Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2018, Az. X ZB 18/16

X. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 11555

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:270318B[X.].16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
X [X.]
vom
27.
März 2018
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Feldmausbekämpfung
[X.] § 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1; GG Art. 14 Abs. 1 A, Art. 3 Abs. 1
a)
Im [X.] hat die Gebrauchsmusterstelle zu prüfen, ob eines der in §
2 [X.] aufgeführten Schutzhindernisse vor-liegt.
b)
Der Ausschluss von Gebrauchsmusterschutz für Verfahren steht in [X.] mit Art.
14 Abs.
1 und Art.
3 Abs.
1 GG.
[X.], Beschluss vom 27. März 2018 -
X [X.] -
[X.]

-
2
-
Der X. Zivilsenat des [X.] hat am 27.
März 2018 durch den [X.] Richter Prof. Dr.
Meier-Beck, die Richter Dr.
Bacher und Hoffmann
sowie die Richterinnen Dr.
[X.] und Dr.
Marx
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 35.
[X.]s (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenats) des [X.] vom 6.
September 2016 wird zurückgewiesen.
-
3
-
Gründe:
A.
Der Anmelder hat die Gebrauchsmusteranmeldung 21
2012
000
187.5 eingereicht, die aus einer internationalen Anmeldung vom 11.
Oktober 2012 hervorgegangen ist, die Priorität einer [X.] Anmeldung vom 11.
Oktober 2011 beansprucht und das Bekämpfen von [X.] be-trifft. Die [X.] 1 bis 3 lauten:
1.
Verfahren zum Bekämpfen von [X.], mit folgenden Schritten:
a)
eine [X.] (10) wird rohrförmig ausgestaltet;
a1)
wobei das Rohr (12) an beiden Enden (14) offen ist, um ein Ein-dringen von [X.] zu ermöglichen;
b)
das Rohr (12) wird aus einem biologisch abbaubaren Material gebil-det;
c)
im Inneren des [X.] (12) der [X.] (10) wird [X.] ein [X.] (20) mittig fixiert;
c1)
wobei das [X.] mittels eines wasserfesten Klebers so fixiert wird, dass Erschütterungen diesen Kleber nicht lösen [X.]; und
d)
mittels eines [X.]es wird die [X.] (10) auf die Oberfläche einer von [X.] befallenen landwirtschaftli-chen Nutzfläche ausgebracht.
2.
Verfahren nach dem vorhergehenden Anspruch; dadurch gekennzeichnet, dass statt eines [X.]s (20) ein Gemisch aus einem Köderstoff (18) und einer Giftlinse (20) verwendet wird.
3.
Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekenn-zeichnet, dass der [X.] über eine Weite von bis zu 12 m oder
bis zu 15 m erfolgt.
Die
weiteren Ansprüchen
4 bis 19 betreffen eine [X.].
1
2
-
4
-
Die Gebrauchsmusterstelle
hat die Anmeldung zurückgewiesen. Im Be-schwerdeverfahren, dem die Präsidentin des Patentamts beigetreten ist, hat der Anmelder sein Begehren weiterverfolgt und hilfsweise beantragt, die Sache im Hinblick auf §
2 Nr.
3 [X.] dem [X.] zur Entschei-dung vorzulegen. Das Patentgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. [X.] wendet sich der Anmelder mit der vom Patentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
B.
Das Rechtsmittel ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Trotz der vom Patentgericht ausgesprochenen Beschränkung unter-liegt der angefochtene Beschluss der vollständigen rechtlichen Überprüfung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde in Patent-
und Gebrauchsmustersachen auf einen abtrennbaren Teil des Verfahrensgegenstands oder einzelne Verfahrens-beteiligte begrenzt werden ([X.], Beschluss vom 30.
Oktober 2007

X
ZB
18/06, [X.], 279 Rn.
8 -
Kornfeinung; Beschluss vom 17.
Juli 2012 -
X
ZB
1/11, [X.], 1243 Rn.
4 -
Feuchtigkeitsabsorptionsbehälter). Die Beschränkung der Zulassung auf eine einzelne Rechtsfrage ist jedoch
nicht zulässig und deshalb unwirksam ([X.], Beschluss vom 15.
März 1984

