Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.01.2011, Az. V R 6/09

5. Senat | REWIS RS 2011, 10044

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Gegenstand

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 27.1.2011 V R 7/09 - Leistungsaustausch bei "Verkaufswettbewerben")


Leitsatz

NV: Lobt der Handelsvertreter zugunsten seiner Verkaufsvermittler "Wettbewerbspreise" im eigenen Namen aus, sind diese zusätzliches Entgelt für die Vermittlungsleistung, die der den Preis erhaltende Vermittler an den Handelsvertreter erbringt.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war aufgrund eines sog. [X.] für die [X.] als Kommissionärin tätig und lieferte Haushaltsgegenstände an Endverbraucher. Die Klägerin beauftragte sog. Beraterinnen und Gruppenberaterinnen, Warenlieferungen an Endverbraucher zu vermitteln und vergütete die Vermittlungsleistungen der Beraterinnen mit einer Provision von 24 % des von ihnen vermittelten Umsatzes. Die Gruppenberaterinnen erhielten zusätzlich eine Provision von 3 % des Umsatzes ihrer Gruppe. Zwischen der [X.] und den Beraterinnen und den Gruppenberaterinnen (Beraterinnen) bestanden keine schriftlichen Verträge.

2

Die Beraterinnen erhielten neben den Provisionen auch sog. [X.]e. Sie konnten diese Preise im Rahmen sog. Umsatzwettbewerbe bei Erreichen bestimmter [X.] und im Rahmen sog. Rekrutierungswettbewerbe, bei denen es um die Anwerbung neuer Beraterinnen ging, erhalten. Bei den [X.]en handelte es sich um Gegenstände oder Reisen. Im Zusammenhang mit den von der [X.] vorformulierten Beraterinnenverträgen wurden die Beraterinnen auf die Möglichkeit, in Wettbewerben Preise zu gewinnen, hingewiesen.

3

Für die Wettbewerbe stellte die [X.] der Klägerin Prospekte zur Verfügung, in denen die einzelnen [X.]e und die entsprechenden Wettbewerbsbedingungen für das Erreichen bestimmter [X.] oder für die Rekrutierung neuer Beraterinnen für den jeweils vorgegebenen Zeitraum beschrieben wurden. Die Prospekte richteten sich direkt an die Beraterinnen. Auf den [X.] befanden sich Name, Adresse und Internetadresse der [X.].

4

Zu jedem Wettbewerb richtete die [X.] Anschreiben an die Klägerin, in denen sie die hierfür geltenden Wettbewerbsbedingungen wie z.B. die zu erreichende Umsatzhöhe vorgab. Die Klägerin war verpflichtet, ihren Beraterinnen diese Wettbewerbe und die jeweiligen Bedingungen vorzustellen. Hierfür erhielt sie von der [X.] einen Satz der für den jeweiligen Wettbewerb ausgeschriebenen Preise, die ihr, der Klägerin, als "Sonderofferte" in Rechnung gestellt wurden. Wenn eine Beraterin ein [X.] erreichte, füllte sie eine Preisanforderungskarte aus und reichte sie bei der Klägerin ein, die die Zielerreichung zu prüfen hatte. Die [X.] stellte der Klägerin die an die jeweiligen Beraterinnen übergebenen [X.]e stückweise in Rechnung. In den Rechnungen wurden die jeweils übermittelten Gegenstände genau bezeichnet. Daneben stellte die [X.] der Klägerin auch Wettbewerbskosten in Rechnung, die im Wesentlichen auf Material, Prospekte und Muster zur Vorstellung der Preise entfielen. [X.] die Gegenstände, die die [X.] gegenüber der Klägerin als "Sonderofferte" abgerechnet hatte, nicht an eine Gewinnerin weitergegeben, belastete die [X.] der Klägerin einen höheren Preis nach und stellte diesen zusätzlich in Rechnung. Für den Fall, dass ein Produkt der [X.] als [X.] ausgegeben wurde, wurde der Klägerin von der [X.] nachträglich ein niedrigerer Preis gutgeschrieben.

