war, die aus der
bestreitenden
Einlassung des Angeklagten und der in der Hauptverhandlung von der Strafanzeige abweichenden Aussage des Geschä-digten resultieren.
Dies gilt auch, soweit es sich auf die Aussage des anzeigen-aufnehmenden Polizeibeamten gestützt hat, insoweit hat die [X.] ent-sprechend der obergerichtlichen Rechtsprechung zusätzliche wichtige Ge-sichtspunkte herangezogen, die diese Angaben bestätigt haben.
So hat das [X.] im Hinblick auf die Täterschaft des Angeklagten berücksichtigt, dass der Geschädigte den Angeklagte bei [X.] nicht nur namentlich erwähnt, sondern -
was gegen ein Missverständnis seitens des Beamten spricht -
auch auf eine gemeinsame Tätigkeit als Gerüstbauer hingewiesen
und angegeben hatte, dass es sich um einen [X.] Lands-mann gehandelt habe, der -
was sich als zutreffend erwies -
wegen Körperver-letzung in der JVA Ma.

eingesessen habe.
Darüber hinaus hat das [X.] in die Beweiswürdigung eingestellt, dass der Geschädigte nach 9
10
11

-
7 -

Angaben der Polizeibeamtin K.

den Angeklagten rund neun Monate nach der Tat auf einer Wahllichtbildvorlage noch als Täter erkannt und zudem
ange-geben hatte, dass dies [X.] gewesen sei, der ihm im Januar mit einem [X.]sser am Auge verletzt und das Handy abgenommen habe.
In diesem Zusammenhang hat das [X.] auch mit [X.] ein Falschbelastungsmotiv des Geschädigten ausgeschlossen und sich mit möglichen Gründen für einen Aussagewechsel auseinanderge-setzt.
2.
Die Beweiswürdigung lässt auch im Übrigen keinen
Rechtsfehler er-kennen. Dass sich das [X.]
nicht von dem vom Angeklagten behaupte-ten Alibi hat überzeugen können, begegnet unter Berücksichtigung des [X.] [X.] keinen Bedenken.
Wie für jede andere entlastende Indiztatsache gilt der u-nicht für den zweifelhaft gebliebenen Alibibeweis, d.h. das [X.] und weder widerlegte noch nachgewiesene Alibi findet wie jedes andere unsichere Indiz im Rahmen der Gesamtwürdigung seine Berücksichtigung ([X.], [X.], 523; vgl. [X.] 2001, 665). Das
Tatgericht ist nicht schon auf die
für sich genommen
unwiderlegt gebliebene [X.] hin
gehalten,
einen Angeklagten freizusprechen, wenn
es
im Übrigen aufgrund der vorhan-denen Beweismittel von dessen
Täterschaft überzeugt ist
(Senat, Urteil vom 13.
Februar 1972 -
2 StR 552/73, [X.]St
25,
285, 286 f.).

Ohne Rechtsfehler hat die [X.] die [X.] als nicht erwiesen angesehen. Zum einen hat das [X.] darauf abgestellt, dass sowohl die Lebensgefährtin des Angeklagten, die Zeugin [X.].

, als auch de-12
13
14
15

-
8 -

ren Freund, der Zeuge Co.

, jedenfalls im Hinblick auf die Uhrzeit, zu wel-cher der Angeklagte am Abend der Tat bei seiner Lebensgefährtin in H.

angekommen sei
bzw. wann der Zeuge Co.

beide zu einer Feier in O.

abgeholt habe, widersprüchliche und erkennbar vom eigenen Interesse am Verfahrensausgang geprägte Aussagen gemacht haben. So hat die Zeugin [X.].

bei ihrer polizeilichen Vernehmung am 3. August 2010 ange-geben, sie könne sich an die genaue Uhrzeit nicht erinnern, der Angeklagte sei aber nicht später als 20 Uhr bei ihr in H.

eingetroffen, während sie in der Hauptverhandlung bekundet
hat, der Angeklagte sei vor 19 Uhr bei ihr einge-troffen. Entsprechend hat auch der Zeuge Co.

noch bei seiner polizeili-chen Vernehmung bekundet, er habe den Angeklagten und die Zeugin [X.].

gegen 20 Uhr

in der Wohnung abgeholt, in
der
Hauptverhandlung
aber
ange-geben, nach 19 Uhr

gewesen
sei.

Zum anderen hat das [X.] berücksichtigt, dass die genaue [X.] nicht festgestellt werden konnte. Der Geschädigte ist zwar nachweislich um 19.20 Uhr auf dem Polizeirevier erschienen. Zur Tatzeit hatte er aber lediglich mitgeteilt, , gleichzeitig aber esen. Insofern [X.] es keinen rechtlichen Bedenken, dass der [X.] die Angaben des Geschädigten zur Tatzeit nicht belastbar erschienen sind.

Wenn das [X.] vor dem Hintergrund dieser zeitlichen Unsicher-heiten und unter Berücksichtigung einer
Fahrtzeit mit einem PKW von rund ein-einhalb Stunden
vom Tatort nach H.

schließlich
davon ausgegangen ist, dass -
jedenfalls bei einer Fahrt mit dem PKW -

er Aufnahme der
Strafanzeige [gemeint ist offenkundig die Tatzeit] und der Ge-16
17

-
9 -

belegt angesehen hat, ist dies revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1
[X.]. Der An-geklagte trägt seine notwendigen Auslagen
auch insoweit,
als sie durch die zu seinen Gunsten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft entstanden sind (vgl. [X.]yer-Goßner/[X.], [X.], 57. Aufl., §
473 Rdn.
16).

[X.][X.] [X.]

Eschelbach [X.]

18

Meta

2 StR 333/13

25.06.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.06.2014, Az. 2 StR 333/13 (REWIS RS 2014, 4629)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4629

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 333/13 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren: Beweiswürdigung bei Alibibehauptung; Grundsatz "in dubio pro reo" bei zweifelhaftem Alibi des Angeklagten


1 StR 408/10 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren: Beweiswert einer erlogenen Alibibehauptung


1 StR 408/10 (Bundesgerichtshof)


2 StR 132/17 (Bundesgerichtshof)

Revision in Strafsachen: Rechtsfehlerhafte Beweiswürdigung bei Freispruch trotz auf den Angeklagten als Täter hinweisender DNA-Spur


2 StR 132/17 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 333/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.