Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2014, Az. XII ZR 76/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7983

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII [X.]
Verkündet am:

12. Februar 2014

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
BGB §§ 535, 157 E
Allein die Absicht des Vermieters, nach Beendigung des Mietverhältnisses [X.] in den Mieträumen durchzuführen, genügt nicht, um im Wege der er-gänzenden Vertragsauslegung an die Stelle der vertraglichen Verpflichtung des [X.] nach Beendigung des Mietverhältnisses Schönheitsreparaturen und Instandset-zungs-
bzw. Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen, einen Ausgleichsanspruch in Geld treten zu lassen. Ein solcher Ausgleichsanspruch setzt voraus, dass die Mieträume tatsächlich umgebaut werden (im [X.] an [X.]surteil [X.]Z 151, 53 =
NJW 2002, 2383).

[X.], Urteil vom 12. Februar 2014 -
XII [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12.
Februar
2014
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose
und
die Richter
Schilling, Dr.
Günter,
Dr.
Nedden-Boeger
und Dr.
Botur

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten
wird
das Urteil des 10.
Zivilsenats des [X.]s [X.]
vom 12.
April
2013
aufgehoben.
Die Berufung gegen das Urteil der 6.
Zivilkammer des Landge-richts [X.]
vom 27.
Juni
2012
wird auf Kosten der Kläger zu-rückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten der Revision
zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Kläger machen gegen die Beklagten Zahlungsansprüche wegen nicht durchgeführter Renovierungsarbeiten
nach einem beendeten Gewerbe-raummietverhältnis geltend. Die Beklagten begehren im Wege der Widerklage die Rückzahlung
einer seitens der Kläger eingezogenen Mietbürgschaft.
Die
Beklagten
mieteten
von den
Klägern
Geschäftsräume
zum Betrieb eines medizinischen Therapiezentrums. Das Mietverhältnis endete aufgrund 1
2
-
3
-
einer von den Beklagten erklärten Kündigung am 31.
Oktober 2009. Der
Miet-vertrag enthält in §
6
Ziffer
2
folgende Bestimmung:
"Die Schönheitsreparaturen, die Instandhaltung und die Instand-setzung (einschließlich etwa erforderlicher Erneuerungen) des Mietobjekts übernehmen die Mieter auf eigene Kosten. Hierzu ge-hören insbesondere

jedoch nicht ausschließlich

das Streichen der Wände und Decken, das vorherige Tapezieren der Wände und Decken bei nicht mehr tragfähigen Tapeten, das Streichen der Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innen-
und Außentüren und [X.]. Diese Arbeiten sind nach Bedarf, spätestens jedoch

unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Räume und Berei-che

für Küchen, Bäder und WC nach drei Jahren, für alle sonsti-gen Räume und Bereiche alle fünf Jahre, durchzuführen. [X.] und sonstige Bodenbeläge sind nach Bedarf, [X.] spätestens alle 5
Jahre, zu erneuern. Die Instandhaltung und Instandsetzung umfasst darüber hinaus, jedoch nicht abschlie-ßend, Sonnenschutz, Lampen und Leuchtmittel, Lüftungs-
und Klimaanlagen sowie weitere haustechnische Einrichtungen, dage-gen nicht Dach und Fach im Übrigen."
§
13 Ziffer
1 des Mietvertrags enthält
bezüglich der Beendigung des Mietverhältnisses die nachfolgende Regelung:
"Die Mieter sind verpflichtet, das Mietobjekt am letzten Tag des Mietverhältnisses geräumt und vollständig renoviert [X.]. Insbesondere haben die Mieter Beschädigungen des Mietob-jektes, die die Mieter oder deren Erfüllungsgehilfen schuldhaft verursacht haben, zu beseitigen. Geschuldet ist die Rückgabe [X.]
-
4
-
ter vollständiger Wiederherstellung des bei Beginn des Mietver-hältnisses gegebenen Zustandes. Die Mieter haben daher insbe-sondere, und zwar unabhängig von der Mietdauer sowie dem Zeitpunkt der letzten Renovierung, die in §
6 aufgeführten Arbeiten in den Mieträumen durchzuführen."
Mit Schreiben vom 25.
September
2009
teilten die Kläger den Beklagten mit, dass sie
im Zuge der beabsichtigten Neuvermietung des Objekts umfang-reiche Umbau-
und Renovierungsarbeiten durchführen und sie deshalb von den Beklagten an Stelle der geschuldeten
Schönheitsreparaturen und [X.] den hierfür noch zu ermittelnden Geldbetrag einfordern würden. Am 16.
November 2009 räumten die Beklagten die Mieträume, ohne Schön-heitsreparaturen oder Renovierungsarbeiten erbracht zu haben.
Zu einer [X.] der Räumlichkeiten kam es in der Folgezeit nicht. Am 30.
März 2011 veräußerten die Kläger das Mietobjekt, ohne zuvor Umbaumaßnahmen durchgeführt zu haben.
Am 12.
April
2011
zogen die Kläger eine von den [X.] bestellte Mietbürgschaft auf erstes Anfordern in Höhe von 81.602,18

