Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2018, Az. 4 StR 361/17

4. Strafsenat | REWIS RS 2018, 13934

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2018:150218U4STR361.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
4
StR
361/17

vom
15. Februar 2018
in der Strafsache
gegen

wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 15. Februar
2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende [X.]in
am [X.]
Sost-Scheible,

[X.]in
am [X.]
Roggenbuck,
[X.] am [X.]
Dr. [X.],
[X.],
Dr. Feilcke

als beisitzende [X.],

Oberstaatsanwältin beim [X.]

in der
Verhandlung

,
Staatsanwältin

bei der Verkündung

als Vertreterinnen
des
Generalbundesanwalts,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Rechtsanwalt

als Vertreter der Nebenklägerin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des [X.] vom 20.
März 2017

auch soweit das
Rechts-mittel zu Gunsten des Angeklagten wirkt

mit den [X.] aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
als Schwurgericht zuständige
[X.] des [X.] zu-rückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit versuchtem Totschlag durch Unterlassen zu
einer Freiheitstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Es hat ferner Maßnahmen nach §§
69, 69a
StGB getroffen. Von
einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag der Nebenkläge-rin hat es abgesehen.
Mit ihrer gegen dieses Urteil gerichteten Revision rügt die Nebenklägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sie erstrebt eine Verurteilung
des Angeklagten
wegen versuchten Mordes und wendet sich
insbesondere
ge-gen die Ablehnung des [X.] der [X.]. Ihr Rechtsmit-tel
hat Erfolg, führt aber auch
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.], soweit es
gemäß §
301 StPO zu Gunsten des Angeklagten wirkt.
1
2
-
4
-
A.
Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
I.
1.
Während einer Familienfeier
wurde der Angeklagte von der Nebenklä-gerin, der
damaligen
Freundin seines
Bruders, in den frühen Morgenstunden des 19.
Juli 2015
gebeten, mit ihr eine Fahrt
mit seinem, des Angeklagten, Mo-torrad
zu unternehmen. Der Angeklagte, der zwischen 17.30 und 00.30
Uhr vier bis fünf Flaschen Bier getrunken hatte und zudem sehr müde war, weigerte sich zunächst unter Hinweis auf seine Alkoholisierung, der Bitte der Nebenklägerin nachzukommen. Schließlich gelang es ihr, den Angeklagten doch noch zu über-reden. Beide brachen daraufhin zu einer Fahrt in die nähere Umgebung auf, die Nebenklägerin saß auf dem Soziussitz.
Motorradhelme und Schutzkleidung tru-gen
beide nicht. Etwa um 03.15
Uhr kippte das Motorrad aus ungeklärter Ursa-che in Höhe des Friedhofs in M.

auf die [X.]. Durch den Sturz erlitt
die Nebenklägerin lebensbedrohliche Kopfverletzungen
und der Angeklagte u.a. ein Schädel-Hirn-Trauma 1.
Grades; er
verlor kurzzeitig das Bewusstsein. Als er
wieder zu sich kam, kroch er zu der reglos auf dem Bauch liegenden Neben-klägerin. Er sah
ihre stark blutende Kopfwunde und nahm

