Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.11.2011, Az. VIII R 18/08

8. Senat | REWIS RS 2011, 1606

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Gegenstand

Ertragsbescheinigungen ausländischer Investmentgesellschaften kein rückwirkendes Ereignis - Zurechnung des Verschuldens eines Steuerberaters bei Anfertigung der Steuererklärung - Erklärungspflicht trotz ungewisser Tatsachen - Kein nachträglich bekanntgewordenes Beweismittel


Leitsatz

1. NV: Bescheinigungen ausländischer Investmentgesellschaften über Erträge des Anlegers sind keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Berücksichtigung dieser Beträge und damit kein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO .

2. NV: Ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden von neuen Tatsachen trifft regelmäßig den Steuerberater, der in der Steuererklärung seiner Mandanten keine Angaben zu deren ausländischen Investmentbeteiligungen macht. Denn aus der Anlage AUS und deren Merkblatt ergibt sich, dass Angaben über die Namen der einzelnen Fonds auch dann erforderlich sind, wenn die Höhe der Erträge zum Zeitpunkt der Erstellung der Steuererklärung noch nicht bekannt ist .

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid aufgrund einer später vorgelegten Mitteilung über Verluste eines ausländischen Fonds geändert werden kann, wenn diese Beteiligung in der Steuererklärung nicht angegeben worden war.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die in den Streitjahren (2002, 2003) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Bei der Erstellung der Einkommensteuererklärungen der Jahre 2000 bis 2003 wirkte jeweils der Steuerberater [X.] als Bevollmächtigter mit.

3

Im [X.] erwarben die Kläger jeweils Anteile an einem Fonds einer [X.] Investmentgesellschaft ([X.]). In der Einkommensteuererklärung für das [X.] erklärten sie in ihrer Anlage [X.] sowohl ausländische Erträge als auch Verluste. In der Anlage [X.] waren unter anderem Verluste aus dem [X.] enthalten. Dabei entfiel auf den Kläger ein Betrag von - 22 DM und auf die Klägerin von - 166 DM. Die Anlage [X.] des Jahres 2001 enthielt Angaben zu ausländischen Verlusten der Kläger. In den jeweiligen Anlagen [X.] erklärte die Klägerin einen Verlust aus dem [X.] in Höhe von 12.969 DM und der Kläger in Höhe von 5.317 DM.

4

Im Streitjahr 2002 enthielt die Steuererklärung der Kläger keine Anlage [X.]. Das für ausländische Kapitalerträge vorgesehene Feld des Mantelbogens enthielt keinen Eintrag. In der Anlage [X.] erklärten die Kläger inländische und ausländische (positive) Kapitalerträge, jedoch keine Verluste aus dem [X.]. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) veranlagte die Kläger erklärungsgemäß. Das [X.] erließ am 29. Juni 2004 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung ([X.]) geänderten Einkommensteuerbescheid. Weder diesen Änderungsbescheid noch den zuvor erlassenen Bescheid fochten die Kläger mit einem Rechtsbehelf an.

5

Für das weitere Streitjahr 2003 reichten die Kläger sowohl eine gemeinsame Anlage [X.] als auch eine Anlage [X.] für den Kläger ein. In der Anlage [X.] erklärten sie inländische und ausländische positive Kapitalerträge. Die Anlage [X.] wies für den Kläger positive Einnahmen aus [X.] aus. Das [X.] erließ am 26. Juli 2004 einen erklärungsgemäßen Einkommensteuerbescheid, gegen den die Kläger keinen Einspruch einlegten.

6

Am 16. November 2004 beantragte [X.] für die Kläger beim [X.] eine Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2002 und 2003 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 [X.]. Das Begehren richtete sich auf die Berücksichtigung von (negativen) ausschüttungsgleichen Erträgen aus dem [X.]. Für die Kläger sollten in 2002 negative Erträge in Höhe von [X.] € sowie für 2003 in Höhe von 31.986,47 € nachträglich anerkannt werden. Dem Antrag waren Aufstellungen der [X.] vom 11. November 2004 sowie für das [X.] vom 20. Oktober 2004 beigefügt.

7

Das [X.] lehnte eine Änderung der betreffenden Einkommensteuerbescheide wegen groben Verschuldens der Kläger ab. Den gegen diese Ablehnung eingelegten Einspruch wies das [X.] zurück.

8

Die anschließende Klage vor dem [X.] ([X.]) blieb mit den in Entscheidungen der [X.]e 2007, 479 veröffentlichten Gründen erfolglos.

9

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] sowie des § 173 Abs. 1 Nr. 2 [X.].