5

Darüber hinaus erhielten auch sog. Gastgeberinnen, die Räumlichkeiten für Verkaufspartys zur Verfügung stellten, "Geschenke". Welches Geschenk die einzelne Gastgeberin erhielt, hing insbesondere von den auf den Partys erzielten Umsätzen und der Anzahl der durchgeführten Partys ab. Auch die Bedingungen dieser Wettbewerbe wurden von der [X.] in [X.] vorgegeben. Die Gastgeberinnengeschenke wurden von der [X.] in der gleichen Weise abgerechnet wie die von den Beraterinnen gewonnenen [X.].

6

Im [X.] an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) davon aus, dass der von der Klägerin in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung enthaltene Aufwand für die Wettbewerbe in den Streitjahren zu 75 % auf die [X.] entfiel. Das [X.] war der Auffassung, die Sachpreise seien als tauschähnlicher Umsatz nach § 3 Abs. 12 Satz 2 des [X.] 1993 (UStG) zwischen der Klägerin und den Beraterinnen zu berücksichtigen. Das [X.] änderte die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre entsprechend. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

7

Das Finanzgericht ([X.]) bestätigte das [X.]. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe nicht die [X.], sondern die Klägerin die als Sachpreise gewährten Gegenstände und Reisen geleistet. Die zivilrechtlichen Leistungsbeziehungen hätten zwischen der [X.] und der Klägerin einerseits sowie zwischen der Klägerin und den Beraterinnen andererseits, nicht aber unmittelbar zwischen der [X.] und den Beraterinnen bestanden. Die Klägerin habe die Wettbewerbe im Rahmen der mit den einzelnen Beraterinnen bestehenden Vertragsverhältnisse durchgeführt. Die Chance auf Preisgewinn habe sich aus diesen Verträgen ergeben. Die Klägerin habe nicht als Stellvertreter der [X.] in deren Namen gehandelt. Aus Art. 5 Abs. 1 des [X.] ([X.]), wonach die Klägerin "in keinem Fall das Recht [hat], namens der Gesellschaft zu handeln oder die Gesellschaft in irgendeiner Weise zu verpflichten", ergebe sich ein ausdrückliches Vertretungsverbot. Die Klägerin sei auch nicht als Bote der [X.] tätig gewesen. Aus Sicht der Beraterinnen sei die Klägerin Veranstalter der Wettbewerbe gewesen. Art. 5 Abs. 3 [X.], wonach die Klägerin "kein Eigentum an den [ihr] gelieferten Produkten" erwerbe, habe sich nur auf die an die Endverbraucher zu liefernde Ware, nicht aber auch auf [X.]e bezogen. Die Nennung der [X.] auf den [X.] sei unerheblich. Es liege auch keine Auslobung durch die [X.] vor. Es handele sich um tauschähnliche Umsätze nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG, da die Klägerin die [X.]e für die Leistungen der Beraterinnen geleistet habe. Ebenso sei es bei den [X.], die als Gegenleistung für die Durchführung von Verkaufspartys anzusehen seien.

8

Mit ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, dass [X.] und [X.] den Sachverhalt ungenügend aufgeklärt hätten und ihr Beweisangebot in der mündlichen Verhandlung nicht protokolliert worden sei. In den zwischen ihr und den Beraterinnen bestehenden Verträgen würden die Wettbewerbe nicht erwähnt; nur die Rückseite der Verträge weise hierauf als Schilderung eines möglichen Erfolgsweges hin und sei als bloße Beschreibung zukünftiger Möglichkeiten nicht geeignet, Vertragsbestandteil zu werden. Unter Beachtung der Regelungen für z.B. Haustürgeschäfte seien sie nicht Vertragsbestandteil geworden. Auch die Formulierung "gewonnene [X.]e" in den Gruppenberaterinnenverträgen spreche gegen einen Leistungsaustausch. Sie, die Klägerin, wende die Kosten für die Wettbewerbe auf, um von allen Beraterinnen Mehrleistungen zu erzielen. Die in ihren Verträgen mit den [X.] erwähnte Chance, einen [X.] zu erhalten, reiche nicht aus, um den für einen Leistungsaustausch erforderlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung zu begründen. Sie sei zivilrechtlich nicht verpflichtet gewesen, sich an den Wettbewerbskosten zu beteiligen und habe im Übrigen nur einen Teil der Kosten hierfür getragen. Es sei verkannt worden, dass die Wettbewerbe aus vorwiegend eigenbetrieblichem Interesse der [X.] durchgeführt worden seien. Sie habe nur eine Vorprüfung vorgenommen, ob das [X.] erreicht worden sei; die [X.] habe sich eine endgültige Prüfung vorbehalten. Dass die [X.]e in den an sie gerichteten Rechnungen der [X.] aufgeführt worden seien, habe nur der Vereinfachung gedient. Erst aufgrund der [X.] bei einer anderen Verwendung erwerbe sie Verfügungsmacht und könne wie ein Eigentümer nach Belieben mit dem Gegenstand verfahren. Sie sei bei der Auslobung der [X.]e nur ein Kommunikationsmedium, mit dem die [X.] ihr Auslobungsangebot übermittelt habe.