X
ZB
6/83, [X.]Z 90, 318 = [X.], 797 -
Zinkenkreisel).
Im Streitfall hat das Patentgericht die Rechtsbeschwerde zu den [X.] zugelassen, ob §
2 Nr.
3 [X.] mit Art.
14 Abs.
1 und 2 GG, mit Art.
3 Abs.
1 GG und mit der [X.] vereinbar ist. Diese Beschränkung bezieht sich auf einzelne Rechtsfragen. Sie ist deshalb unwirksam. Die Rechtsbeschwerde ist damit unbeschränkt statthaft.

3
4
5
6
7
-
5
-
II.
Das Patentgericht hat seine Entscheidung
im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Gebrauchsmusterstelle dürfe
im Eintragungsverfahren prüfen, ob eines
der Schutzhindernisse aus §
2 [X.]
vorliege. Dies ergebe sich aus §
8 Abs.
1 Satz
2 [X.], der lediglich die Voraussetzungen der Neuheit, des erfinderischen Schritts und der gewerblichen Anwendbarkeit von der Prüfung im Eintragungsverfahren ausnehme, und aus dem Zweck von
§
2 [X.].
Die Gebrauchsmusterstelle habe die Anmeldung zu Recht zurückgewie-sen, weil diese ein Verfahren umfasse, das nach §
2 Nr.
3 [X.] vom Ge-brauchsmusterschutz ausgeschlossen sei. Eine auf die [X.] 4 bis 19 beschränkte Eintragung entspreche nicht dem Begehren des Antragstellers.
§
2 Nr.
3 [X.] sei eine zulässige Inhaltsbestimmung im Sinne von Art.
14
Abs.
1 Satz
2 GG, die auch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art.
3 Abs.
1 GG vereinbar sei. Die Regelung berühre nicht [X.]bereich der Eigentumsgarantie. Bereits das Patentrecht gewähre vollständigen Eigentums-schutz für Verfahrenserfindungen. Für den verbleibenden Bereich, den Schutz der Eigentumsverfassung, habe der Gesetzgeber einen erheblichen Gestal-tungsspielraum. Dieser sei im vorliegenden Zusammenhang umso größer, weil Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des geistigen Eigentums stets auch den fundamentalen Grundsatz des freien Waren-
und Dienstleistungsverkehrs be-rührten. Vor diesem Hintergrund liefere die Begründung zu §
2 Nr.
3 [X.] nach wie vor brauchbare Erwägungen.
Die Regelung stehe auch nicht in Widerspruch zu Art.
3 Abs.
1 GG. Der dem Gesetzgeber zustehende Gestaltungsspielraum sei nur dann überschrit-ten, wenn seine Entscheidung schlichtweg als willkürlich erscheine. Diese Vor-aussetzung liege im Hinblick auf die aus der Gesetzesbegründung hervorge-henden Erwägungen nicht vor.
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-
6
-
III.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
1.
Zutreffend ist das Patentgericht davon ausgegangen, dass im [X.] und damit auch in einem daran anschließenden Beschwerde-
und Rechtsbeschwerdeverfahren zu prüfen ist, ob eines der in §
2 [X.] aufgeführten Schutzhindernisse vorliegt.
§
8 Abs.
1 [X.] sieht eine solche Prüfung zwar nicht ausdrücklich vor. Aus dem Umstand, dass §
8 Abs.
1 Satz
2 [X.] lediglich eine Prüfung des Gegenstands der Anmeldung auf Neuheit, erfinderischen Schritt und ge-werbliche Anwendbarkeit ausschließt, ist jedoch zu folgern, dass das Vorliegen der weiteren materiellen Voraussetzungen zu überprüfen ist. Dies entspricht, wie das Patentgericht zutreffend dargelegt hat, auch dem Zweck von §
2 [X.].
2.
Zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass der Gegenstand der [X.] 1 bis 3
gemäß §
2 Nr.
3 [X.] vom Gebrauchsmuster-schutz ausgeschlossen ist, weil er ein Verfahren betrifft.
a)
Nach den Ausführungen in der Anmeldung sind zur Bekämpfung von [X.] nach der Richtlinie 2010/85/[X.] Giftlinsen und Giftweizen mit dem Wirkstoff Zinkphosphid zugelassen, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Köder verdeckt angewendet wird. Im Stand der Technik müssten mit Gift angereicherte
Körner von Arbeitskräften mittels spezieller Legeflinten in die [X.] appliziert und diese
mit dem Fuß zugetreten werden. Dies sei zeitaufwendig und teuer
und bei feuchten Bodenbedingungen schwer durch-führbar.
Die Anmeldung betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, eine einfache und kostengünstige Bekämpfung von [X.] zu ermögli-chen.
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-
7
-
b)
Zur Lösung dieses Problems schlägt die Anmeldung in Schutzan-spruch
1 ein Verfahren vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
Das Verfahren dient zum Bekämpfen von [X.] und umfasst folgende Schritte:
1.
Eine [X.] (10) wird rohrförmig ausgestaltet.
1.1
Das Rohr (12) ist an beiden Enden (14) offen, um ein Ein-dringen von [X.] zu ermöglichen, und
1.2
wird aus einem biologisch abbaubaren Material gebildet.
2.
Im Inneren des [X.] (12) wird mindestens ein [X.] (20) mittig fixiert, und zwar
2.1
mittels eines wasserfesten Klebers und
2.2
in der Weise, dass Erschütterungen diesen Kleber nicht lösen können.
3.
Die [X.] (10) wird mittels eines Wurfvorgan-ges auf die Oberfläche einer von [X.] befallenen land-wirtschaftlichen Nutzfläche ausgebracht.
c)
Die damit beanspruchte Lösung ist ein Verfahren im Sinne von §
2 Nr.
3 [X.].
aa)
Der in §
2 Nr.
3 [X.] verwendete Begriff des Verfahrens ent-spricht der herkömmlichen Definition im Zusammenhang
mit technischen Schutzrechten, die auch §
9 Nr.
3 [X.] zugrunde liegt. Diese
schließt insbe-sondere Arbeitsverfahren und Herstellungsverfahren ein ([X.], Beschluss vom 17.
Februar 2004 -
X
ZB
9/03, [X.]Z 158, 142,
148
f. = [X.], 495, 497