Die Kläger sind der Auffassung, dass eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] erfolgen müsse. Die [X.] sei ein rückwirkendes Ereignis. Dies habe der [X.] ([X.]) in einem vergleichbaren Fall entschieden (Senatsurteil vom 18. April 2000 [X.], [X.], 423). Der Ausschlussgrund des § 175 Abs. 2 Satz 2 [X.] greife vorliegend nicht ein. Denn es liege eine verfassungswidrige echte Rückwirkung vor, die nicht durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sei. Auch eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 [X.] sei möglich. Ein grobes Verschulden seitens der Kläger sei zu verneinen. Es handle sich um einen üblicherweise vorkommenden Fehler. Denn es wurde lediglich vergessen, Aufwendungen, die der Höhe nach unbekannt waren, geltend zu machen. Zudem hätte das [X.] die Verluste ohne die Bescheinigungen nicht anerkannt.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des [X.] München, [X.], vom 6. Dezember 2006  10 K 390/06 aufzuheben,

den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 29. Juni 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2005 dahingehend zu ändern, dass weitere negative Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von [X.] € berücksichtigt werden sowie

den Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 26. Juli 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Dezember 2005 insoweit zu ändern, dass zusätzliche negative Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 31.986,47 € berücksichtigt werden.

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die angegriffenen Einkommensteuerbescheide nicht zur Berücksichtigung der Verluste aus dem ausländischen Investmentfonds geändert werden können.

1. Zutreffend hat das [X.] eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ausgeschlossen. Nach dieser Norm ist ein Steuerbescheid zu ändern, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Vorliegend sind die negativen Einnahmen aus einer eigenen Erwerbsgrundlage --die Beteiligung am [X.] zwar eine neue Tatsache (vgl. [X.]-Urteil vom 8. Dezember 1998 IX R 14/97, [X.] 1999, 743), die zu einer niedrigeren Steuer führt. Jedoch trifft die Kläger am nachträglichen Bekanntwerden dieser Tatsache ein grobes Verschulden.

a) Verschulden im Sinne der maßgeblichen Vorschrift setzt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus. [X.] fahrlässig handelt, wer die ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt ([X.]surteil vom 21. Januar 2004 [X.], [X.] 2004, 910). So handelt der Steuerpflichtige etwa grob fahrlässig, wenn er eine in einem Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beantwortet ([X.]-Urteile vom 23. Oktober 2002 [X.]/00, [X.] 2003, 441; vom 21. April 1988 IV R 215/85, [X.], 485, [X.] 1988, 863). Ein Verschulden seines steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung muss sich der Steuerpflichtige zurechnen lassen. Denn der Steuerpflichtige, der für die Richtigkeit seiner Angaben in der Steuererklärung einzustehen hat (§ 150 Abs. 2 [X.]), kann sich dieser Verantwortung nicht dadurch entziehen, dass er die Ausarbeitung der Steuererklärung seinem steuerlichen Berater überträgt ([X.]-Urteil vom 17. November 2005 [X.]/04, [X.], 401, [X.] 2006, 412). Ob ein Steuerpflichtiger danach grob fahrlässig gehandelt hat, ist im Wesentlichen eine Tatfrage. Die hierzu vom [X.] aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen vorgenommene Würdigung darf --abgesehen von zulässigen oder begründeten [X.] in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit richtig erkannt worden ist und ob die Würdigung der Umstände hinsichtlich des individuellen Verschuldens den Denkgesetzen und [X.] nicht widerspricht.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Würdigung des [X.], dass die Kläger das nachträgliche Bekanntwerden der negativen Einnahmen aus dem [X.] grob verschuldet haben, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Würdigung des [X.], die von den Klägern nicht mit Verfahrensrügen angegriffen wurde, ist nicht nur möglich, sondern aufgrund der vom [X.] festgestellten einzelnen Umstände auch naheliegend. Die Kläger haben ihre Steuererklärungspflicht grob fahrlässig verletzt.

aa) Die Kläger haben weder in den abgegebenen Anlagen [X.] die Frage nach ausländischen Investmentanteilen beantwortet, noch in der Anlage [X.] des Klägers für 2003 den Namen der [X.] eingetragen. Für das [X.] gaben sie trotz der [X.] keine Anlage [X.] ab. Damit haben sie ihre Pflicht zur vollständigen Abgabe von Steuererklärungen verletzt. Denn sie haben ihre Beteiligung an dem [X.] dem Grunde nach nicht offengelegt. Aus der Verpflichtung des § 150 [X.], die Steuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen anzufertigen, ergibt sich, dass jeder Steuerpflichtige die Pflicht hat, sämtliche steuerrelevante Tatsachen vollständig offenzulegen. Sind bestimmte Tatsachen zum Abgabezeitpunkt ungewiss, entbindet dies den Steuerpflichtigen weder von seiner Pflicht zur fristgemäßen noch von der zur vollständigen Erklärungsabgabe (vgl. [X.] vom 30. April 2001 [X.]/00, [X.] 2001, 1227). Er hat in diesem Fall auf einen vorläufigen oder auf einen Vorbehaltsbescheid hinzuwirken und darzulegen, warum er zu bestimmten Tatsachen (noch) keine Angaben machen kann.