zutreffend

an, sie habe das Bewusstsein verloren.
Er dachte daran, sie in die stabile Seitenlage zu bringen, nahm davon jedoch Abstand, weil er nicht wusste, wie er dies hätte bewerkstelligen müssen. Stattdessen versuchte
er, das Smartphone der Ne-benklägerin zu betätigen und legte es, nachdem
ihm auch dies nicht gelungen war, neben dem Tatopfer auf dem Boden ab. Sodann hob er sein Motorrad auf, brachte es in Gang und fuhr nach [X.].
Gegen 04.45
Uhr wurde die Neben-klägerin von anderen Verkehrsteilnehmern
in nicht ansprechbarem und unter-kühltem Zustand am Unfallort gefunden.
3
4
-
5
-
Die Nebenklägerin ist infolge der erlittenen Hirnblutung u.a. linksseitig gelähmt. Eine vollständige Wiederherstellung ihrer Gesundheit ist [X.]. An das Unfallgeschehen erinnert sie sich nicht.
2.
Beim Verlassen des Unfallortes war dem Angeklagten bewusst, dass die Nebenklägerin auf Grund ihrer schweren Verletzungen dringend auf Hilfe angewiesen war und ohne umgehende medizinische Versorgung sterben könn-te. Er wusste ferner, dass es wegen
der Tageszeit und der Lage des Unfallortes dem Zufall überlassen blieb, ob der leblos auf dem Fußweg liegenden Neben-klägerin geholfen werden würde. Durch das Wegfahren von der Unfallstelle n-heite-gen billigend in Kauf genommen, um die Beteiligung an dem Unfall zu verde-Zu [X.] angekommen überlegte er erneut, ob er durch einen Anruf medizinische Hilfe für die Nebenklägerin herbeiholen sollte, entschied sich [X.] dagegen und legte sich ins Bett.
Infolge seiner Alkoholisierung

seine Blutalkoholkonzentration um 8.05
Uhr betrug 0,52
Promille

im Zusammenwirken mit dem
Schädel-Hirn-Trauma befand sich der Angeklagte im Tatzeitpunkt bei [X.] Un-rechtseinsichtsfähigkeit im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit.
II.
Das [X.] hat angenommen, der Angeklagte habe sich wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen (in Tateinheit mit unerlaubtem [X.] vom Unfallort) schuldig gemacht. Als Garant aus [X.] habe er dafür einstehen müssen, dass die Nebenklägerin nicht infolge man-gelnder medizinischer Versorgung zu Tode kommen würde. Der Angeklagte 5
6
7
8
-
6
-
habe mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt. Eine Strafbarkeit wegen [X.] hat das [X.] abgelehnt.
B.
Das angefochtene Urteil enthält hinsichtlich des versuchten Tötungsde-likts zur subjektiven Tatseite sachlich-rechtliche Mängel, die sich sowohl zum Vorteil als auch

was gemäß §
301 StPO auf die Revision der Nebenklägerin ebenfalls zu prüfen ist (vgl. dazu [X.], Beschluss vom 12.
Januar 2010

4
StR 589/09, [X.], 205, 206 mwN)

zum Nachteil des Angeklagten [X.] haben können. Es
unterliegt auf die zulässige Revision der Nebenkläge-rin insgesamt der Aufhebung.
I.
1.
Die Erwägungen des [X.] zur Ablehnung eines versuchten [X.] sind in mehrfacher Hinsicht durchgreifend rechtsfehlerhaft:
a)
Zwar ist das [X.] im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass [X.] und bedingter Tötungsvorsatz einander nicht grund-sätzlich ausschließen, sondern auch zusammen bestehen können (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
August 2010

2
StR
239/10,
[X.], 34; Urteil vom 23.
November 1995

1
StR
475/95, [X.]St 41, 358, 360). Dies kann der Fall sein, wenn die maßgebliche Handlung vom Täter vorgenommen oder eine ge-botene Handlung von ihm unterlassen wird, um eine vorangegangene Straftat zu verdecken, dieser Erfolg nach seinem Vorstellungsbild aber auch ohne den Eintritt des für möglich gehaltenen und billigend in Kauf genommenen [X.] bewirkt wird, der bedingt vorsätzlich herbeigeführte Tod des Opfers mithin keine verdeckungsspezifische Funktion aufweist. So ist Verdeckungsab-9
10
11
-
7
-
sicht etwa anzunehmen, wenn der Täter durch Vornahme seiner Verdeckungs-handlung vorsätzlich eine Person zu Tode bringt, von der ihm