ein.
Mit ihrer
Klage verlangen
die
Kläger
die in einem selbständigen Beweis-verfahren ermittelten Renovierungskosten in Höhe von 131.942,08

inklusive Umsatzsteuer, auf die sie sich den [X.] anrechnen lassen, sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.
Die Beklagten begehren mit der [X.] die Erstattung des [X.]s.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen
und der Widerklage stattge-geben. Das [X.] hat das landgerichtliche Urteil abgeändert, die
Beklagten zur Zahlung der ermittelten Renovierungskosten
sowie vorgerichtli-cher Rechtsanwaltskosten verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Mit der 4
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-
5
-
vom [X.] zugelassenen Revision möchten
die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils
erreichen.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in [X.], 882 ver-öffentlichten Entscheidung ausgeführt:
Den Klägern stehe
gegen die Beklagten
ein Ausgleichsanspruch in der geltend gemachten Höhe
aufgrund einer
ergänzenden Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrags zu.
Durch die Regelungen in
§§
6
und
13 des Mietvertrags sei
die Verpflich-tung zur Durchführung von Schönheitsreparaturen sowie von
Instandhaltungs-
und Instandsetzungsmaßnahmen
wirksam auf die Beklagten übertragen
wor-den. Bei diesen Klauseln handele
es sich nicht um [X.], sondern
um eine Individualvereinbarung, gegen deren Wirksamkeit keine Bedenken bestünden.
Dies ergebe sich aus dem unstreitigen Vortrag bei-der Parteien und den
von den Parteien insoweit vorgelegten Urkunden.
Die in den §§
6, 13 des Vertrags enthaltenen Klauseln
könnten daher nur unter den Voraussetzungen des §
138 BGB als unwirksam angesehen werden. Eine die Grenze der Sittenwidrigkeit überschreitende Benachteiligung der Beklagten auf-grund der vertraglich übernommenen Instandsetzungsverpflichtung und Über-nahme von Schönheitsreparaturen sei
jedoch
weder erkennbar noch dargetan.

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9
10
-
6
-
Der
Ausgleichsanspruch der Kläger beruhe auf
einer ergänzenden
Ver-tragsauslegung gemäß §§
157, 133 BGB.
Er
entfalle
nicht dadurch, dass die Beklagten das Objekt veräußert
hätten, ohne zuvor tatsächlich [X.] durchgeführt zu haben. Die Kläger hätten den Beklagten unstreitig mit Schreiben vom 25.
September 2009 mitgeteilt, dass sie im Zuge der beabsich-tigten Neuvermietung des Objekts umfangreiche Umbau-
und Renovierungsar-beiten durchführen und deshalb an Stelle der Durchführung der Schönheitsre-paraturen und Renovierungsarbeiten den hierfür noch zu ermittelnden [X.] von den Beklagten einfordern
würden. Der sich aus der ergänzenden Ver-tragsauslegung ergebende Zahlungsanspruch des Vermieters entstehe, sobald der Mieter von der Absicht des Vermieters, die Mieträume umzubauen, Kennt-nis
erlange. Er werde
auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Mieter in Kenntnis der Umbauabsichten des Vermieters vor Rückgabe renoviere
oder sich zur Renovierung nach dem Umbau bereit
erkläre. Der danach spätestens mit Ende des Mietverhältnisses am 31.
Oktober 2009 entstandene Anspruch sei
nicht dadurch untergegangen, dass die Kläger das Objekt rund
1 1/2 Jahre spä-ter veräußert
hätten, ohne zuvor tatsächlich Umbaumaßnahmen durchgeführt zu haben. Dies gelte
bereits deshalb, weil objektiv die Durchführung von Schönheitsreparaturen und Instandsetzungsarbeiten mit einer Wertsteigerung des Objekts verbunden sei, so dass der Anspruch auf Zahlung eines Geldaus-gleichs im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nicht durch einen späte-ren Verkauf des Objekts entfalle.
Der
Zahlungsanspruch des Vermieters umfasse den Betrag, den der Mieter hätte aufwenden müssen, wenn er seiner Vertragspflicht nachgekommen wäre. Nach dem
Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens
beliefen sich die Kosten der Mängelbehebung inklusive Mehrwertsteuer auf 131.942,08