bb) Der [X.] kann offenlassen, ob die Kläger selbst diese Pflicht grob fahrlässig verletzt haben. Dafür könnte sprechen, dass sie von ihrer Beteiligung an dem [X.] wussten und in Anbetracht der Vorjahre es ihnen zudem bekannt war, dass der Fonds --auch bei negativen [X.] als "Einkunftsquelle" auf der Anlage [X.] angegeben werden muss. Jedenfalls müssen sich die Kläger die grobe Fahrlässigkeit ihres steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung zurechnen lassen. Übernimmt ein Steuerberater die Erstellung von Steuererklärungen, hat er den für die Abgabe einer vollständigen Steuererklärung maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln ([X.]-Urteil vom 3. Dezember 2009 [X.], [X.], 365, [X.] 2010, 531). Von Angehörigen der steuerberatenden Berufe muss dabei verlangt werden, dass sie den Inhalt der Merkblätter kennen und die üblichen Vordrucke beherrschen. Die Pflicht zur Erklärung einer Beteiligung an einem ausländischen Investmentfonds ergab sich vorliegend sowohl aus der Anlage [X.] selbst als auch aus der Anleitung zur Anlage [X.] 2003. In dieser wird --nach Quellenstaaten sortiert-- nach ausländischen [X.] konkret gefragt. Insbesondere sind dort die Namen der einzelnen Fonds einzutragen. Der steuerliche Berater hätte die Kläger nach ihren ausländischen Beteiligungen oder anderen Kapitalanlagen fragen müssen. Das gilt umso mehr, weil ihm im Hinblick auf die Vorjahre die Existenz der Beteiligung an dem [X.] bekannt war. Hätte er auf Nachfrage erfahren, dass die Beteiligung weiterhin bestand, hätte er die Kläger zur Informationsbeschaffung auffordern müssen. Wenn es unmöglich gewesen wäre, die Höhe der Einkünfte zu ermitteln, hätte er zumindest die Beteiligung in der Anlage [X.] angeben und die Höhe der Einkünfte offenlassen oder mit "0" beziffern müssen. Zudem hätte er auf die fehlenden Bescheinigungen hinweisen müssen. Diese Vorgehensweise hatte der steuerliche Berater im Hinblick auf andere ausländische Einkunftsquellen in den Vorjahren selbst praktiziert. Zu Recht geht das [X.] davon aus, dass es sich nicht um ein üblicherweise immer wieder auftretendes Versehen handelt. Denn in Anbetracht der wenigen ausländischen Kapitalbeteiligungen der Kläger hätte das Fehlen einer Quelle --beim Abgleich mit dem [X.] auffallen müssen ([X.]-Urteil in [X.] 1999, 743).

c) Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 [X.] kommt vorliegend auch nicht wegen eines nachträglich bekanntgewordenen Beweismittels in Gestalt der Bescheinigungen in Betracht. Denn diese waren zum Zeitpunkt der Erstveranlagungen noch nicht existent. Dies ist aber eine Voraussetzung für eine derartige Änderung ([X.] vom 12. August 1997 [X.]/96, [X.] 1998, 147).

2. Im Ergebnis zutreffend hat das [X.] eine Änderung der angegriffenen Einkommensteuerbescheide gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] verneint. Nach dieser Norm ist ein Steuerbescheid zu ändern, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Die von den Klägern nachträglich vorgelegten Bescheinigungen sind keine rückwirkenden Ereignisse.

a) Ein rückwirkendes Ereignis liegt vor, wenn der nach dem Steuertatbestand rechtserhebliche Sachverhalt sich später anders gestaltet und sich steuerlich in der Weise in die Vergangenheit auswirkt, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist (Beschluss des Großen [X.]s des [X.] vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, [X.]E 172, 66, [X.] 1993, 897). Eine andere rechtliche Beurteilung des unverändert bleibenden Sachverhalts genügt insoweit nicht. Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, also bereits eingetretene steuerliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, ist den Normen des materiellen Steuerrechts zu entnehmen ([X.]-Urteile vom 27. Januar 2011 III [X.]/07, [X.]E 232, 485, [X.] 2011, 543; vom 4. Mai 2006 [X.], [X.]E 213, 383, [X.] 2006, 830). Auch die Vorlage einer Bescheinigung kann ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] sein, nämlich dann, wenn sie ein [X.] Tatbestandsmerkmal bildet. Dagegen sind Beweismittel, die ausschließlich dazu dienen, eine steuerrechtlich relevante Tatsache zu belegen und die als solche keinen Eingang in eine materielle Steuerrechtsnorm gefunden haben, auch dann kein rückwirkendes Ereignis, wenn sie erst nach Bestandskraft eines Bescheids beschafft werden können ([X.]-Urteil vom 6. März 2003 [X.], [X.]E 201, 421, [X.] 2003, 554).