9

Für die Erreichung des [X.]s habe die jeweilige Beraterin eine gesonderte Leistung durch "ein gegenüber ihrer üblichen Leistung erhöhtes Bemühen" erbracht und damit durch einen "über das gewöhnliche Maß hinausgehenden Einsatz". Empfänger dieser Leistung sei die [X.] als Veranstalter der Wettbewerbe gewesen. Eigenständiges Entgelt hierfür sei der durch die [X.] ausgelobte [X.] gewesen. Die Bedingungen der Wettbewerbe würden "bis ins letzte Detail" durch die [X.] geregelt. Sie habe keinerlei Möglichkeit gehabt, hierauf Einfluss zu nehmen. Die [X.] seien nur mit der Adresse der [X.] gekennzeichnet gewesen und hätten keinen Hinweis auf die einzelnen Bezirkshandlungen enthalten. Die Wettbewerbsgewinnerinnen seien durch die [X.] bekannt gegeben worden. Sie habe nur den durch die [X.] ausgelobten [X.] ausgehändigt, ohne diesen zu liefern. Gegen den Entgeltcharakter der [X.]e spreche auch, dass die Auslobungen darauf abzielten, alle Beraterinnen und nicht nur die Gewinnerinnen zu motivieren. Es fehle daher an einer inneren Verbundenheit wechselseitig erbrachter Leistungen. Auch wenn eine Direktleistung der Preise durch die [X.] an die Beraterinnen vorliege, sei sie zum Vorsteuerabzug berechtigt, da die Rechnungen auf die Maßnahme Verkaufsförderung hinweisen und die Art des Wettbewerbs bezeichnen.

Bei den [X.] bestehe im Übrigen die Besonderheit, dass es sich um Produkte der [X.] handele, die sie dem normalen Sortiment für Kommissionsware entnommen habe. Sie habe diese Geschenke wie ein Endverbraucher gekauft und im Tausch für die Überlassung von Räumen hingegeben.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des [X.] aufzuheben und zur Sachverhaltsaufklärung an das [X.] zurückzuverweisen.

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Würdigung des [X.] sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Ohne Erfolg rügt die Klägerin (§ 76 Abs. 1 [X.]O) als Verfahrensmangel, das [X.] habe den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt. Ausweislich des [X.] (zu dessen Beweiskraft s. § 94 [X.]O i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung --ZPO--) hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt, obwohl spätestens aufgrund der Ladung erkennbar war, dass das [X.] eine mögliche Beweiserhebung nicht durchzuführen beabsichtigte. Gleichwohl hat die in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] fachkundig vertretene Klägerin [X.] zur Sache verhandelt und damit ihr [X.] durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 ZPO; vgl. z.B. Beschlüsse des [X.] --[X.]-- vom 27. August 2008 IX [X.]/07, [X.], 2022, und vom 19. Mai 2010 [X.], [X.], 1647). Auf die Gründe, aufgrund derer die Stellung eines konkreten Beweisantrags unterblieben ist, kommt es grundsätzlich nicht an.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass ein von ihr in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag nicht protokolliert worden sei, hätte sie eine Protokollberichtigung beantragen müssen. Dies ist nicht geschehen ([X.] vom 18. März 2010 [X.]/08, [X.], 1312).

Im Übrigen ist eine durch das [X.] unterlassene Sachaufklärung kein Verfahrensfehler im Sinne des Revisionsrechts (z.B. [X.] vom 9. Mai 2007 [X.], [X.], 1526).

2. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin die Abgabe der Sachzuwendungen an die Beraterinnen als eigene Leistung zu versteuern hat.

a) Nach ständiger Rechtsprechung sind entgeltliche Leistungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Nr. 1 der [X.] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen [X.] und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 5. Dezember 2007 [X.], [X.], 455, [X.], 486, m.w.N. zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.]). Nach diesem Rechtsverhältnis bestimmt sich auch die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers ([X.]-Urteil vom 23. September 2009 [X.], [X.], 218, [X.], 243, unter [X.]). Dies gilt auch für die Abgabe von Sachleistungen im Rahmen von [X.]. Es ist dann nach Maßgabe der zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen dem Fall einer "Leistungskette" und dem Fall einer Direktleistung zu differenzieren ([X.]-Urteil vom 16. März 1995 [X.], [X.], 527, [X.] 1995, 651, unter [X.] und 2., zu [X.] im Verhältnis zwischen Hersteller, Händler und Arbeitnehmern des Händlers).

b) Die Vertragsauslegung obliegt dem [X.] als Tatsacheninstanz; sie bindet den [X.] gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O, wenn sie den Grundsätzen der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entspricht und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt, d.h. jedenfalls möglich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 25. Februar 2009 [X.], [X.]/NV 2009, 1268, und vom 28. Oktober 2009 [X.], [X.], 349, [X.], 539). Im Streitfall ist die Auslegung des [X.], nach der die Klägerin als Leistende die Abgabe der Sachpreise zu versteuern hat, jedenfalls möglich.

aa) Unter ausdrücklicher Anwendung der sich aus dem [X.]-Urteil in [X.], 527, [X.] 1995, 651 ergebenden Grundsätze hat das [X.] sein Urteil darauf gestützt, dass die [X.] die Geschenke nicht unmittelbar an die Beraterinnen auslobte, sondern zivilrechtliche und dementsprechend umsatzsteuerrechtliche Leistungsbeziehungen nur zwischen der [X.] und der Klägerin einerseits und der Klägerin und den Beraterinnen andererseits bestanden.

bb) Diese Vertragsauslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, da das [X.] die umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen nach Maßgabe der zivilrechtlichen Vertragsbeziehungen bestimmt hat und die Würdigung der Vertragsbeziehungen keinen Rechtsfehler erkennen lässt. Möglich ist insbesondere auch die Würdigung, dass sich das Vertretungsverbot nach Art. 5 Abs. 1 [X.] auch auf die Tätigkeit der Klägerin bei der Abgabe der Sachpreise bezogen hat.

cc) Die Einwendungen der Klägerin hiergegen greifen nicht durch.

(1) Aus den Begriffen der "Durchführung" der Wettbewerbe oder der "Teilnahme" an diesen ergibt sich nichts für die Frage, ob die Zuwendung der Sachpreise durch die [X.] oder die Klägerin erfolgte. Auch wenn die Wettbewerbe z.B. deutschlandweit von der [X.] "durchgeführt" wurden, steht dies der Beurteilung, dass die Sachpreise den Beraterinnen durch die jeweils "teilnehmende" [X.] zugewendet werden, nicht entgegen. [X.] ist daher die Würdigung des [X.] nicht zu beanstanden, dass die [X.] in den [X.] als überregionaler Organisator genannt wurde, während den [X.]nen wie der Klägerin die Abwicklung im jeweiligen Bezirk oblag und die Klägerin entsprechend dem Vertretungsverbot nach Art. 5 Abs. 1 [X.] im eigenen Namen handelte (s. oben [X.]). Dem [X.] sind im Übrigen keine Regelungen zu entnehmen, die für die Annahme eines verbindlichen Leistungsversprechens der [X.] gegenüber den Beraterinnen sprechen.

(2) Nach der Rechtsprechung des Senats liegt eine Leistung zwischen Hersteller und Händler auch dann vor, wenn der Hersteller dem Händler Leistungen unter der Auflage zuwendet, diese den Wettbewerbssiegern zu überlassen (s. oben [X.]). Für die Verschaffung einer eigentümerähnlichen Verfügungsmacht spricht dabei auch, dass die Klägerin zu einer abweichenden Verfügung über die Wettbewerbspreise --wenn auch zu einem höheren Preis, der dann zu einer Änderung nach § 17 UStG führte-- berechtigt war. Dies hat das Schleswig-Holsteinische [X.] bei seinem Urteil zu einer zumindest vergleichbaren Fallgestaltung vom 16. Februar 2005  4 K 252/02, auf das sich die Klägerin beruft, nicht hinreichend berücksichtigt.

