Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.08.2011, Az. VIII ZR 20/11

8. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3908

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Gegenstand

Wohnraummiete: Abweisung einer Klage auf Duldung einer Modernisierungsmaßnahme; Rechtskrafterstreckung auf eine Klage auf Duldung derselben Maßnahme als Instandsetzungsmaßnahme


Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 21. Dezember 2010 aufgehoben, soweit hinsichtlich der Auswechselung des [X.] gegen einen Elektroherd zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist.

Insoweit wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.][X.] vom 22. Juni 2009 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen ist.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der [X.]eklagte ist Mieter einer Wohnung der Klägerin in [X.]:     . Die Klägerin verlangte mit der im Jahr 2008 erhobenen Klage Duldung umfangreicher Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten. Hierbei ging es unter anderem um den Austausch des [X.] gegen einen Elektroherd, den die Klägerin im Zuge der vorgesehenen [X.]eseitigung des Gasanschlusses des Gebäudes vornehmen wollte. Der [X.]eklagte erhob wegen der Ausführung verschiedener Reparaturen Widerklage. Das Amtsgericht wies die [X.] mit rechtskräftigem Teilurteil vom 12. Januar 2009 ab, weil es sich bei dem Austausch des Herdes nicht um eine Modernisierungsmaßnahme handele und der Klägerin deshalb kein Duldungsanspruch zustehe.

2

Im weiteren Verfahren über die vom [X.]eklagten erhobene Widerklage hat die Klägerin "[X.]" erhoben, unter anderem mit dem (erneuten) Antrag, den [X.]eklagten zur Duldung der Auswechselung des [X.] gegen einen Elektroherd zu verurteilen. Zur [X.]egründung hat die Klägerin wiederum geltend gemacht, dass sie die Gasversorgung im gesamten Haus entfernen wolle und der [X.]eklagte deshalb den Austausch des Herdes als Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme dulden müsse.

3

Das Amtsgericht hat die “[X.]“ bezüglich der Duldung des Herdaustausches im Schlussurteil vom 22. Juni 2009  abgewiesen, weil die Ankündigung der zu duldenden Arbeiten in der Modernisierungsankündigung vom 20. April 2009 zu kurzfristig erfolgt sei und der [X.]eklagte keine ausreichende Überlegungsfrist gehabt habe.

4

Auf die [X.]erufung der Klägerin hat das [X.]erufungsgericht das Schlussurteil des Amtsgerichts abgeändert und den [X.]eklagten - unter anderem -  zur Duldung des Herdaustausches verurteilt. Mit der vom [X.]erufungsgericht hinsichtlich dieses Anspruchs zugelassenen Revision begehrt der [X.]eklagte insoweit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Schlussurteils.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt:

7

Der Beklagte habe den Herdaustausch nach § 554 Abs. 1, § 242 BGB als [X.] zu dulden. Ein besonderes Interesse des Beklagten an der Beibehaltung eines Gasherdes sei nicht ersichtlich, weil die Abweichung von dem vertraglich vorgegebenen Zustand nach der Fortentwicklung der Ceranplattenkochtechnik nicht mehr erheblich sei. Zugunsten der Klägerin falle insoweit auch ins Gewicht, dass sie die Hausversorgung im Rahmen der Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten umstellen und keinen Gasanschluss mehr vorhalten wolle. Es könne ihr daher nicht verwehrt werden, die Wohnung nunmehr mit einem Elektroherd mit [X.] als im Wesentlichen gleichwertiger Alternative auszustatten.

II.

8

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die als “[X.]“ erneut erhobene Klage auf Duldung des Herdaustausches ist unzulässig, weil ihr der Einwand der materiellen Rechtskraft (§ 322 ZPO) entgegensteht. Denn dieser erhobene Anspruch ist der Klägerin bereits durch das Teilurteil des Amtsgerichts vom 12. Januar 2009 rechtskräftig aberkannt worden.

9

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] verbietet die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung - als negative Prozessvoraussetzung - eine neue Verhandlung über denselben Streitgegenstand; unzulässig ist deshalb eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Prozesses identisch ist ([X.], Urteile vom 18. Januar 1985 - [X.], [X.]Z 93, 287, 288 f.; vom 19. November 2003, [X.]Z 157, 47, 50).

2. Eine solche Identität des Streitgegenstandes liegt hier vor, denn die Klägerin macht mit der “[X.]“ erneut einen Anspruch auf Duldung des Herdaustauschs geltend, den sie aus demselben Lebenssachverhalt herleitet, nämlich wiederum daraus, dass im Rahmen von Instandsetzungsarbeiten die Gasversorgung des Gebäudes entfallen soll, in dem sich die Wohnung des Beklagten befindet.

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist es unerheblich, dass der Umfang der Rechtskraft des [X.] vom 12. Januar 2009 anders zu beurteilen wäre, wenn die [X.] nur wegen eines Formfehlers in der Modernisierungsankündigung abgewiesen worden wäre; denn im Teilurteil vom 12. Januar 2009 wurde die Klage hinsichtlich des Herdaustausches nicht wegen eines unzureichenden Modernisierungsverlangens als (lediglich) "zur [X.] unbegründet" abgewiesen, sondern weil das Amtsgericht mit seiner in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung einen Duldungsanspruch der Klägerin aus materiellen Gründen verneint hat.

Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ergibt sich daraus, dass die Klägerin nach dem Erlass des [X.] vom 12. Januar 2009 mit Schreiben vom 5. Mai 2009 ein neues Modernisierungsverlangen ausgesprochen hat, kein neuer Streitgegenstand bezüglich des erneut geltend gemachten Duldungsanspruchs, denn eine Änderung des dem materiellen Anspruch zugrunde liegenden [X.] ist damit nicht verbunden.

III.

Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts im angefochtenen Umfang keinen Bestand haben; es ist daher insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Schlussurteils bezüglich des Herdaustausches.

Ball                                  Dr. Milger                                    Dr. Hessel

             Dr. Fetzer                                     Dr. Bünger

Meta

VIII ZR 20/11

17.08.2011

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Berlin, 21. Dezember 2010, Az: 65 S 318/09, Urteil

§ 322 ZPO, § 242 BGB, § 554 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 17.08.2011, Az. VIII ZR 20/11 (REWIS RS 2011, 3908)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3908

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Wird zitiert von

VIII ZR 20/11

14 O 55/19

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