Diesem
Zahlungsanspruch könnten die Beklagten
nicht entgegenhalten, dass sie die Schönheitsreparaturen in Eigenarbeit ausgeführt hätten bzw. durch Be-11
12
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-
kannte hätten
ausführen lassen. Zwar habe
der [X.] entschie-den, dass der Mieter, der Schönheitsreparaturen in Eigenarbeiten ausgeführt hätte oder durch Bekannte hätte ausführen lassen, nur die Materialkosten und einen Betrag, den er für deren Arbeitsleistung hätte aufwenden müssen, [X.]. Die Zahlungspflicht des
Mieters sei
aber nur dann auf die geringeren Kosten für die Eigenleistungen begrenzt, wenn er erfüllungsbereit sei. [X.] er da-gegen die Wirksamkeit der Renovierungsklausel und lehne
er die Durchführung von Schönheitsreparaturen ab, so könne
der Vermieter den Betrag verlangen, den er zur Ersatzvornahme hätte aufwenden müssen. Hier hätten
die Beklagten in einem Parallelprozess mit Schriftsatz ihres
Prozessbevollmächtigten vom 5.
Januar 2009 die Kläger ausdrücklich "bereits jetzt"
darauf hingewiesen, dass sie bei Mietende zur Durchführung der Schönheitsreparaturen nicht verpflichtet seien. Außerdem sei
der Vortrag der Beklagten, sie hätten die erforderlichen Instandsetzungsarbeiten und Schönheitsreparaturen in Eigenleistung mit Hilfe der Familie der Beklagten zu
2 ausführen lassen, nicht hinreichend substanti-iert.

II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass den Klägern als Ausgleich für nicht ausgeführte Schönheitsreparaturen und [X.] ein Zahlungsanspruch in der geltend gemachten Höhe zusteht. [X.] davon, ob durch §§
6 und 13 des Mietvertrags diese Pflichten überhaupt wirksam auf die Beklagten übertragen wurden
(vgl. dazu [X.]surteile [X.]Z 151, 13 =
NJW 2002, 2383, 2384; vom 6.
April 2005

XII
ZR
158/01
NZM 2005, 863, 864 und vom 18.
März 2009

XII
ZR
200/06
NJW-RR 2009, 947 13
14
-
8
-
Rn.
19), ergibt sich ein solcher Anspruch der Kläger weder im Wege der ergän-zenden Auslegung des Mietvertrags noch
aus einer anderen [X.]. Deshalb kann die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob es sich bei den Regelungen in den §§
6 und 13 des Mietvertrags um allgemeine Ge-schäftsbedingungen handelt oder diese Vertragsbestimmungen individuell aus-gehandelt worden sind, dahinstehen.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass sich nach der Rechtsprechung des [X.], auch des [X.]s, im Wege der ergänzenden Auslegung des Mietvertrags ein Anspruch des
Ver-mieters auf Geldersatz für vom Mieter
geschuldete
und nicht erbrachte
Repara-tur-
und Instandsetzungsmaßnahmen ergeben kann, wenn
dieser
bei Auszug die ihm obliegenden Schönheitsreparaturen nicht ausführt, weil der Vermieter die Mieträume anschließend umbauen will
und der Mietvertrag für diesen Fall keine ausdrückliche Regelung enthält ([X.]surteil [X.]Z 151, 53 =
NJW 2002, 2383; [X.]Z 77, 301, 304
f. =
NJW 1980, 2347, 2348; [X.]Z 92, 363, 369
ff. =
NJW 1985, 480, 481; [X.] Urteil vom 20.
Oktober 2004