Dass die Klägerin im Rahmen eines "[X.]" für ausgegebene und nicht ausgegebene Sachpreise an die [X.] unterschiedlich hohe Preise zu bezahlen hat, betrifft dabei nur die Höhe des von der Klägerin geschuldeten Entgelts, nicht aber die zwischen den Beteiligten bestehenden Leistungsbeziehungen. Daher kommt es auch nicht auf die Methode der Kostenaufteilung für die Sachpreise zwischen [X.] und Klägerin an. Im Übrigen ist es umsatzsteuerrechtlich entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, ob sie zivilrechtlich Eigentum an den Sachzuwendungen erlangt hat ([X.]-Urteil vom 16. April 2008 [X.], [X.]E 221, 475, [X.] 2008, 909, unter [X.]).

(3) Beim Einwand der Klägerin, sie habe Kosten für Reiseleistungen auch dann tragen müssen, wenn die Reise keiner ihrer Beraterinnen zugewendet worden sei, handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz nicht mehr berücksichtigt werden kann ([X.]-Beschlüsse vom 1. April 2008 [X.], Zeitschrift für Steuern & Recht 2008, [X.]; vom 21. Juni 2006 [X.]/03, nicht veröffentlicht).

(4) Ob die Sachzuwendungszusagen nach nationalen Vorschriften zum Konsumentenschutz zivilrechtlich wirksam erteilt wurden, ist nach § 40 der Abgabenordnung ([X.]) unbeachtlich (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 28. Februar 2002 [X.], [X.]E 198, 220, [X.] 2003, 950, unter [X.]). Weiter ist es nach § 41 [X.] unerheblich, ob die Klägerin die Kosten für die Sachpreise getragen hat, ohne hierzu im Verhältnis zur [X.] rechtlich verpflichtet gewesen zu sein.

(5) Für die Beurteilung der Leistungsverhältnisse ist entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, ob der Leistungsempfänger Arbeitnehmer oder Unternehmer ist (Senatsurteil vom 28. Juni 1994 [X.], [X.]E 175, 291, [X.] 1995, 274). In beiden Fällen ist der Sachpreis im Rahmen eines tauschähnlichen Verhältnisses nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG als zusätzliches Entgelt für die Vermittlungsleistungen zu erfassen.

(6) Auch die Sachzuwendungen im Rahmen der Rekrutierungswettbewerbe erfolgten im Rahmen tauschähnlicher Umsätze nach § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG, bei denen die Klägerin die Abgabe der Sachpreise als eigene Leistung zu versteuern hat. Dass es sich nicht um ein zusätzliches Entgelt für die Verkaufsvermittlung, sondern um eine Vergütung für eine eigenständige Personalvermittlungsleistung handelte, ist umsatzsteuerrechtlich unerheblich. Gleiches gilt schließlich auch für die "[X.]", bei denen sich der unmittelbare Zusammenhang daraus ergab, dass sie nur abgegeben wurden, wenn eine Gastgeberin Räumlichkeiten für Verkaufsaktionen zur Verfügung stellte.

dd) Die Auslegung des [X.] entspricht im Übrigen auch der Interessenlage der Parteien. Danach sollte die Klägerin gegenüber den Beraterinnen im eigenen Namen handeln. Dementsprechend hat sie die von Beraterinnen geschuldeten Vermittlungsleistungen im eigenen Namen bezogen und diese im eigenen Namen vergütet. Zu dieser Vergütung gehörte auch die Zuwendung der Sachpreise.