wie er weiß

überhaupt keine Entdeckung droht
(vgl. [X.], Urteile vom 23.
November 1995

1
StR
475/95, [X.]St 41, 358, 360;
und vom 30.
März 2004

5
StR
428/03, [X.], 495, 496; Beschlüsse vom 4.
August 2010

2
StR
239/10, [X.], 34;
vom 30.
Juni 2011

4
StR
241/11;
und vom 23.
Juni 2016

5
StR
152/16, [X.], 280; vgl. auch MüKoStGB/[X.], 3.
Aufl.,
§
211 Rn.
245; SSW-StGB/[X.], 3.
Aufl., §
211 Rn.
80). Geht der Täter dagegen davon aus, dass nur der Tod des Opfers zur Vortatverdeckung führt, können [X.] und lediglich bedingter Tötungsvorsatz nicht nebeneinan-der angenommen werden. Hiervon wird in der Regel
auszugehen sein, wenn das Opfer den Täter kennt und er deshalb befürchtet, durch dessen Angaben überführt zu werden, falls es überlebt
(vgl. [X.], Urteil vom 11.
Mai 1988

3
StR
89/88, [X.], 2682).
b)
Mit Rücksicht auf diesen Zusammenhang
weist das Urteil aber bereits deshalb einen durchgreifenden Rechtsfehler auf, weil das [X.] nicht wi-derspruchsfrei dargelegt hat, welchen Vorsatz der Angeklagte in Bezug auf den Tod der erkannt schwer
verletzten Nebenklägerin hatte, als er die Unfallstelle verließ, ohne die rechtlich gebotene Hilfe herbeizurufen. So hat das [X.] einerseits festgestellt, der Angeklagte habe den Tod der Nebenklägerin (nur) billigend in Kauf genommen,
und begründet dies mit der Erwägung, ihm sei der Tod der Nebenklägerin
gleichgültig gewesen, um nicht als Verursacher eines Unfalls unter Alkoholeinfluss entdeckt zu werden. Andererseits hat es im Rah-men der rechtlichen Würdigung darauf verwiesen, der Angeklagte sei davon

beim Tod, nicht aber bei [X.] indes auf direkten Tötungsvorsatz hin mit der Folge, dass auch die Annahme 12
-
8
-
einer [X.] nahegelegen hätte. Mit der Abgrenzung der [X.] hätte sich das [X.] deshalb auseinandersetzen und den beste-henden Widerspruch auflösen müssen.
c)
Aber selbst wenn das [X.] die Annahme eines lediglich be-dingten Tötungsvorsatzes rechtsfehlerfrei begründet hätte,
hielte die Vernei-nung
einer [X.] rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Beweis-würdigung begegnet durchgreifenden Bedenken, weil wesentliche Umstände im Hinblick auf das Vorstellungsbild des Angeklagten bei Verlassen des Unfallortes unerörtert bleiben.
Die Annahme des [X.], dass die Trunkenheitsfahrt, ihre Straf-barkeit unterstellt, nach der Vorstellung des Angeklagten nur durch den Tod der Nebenklägerin hätte verdeckt werden können und deshalb mit einem nur be-dingten Tötungsvorsatz unvereinbar sei, greift
auch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe zu kurz. Zwar waren die Nebenklä-gerin und der Angeklagte miteinander gut bekannt. Dass die Vorstellung des Angeklagten deshalb dahin ging, die Nebenklägerin werde ihn im Fall ihres Überlebens als Unfallverursacher benennen, ergibt sich hieraus unter den hier gegebenen Umständen aber noch nicht. Zum einen war die Nebenklägerin

wie auch der Angeklagte wahrgenommen hatte

schwer verletzt, sodass es nicht fern lag, dass sie

wie tatsächlich geschehen

außerstande sein würde, den Angeklagten zu überführen. Zum anderen lag es mit Rücksicht auf die per-sönliche Verbundenheit des
Angeklagten mit der Nebenklägerin (Freundin sei-nes
Bruders) und ihrer Mitverantwortung für die [X.] (Überredung des Angeklagten, die zunächst von ihm abgelehnte Fahrt durchzuführen) nicht fern, dass sie ihn nicht einer Straftat belasten würde. [X.] Tötungsvorsatz und [X.] wären auch dann miteinander vereinbar,
wenn die Ver-13
14
-
9
-
deckungshandlung