VIII
ZR
378/03

NJW 2005, 425, 426). Diese Rechtsprechung beruht auf der Erwägung, dass der zum Umbau entschlossene
Vermieter
nicht mehr
an einer Sachleistung des Mieters interessiert ist. Es
wäre widersinnig, den Vermieter an dem Anspruch auf Erfüllung der von dem Mieter vertraglich übernommenen Verpflichtung zur Ausführung von Schönheitsreparaturen festzuhalten, obwohl bei Erfüllung die-ser Pflicht das Geschaffene alsbald wieder zerstört würde. Andererseits
würde es jedoch regelmäßig in Widerspruch zu dem Inhalt des Mietvertrags stehen, den Mieter von seiner Verpflichtung zu befreien, ohne dass er hierfür einen Ausgleich entrichten müsste. Denn die im Vertrag übernommene Verpflichtung des Mieters zur Vornahme der Schönheitsreparaturen stellt sich im Regelfall als Teil
des Entgelts dar, das er als Gegenleistung für die Leistung des Vermieters zu entrichten hat. Enthält der Mietvertrag für den Fall des Umbaus des [X.]
-
9
-
jekts keine ausdrückliche Vereinbarung, kann eine vorliegende
Regelungslücke im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden. Dabei ent-spricht es nach [X.] und Glauben und der Verkehrssitte dem mutmaßlichen [X.]en der Vertragsparteien, dem Vermieter anstelle des wirtschaftlich sinnlos gewordenen Anspruchs auf Durchführung von Schönheitsreparaturen einen entsprechenden Geldanspruch zu geben ([X.]surteil [X.]Z 151, 53 =
NJW 2002, 2383; [X.]Z 77, 301, 304
f. =
NJW 1980, 2347, 2348; [X.]Z 92, 363, 369
ff. =
NJW 1985, 480, 481; [X.] Urteil vom 20.
Oktober 2004

VIII
ZR
378/03

NJW 2005, 425, 426).

b) Diese Rechtsprechung des [X.]
ist
jedoch
auf Fälle,
in denen der Vermieter entgegen einer im Zeitpunkt der Fälligkeit der [X.] geäußerten Absicht von einem
Umbau der Mietsache letztlich absieht, nicht übertragbar. Entgegen
der Auffassung des Berufungsgerichts kann der Mietvertrag daher
nicht ergänzend dahingehend ausgelegt
werden, dass dem Vermieter anstelle der von dem erfüllungsbereiten Mieter geschulde-ten Renovierungsarbeiten ein Ausgleichsanspruch zusteht.

aa) Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung ist das [X.] einer Regelungslücke, also einer planwidrigen Unvollständigkeit der Be-
stimmungen des Rechtsgeschäfts, die nicht durch die Heranziehung von [X.] des dispositiven Rechts sachgerecht geschlossen werden kann. Allein der Umstand, dass ein Vertrag für eine bestimmte Fallgestaltung keine Rege-lung enthält, besagt aber nicht, dass es sich um eine planwidrige Unvollständig-keit handelt. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrags eine angemessene, interessenge-rechte Lösung nicht zu erzielen wäre. Die ergänzende Vertragsauslegung muss 16
17
-
10
-
sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem Gesamtzusammenhang des Vereinbarten ergeben, so dass ohne die vorgenommene Ergänzung das Ergebnis in offenbarem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrags tatsächlich Vereinbarten stehen würde. Zudem darf die ergänzende Vertrags-auslegung nicht zu einer wesentlichen Erweiterung des Vertragsinhaltes führen ([X.]surteil vom 11.
Januar 2012