Lobt ein Warenlieferant unter seinen Vermittlern im Rahmen eines [X.] zur Umsatzsteigerung eine Erlebnisreise (sog. Incentive-Reise) aus, ist deren Wert zusätzliches Entgelt für die Leistungen des die Reise gewinnenden Vermittlers ([X.]-Urteil in [X.]E 175, 291, [X.] 1995, 274, Leitsatz, zum Pächter einer Markentankstelle). Es liegen dann tauschähnliche Umsätze i.S. von § 3 Abs. 12 Satz 2 UStG vor, bei denen die Leistungen des Vermittlers durch die Provisionszahlungen und die Zuwendung der Sachpreise (Zuwendung von Gegenständen oder Reisen) vergütet wurden. Der für die Begründung eines steuerbaren Zusammenhangs zwischen Vermittlung und Zuwendung des Sachpreises erforderliche unmittelbare Zusammenhang ergibt sich dabei bereits daraus, dass die Sachpreise ohne die Vermittlungstätigkeit nicht versprochen worden wären ([X.]-Urteil in [X.]E 175, 291, [X.] 1995, 274, unter [X.]).

Die Annahme der Klägerin, es bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zuwendung der Sachpreise und den Vermittlungsleistungen der jeweiligen Zuwendungsempfängerinnen, da sie die Kosten für die Wettbewerbe aufgewendet habe, um Mehrleistungen von allen Beraterinnen zu erzielen, ist daher nach den Grundsätzen des [X.]-Urteils in [X.]E 175, 291, [X.] 1995, 274 unbeachtlich. Im Übrigen liegt entgegen der Auffassung der Klägerin neben den von den Beraterinnen erbrachten Vermittlungsleistungen keine umsatzsteuerrechtlich eigenständige Leistung in Form eines --im Vergleich zum allgemeinen Einsatz-- "erhöhten Bemühens" vor. Für die Annahme einer eigenständigen Leistung zur Erlangung von [X.] bestehen keine Anhaltspunkte.

c) Schließlich wäre, wie das [X.] weiter zutreffend entschieden hat, die Klage auch dann unbegründet, wenn entsprechend der Rechtsauffassung der Klägerin nicht von einer Leistungskette und damit von Leistungen der Klägerin an die Beraterinnen und Gastgeberinnen, sondern von [X.] der [X.] an die Beraterinnen und Gastgeberinnen auszugehen wäre, da der Klägerin dann der von ihr aus den Rechnungen der [X.] geltend gemachte Anspruch auf Vorsteuerabzug nicht zustünde.

aa) Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG muss der Unternehmer für den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen über eine Rechnung verfügen. Die Rechnung muss nach ständiger Rechtsprechung des Senats Angaben tatsächlicher Art enthalten, welche die Identifizierung der abgerechneten Leistung ermöglichen, wobei der Aufwand zur Identifizierung der Leistung dahin gehend begrenzt sein muss, dass die Rechnungsangaben eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistung ermöglichen, über die abgerechnet worden ist ([X.]-Urteil vom 8. Oktober 2008 [X.], [X.]E 222, 189, [X.], 218, unter [X.]).

bb) Im Streitfall hat die Klägerin den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der [X.] in Anspruch genommen. Nach den Feststellungen des [X.] erteilte die [X.] Rechnungen über die Erbringung von Sachpreisen. Lägen entsprechend der Rechtsauffassung der Klägerin [X.] der [X.] an die Beraterinnen und Gastgeberinnen vor, hätte die [X.] daher über Leistungen abgerechnet, die sie nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar an die Beraterinnen erbracht hätte. Die Auffassung der Klägerin, sie sei auch bei Vorliegen von [X.] zum Vorsteuerabzug berechtigt, da sich die Rechnungen der [X.] auf die Erbringung einer andersartigen Leistung ("Gesamtpaket Verkaufsfördermaßnahme") an die Klägerin bezögen, ist nach der [X.]-Rechtsprechung ([X.]-Urteil in [X.]E 222, 189, [X.], 218) unzutreffend, da die der Klägerin erteilten Rechnungen über die Zuwendung von Sachpreisen eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung dieser anderen Leistung nicht ermöglichten.

Meta

V R 6/09

27.01.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 11. Dezember 2008, Az: 5 K 2357/08 U, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 UStG 1993, § 3 Abs 12 UStG 1993, Art 2 EWGRL 388/77

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.01.2011, Az. V R 6/09 (REWIS RS 2011, 10044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10044

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(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 27.02.2014 V R 18/11 - Keine Entgeltminderung bei Vermittlung)


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