b) Nach diesen Grundsätzen sind die von den Klägern vorgelegten Bescheinigungen über die Verluste des [X.] keine rückwirkenden Ereignisse. Denn diese Bescheinigungen sind nicht materiell-rechtliche Voraussetzung zur Berücksichtigung von Einnahmen aus ausländischen Investmentfonds. Für alle Arten dieser Fonds (vgl. § 17 Abs. 3, § 18 Abs. 1 und 3 des Auslandsinvestmentgesetzes --AuslInvestmG--) ermöglicht das Gesetz den Nachweis der Einkünfte durch verschiedene Beweismittel. Anders als bei der Spendenbescheinigung, die auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erteilen ist (§ 50 Abs. 1 der [X.] --EStDV--), und anders als beim Nachweis der Kapitalertragsteuer (§ 45a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--), ist die Art des Nachweises bei Einnahmen aus ausländischen Investmentfonds nicht vorgeschrieben. Dies ergibt sich aus § 19 Abs. 4 AuslInvestmG. Danach hat der Steuerpflichtige den Nachweis über die Höhe der ausländischen Einkünfte und der Abzugssteuern durch geeignete Unterlagen zu führen. Aus den §§ 17, 18 AuslInvestmG folgt nichts anderes. Denn sie regeln lediglich die materielle Steuerpflicht bestimmter Einnahmen in Abhängigkeit von der Mitwirkung und der Transparenz der Investmentgesellschaften oder des Anlegers. Diesem stehen damit sämtliche Nachweismittel offen. Allerdings steht der Finanzbehörde ein Prüfungsrecht über die Echtheit und Wahrheit von Urkunden zu (vgl. zu § 34c EStG [X.]-Urteil vom 5. Februar 1992 [X.], [X.]E 167, 109, [X.] 1992, 607). Auch § 68b EStDV, der auf § 34c Abs. 7 EStG basiert, verlangt für den Nachweis der ausländischen Einkünfte i.S. des § 34c EStG lediglich geeignete Urkunden. Wenn aber keine bestimmte (amtliche) Bescheinigung als materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung gefordert ist, sind die von den Klägern eingereichten Bescheinigungen bloße Beweismittel.

Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus den Grundsätzen der [X.]sentscheidung vom 18. April 2000 [X.] ([X.]E 192, 80, [X.] 2000, 423). Denn in diesem Urteil wird (nur) die Bescheinigung über anrechenbare Körperschaftssteuer i.S. des § 44 des [X.] ([X.]) als materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer qualifiziert. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Bescheinigungen der Kläger über Verluste aus einem ausländischen Investmentfonds nicht vergleichbar mit einer amtlichen Bescheinigung einer ausschüttenden Körperschaft gemäß § 44 [X.]. Denn diese Bescheinigung war nach § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b EStG in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung eine zwingende materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer. Wie bereits ausgeführt, verknüpft § 19 Abs. 4 AuslInvestmG aber gerade nicht die Anerkennung von Erträgen im Sinne des AuslInvestmG mit dem Vorliegen einer ganz bestimmten Bescheinigung. Der Nachweis ist durch geeignete Unterlagen zu erbringen. Dies reicht nicht weiter als die allgemeine erhöhte Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung von Auslandssachverhalten (§ 90 Abs. 2 [X.]).

Meta

VIII R 18/08

09.11.2011

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 6. Dezember 2006, Az: 10 K 390/06, Urteil

§ 173 Abs 1 Nr 2 AO, § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 150 Abs 2 AO, § 90 Abs 2 AO, § 17 AuslInvestmG, § 18 AuslInvestmG, § 19 Abs 4 AuslInvestmG, § 34c Abs 7 EStG 2002, § 36 Abs 2 EStG 2002, § 45a Abs 2 EStG 2002, § 44 KStG 2002, § 50 Abs 1 EStDV 2000, § 165 AO, § 164 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 09.11.2011, Az. VIII R 18/08 (REWIS RS 2011, 1606)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1606

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