XII
ZR
40/10
NJW 2012, 844 Rn.
24 mwN).
bb) Eine solche planwidrige Regelungslücke, die im Wege einer ergän-zenden Vertragsauslegung geschlossen werden kann,
besteht nicht, wenn das Mietobjekt entgegen der Ankündigung des Vermieters tatsächlich nicht umge-baut wird.
(1) Haben die Mietvertragsparteien keine ausdrückliche Vereinbarung über einen Ausgleichsanspruch des Vermieters getroffen, falls
bei Beendigung des Mietverhältnisses die vom Mieter übernommenen Renovierungsarbeiten wegen eines Umbaus der Mietsache nicht ausgeführt werden, ist nach der Rechtsprechung
des [X.] die Annahme eines entsprechenden Ausgleichsanspruchs des Vermieters im Wege einer ergänzenden Vertragsaus-legung deshalb
gerechtfertigt, weil
einerseits die vom Mieter geschuldeten [X.] wegen des Umbaus des Mietobjekts für den Vermieter bei objektiver
Be-trachtung wirtschaftlich wertlos wären und deshalb dem Mieter wegen des feh-lenden Leistungsinteresse des Vermieters nicht mehr zugemutet werden [X.] (vgl. auch [X.]/[X.] BGB [2010] §
535 Rn.
117).
Andererseits
wäre
aber
eine kompensationslose Befreiung des Mieters von dieser vertragli-chen Verpflichtung unbillig, da
die Übertragung
der Schönheitsreparaturen auf ihn
bei der Kalkulation der
Miete
berücksichtigt worden ist
und daher einen Teil der vom Mieter für die Gebrauchsüberlassung zu erbringenden Gegenleistung darstellt
(vgl. [X.]Z 96, 141, 145
f. =
NJW 1986, 309, 310).
Der entscheidende 18
19
-
11
-
Gesichtspunkt für den Ausgleichsanspruch ist dabei nicht, dass der zum Umbau entschlossene Vermieter subjektiv kein Interesse mehr an der Erfüllung der vom Mieter übernommenen Renovierungspflicht hat, sondern dass der Mieter aufgrund des vom Vermieter veranlassten Umbaus des Mietobjekts von einer vertraglich übernommenen Verpflichtung befreit würde, die während der Miet-
zeit zu einer geringeren Miete geführt hat. In dieser besonderen Situation ist eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, weil davon ausgegangen werden kann, dass die Vertragsparteien nach [X.] und Glauben und unter Berücksich-tigung der Verkehrssitte vereinbart hätten, dem
Vermieter anstelle des wirt-schaftlich sinnlos gewordenen
Anspruchs auf Durchführung von [X.] einen entsprechenden Geldanspruch zu geben (vgl. [X.]Z 77, 301, 304
f. =
NJW 1980, 2347, 2348).
(2) Eine hiermit vergleichbare Interessenlage besteht jedoch nicht, wenn der Vermieter zwar zunächst beabsichtigt, nach dem Auszug des Mieters die Mieträume umzubauen, in der Folgezeit ein Umbau aber tatsächlich nicht er-folgt. Er muss sich dann an den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen fest-halten lassen, die in diesem Fall nicht sinnlos geworden sind.
[X.] die Schönheitsreparaturen oder die Instandhaltungs-
bzw. [X.] wirksam auf den Mieter übertragen, kann der Vermieter
aufgrund der im Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen
vom Mieter lediglich die Erfüllung dieser Verpflichtungen verlangen. Dieser Anspruch [X.] auch nach der Beendigung des Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters fort (vgl. [X.]/[X.] BGB [2010] §
535 Rn.
118). [X.] der Vermieter an diesem
primären [X.] nicht festhalten und sich stattdessen einen auf Geldzahlung gerichteten Ersatzanspruch verschaffen, muss er diesen unter Einhaltung des Verfahrens nach §
281 Abs.
1 BGB begründen
([X.] in
[X.] Mietrecht 11.
Aufl. §
538 BGB 20
21
-
12
-
Rn.
252; [X.]/[X.] BGB [2010] §
535 Rn.
118; [X.]/[X.] in
Lindner-Figura/[X.]/Stellmann Geschäftsraummiete 3.
Aufl. [X.].
16 Rn.
142).
Folgte man der vom Berufungsgericht
vertretenen Auffassung, der sich aus der ergänzenden Vertragsauslegung ergebende Zahlungsanspruch des Vermieters entstehe, sobald der Mieter von der Absicht des Vermieters, die Mieträume umzubauen, Kenntnis erlange,