Signalfolge; Beschluss vom 5.
Oktober 2005 -
X
ZB
7/03, [X.]Z 164, 220 = [X.], 135 Rn.
9 -
Arzneimittelgebrauchsmuster). Bei [X.] besteht die Lehre zum technischen Handeln in der Beschreibung der 19
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-
8
-
beiden eigentlichen Verfahrensmaßnahmen, nämlich der Wahl der Ausgangs-stoffe und der Art der Einwirkung auf diese Stoffe ([X.], Beschluss vom 11.
Juli 1985 -
X
ZB
26/84, [X.]Z 95, 295, 296
f. = GRUR 1986, 163 -
Borhaltige Stäh-le).
bb)
Vor diesem Hintergrund sind die [X.] 1 bis 3 auf ein Herstellungsverfahren gerichtet.
In den [X.] und 2 sind zwar überwiegend Eigenschaften der Köderstation festgelegt. Dennoch wird Schutz nicht für ein Erzeugnis mit diesen Eigenschaften beansprucht, sondern für ein Verfahren, mit dem ein [X.] Erzeugnis unter Auswahl der festgelegten Ausgangsmaterialien mittels der festgelegten Schritte hergestellt wird. Damit handelt es sich um ein Herstel-lungsverfahren.
Angesichts dessen kann offen bleiben, ob Merkmal 3 für sich gesehen ebenfalls einen einzelnen Schritt eines Herstellungs-
oder Bearbeitungsverfah-rens betrifft oder lediglich auf einen abstrakten Handlungserfolg
abzielt, wie dies für [X.] typisch ist (dazu [X.], Beschluss vom 5.
Oktober 2005 -
X
ZB
7/03, [X.]Z 164, 220 = [X.], 135 Rn.
10 -
Arzneimittelge-brauchsmuster). Die Einordnung als Anspruch, der die Verwendung eines [X.] betrifft, würde voraussetzen, dass die übrigen Merkmale ebenfalls ein Erzeugnis oder dessen Verwendung betreffen. Im Streitfall betreffen die [X.] und 2 aber ein Verfahren. Die in Merkmal 3 zusätzlich vor-gesehene Zielsetzung kann an dieser Einordnung nichts ändern, sondern [X.] den Umfang beschränken, in dem das Verfahren geschützt ist.