die Flucht vom Tatort

nach der Vorstellung des Ange-klagten nicht der Verschleierung seiner Unfallbeteiligung, sondern allein dazu dienen sollte, Zeit zu gewinnen, um den Nachweis einer für den Unfall straf-rechtlich relevanten Trunkenheit oder einer Trunkenheitsfahrt zu verdecken.
d)
Es ist nicht auszuschließen, dass das [X.] ohne diese
den [X.] begünstigenden Rechtsfehler zur Annahme eines direkten Tötungs-vorsatzes oder einer mit dem bedingten Vorsatz vereinbaren Verdeckungsab-sicht und damit zu einer Verurteilung wegen versuchten Mordes durch Unter-lassen gekommen wäre.
2.
Der Senat weist jedoch

den zutreffenden Ausführungen des [X.] in seiner Antragsschrift folgend

darauf hin, dass das Mord-merkmal der [X.] voraussetzt, dass der Täter die Tötungshand-lung vornimmt oder die ihm zur Abwendung des [X.] gebotene Hand-lung unterlässt, um dadurch eine andere Straftat zu verdecken
([X.], Urteil vom 12.
Dezember 2002

4
StR
297/02, [X.]R StGB §
211 Abs.
2
Ver-deckung
15). Nachvollziehbare Feststellungen zur Verdeckung einer Trunken-heitsfahrt, wovon das [X.] auszugehen scheint, oder jedenfalls der Vor-stellung des Angeklagten vom Vorliegen einer solchen Straftat (vgl.
[X.], Urteil vom 3.
August 1978

4
StR
397/78, [X.]St 28, 93, 95) hat das [X.] nicht getroffen. Das Vorliegen oder die Vorstellung lediglich einer Ordnungswid-rigkeit würde für die Annahme des [X.] der [X.] nicht ausreichen ([X.], Urteil vom 3.
August 1978 aaO; Beschluss vom 2.
Juli 2004

2
StR
174/04, [X.], 333
[Ls]).
15
16
-
10
-
II.
Die Wertung der [X.], der Angeklagte habe mit bedingtem [X.] gehandelt, weist auch Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§
301 StPO).
1.
Bedingt vorsätzliches Handeln setzt nach ständiger Rechtsprechung des [X.] voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestand-lichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit der Tatbe-standsverwirklichung abfindet (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteile vom 22.
März 2012

4
StR
558/11, [X.]St 57, 183, 186;
und vom 5.
Dezember 2017

1
StR 416/17, Tz.
18;
jeweils mwN). Die Prüfung, ob Vorsatz oder (bewusste) Fahr-lässigkeit vorliegt, erfordert insbesondere bei Tötungs-
oder Körperverletzungs-delikten eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, wo-bei es vor allem bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements
regelmä-ßig erforderlich ist, dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des [X.] auseinandersetzt und seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung sowie seine Motivation und die zum Tatgeschehen bedeutsamen Umstände

ins-besondere die konkrete Angriffsweise

mit in Betracht zieht ([X.], Urteil vom 22.
März 2012 aaO; ebenso Urteile vom 4.
April 2013

3
StR
37/13, [X.]R StGB §
212 Abs.
1 Vorsatz, bedingter
64;
und
vom 14.
Januar 2016

4
StR 84/15, [X.], 79, 80
mwN). Diese
individuelle
Gesamtschau
sämt-licher objektiven und subjektiven, für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände des Einzelfalles
ist insbesondere dann erforderlich, wenn der [X.] allein oder im Wesentlichen aus äußeren Umständen auf die innere [X.] eines Angeklagten zur Tat schließen muss
(vgl. etwa [X.], Urteil vom 13.
Dezember 2005