würde diese gesetzliche Systematik übergangen. Der Vermieter könnte den auf Durchführung der Schönheitsrepa-raturen gerichteten [X.] auch bei bestehender Erfüllungsbereit-schaft des Mieters
in einen Geldersatzanspruch umwandeln, indem
er zunächst die Absicht zum Umbau des Mietobjekts behauptet
und
nach der Zahlung des geforderten Ausgleichsbetrags
von einem Umbau absieht. Die dem Vermieter dadurch eröffnete Möglichkeit, den [X.] in einen Geldanspruch umzuwandeln, ohne dass die Voraussetzungen des §
281 BGB vorliegen
müss-ten, kann nicht mehr als Ausfüllung einer planwidrigen Regelungslücke ver-standen werden.
Eine entsprechende Auslegung des Mietvertrags würde viel-mehr zu einer erheblichen Erweiterung der Rechte des Vermieters führen, die im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht zulässig ist (vgl. [X.]Z 77, 301, 304 =
NJW 1980, 2347).
Dass
der Vermieter schließlich aufgrund einer Veräußerung des Mietob-jekts subjektiv kein Interesse an der Erbringung der Renovierungsarbeiten mehr hat, rechtfertigt es ebenfalls nicht, im Wege der ergänzenden Vertragsausle-gung an die Stelle
des primären [X.]s einen Ausgleichsanspruch treten zu lassen. Der vertragliche Anspruch gegen den Mieter auf Erbringung der übernommenen Renovierungsarbeiten erlischt erst durch ein Schadenser-satzverlangen nach §
281 Abs.
4 BGB. Da der Anspruch nach Beendigung des Mietverhältnisses und dem Auszug des Mieters bis zu diesem Verlangen
fort-besteht, geht er gemäß
§
566 Abs.
1 BGB auf den Erwerber des Mietobjekts 22
23
-
13
-
über. Dieser kann vom Mieter Erfüllung verlangen oder, falls der Mieter nicht zur Vornahme der Renovierungsarbeiten bereit ist, die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch nach §
281 Abs.
1 BGB schaffen und die [X.] nach §
281 Abs.
4 BGB abgeben ([X.] in
[X.] Mietrecht 11.
Aufl. §
566 BGB Rn.
130). Auf diese Weise ist gewährleistet, dass der [X.] auch bei einer Veräußerung des Mietobjekts nicht kompensationslos von der übernommenen Verpflichtung zur Vornahme von Renovierungsarbeiten befreit wird. Dann
besteht auch kein Bedürfnis dafür, im Wege der ergänzenden Ver-tragsauslegung an die Stelle des vereinbarten Anspruchs auf Durchführung von Schönheitsreparaturen oder Instandhaltungs-
bzw. Instandsetzungsarbeiten einen Ausgleichsanspruch des Vermieters treten zu lassen.
2. Die angegriffene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend dar (§
561 ZPO). Ein Schadensersatzanspruch der Klä-ger für die nicht erbrachten Renovierungsarbeiten ergibt sich auch nicht aus §§
280 Abs.
1 und 3,
281 Abs.
1 Satz
1
BGB. Denn die Kläger haben den [X.] weder erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt noch war vorliegend die Fristsetzung nach §
281 Abs.
2 BGB entbehrlich.
a) Grundsätzlich kann
dem Vermieter gemäß den §§
280 Abs.
1 und 3, 281 Abs.
1 Satz
1 BGB ein Schadensersatzanspruch zustehen, wenn der [X.] eine
wirksam auf ihn übertragene Verpflichtung, Schönheitsreparaturen oder Instandsetzungs-
bzw. Instandhaltungsmaßnahmen zu erbringen, schuldhaft nicht erfüllt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Vermieter den Mieter zur Leistungserbringung auffordert, ihm
eine angemessene Frist zur Leistung be-stimmt und diese Frist verstreicht, ohne dass der Mieter seine Verpflichtung erfüllt ([X.] in [X.] Mietrecht 11.
Aufl. §
538 BGB Rn.
261; Bub/[X.]/[X.]/[X.]/[X.] Handbuch der Geschäfts-
und Wohn-raummiete 4.
Aufl. [X.].
[X.] Rn.
202
ff.).
24
25
-
14
-
Unabhängig von der Frage, welchen inhaltlichen Anforderungen eine ordnungsgemäße Aufforderung zur Leistungserbringung bei nicht vorgenom-menen Renovierungsarbeiten genügen muss
(vgl. hierzu [X.] in [X.] Mietrecht 11.
Aufl. §
538 BGB Rn.
291
ff.
und Bub/[X.]/[X.]/[X.]/[X.] Handbuch der Geschäfts-
und Wohnraummiete 4.
Aufl. [X.].
[X.] Rn.
205; offen gelassen im [X.]surteil vom 9.
Juli 1992