Ob der Anmelder stattdessen auch Schutz für ein Erzeugnis oder dessen Verwendung beanspruchen könnte, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Stehen dem Anmelder nach Art und
Umfang der offenbarten tech-nischen Lehre verschiedene Möglichkeiten offen, so kann er die Kategorie, die 22
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-
9
-
er wünscht, festlegen ([X.], Beschluss vom 11.
Juli 1985 -
X
ZB
26/84, [X.]Z 95, 295, 297 = GRUR 1986, 163 -
Borhaltige Stähle).
3.
Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass §
2 Nr.
3 [X.] bei diesem Verständnis nicht verfassungswidrig ist.
a)
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht §
2 Nr.
3 [X.]
in Einklang mit Art.
14 GG.
aa)
Zutreffend und insoweit von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen ist das Patentgericht davon ausgegangen, dass §
2 Nr.
3 [X.] eine Rege-lung über Inhalt und Schranken des als Eigentum im Sinne von Art.
14 Abs.
1 GG zu qualifizierenden Rechts an einer Erfindung enthält.
Die Vorschrift sieht keine Enteignung im Sinne von Art.
14 Abs.
3 GG vor. Sie regelt vielmehr die Voraussetzungen, unter denen eine Erfindung dem Gebrauchsmusterschutz zugänglich ist.
bb)
Zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gesetzgeber den ihm zustehenden Beurteilungs-
und Gestaltungsspielraum nicht überschritten hat.
(1)
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s kommt dem Gesetzgeber bei der Regelung von Inhalt und Schranken des Eigentums
ein Beurteilungs-
und Gestaltungsspielraum zu. Der Gesetzgeber hat allerdings [X.] des Eigentumsrechts zu berücksichtigen. Bei Rechten des geistigen Eigentums gehören zu den insoweit konstituierenden Merkmalen die grundsätzliche Zuordnung des vermögenswer-ten Ergebnisses der geistigen Leistung an den Berechtigten im Wege privat-rechtlicher Normierung und seine Freiheit, in eigener Verantwortung darüber zu verfügen. Die Eigentumsgarantie gebietet dagegen nicht, dem Berechtigten je-26
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31
-
10
-
de nur denkbare wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zuzuordnen (für das Urheberrecht: [X.] 31, 248 = [X.], 485, 486; [X.]
77, 263 = GRUR 1998, 687, 689; für das Recht an Erfindungen: [X.] 36, 281 = [X.], 142, 144).
(2)
Diesen Anforderungen wird die Regelung in §
2 Nr.
3 [X.] ge-recht.
(a)
§
2 Nr.
3 [X.] lässt [X.] des Eigentumsrechts an einer ein Verfahren betreffenden Erfindung unberührt.
Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, ist ein Erfinder, der Schutz für ein Verfahren beansprucht, nicht rechtlos gestellt. Er kann nach Maßgabe der dafür einschlägigen Bestimmungen Schutz durch ein [X.] oder europäisches Patent erlangen
(vgl. dazu bereits [X.], Beschluss vom 17.
Februar 2004 -
X
ZB
9/03, [X.]Z 158, 142, 148 = [X.], 495, 497

Signalfolge). Der in §
2 Nr.
3 [X.] vorgesehene Ausschluss vom Ge-brauchsmusterschutz führt mithin nur dazu, dass die Rechtsstellung des Erfin-ders
hinsichtlich bestimmter Gesichtspunkte eingeschränkt ist. So kann der In-haber eines Patents Rechte gegenüber Dritten erst nach inhaltlicher Prüfung und Erteilung des Schutzrechts geltend machen, was typischerweise mehr
Zeit in Anspruch nimmt als die im Wesentlichen auf
formale Aspekte beschränkte Prüfung, die der Eintragung eines Gebrauchsmusters vorangeht. Zudem gilt für Patente nicht die in §
3 Abs.
1 Satz
3 [X.] vorgesehene Schonfrist im [X.] auf eigene Beschreibungen oder Benutzungshandlungen des Anmelders.
Diese Regelungen
betreffen nicht [X.] des Eigentumsrechts. Sie schließen einen Erfinder, der Schutz für ein Verfahren begehrt, lediglich von einzelnen Verwertungsmöglichkeiten aus.