1
StR
410/05, [X.], 386
f.). Sie ist lückenhaft, wenn 17
18
-
11
-
der Tatrichter sich mit wesentlichen, den Angeklagten be-
oder entlastenden Umständen nicht auseinandersetzt, die für die subjektive Tatseite bedeutsam sind ([X.], Urteil vom 14.
Januar 2016 aaO).
2.
Eine solche Gesamtschau hat die [X.] nicht in der gebotenen Vollständigkeit vorgenommen.
Das [X.] verweist in seinen Rechtsausführungen
zur subjektiven Tatseite
auf die fehlende Anwesenheit Dritter am Unfallort, auf die frühe [X.] und die wenig frequentierte [X.]. Der Angeklagte habe zudem die stark blutende Kopfverletzung der Nebenklägerin wahrgenommen und das Tat-opfer
zutreffend für bewusstlos gehalten. Diesen Umständen kommt zwar grundsätzlich Bedeutung für die im Urteil vorgenommene Wertung zu, der An-geklagte habe
die Notwendigkeit sofortiger medizinischer Hilfe für die Neben-klägerin erkannt,
auf (externe) Hilfe nicht ernsthaft vertrauen können und [X.] bedingt vorsätzlich gehandelt.
Die [X.]
hat
aber weitere, den [X.] insoweit möglicherweise entlastende Umstände, deren Berücksichti-gung sich nach den getroffenen Feststellungen aufdrängte, nicht in den Blick genommen. Ausweislich der Urteilsgründe
ist
sie
der eigenen Einlassung des

hat sie
ihren Feststellungen insbesondere
zugrunde gelegt, der Angeklagte
habe nach Wiedererlangung seines Bewusstseins daran gedacht, die Nebenklägerin in die stabile Seitenlage zu bringen, davon aber mangels entsprechender Kenntnisse Abstand genom-men. Ob und gegebenenfalls welche Schlüsse daraus hinsichtlich der subjekti-ven Tatseite, hier insbesondere hinsichtlich des voluntativen Elements des be-dingten Vorsatzes zu ziehen waren, bleibt jedoch gänzlich unerörtert. [X.] gilt für die Feststellung, der Angeklagte habe vergeblich versucht, das Smartphone der Nebenklägerin zu bedienen und habe es sodann neben der am 19
20
-
12
-
Boden Liegenden abgelegt, bevor er sich entfernte.
Auch die vom [X.] angenommene erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten infolge seiner Alkoholisierung im Zusammenwirken mit dem erlittenen Schädel-Hirn-Trauma wäre als vorsatzkritischer Umstand in die Gesamtabwägung ein-zubeziehen gewesen.
Auf diesen
den Angeklagten beschwerenden Erörterungsmängeln
in der Beweiswürdigung kann
das Urteil
beruhen.
Die Sache bedarf daher auch inso-weit (§
301 StPO) neuer Verhandlung und Entscheidung. Die Rechtsfehler in der Beweiswürdigung bedingen die Aufhebung der getroffenen Feststellungen (§
353 Abs.
2 StPO).
Sost-Scheible
Roggenbuck
[X.]

Quentin
Feilcke
21

Meta

4 StR 361/17

15.02.2018

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2018, Az. 4 StR 361/17 (REWIS RS 2018, 13934)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13934

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 361/17 (Bundesgerichtshof)

Versuchter Mord durch Unterlassen: Zusammentreffen von Verdeckungsabsicht und bedingtem Tötungsvorsatz


5 StR 152/16 (Bundesgerichtshof)


4 StR 564/19 (Bundesgerichtshof)

Verhältnis von Verdeckungsabsicht und bedingtem Tötungsvorsatz


1 StR 160/18 (Bundesgerichtshof)

Versuchter Verdeckungsmord durch Unterlassen: Anforderungen an die Feststellungen zum Mordmerkmal der Verdeckungsabsicht im Zusammenhang mit …


1 StR 474/19 (Bundesgerichtshof)

Versuchter Verdeckungsmord durch Unterlassen nach Medikamentenverwechslung bei einem Palliativpatienten durch eine Pflegekraft: Würdigung eines möglichen …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.