XII
ZR
268/90

NJW-RR 1992, 1226, 1227), liegt eine solche nach den Fest-stellungen des Berufungsgerichts nicht vor. Die Kläger haben von den [X.] im Hinblick auf den
beabsichtigten Umbau
des Mietobjekts
stets nur den für die Durchführung der Arbeiten erforderlichen Geldbetrag gefordert. Auch nach der Beendigung des Mietverhältnisses wurden die Beklagten von den Klägern nicht zur Vornahme von Renovierungsarbeiten aufgefordert.

b) Die erforderliche Leistungsaufforderung und Fristsetzung war
auch nicht nach §
281 Abs.
2 BGB entbehrlich. Dies setzt voraus, dass
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Dabei sind an das Vorliegen einer solchen
Erfüllungsverweigerung strenge Anforderungen zu stellen
([X.] vom 9.
Juli 1992

XII
ZR
268/90

NJW-RR 1992, 1226, 1227
zu §
326 BGB aF; [X.] Urteil vom 29.
Juni 2011

VIII
ZR
202/10

NJW 2011, 2872 Rn.
14
zu §
323 Abs.
2 Nr.
1 BGB). Erforderlich ist ein Verhalten des Schuldners, aus dem zu schließen ist, dass dieser sich durch eine weitere [X.] zur Leistung nicht umstimmen lassen wird. Die Weigerung des
Schuldners
muss als sein letztes Wort aufzufassen sein. Eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung
kann
insbesondere angenommen werden, wenn der Mieter durch sein Verhalten vor Vertragsbeendigung eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er seinen vertraglich übernommenen Verpflichtungen nicht nachkommen wird und demgemäß das Mietobjekt bei Vertragsende räumt, ohne Anstalten für die Vorbereitung oder Ausführung der Schönheitsre-paraturen getroffen zu haben ([X.]surteil vom 10.
Juli 1991

XII
ZR
105/90

26
27
-
15
-
NJW 1991, 2416, 2417 zu §
326 BGB aF; Bub/[X.]/[X.]/[X.]/[X.] Handbuch der Geschäfts-
und Wohnraummiete 4.
Aufl. [X.].
[X.] Rn.
209
ff.).
Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann auch
nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagten ihre Renovie-rungspflicht ernsthaft und endgültig verweigert haben. Dies ergibt sich insbe-sondere nicht daraus, dass die Beklagten in einem früheren Rechtsstreit zwi-schen den Parteien die Rechtsauffassung vertreten haben, zur Vornahme von Schönheitsreparaturen und Instandsetzungs-
bzw. Instandhaltungsarbeiten nicht verpflichtet zu sein. Hierin liegt schon deshalb keine ernsthafte Erfüllungs-verweigerung, weil dieser Rechtsstreit zu einem Zeitpunkt geführt worden ist, zu dem eine Beendigung des Mietverhältnisses noch nicht absehbar war. Hinzu kommt, dass die Beklagten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts noch vor Beendigung des Mietverhältnisses mit Schriftsatz
ihres
Prozessbe-vollmächtigten vom 5.
Oktober 2009 außergerichtlich erklären ließen, zur
Vor-nahme der notwendigen Renovierungsarbeiten
bereit zu sein. Außerdem konn-ten die Beklagten im Zeitpunkt ihres [X.] davon ausgehen, dass die Kläger entsprechend ihrer Ankündigung an der Durchführung der Schönheitsreparatu-ren kein Interesse
mehr hatten. Auf dieser tatsächlichen Grundlage kann trotz des Umstandes, dass die Beklagten ohne Vornahme der Renovierungsarbeiten aus den Mieträumen ausgezogen sind, deswegen nicht angenommen werden, die Beklagten hätten die Erbringung der geschuldeten Leistung ernsthaft und endgültig verweigert.
c) Besondere Umstände, die unter Abwägung der beiderseitigen Interes-sen die sofortige Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs rechtferti-gen würden (§
281 Abs.
2 Alt.
2
BGB),
sind nicht festgestellt.
28
29
-
16
-
3. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben.
Der [X.] kann in der Sache
abschließend entscheiden, da weitere tatsächliche Feststel-lungen, die für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten, weder zu erwar-ten noch erforderlich sind

563 Abs.
3 ZPO).

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.06.2012 -
6 O 39/11 -

O[X.], Entscheidung vom 12.04.2013 -
10 U 832/12 -

30

Meta

XII ZR 76/13

12.02.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.02.2014, Az. XII ZR 76/13 (REWIS RS 2014, 7983)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7983

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 76/13

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