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-
11
-
(b)
Diese Einschränkungen sind durch die entgegenstehenden Interes-sen des Rechtsverkehrs, denen der Gesetzgeber mit §
2 Nr.
3 [X.] Rech-nung getragen hat, gerechtfertigt.
Wie das Patentgericht im Einzelnen dargelegt hat, dient der Ausschluss von Gebrauchsmusterschutz für Verfahren der Rechtssicherheit. Diese ist durch die
Eintragung eines Gebrauchsmusters generell berührt, weil der Anmelder dadurch formell in die Lage versetzt wird, Rechte gegenüber Dritten geltend zu machen, ohne dass überprüft worden ist, ob die inhaltlichen Anforderungen an die Schutzfähigkeit -
Neuheit, erfinderischer Schritt und gewerbliche [X.] -
erfüllt sind. Die daraus resultierende Gefahr, dass Dritte materiell zu Unrecht
in ihrer durch Art.
12 Abs.
1 GG geschützten wirtschaftlichen Betäti-gung behindert werden, ist bei Rechten, die auf den Schutz von Verfahren ge-richtet sind, tendenziell höher, weil diese typischerweise
nicht anhand von Zeichnungen oder chemischen Formeln, sondern nur verbal beschrieben wer-den können (vgl. BT-Drucks.
11/5744, S.
33). Dies rechtfertigt die Entscheidung des Gesetzgebers, Schutz für Verfahren nur nach Maßgabe des Patentgeset-zes und des [X.] vorzusehen.
Der Umstand, dass Gebrauchsmusteranmeldungen, die auf Schutz für ein Erzeugnis oder eine Verwendung gerichtet sind, nicht zwingend eine Zeich-nung oder eine chemische Formel enthalten müssen und dass zumindest [X.] Verfahren einer zeichnerischen Darstellung in Form eines [X.] oder dergleichen zugänglich sind, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Die abstrakte und generelle Regelung in §
2 Nr.
3 [X.] wird schon dadurch gerechtfertigt, dass die Beschreibung eines Verfahrens in typi-schen Situationen nicht mit derselben Präzision möglich ist wie diejenige eines Erzeugnisses oder einer Verwendung und deshalb die für den Rechtsverkehr resultierenden Gefahren bei einem auf Schutz für ein Verfahren gerichteten Gebrauchsmuster typischerweise größer sind.
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-
12
-
(c)
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führen die seit der Entscheidung des [X.] eingetretenen Änderungen ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Dass die Verwendung eines Erzeugnisses dem Gebrauchsmusterschutz zugänglich ist, beruht nach der Rechtsprechung des [X.] auf dem Umstand, dass eine solche Verwendung gerade nicht mit einem Herstel-lungs-
oder Arbeitsverfahren gleichgesetzt werden
kann, sondern sich in einem abstrakten Handlungserfolg erschöpft ([X.], Beschluss vom 5.
Oktober 2005

X
ZB
7/03, [X.]Z 164, 220 = [X.], 135 Rn.
10 -
Arzneimittelge-brauchsmuster).
Der Gesetzgeber hat dem inzwischen dadurch Rechnung ge-tragen, dass für die Verwendung eines Erzeugnisses jedenfalls dann gegen-ständlich beschränkter Stoffschutz beansprucht werden kann, wenn sie der [X.] oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers oder einem Diagnostizierverfahren am menschlichen oder tierischen Körper dient (§
3 Abs.
3 und 4 [X.]; dazu [X.], Beschluss vom 25.
Februar 2014 -
X
ZB
5/13, [X.]Z 200, 229 = GRUR 2014, 461 Rn.
15
ff. -
Kollagena-se
I).
Der Umstand, dass Fortschritte auf dem Gebiet der Informationstechnik erweiterte Möglichkeiten zur Recherche nach Patenten und Gebrauchsmustern eröffnet haben, mag dazu führen, dass ein Dritter, der ein bestimmtes Verfah-ren anwenden oder vermarkten will, leichter in der Lage ist, Schutzrechte aufzu-finden, die diesem Vorhaben möglicherweise entgegenstehen. Damit ist indes nicht die Ungewissheit darüber behoben, wie weit der Schutzbereich eines auf-gefundenen Rechts reicht und ob sein Gegenstand die materiellen Anforderun-gen an die Schutzfähigkeit erfüllt.
b)
Entgegen der Auffassung
der Rechtsbeschwerde verstößt §
2 Nr.
3 [X.] auch nicht gegen Art.
3 Abs.
1 GG.
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-
13
-
aa)
Angesichts der bereits im Zusammenhang mit Art.
14 Abs.
1 GG aufgezeigten Besonderheiten ist es sachlich gerechtfertigt, Anmeldungen, die auf Schutz für ein Verfahren gerichtet sind, vom Gebrauchsmusterschutz aus-zunehmen.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde führt diese Differenzie-rung nicht zu einer Ungleichbehandlung von einzelnen Erfindergruppen. Ob eine Erfindung dem Schutz als Erzeugnis oder Verwendung oder dem Schutz als Verfahren zugänglich ist, hängt nicht von der Person des Erfinders
ab, son-dern vom Gegenstand der Erfindung. Wie der Streitfall anschaulich verdeutlicht, hat ein Erfinder zudem in vielen Fällen die Wahl, welche Kategorie von Schutz er
beansprucht.
§
2 Nr.
3 [X.] führt mithin auch unter diesem Aspekt nur zu einer Einschränkung der Verwertungsmöglichkeiten. Diese ist aus den bereits im Zu-sammenhang mit Art.
14 Abs.
1 GG angeführten Gründen im Interesse der Rechtssicherheit sachlich
gerechtfertigt.
bb)
Vor dem aufgezeigten Hintergrund ist es auch sachlich gerechtfertigt, Anmeldungen, die auf Patentschutz für ein Verfahren gerichtet sind, anders zu beurteilen als Anmeldungen, die auf entsprechenden Gebrauchsmusterschutz gerichtet sind.
Die beschriebenen Schwierigkeiten bei der Definition eines Verfahrens bestehen zwar
auch im Zusammenhang mit Patenten. Dort wird dem Interesse der Rechtssicherheit aber dadurch zusätzlich Rechnung getragen, dass die Er-teilung -
und damit die Einräumung einer Rechtsposition, die es dem Anmelder ermöglicht, Dritte aus dem Schutzrecht in Anspruch zu nehmen -
erst nach [X.] inhaltlichen Prüfung erfolgt. Im Verlauf dieses Verfahrens kann der Prüfer gegebenenfalls auf Präzisierungen hinwirken, die eine hinreichende Abgren-43
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-
14
-
zung zum Stand der Technik ermöglichen. Eine Anmeldung, die diesen [X.] nicht genügt, ist zurückzuweisen.

4.
Erweist sich §
2 Nr.
3 [X.] nach allem als verfassungsgemäß, ist es weder geboten noch zulässig, die Vorschrift im Wege der verfassungskon-formen Auslegung entgegen ihrem Wortlaut und ihrem Sinn und Zweck auszu-legen.
IV.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. §
18 Abs.
4 Satz
2 [X.], §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.], §
22 Abs.
1 GKG).
V.
Eine mündliche Verhandlung erachtet der [X.] nicht als erforderlich (§
107 Abs.
1 [X.]).
Meier-Beck
Bacher
Hoffmann

[X.]
Marx
Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 06.09.2016 -
35 W(pat) 1/15 -

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Meta

X ZB 18/16

27.03.2018

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.03.2018, Az. X ZB 18/16 (REWIS RS 2018, 11555)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11555

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZB 18/16

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